Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2089246 times)

Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6180 am: 22.06.2023 22:09 »
@Swen
Swen da gab es doch inndiesem Jahr noch eine Veröffentlichung zu dem Thema amtsangemessen Alimentation. In welcher Zeitschrift und welche Ausgabe war das nochmal. Vllt kannst du das schneller beantworten als ich die Seiten hier durchgehe. Danke im Voraus.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6181 am: 22.06.2023 22:29 »
In letzter Zeit gab es sogar deren drei, Bundi:

- Gisela Färber, Quo vadis Alimentationsprinzip?, ZBR 2023 (Heft 3), 73.

- Torsten Schwan, Das im Wandel begriffene Alimentationsprinzip vor den konkreten Normenkontrollverfahren 2 BvL 6/16 bis 2 BvL 6/16, ZBR 2023 (Heft 6), 181.

- Noel Krää, Die Alimentationsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - Umsetzung in Bayern, RiA 2023 (Heft 3), 100.

Beamtix

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6182 am: 23.06.2023 08:42 »
Hallo Swen, vielen Dank! Kann es denn rechtens sein, dass die Umsetzung vom Bund immer wieder verschoben wird, wenn doch feststeht, dass sie verfassungswidrig ist? Dieses Aufschieben muss doch bei Kenntnis des Dienstherrn von der Verfassungswidrigkeit selbst rechtswidrig sein und damit vielleicht doch weitere Ansprüche (Zinsen) begründen. Denn wir haben es ja nach deinen Ausführungen mit einem voll absichtlichen Rechtsbruch zu tun, also einem absichtlichen Verstoß gegen Fürsorgepflicht und Alimentationsprinzip.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6183 am: 23.06.2023 09:34 »
Eine Zinsschuld ergibt sich nicht per se aus einer verfassungswidrigen Rechtsnorm, auch dann nicht, wenn diese wissentlich und willentlich so verabschiedet worden ist, Beamtix. Denn letztlich ist es so, wie Du es auch schreibst, dass die Verfassung ein vom Gesetzgeber gezielt verfassungswidrig ausgeformtes Gesetz nicht vorsieht, sodass dieser Fall verfassungsrechtlich nicht geregelt werden kann. Auch in diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn die Präsidentin des Hamburger Oberverwaltungsgericht vor rund drei Jahren (mit Blick auf die Exektuvie und nicht die Legislative) betont hat: "Dass in der Vergangenheit verwaltungsgerichtliche Entscheidungen durch die Exekutive nicht umgesetzt wurden, macht mich nachdenklich. Dies berührt die Grundfesten unseres Rechtsstaates. Es ist wichtig für uns alle, für unser gesellschaftliches Zusammenleben, dass die Regeln des Rechtsstaates von allen Beteiligten befolgt werden." (https://www.welt.de/regionales/hamburg/article213096684/Hamburger-Gerichtspraesidentin-Gross-Justiz-urteilt-nicht-nach-Stimmungen.html) Die Rechtssicherheit genauso wie die auch den Dienstherrn treffende und also von ihm zu gewährleistende Treuepflicht ist hinsichtlich der Besoldung von seiner Seite seit Jahr und Tag ausgehebelt, wie das Ulrich Battis unlängst in seiner Stellungnahme im sächsischen Gesetzgebungsverfahren hervorgehoben hat:

"Angesichts der Dreistigkeit dieses offensichtlich inzwischen über Jahre hinweg länderüber-
greifend konzertierten Verfassungsbruchs verbietet sich inzwischen jegliche diplomatische
Zurückhaltung. Vielmehr ist einmal mehr herauszustellen, dass hier mit voller Absicht die
eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, deren Bindungswirkung § 31
BVerfGG sowie zuletzt auch die Verfassung selbst, insbesondere die hergebrachten
Grund-sätze des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG offen missachtet werden. Der
Unterzeichner hat bereits bei früheren Gelegenheiten deutlich gemacht, dass die fortgesetzte
Missachtung der Judikate von Bundesverfassungsgericht und Verwaltungsgerichtsbarkeit
rechtsstaatsgefährdend ist."
(https://www.sbb.de/fileadmin/user_upload/www_sbb_de/pdf/2022/GK_und_FK/Stellungnahmen/StN_Battis_4_Gesetz_dienstr_Vorschriften_10_2022.pdf)

