Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 76023 times)

DocSMS

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #825 am: 22.11.2025 21:16 »
Moin in die Runde,

ich bin zwar seit 2016 Bundesbeamter aber erst in diesem Jahr so richtig in die Diskussion zur amtsangemessenen Alimentation eingestiegen. Dickes Lob  :) dazu an dieses Forum, besonders SwenTawortsch, ohne dessen Ausführungen ich erst gar nicht an dem Thema dran geblieben wäre.

Jetzt zu meiner eigenen aktuellen Auseinandersetzung mit den jüngsten Beschlüssen des BVerfG.
Die Besoldung ist doch m.W. ein Dauerverwaltungsakt. Demnach müsste dieser Dauerverwaltungsakt doch wegen der Beschlüsse des BVerfG rechtswidrig geworden sein. Dann wäre er einer Aufhebung nach § 44 Abs. 1 VwVfG zugänglich (Aufhebung mit Rückwirkung).

Soweit meine individuelle Besoldung das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an amtsangemessener Alimentation unterschreiten sollte, wäre es also rechtswidrig geworden und neu festzusetzen. Ich frage mich deshalb ob ein Widerspruch überhaupt der zutreffende Rechtsweg wäre und nicht vielmehr ein Antrag auf Neuberechung und rückwirkende Neufestsetzung der amtsangemessenen Alimentation.

Hinsichtlich der Erreichung der 80% Schwelle beim Alleinverdienermodell (auf dieses stellt der Beschluss ja ab) darf das Kindergeld nicht als Einkommensquelle herangezogen werden (Rn115): „Der Gesetzgeber [wollte] die Besoldung so bemessen [...], dass eine vierköpfige Familie durch einen Beamten als Alleinverdiener amtsangemessen unterhalten werden kann, ohne dass es weiterer Einkommensquellen [...] bedarf."

Ist damit nicht bereits geklärt, dass das Kindergeld gerade nicht herangezogen werden darf? Ich dachte, Kindergeld ist bei der verfassungsrechtlichen Prüfung der amtsangemessenen Alimentation nicht als Einkommen des Beamtenhaushalts anzusetzen. Das BVerfG stellt m.E. klar, dass das Kindergeld eine allgemeine sozialrechtliche Familienleistung ist und nicht Bestandteil der beamtenrechtlichen Alimentation. Es darf daher nicht zur Kompensation alimentativer Defizite herangezogen werden. Für die Beurteilung, ob die Mindestalimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG unterschritten ist, ist dann ausschließlich die Nettoalimentation ohne Kindergeld maßgeblich. Korrigiert mich gerne hier, falls meine Einschätzung dazu falsch liegen sollte.

Demnach wäre m.E.  die zutreffende Berechnung für das Netto Äquivaleneinkommen z.B. bei einer Familie mit drei Kindern (wie bei mir):

Nettoäquivalenzeinkommen = Haushaltsnettoeinkommen / Äquivalenzgewicht
 Haushaltsnettoeinkommen =
  Bruttobesoldung (Grundgehalt + Familienzuschläge)
  - Steuern
  - Sozialversicherungsbeiträge
  - Private Krankenversicherung (gesamte Familie)
  + ggf. Einkommen weiterer Haushaltsmitglieder (hier liegt der Teufel im Detail...)

Berechnung des Äquivalenzgwichts nach OECD-Skala

Erste erwachsene Person: Gewicht 1,0
Weitere erwachsene Person: Gewicht 0,5
Kinder unter 14 Jahren: je Gewicht 0,3

Für meine Familie (5 Personen):
Ich: 1,0
Ehepartnerin: 0,5
Kind 1 (geb. 2013): 0,3 (bis 2027 unter 14)
Kind 2 (geb. 2016): 0,3 (bis 2030 unter 14)
Kind 3 (geb. 2020): 0,3 (bis 2034 unter 14)
Äquivalenzgewicht: 1,0 + 0,5 + 0,3 + 0,3 + 0,3 = 2,4

Kritisch und hier bereits immer wieder im Forum diskutiert ist die Frage, ob (siehe Bayern) der Dienstherr (berechtigt oder nicht sei angesichts der dazu hinlänglich geführten Diskussionen und Beiträge dazu im Forum mal dahingestellt) ein wie auch immer geartetes Einkommen des Ehepartners bis zu einer gewissen Schwelle pauschal anrechnet (20.000 Euro z.B.) - denn dann ist "schön" gerechnet die Alimentation immer angemessen.

