Autor Thema: Beamte Rentenkasse  (Read 40075 times)

beamtenjeff

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #255 am: 10.07.2025 12:18 »
Gab es nicht ein Urteil, dass die Grenze bei 71% sein muss?  :)
Alles drunter wäre verfassungsmäßig bedenklich.

Verfassungsmäßig bedenklich wäre es insbesondere auch dann, wenn es keinen Bestandschutz gibt. Ich schätze, nicht wenige sind den Deal des Beamtentums auch deshalb eingegangen, indem sie die Pension als Vorteil gewertet haben. Nimmt man jetzt alles positive weg, grenzt das an Betrug. Man kann über alles diskutieren und meinetwegen auch die Pension auf 50% senken, ABER dann sollte man das VOR der Vereidigung auch so transparent darstellen - manch einer überdenkt dann seine Entscheidung nochmal.

Rentenonkel

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #256 am: 10.07.2025 13:18 »
Das Alimentationsprinzip gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus ein Minimum an Lebenskomfort ermöglicht. Hierbei hat der Besoldungsgesetzgeber auch die Attraktivität des Beamtenverhältnisses für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen.

Bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum. Die Alimentation ist ein Maßstabsbegriff, der entsprechend den jeweiligen Zeitverhältnissen zu konkretisieren ist. Die einfachgesetzliche Verpflichtung in § 14 BBesG und § 70 Abs. 1 BeamtVG, die Bezüge der Beamten durch eine Erhöhung oder auch eine Verminderung der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen, stellt sich damit als Konkretisierung des Alimentationsgrundsatzes aus Art. 33 Abs. 5 GG dar. Hiermit korrespondiert, dass der Beamte grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, dass ihm die für die Bemessung der Bezüge maßgeblichen Regelungen, unter denen er in das Beamten- und Ruhestandsverhältnis eingetreten ist, unverändert erhalten bleiben. Art. 33 Abs. 5 GG garantiert vor allem nicht die unverminderte Höhe der Bezüge. Der Gesetzgeber darf sie vielmehr kürzen, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn er mit der Neufestsetzung der Bezüge oder der Umgestaltung ihrer Berechnungsgrundlage unerwünschte Vergünstigungen abbaut oder der Änderung solcher Umstände Rechnung trägt, die auch für die Bemessung der Amtsangemessenheit der Alimentation maßgeblich sind.

Allerdings hat der Gesetzgeber auch hierbei das Alimentationsprinzip zu beachten, das nicht nur Grundlage, sondern auch Grenze der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist; insoweit wird sein Entscheidungsspielraum eingeengt. Dem Beamten steht, wenn auch nicht hinsichtlich der Höhe und der sonstigen Modalitäten, so doch hinsichtlich des Kernbestands seines Anspruchs auf standesgemäßen Unterhalt ein durch seine Dienstleistung erworbenes Recht zu, das durch Art. 33 Abs. 5 GG ebenso gesichert ist wie das Eigentum durch Art. 14 GG.

Das gilt auch für die Versorgungsansprüche. Hierbei ist als Besonderheit zu sehen, dass die Beamtenversorgung nicht nur eine Regelversorgung wie die gesetzliche Rentenversicherung beinhaltet, sondern darüber hinaus auch den Charakter einer im öffentlichen Dienst und in vielen Bereichen der Privatwirtschaft zusätzlichen, betrieblichen Altersversorgung in sich vereint. Somit sind bei der Frage des standesgemäßen Lebensunterhaltes die Beamtenbezüge nicht alleine mit den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zu vergleichen, sondern vielmehr muss ein Vergleich gezogen werden mit den Alterseinkünften (gesetzliche plus betriebliche Altersvorsorge) eines vergleichbaren Angestellten. Die Forderung, die Beamtenversorgung auf 60 % zu senken, verkennt die Sonderstellung der Beamtenversorgung an dieser Stelle.

Während das BVerfG in der jüngeren Vergangenheit für aktive Beamte ein Prüfschema entwickelt hat, wann eine verfassungswidrige Besoldung vorliegt, steht ein solches Prüfschema für die Versorgung noch aus. Die Frage der amtsangemessenen Versorgung wird sicherlich in naher und mittlerer Zukunft die Gerichte erneut beschäftigen, sobald die Frage der verfassungswidrigen Besoldung für aktive Beamte in diesem Quartal durch das nächste Urteil des BVerfG voraussichtlich abgeschlossen sein dürfte oder zumindest deutlich an Klarheit gewinnt.