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6184 am: 23.06.2023 10:09 »
Eine Zinsschuld ergibt sich nicht per se aus einer verfassungswidrigen Rechtsnorm, auch dann nicht, wenn diese wissentlich und willentlich so verabschiedet worden ist, Beamtix. Denn letztlich ist es so, wie Du es auch schreibst, dass die Verfassung ein vom Gesetzgeber gezielt verfassungswidrig ausgeformtes Gesetz nicht vorsieht, sodass dieser Fall verfassungsrechtlich nicht geregelt werden kann. Auch in diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn die Präsidentin des Hamburger Oberverwaltungsgericht vor rund drei Jahren (mit Blick auf die Exektuvie und nicht die Legislative) betont hat: "Dass in der Vergangenheit verwaltungsgerichtliche Entscheidungen durch die Exekutive nicht umgesetzt wurden, macht mich nachdenklich. Dies berührt die Grundfesten unseres Rechtsstaates. Es ist wichtig für uns alle, für unser gesellschaftliches Zusammenleben, dass die Regeln des Rechtsstaates von allen Beteiligten befolgt werden." (https://www.welt.de/regionales/hamburg/article213096684/Hamburger-Gerichtspraesidentin-Gross-Justiz-urteilt-nicht-nach-Stimmungen.html) Die Rechtssicherheit genauso wie die auch den Dienstherrn treffende und also von ihm zu gewährleistende Treuepflicht ist hinsichtlich der Besoldung von seiner Seite seit Jahr und Tag ausgehebelt, wie das Ulrich Battis unlängst in seiner Stellungnahme im sächsischen Gesetzgebungsverfahren hervorgehoben hat:

"Angesichts der Dreistigkeit dieses offensichtlich inzwischen über Jahre hinweg länderüber-
greifend konzertierten Verfassungsbruchs verbietet sich inzwischen jegliche diplomatische
Zurückhaltung. Vielmehr ist einmal mehr herauszustellen, dass hier mit voller Absicht die
eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, deren Bindungswirkung § 31
BVerfGG sowie zuletzt auch die Verfassung selbst, insbesondere die hergebrachten
Grund-sätze des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG offen missachtet werden. Der
Unterzeichner hat bereits bei früheren Gelegenheiten deutlich gemacht, dass die fortgesetzte
Missachtung der Judikate von Bundesverfassungsgericht und Verwaltungsgerichtsbarkeit
rechtsstaatsgefährdend ist."
(https://www.sbb.de/fileadmin/user_upload/www_sbb_de/pdf/2022/GK_und_FK/Stellungnahmen/StN_Battis_4_Gesetz_dienstr_Vorschriften_10_2022.pdf)

Hallo Swen,

wäre es nicht relativ einfach einen solchen Tatbestand ins Verfassungsrecht hinzuzufügen mit entsprechenden Ahndungsmöglichkeiten? Etwas lächerlich finde ich die Hilflosigkeit des Bundesverfassungsgerichts hier schon...

Oder - weil man ja eigentlich davon ausgehen muss, dass so etwas nicht vorkommen kann und darf - muss man dieser Regierung dann nicht eigentlich ein demokratisches Handeln absprechen und diese absetzen? Klar, Letzteres wird natürlich nicht passieren - niemand sägt seinen eigenen Ast ab.

Aber Ergänzungsfrage: da sich die Regierung ja nicht mehr an die Verfassung gebunden fühlt, müssen es dann noch Beamte? Was wäre, wenn sich nun eine Gruppe zu einem Streik zusammenschließt? Ich glaube es wurde schon mal angesprochen, dass das dann wohl letztlich vom EuGH zu klären wäre, nur wie wäre - rein theoretisch natürlich - der Werdegang bis dahin?

Opa

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6185 am: 23.06.2023 10:15 »
Selbstverständlich sind Beamte an die Verfassung und die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gebunden, selbst wenn der Gesetzgeber das Alimentationsprinzip mutmaßlich verletzt.