Soweit aber wie auch wieder im Beschluss des BVerfG ein Alleinverdiener mit vierköpfiger Familie als Vergleich herangezogen wird und der Gesetzgeber hierzu keine Klarheit schafft, ist für eine Familie mit drei oder mehr Kindern OHNE zusätzliche Einnahmequelle (Einkommen/ Besoldung Ehepartner) von einer Unterdeckung der Alimentation auszugehen (mal bei mir durchgerechnet zwischen 25.000 und 50.000 Euro für 2020 bis 2025 inkl. Verzugszinsen nach §288 BGB bzw. §236 AO).

Es gab inzwischen laut VBOB/ DBB drei Referentenentwürfe zur amtsangemessenen Alimenation, die ganz offensichtlich nicht zu einem Kabinettsbeschluss gereicht haben (vor allem wegen Dissens zum BMF). Die medial verstreuten Nebelkerzen hierzu (1,2 Milliarden) von Herrn Dobrindt dienen m.E. vor allem der Beruhigung der Belegschaft zur Vermeidung aufwändiger Einzelfallprüfung von Anträgen und Widersprüchen.

Das BMI-Rundschreiben vom 14.06.2021 (D3-30200/94#21 und 178#6) besagt, dass für die Jahre 2020–2025 keine haushaltsnahe Geltendmachung erforderlich sei (siehe auch Mitteilung auf der BVA Website dazu). ABER:
Dies ist hat ja überhaupt keine Bindungswirkung gegenüber der Rechtsprechung.

Warum wäre das Rundschreiben sogar ein Signal, besonders aufmerksam zu sein? Weil das BMI mit dieser Formulierung versucht Beschäftigte von der Geltendmachung abzuhalten, dadurch drohen später Abweisungen wegen angeblich mangelnder Rüge. Damit kann das BMI versuchen, den finanziellen Umfang späterer Nachzahlungen zu begrenzen. Nachtigall, Ick hör Dir trapsen  :-\...

Aus Gründen der Rechtsklarheit, der Wahrung möglicher Rückforderungsansprüche und der Vorbereitung einer etwaigen Klage sollte man aktenkundig entweder einen Widerspruch oder einen Antrag stellen, siehe meine obigen Ausführungen dazu.

Vielleicht könnt Ihr mir helfen, da noch weiter Licht ins Dunkel zu bringen...

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #826 am: 22.11.2025 21:33 »
Mir wird immer sehr schummrig, wenn ich deine Ausführungen lese, Rentenonkel. Das liegt an meiner Angst, dass Swen eventuell sich veranlasst sehen könnte neben seinen Ausführungen zum Urteil noch auf deine Einlassungen einzugehen. Dieses möchte ich auf keinen Fall ertragen müssen. Lass es doch bitte gut sein und warte einfach auf Swens Expertise.

Sofern Swen sich genötigt sieht, auf meine Einlassungen einzugehen, so ist es geübte Praxis, dass er dem Teil immer ein

@Rentenonkel

voranstellt. 

Es steht Dir frei, diesen Teil zu überspringen, so Du ihn nicht ertragen kannst.

Darüber hinaus impliziert Dein Beitrag, dass meine bisherige Betrachtung so große inhaltliche Defizite aufweisen wird, dass Swen sich genötigt sieht, in einem so großen Umfang darauf zu reagieren.