Dann werden wir an anderer Stelle einen neuen Thread aufmachen, den wir dann mit weiteren 1.000 Beiträgen fluten können. Hurra  :D

Ozymandias

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #257 am: 10.07.2025 16:16 »
Genau, es sind auch bereits mehrere Verfahren betreffend der Versorgung beim BVerfG anhängig. z.B. aus Hamburg.
BW z.B. hat nur Widersprüche aktiver Beamter abgelehnt und die Versorgung ausgeklammert.
Nach Meinung vieler dürfte sich da aber keine super spezielle Rechtsprechung entwickeln, ganz normale Besoldung mal Ruhegehaltssatz dürfte weiterhin Bestand haben.

Wobei es in der Versorgung teilweise schon "arme Schlucker" gibt, die u.a. spät verbeamtet wurden, dazu noch Teilzeit und Pause wegen Kindern gemacht haben. Frauen haben z.B. einen durchschnittlichen Ruhegehaltssatz von rund 55%. Dabei haben nur Bund und Bayern die "Mütterpension" eingeführt.

Da könnte dann höchstens am unteren Ende oder bei den Kindererziehungszeiten etwas rumgedoktert werden. Ich erwarte es allerdings nicht.

clarion

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #258 am: 11.07.2025 07:28 »
Spät verbeamtete Personen dürften allerdings ergänzende Rentenansprüche haben.

Dass sich umfangreiche Pausen im Erwerbsleben negativ auf Rente und Versorgung auswirken, halte ich für normal.  Wäre es nicht so, würde das ja das System noch mehr belasten.

Rentenonkel

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #259 am: 11.07.2025 09:24 »
Es gibt schon qualitative Unterschiede zwischen der aktiven Zeit und dem Ruhestand.

So dürfte die Versorgung im Alter regelmäßig nur für maximal 2 Personen gedacht sein und nicht für 4 Personen, da typischerweise Pensionäre keine kindergeldberechtigten Kinder mehr in ihrem Haushalt haben.

Auch haben Beamte im Ruhestand in der Regel keine Residenzpflicht mehr, so dass die Verantwortung für höhere Wohnkosten vermutlich nicht durch den Dienstherrn berücksichtigt werden muss.

(Ausnahmen hiervon kann es insbesondere bei zeitlich befristeter Dienstunfähigkeit geben)

Der EuGH hat in einigen Fällen entschieden, dass eine unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen bei der Anrechnung von Vordienstzeiten oder der Berechnung von Versorgungsleistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt.

In einem Fall wurde eine Klausel, die eine ungünstigere Berechnung der Versorgungsleistungen für Beamtinnen vorsah, vom EuGH als diskriminierend eingestuft, weil sie auf geschlechtsspezifischen Rollenbildern beruhte, so das Bundesverwaltungsgericht.

Der EuGH hat auch entschieden, dass die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der Beamtenversorgung nicht dazu führen darf, dass Frauen aufgrund ihrer Familienverantwortung benachteiligt werden, Urteil vom 11. November 1997 (C-409/95).

Diejenigen, die Ozymandias zu Recht als "arme Schlucker" benennt, sind allerdings in der überwiegenden Mehrheit Frauen. Insgesamt ist daher bei der Frage der amtsangemessen Versorgung aus meiner Sicht noch jede Menge Musik drin.

Alexander79

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #260 am: 12.07.2025 06:57 »
So dürfte die Versorgung im Alter regelmäßig nur für maximal 2 Personen gedacht sein und nicht für 4 Personen, da typischerweise Pensionäre keine kindergeldberechtigten Kinder mehr in ihrem Haushalt haben.
Trotzdem kann es hier sehr wohl Ausnahmen geben.
Was ist wenn ein Mann mit 40 oder 45 Jahren noch Vater wird, aufgrund einer besonderen Altersgrenze bereits mit 45 in den Ruhestand tritt und das Kind studiert?
Oder nehmen wir mal einen Berufsunteroffiziere, derren Altersgrenze liegt aktuell generell bei 55.

Rentenonkel

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #261 am: 12.07.2025 07:20 »
Das stimmt natürlich, daher müssten dann die Regeln greifen, die wir jetzt schon für kinderreiche Beamte kennen: Wenn der pensionierte Beamte doch ein Kind hat, ist der gesamte Bedarf des Kindes (wie bei aktiven Beamten ab Kind 3) durch einen höheren Familienzuschlag abzudecken.