Das Streikverbot anzuzweifeln oder gar zu ignorieren ist aus zwei Gründen keine gute Idee:

- die Wirksamkeit eines (illegalen) Streiks dürfte genau in die falsche Richtung gehen, insbesondere da Beamte mit so gut wie keinem Verständnis oder gar Rückhalt der Bevölkerung rechnen dürfen

- das Streikverbot ist wesentliche Säule und Rechtfertigung des Berufsbeamtentums. Wer als Beamter für die Abschaffung des Streiksverbot ist, ist für die Abschaffung des Berufsbeamtentums.

Beide Vorschläge (Regierung absetzen, streiken) sollte ein Beamter nicht in Erwägung ziehen und auch nicht öffentlich äußern, da sie seine Eignung als Beamter fragwürdig erscheinen lassen könnten.

DeepBlue

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6186 am: 23.06.2023 10:42 »
Eine Zinsschuld ergibt sich nicht per se aus einer verfassungswidrigen Rechtsnorm, auch dann nicht, wenn diese wissentlich und willentlich so verabschiedet worden ist, Beamtix. Denn letztlich ist es so, wie Du es auch schreibst, dass die Verfassung ein vom Gesetzgeber gezielt verfassungswidrig ausgeformtes Gesetz nicht vorsieht, sodass dieser Fall verfassungsrechtlich nicht geregelt werden kann. Auch in diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn die Präsidentin des Hamburger Oberverwaltungsgericht vor rund drei Jahren (mit Blick auf die Exektuvie und nicht die Legislative) betont hat: "Dass in der Vergangenheit verwaltungsgerichtliche Entscheidungen durch die Exekutive nicht umgesetzt wurden, macht mich nachdenklich. Dies berührt die Grundfesten unseres Rechtsstaates. Es ist wichtig für uns alle, für unser gesellschaftliches Zusammenleben, dass die Regeln des Rechtsstaates von allen Beteiligten befolgt werden." (https://www.welt.de/regionales/hamburg/article213096684/Hamburger-Gerichtspraesidentin-Gross-Justiz-urteilt-nicht-nach-Stimmungen.html) Die Rechtssicherheit genauso wie die auch den Dienstherrn treffende und also von ihm zu gewährleistende Treuepflicht ist hinsichtlich der Besoldung von seiner Seite seit Jahr und Tag ausgehebelt, wie das Ulrich Battis unlängst in seiner Stellungnahme im sächsischen Gesetzgebungsverfahren hervorgehoben hat:

"Angesichts der Dreistigkeit dieses offensichtlich inzwischen über Jahre hinweg länderüber-
greifend konzertierten Verfassungsbruchs verbietet sich inzwischen jegliche diplomatische
Zurückhaltung. Vielmehr ist einmal mehr herauszustellen, dass hier mit voller Absicht die
eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, deren Bindungswirkung § 31
BVerfGG sowie zuletzt auch die Verfassung selbst, insbesondere die hergebrachten
Grund-sätze des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG offen missachtet werden. Der
Unterzeichner hat bereits bei früheren Gelegenheiten deutlich gemacht, dass die fortgesetzte
Missachtung der Judikate von Bundesverfassungsgericht und Verwaltungsgerichtsbarkeit
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Hallo Swen,

wäre es nicht relativ einfach einen solchen Tatbestand ins Verfassungsrecht hinzuzufügen mit entsprechenden Ahndungsmöglichkeiten? Etwas lächerlich finde ich die Hilflosigkeit des Bundesverfassungsgerichts hier schon...

Oder - weil man ja eigentlich davon ausgehen muss, dass so etwas nicht vorkommen kann und darf - muss man dieser Regierung dann nicht eigentlich ein demokratisches Handeln absprechen und diese absetzen? Klar, Letzteres wird natürlich nicht passieren - niemand sägt seinen eigenen Ast ab.