Dabei übersiehst Du aus meiner Sicht, dass wir inhaltlich oft sehr dicht beieinander waren, Swen allerdings über das erheblich tiefere Fachwissen verfügt, und mir daher oft links oder Literaturhinweise gegeben hat, die meine Sicht der Dinge entweder vertieft haben oder leicht in eine andere Richtung geschubst haben.

Ich wünsche mir auch ein kleines Lebenszeichen von Swen, weil mich seine Meinung und Sicht auf die Dinge auch interessiert. Bis dahin finde ich allerdings den Austausch hier fruchtbar, weil ich für meinen Teil so auf Dinge aufmerksam werde, die ich andernfalls übersehen habe.

Die Unübersichtlichkeit kommt aus meiner Sicht allerdings auch daher, weil wir hier eigentlich drei voneinander zu trennende Bereiche parallel diskutieren. So verstanden wir mir auch schummrig, weil auch ich mir nicht sicher bin, ob wir alle über das gleiche reden.

Rallyementation

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #827 am: 22.11.2025 21:40 »
Meiner Meinung nach hat das Urteil in drei voneinander zu trennenden Bereichen Auswirkungen, die wir wegen der Übersichtlichkeit vielleicht auch trennen sollten:

Thread 1) Auswirkung des Beschluss des BVerfG für die Vergangenheit
Thread 2) Mögliche Auswirkungen des Beschluss des BVerfG für die Zukunft
Thread 3) Mögliche Auswirkungen des Beschluss des BVerfG für die Besoldung kinderreicher Beamten

So könnten wir vielleicht erstmal etwas Struktur in die unterschiedlichen Diskussionsstränge bringen, weil ein Vermischen dieser Stränge mehr Verwirrung als Klarheit schafft

Thread 4) Unmögliche Auswirkungen des Beschluss des BVerfG für die Versorgung der Pensionäre
Thread 5) ...
Thread 6) ...


zu 4)

kann mich jemand, der sich damit auskennt, bitte dieses Worst-Case-Szenario aus dem Weg räumen:

 VON 1,15*0,7175 Ruhegehaltssatz = 82,51% der Grundsicherung wird gewechselt ZU
         0,8 BeamtenArmutgefährdungsschwelle *0,7175  Ruhegehaltssatz = 57% und damit 3% unterhalb der Prekariatsschwelle

65: Die Freiheit des im aktiven Dienst befindlichen Beamten von existenziellen finanziellen Sorgen setzt voraus, dass seine Besoldung mindestens so bemessen ist, dass sie einen hinreichenden Abstand zu einem ihn und seine Familie treffenden realen Armutsrisiko sicherstellt.

bedeutet ferner

Die Entlassung aus dem aktiven Dienst versetzt in existenzielle finanzielle Sorgen, da seine Versorgung höchstens so bemessen ist, dass sie einen hinreichenden Absinken zu einem ihn (und seine Familie) treffenden realen Armutsrisiko sicherstellt.

Davor etwas bewahrt wurde der Pensionär, weil sein Grundgehalt Vitamin 4K Spurenelemente enthielt. Des weiteren hat er seine private Altersvorsorge mit dem ihm verfassungswidrig vorenthaltenem Sold finanziert.

So bekommt ein A5 Berliner heute ca. 34 tsd. Brutto macht Pi mal Daumen 2.000 € Monatspension abzgl. KV

Außerdem hat der Amtsträger einen größeren Teil ihrer Bezüge zum Zwecke der privaten Altersvorsorge aufwenden zu müssen, um nicht übermäßige Einbußen ihres Lebensstandards bei Eintritt in den Ruhestand hinzunehmen.102

Wenn allerdings die Einverdiener-Ehe mit Erreichen der 71,75 geschieden und pensioniert wurde, wird fein säuberlich per Versorgungsausgleich halbiert und der Pengsionär rutscht fiktiv auf 1.000 € abzgl. KV herab und damit 21% unterhalb der Prekariatsschwelle. (Mal gut, dass er seine Altersvorsorge so großzügig mit NULL Einzahlungen aufbauen konnte.)

Würde man das Single-Prekariatsgrundgehalt einführen können, wäre ja man sogar 31% darunter.

Wehe man steigt noch vorzeitig mit Abschlägen aus.

AndreasS

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #828 am: 22.11.2025 21:46 »
...dass die ausgewiesene Mindestalimentation beim Bund beispielsweise A3 Erfahrungsstufe 1 oberhalb der vorgegebenen 80 Prozent anfängt und das komplett unabhängig vom Familienstand. Die Familienzuschläge kommen noch on top drauf. Bei der Ermittlung der 80 Prozent Schwelle gilt dann wahrscheinlich Deutschland gesamt, obwohl wahrscheinlich aufgrund des Status Bundesbeamter der höchste Wert aus dem Bundesgebiet angemessener wäre, so das auch die Beamten die in der teuersten Region beschäftigt sind, nicht benachteiligt werden.
Wie gesagt das ist meine Meinung, die ich mehr oder weniger mit Menschenverstand versucht habe zu füllen.

Im Jahr 2024 würde ich fBL ohne Berlin in Höhe von 2212,92 € nehmen, oder halt Bayern, da ein Bundesbeamter ja überall mindestbesoldet werden müsste.

2212,92 € sind sodann 4.071,77 € netto, die eine 4 K Beamtenfamilie mit einem Alleinverdiener erhalten müsste.

Der zurzeit tatsächliche A3 Stufe 1 Beamte mit 2 Kindern und einem Ehepartner erhält im Dezember 2025 ein Netto bei Stkl. 3 und keine Kirchenzugehörigkeit ein Netto in Höhe von 3120,71 € + KG in Höhe von 510, € - PKW ca. 650,- €. Das ergibt eine Nettobesoldung in Höhe von gerundet 2.980,- €.

Die Unterschied beträgt demnach gerundet 1.092,- € netto. Die Besoldung beim Bund wäre aktuell deutlich verfassungswidrig. Das wären dann bei der Konstellation 4.575,- € brutto anstatt 3.298,- € aktuell.

Der Bezug zum Singlebeamten stellt sich für mich nun sekundär her. Diese Unterschreitung in Höhe von 1.092,- € monatlich muss irgendwie geheilt werden. Die Stellschrauben sind Familienzuschlag, Beihilfe, Partnereinkommen, Erhöhung der Grundbesoldung. Denn das BVerfG führt ja aus, dass die Grundbesoldung nicht alleine reichen muss.

Familienzuschlag ist beschränkt. Zurzeit beträgt er bei A3 Stufe 1 18,3 % von der Bruttobesoldung (Stufe 3) . Vllt. könnte er auf 25 % steigen. Dann sind es ca. 1.143,- € brutto FMZ bei Stufe 3 (vom neuen Brutto 4.575,- €).

Sodann müsste die Grundbesoldung ohne Zuschläge bei gerundet 3.440,- € liegen. Aktuell liegt sie bei 2.788,20 €.

Um den Wert 650,- € brutto gerundet müssten die Tabellenwerte sodann angehoben werden.

Parntereinkommen sehe ich auch als gestorben an, da hier keine "unterschiedslosen" Beträge berücksichtigt werden können. Beihilfe erhöhen sehe ich eher nicht, sind ja bereits 70 % (2+2).

Würde daher mal annehmen, dass Fmz und die Tabellenwerte erhöht werden.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #829 am: 22.11.2025 21:54 »
@DocSMS

Zunächst zu der Frage des Kindergeldes: Kindergeld hat nur zum Teil die Funktion einer Sozialleistung, es ist im Wesentlichen zunächst eine Erstattung der Steuern. Somit ist es dem Beamten zuzumuten, dass zu beantragen und demnach darf es auch angerechnet werden.