Aber Ergänzungsfrage: da sich die Regierung ja nicht mehr an die Verfassung gebunden fühlt, müssen es dann noch Beamte? Was wäre, wenn sich nun eine Gruppe zu einem Streik zusammenschließt? Ich glaube es wurde schon mal angesprochen, dass das dann wohl letztlich vom EuGH zu klären wäre, nur wie wäre - rein theoretisch natürlich - der Werdegang bis dahin?

Allein die Frage zeugt von absoluter Dummheit!:
Ex iniuria ius non oritur für „Aus Unrecht entsteht kein Recht“
Sollte als Beamter Grundwissen sein, genauso wie der Verfahrensablauf eines Gesetzes in Deutschland….

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6187 am: 23.06.2023 10:57 »


Beide Vorschläge (Regierung absetzen, streiken) sollte ein Beamter nicht in Erwägung ziehen und auch nicht öffentlich äußern, da sie seine Eignung als Beamter fragwürdig erscheinen lassen könnten.

Nur zur Klarstellung: das waren keine Vorschläge und ich will auch nicht die Revolution anführen. Aber ein Interesse, wie das rechtlich zu bewerten ist/wäre, ist erlaubt, oder?

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6188 am: 23.06.2023 11:36 »

Allein die Frage zeugt von absoluter Dummheit!:
Ex iniuria ius non oritur für „Aus Unrecht entsteht kein Recht“
Sollte als Beamter Grundwissen sein, genauso wie der Verfahrensablauf eines Gesetzes in Deutschland….

Eine unrealistische Annahme in Anbetracht der Heterogenität des Beamtentums. Insbesondere im technischen und naturwissenschaftlichen Dienst bekommt man bestenfalls im Rahmen der Ernennung einen zweiwöchigen Verwaltungslehrgang verpasst. Im Rest seines Dienstlebens sind die aktiven Berührungspunkte mit dem Verwaltungsrecht nahe null.

Umlauf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6189 am: 23.06.2023 12:00 »

Allein die Frage zeugt von absoluter Dummheit!:
Ex iniuria ius non oritur für „Aus Unrecht entsteht kein Recht“
Sollte als Beamter Grundwissen sein, genauso wie der Verfahrensablauf eines Gesetzes in Deutschland….

Eine unrealistische Annahme in Anbetracht der Heterogenität des Beamtentums. Insbesondere im technischen und naturwissenschaftlichen Dienst bekommt man bestenfalls im Rahmen der Ernennung einen zweiwöchigen Verwaltungslehrgang verpasst. Im Rest seines Dienstlebens sind die aktiven Berührungspunkte mit dem Verwaltungsrecht nahe null.

Würde sogar sagen, dass die meisten der genannten Mitarbeiter nicht einmal die 2 Wochen abbekommen haben. Hier in meiner Behörde jedenfalls nicht. Nur wenn man sich bei der BAköV selbst etwas sucht.

appr0xi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6190 am: 23.06.2023 12:02 »
Oder gar keinen Lehrgang für das Beamtentum.
Informatik studiert -> verbeamtet. Fertig.
Da gabs keine Lehrgänge oder Kurse. Nur den Eid und fertig.

Und alle diese Beamte leisten aus meiner Sicht oft deutlich bessere Arbeit als die alteingesessenen Beamten-Sesselfurzer denen noch immer die Farbe der Unterschrift wichtig ist.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6191 am: 23.06.2023 12:04 »
Da der Gesetzgeber ja handelt und dabei den Anschein erweckt, sachgerecht zu handeln bzw. nicht hervorhebt, dass er wissentlich und willentlich verfassungswidrig handelt, Knecht, ist die Frage nach dem "Vorsatz" nur bedingt zu klären. Rechtlich kommt sein entsprechendes Handeln dabei in diesen Fällen einer Untätigkeit gleich - und das dürfte vom Bundesverfassungsgericht - denke ich - in nicht allzu ferner Zukunft für einen Rechtskreis so betrachtet werden. Die Parallelität ist das nicht hinreichende Handeln des Gesetzgebers hinsichtlich der alimentativen Mehrbedarfs kinderreicher Beamter, nachdem das Bundesverfassungsgericht 1977 festgestellt hatte, dass der Familienzuschlag ab dem dritten Kind nicht amtsangemessen gewährt wurde. 1990 hat das Bundesverfassungsgericht dieses Faktum erneut festgestellt und den Gesetzgeber ein weiteres Mal verpflichtet, in einem zeitlich angemessenen Rahmen für eine verfassungskonforme Regelung zu sorgen. Als das dann weiterhin nicht geschehen ist, hat es 1998 eine Vollstreckungsanordnung erlassen, was zur Folge hatte, dass der Gesetzgeber nun recht rasch sein Handeln entsprechend verändert hat.