Hier nochmal der Rechenweg, um die Unterdeckung zu berechnen:

Hier mal in den Worten von Blauer Junge, vielen Dank für Deine Worte:

Das Bundesverfassungsgericht arbeitet mit einer Modellfamilie, um zu prüfen, ob das Gehalt eines Beamten verfassungsgemäß ist:
   •   Beamter (Alleinverdiener)
   •   Ehepartner ohne eigenes Einkommen
   •   1 Kind unter 14
   •   1 Kind ab 14

Also: 4-Personen-Haushalt, aber mit zwei Kindern in unterschiedlichen Altersstufen.
Diese Konstellation ist bewusst gewählt, weil das klassische Leitbild des Besoldungsrechts war:
Ein Beamter in der Eingangsstufe soll als Alleinverdiener eine vierköpfige Familie eigenständig amtsangemessen ernähren können.

2. Wie daraus die „Bezugsgröße“ entsteht (Äquivalenzskala)
Damit man Haushalte vergleichen kann, arbeitet man mit der modifizierten OECD-Äquivalenzskala. Die setzt jedem Haushaltsmitglied ein „Gewicht“ zu:
   •   1.erwachsene Person: 1,0
   •   jede weitere erwachsene Person oder Person ab 14: 0,5
   •   jedes Kind unter 14: 0,3

Für unsere 4-K-Beamtenfamilie heißt das:
   •   Beamter: 1,0
   •   Ehepartner: 0,5
   •   Kind unter 14: 0,3
   •   Kind ab 14: 0,5

Gesamtgewicht: 1,0 + 0,5 + 0,3 + 0,5 = 2,3

Dieses „2,3“ ist entscheidend:
Man nimmt das Median-Äquivalenzeinkommen pro Kopf aus der Statistik und multipliziert es mit 2,3, um das Median-Einkommen für genau diese Familienkonstellation zu bekommen.

3. Wie die 80-%-Schwelle (Mindestniveau) berechnet wird
1.   Aus dem Mikrozensus / den amtlichen Daten wird das
→ Median-Äquivalenzeinkommen pro Äquivalenzeinheit genommen.
2.   Dieses wird mit dem Faktor 2,3 multipliziert
→ ergibt das Median-Nettoeinkommen für eine Familie: Beamter + Partner + 1 Kind <14 + 1 Kind ≥14.
3.   Dann zieht Karlsruhe die Prekaritätsgrenze bei 80 % dieses Wertes:
→ Median (Familie) × 0,8 = Mindest-Nettoeinkommen

Das ist die unterste Grenze, unter der das Gehalt dieser Modellfamilie nicht mehr verfassungsgemäß ist.

4. Was auf der Beamtenseite gerechnet wird
Auf der anderen Seite wird berechnet, was bei dieser Beamtenfamilie tatsächlich unterm Strich ankommt:
   •   Bruttogehalt (unterste Stufe der Besoldungsgruppe)
   •   Familienzuschlag (Ehepartner + Kind <14 + Kind ≥14)
   •   – Steuern
   •   – Beiträge für private Kranken- und Pflegeversicherung (nach Beihilferegeln)
   •   Kindergeld für 2 Kinder

Ergebnis: Nettoeinkommen der 4-K-Beamtenfamilie.

Dann wird verglichen:
Liegt dieses Netto mindestens bei 80 % des gesellschaftlichen Medianwerts (für so eine 4-K-Familie)?
Wenn nein → Gebot der Mindestbesoldung verletzt → Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

5. Gilt das auch für Single-Beamte?
Ja – aber nicht als eigene, getrennte Rechnung, sondern über das System:
•   Das Gericht prüft die unterste Besoldungsgruppe an der 4-K-Familie.
•   Wenn diese Modellfamilie unter die 80-%-Schwelle fällt, ist die Besoldung dieser gesamten Gruppe verfassungswidrig zu niedrig.
•   Wird korrigiert, profitieren alle in dieser Besoldungsgruppe – also auch der Single-Beamte.


Und jetzt kommt die Brücke, über die nicht mehr alle gehen wollen, mithin ist es erstmal meine Interpretation:

1) Auswirkungen für die Vergangenheit:

Sofern der Modellbeamte der Besoldungsgruppe die Mindestalimentation nicht erreicht, ist die Grundalimentation für alle in der Besoldungsgruppe um die Differenz anzuheben. Mithin bekommt der single, der verheiratete, die Familie mit einem Kind und die Familie mit zwei Kindern genau diese Differenz nachgezahlt.

Dabei ist jede Besoldungsgruppe für sich zu nehmen. Auch ist das Medianeinkommen abhängig vom Dienstherrn neu zu bestimmen, um die Leistungsfähigkeit des Dienstherrn zu berücksichtigen.

Alle die Besoldungsgruppen, die oberhalb der Mindestbesoldung liegen, müssen gesondert geprüft werden. Zumindest die nächsten beiden Besoldungsgruppen oberhalb der letzten verletzten können sich sicher sein, auch eine Nachzahlung zu bekommen. Bei allen darüber muss mindestens ein zweiter Parameter verletzt sein; aufgrund der Komplexität verzichte ich an dieser Stelle darauf, es zu wiederholen.

Das dabei für die Vergangenheit das Abstandsgebot verletzt ist, nimmt das BVerfG hin, um eine Befriedung der vielen Verfahren zu erreichen und die Verwaltungsgerichte nicht bis zur vollständigen Blockade zu überlasten.

2.) Auswirkungen für die Zukunft:

Die A Tabelle ist gestorben und wir brauchen eine neue. Wie die aussehen wird, ist unklar. Klar ist nur, dass der allerkleinste 4 K Beamte in der Tabelle mindestens die Mindestbesoldung bekommen muss, mithin nach oben und nach Alter auch alle anderen Beamten mehr bekommen müssen.

Auch darf damit gerechnet werden, dass die Besoldungsgesetzgeber für die Zukunft die Familienzuschläge für die ersten beiden Kinder in einem gewissen Umfang anheben werden und auch möglicherweise auch die Beihilfevorschriften anpassen werden. Hier bleibt die weitere politische Entwicklung abzuwarten.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #830 am: 22.11.2025 22:07 »

kann mich jemand, der sich damit auskennt, bitte dieses Worst-Case-Szenario aus dem Weg räumen:

 VON 1,15*0,7175 Ruhegehaltssatz = 82,51% der Grundsicherung wird gewechselt ZU
         0,8 BeamtenArmutgefährdungsschwelle *0,7175  Ruhegehaltssatz = 57% und damit 3% unterhalb der Prekariatsschwelle


Das ist ein guter, neuer Strang.

Wenn das BVerfG sich auch bei der Pension an den Armutsbericht orientiert und davon ausgeht, dass auch Penionäre im Alter nicht prekär versorgt sein dürfen, würde mich als Bemessung des Mindestruhegehalt eine Orientierung an der Prekariatsschwelle nicht überraschen.

Da der Pensionär jedoch regelmäßig als Familie nur noch sich selbst und den Ehepartner zu versorgen hat, besteht die Modellfamilie des Pensionärs nur noch aus zwei erwachsenen Personen.

Nach der OECD wäre die Prekariatschwelle von 80 % daher wie folgt zu berechnen:

(1,0 + 0,5) * 0,8 = 1,2

Mithin wäre die Prekariatsschwelle des Pensionärs das 1,2 fache des Medianeinkommens, bei einem Medianeinkommen von 2109 EUR mithin: 2530,80 EUR

Kindergeld kann regelmäßig nicht mehr hinzugerechnet werden, KV und PV in Höhe von jeweils 30 % dürften als Rentner etwa weitere 396 EUR ausmachen.

So verstanden wäre die Prekariatsschwelle 2996 EUR Mindestbesoldung. Netto.

Interessant.