Ich gehe davon aus, wie ich das hier ja schon mehrfach dargelegt habe, dass derzeit bereits Berlin und Sachsen sowie ggf. auch Baden-Württemberg damit rechnen könnten, dass ihnen in der nächsten Entscheidung des Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Anordnung drohen könnte und dass mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit ebenso nach der anstehenden Entscheidung Niedersachsen und ggf. auch Schleswig-Holstein jenen Kreis bis auf Weiteres komplettieren könnten. Wie gesagt, nach der Veröffentlichung der angekündigten Entscheidung sehen wir - denke ich - klarer als heute.

uw147

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6192 am: 23.06.2023 12:13 »
wäre es nicht relativ einfach einen solchen Tatbestand ins Verfassungsrecht hinzuzufügen mit entsprechenden Ahndungsmöglichkeiten? Etwas lächerlich finde ich die Hilflosigkeit des Bundesverfassungsgerichts hier schon...

Das müsste dann aber mit 2/3-Mehrheit durch den Gesetzgeber geschehen. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich, dass er gegen sich selbst gerichtete Sanktionsmöglichkeiten schaffen möchte.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6193 am: 23.06.2023 12:31 »
wäre es nicht relativ einfach einen solchen Tatbestand ins Verfassungsrecht hinzuzufügen mit entsprechenden Ahndungsmöglichkeiten? Etwas lächerlich finde ich die Hilflosigkeit des Bundesverfassungsgerichts hier schon...

Das müsste dann aber mit 2/3-Mehrheit durch den Gesetzgeber geschehen. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich, dass er gegen sich selbst gerichtete Sanktionsmöglichkeiten schaffen möchte.

Wie gesagt, das wäre verfassungsrechtlich nicht möglich, da nach Art. 20 Abs. 3 GG die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden ist. Von daher kann der Gesetzgeber keine entsprechende Regelung treffen, die als Ergebnis sich selbst und/oder die Verfassung ad absurdum führen würde. So verstanden bleibt eine entsprechende Diskussion sachlich gegenstandslos - die durch das wissentliche und willentliche sowie offensichtlich konzertierte Handeln der Gesetzgeber so herbeigeführte Verfassungskrise, auf die Ulrich Battis am Ende der vorhin verlinkten Stellungnahme hinweist, steht so oder so im Raum:

"Die (Landes-)Besoldungsgesetzgeber führen mit dieser Art der Gesetzgebung letztlich eine
Verfassungskrise herbei, die über den eigentlichen Regelungsbereich hinaus weitreichende
Auswirkungen haben wird. Nicht nur wird damit die Autorität des Bundesverfassungsgerichts
beschädigt, sondern darüber hinaus die Integrität und damit auch die Funktionalität des
Beamtentums insgesamt untergraben. Damit steuert der Besoldungsgesetzgeber im Ergebnis
genau in die entgegengesetzte Richtung der vom Bundesverfassungsgericht mit seiner
Rechtsprechung verfolgten Zielsetzung."

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6194 am: 23.06.2023 13:22 »
Hm, ok - danke für die Erläuterungen, Swen.

Auf die Entscheidungen, welche den Handlungsspielraum weiter einschränken sollen, weißt du ja in der Tat bereits seit einiger Zeit hin... diese scheinen auf der Prioritätenliste nicht besonders weit oben zu stehen, wenn man sich teilweise andere Entscheidungen zu mMn. eher unwichtigen Themen ansieht.

Ich gebe aber zu - Geduld ist auch nicht gerade meine Tugend.