Böswilliger Dienstherr

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #831 am: 22.11.2025 22:29 »
@DocSMS

Zunächst zu der Frage des Kindergeldes: Kindergeld hat nur zum Teil die Funktion einer Sozialleistung, es ist im Wesentlichen zunächst eine Erstattung der Steuern. Somit ist es dem Beamten zuzumuten, dass zu beantragen und demnach darf es auch angerechnet werden.

Hier nochmal der Rechenweg, um die Unterdeckung zu berechnen:

Hier mal in den Worten von Blauer Junge, vielen Dank für Deine Worte:

Das Bundesverfassungsgericht arbeitet mit einer Modellfamilie, um zu prüfen, ob das Gehalt eines Beamten verfassungsgemäß ist:
   •   Beamter (Alleinverdiener)
   •   Ehepartner ohne eigenes Einkommen
   •   1 Kind unter 14
   •   1 Kind ab 14

Also: 4-Personen-Haushalt, aber mit zwei Kindern in unterschiedlichen Altersstufen.
Diese Konstellation ist bewusst gewählt, weil das klassische Leitbild des Besoldungsrechts war:
Ein Beamter in der Eingangsstufe soll als Alleinverdiener eine vierköpfige Familie eigenständig amtsangemessen ernähren können.

2. Wie daraus die „Bezugsgröße“ entsteht (Äquivalenzskala)
Damit man Haushalte vergleichen kann, arbeitet man mit der modifizierten OECD-Äquivalenzskala. Die setzt jedem Haushaltsmitglied ein „Gewicht“ zu:
   •   1.erwachsene Person: 1,0
   •   jede weitere erwachsene Person oder Person ab 14: 0,5
   •   jedes Kind unter 14: 0,3

Für unsere 4-K-Beamtenfamilie heißt das:
   •   Beamter: 1,0
   •   Ehepartner: 0,5
   •   Kind unter 14: 0,3
   •   Kind ab 14: 0,5

Gesamtgewicht: 1,0 + 0,5 + 0,3 + 0,5 = 2,3

Dieses „2,3“ ist entscheidend:
Man nimmt das Median-Äquivalenzeinkommen pro Kopf aus der Statistik und multipliziert es mit 2,3, um das Median-Einkommen für genau diese Familienkonstellation zu bekommen.

3. Wie die 80-%-Schwelle (Mindestniveau) berechnet wird
1.   Aus dem Mikrozensus / den amtlichen Daten wird das
→ Median-Äquivalenzeinkommen pro Äquivalenzeinheit genommen.
2.   Dieses wird mit dem Faktor 2,3 multipliziert
→ ergibt das Median-Nettoeinkommen für eine Familie: Beamter + Partner + 1 Kind <14 + 1 Kind ≥14.
3.   Dann zieht Karlsruhe die Prekaritätsgrenze bei 80 % dieses Wertes:
→ Median (Familie) × 0,8 = Mindest-Nettoeinkommen

Das ist die unterste Grenze, unter der das Gehalt dieser Modellfamilie nicht mehr verfassungsgemäß ist.

4. Was auf der Beamtenseite gerechnet wird
Auf der anderen Seite wird berechnet, was bei dieser Beamtenfamilie tatsächlich unterm Strich ankommt:
   •   Bruttogehalt (unterste Stufe der Besoldungsgruppe)
   •   Familienzuschlag (Ehepartner + Kind <14 + Kind ≥14)
   •   – Steuern
   •   – Beiträge für private Kranken- und Pflegeversicherung (nach Beihilferegeln)
   •   Kindergeld für 2 Kinder

Ergebnis: Nettoeinkommen der 4-K-Beamtenfamilie.

Dann wird verglichen:
Liegt dieses Netto mindestens bei 80 % des gesellschaftlichen Medianwerts (für so eine 4-K-Familie)?
Wenn nein → Gebot der Mindestbesoldung verletzt → Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

5. Gilt das auch für Single-Beamte?
Ja – aber nicht als eigene, getrennte Rechnung, sondern über das System:
•   Das Gericht prüft die unterste Besoldungsgruppe an der 4-K-Familie.
•   Wenn diese Modellfamilie unter die 80-%-Schwelle fällt, ist die Besoldung dieser gesamten Gruppe verfassungswidrig zu niedrig.
•   Wird korrigiert, profitieren alle in dieser Besoldungsgruppe – also auch der Single-Beamte.


Und jetzt kommt die Brücke, über die nicht mehr alle gehen wollen, mithin ist es erstmal meine Interpretation:

1) Auswirkungen für die Vergangenheit:

Sofern der Modellbeamte der Besoldungsgruppe die Mindestalimentation nicht erreicht, ist die Grundalimentation für alle in der Besoldungsgruppe um die Differenz anzuheben. Mithin bekommt der single, der verheiratete, die Familie mit einem Kind und die Familie mit zwei Kindern genau diese Differenz nachgezahlt.

Dabei ist jede Besoldungsgruppe für sich zu nehmen. Auch ist das Medianeinkommen abhängig vom Dienstherrn neu zu bestimmen, um die Leistungsfähigkeit des Dienstherrn zu berücksichtigen.

Alle die Besoldungsgruppen, die oberhalb der Mindestbesoldung liegen, müssen gesondert geprüft werden. Zumindest die nächsten beiden Besoldungsgruppen oberhalb der letzten verletzten können sich sicher sein, auch eine Nachzahlung zu bekommen. Bei allen darüber muss mindestens ein zweiter Parameter verletzt sein; aufgrund der Komplexität verzichte ich an dieser Stelle darauf, es zu wiederholen.

Das dabei für die Vergangenheit das Abstandsgebot verletzt ist, nimmt das BVerfG hin, um eine Befriedung der vielen Verfahren zu erreichen und die Verwaltungsgerichte nicht bis zur vollständigen Blockade zu überlasten.

2.) Auswirkungen für die Zukunft:

Die A Tabelle ist gestorben und wir brauchen eine neue. Wie die aussehen wird, ist unklar. Klar ist nur, dass der allerkleinste 4 K Beamte in der Tabelle mindestens die Mindestbesoldung bekommen muss, mithin nach oben und nach Alter auch alle anderen Beamten mehr bekommen müssen.

Auch darf damit gerechnet werden, dass die Besoldungsgesetzgeber für die Zukunft die Familienzuschläge für die ersten beiden Kinder in einem gewissen Umfang anheben werden und auch möglicherweise auch die Beihilfevorschriften anpassen werden. Hier bleibt die weitere politische Entwicklung abzuwarten.

Raff dich mal mit dem zitieren. Blauer Junge hat mich zitiert mit link

Böswilliger Dienstherr

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #832 am: 22.11.2025 22:31 »
Moin in die Runde,

ich bin zwar seit 2016 Bundesbeamter aber erst in diesem Jahr so richtig in die Diskussion zur amtsangemessenen Alimentation eingestiegen. Dickes Lob  :) dazu an dieses Forum, besonders SwenTawortsch, ohne dessen Ausführungen ich erst gar nicht an dem Thema dran geblieben wäre.

Jetzt zu meiner eigenen aktuellen Auseinandersetzung mit den jüngsten Beschlüssen des BVerfG.
Die Besoldung ist doch m.W. ein Dauerverwaltungsakt. Demnach müsste dieser Dauerverwaltungsakt doch wegen der Beschlüsse des BVerfG rechtswidrig geworden sein. Dann wäre er einer Aufhebung nach § 44 Abs. 1 VwVfG zugänglich (Aufhebung mit Rückwirkung).

Soweit meine individuelle Besoldung das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an amtsangemessener Alimentation unterschreiten sollte, wäre es also rechtswidrig geworden und neu festzusetzen. Ich frage mich deshalb ob ein Widerspruch überhaupt der zutreffende Rechtsweg wäre und nicht vielmehr ein Antrag auf Neuberechung und rückwirkende Neufestsetzung der amtsangemessenen Alimentation.

Hinsichtlich der Erreichung der 80% Schwelle beim Alleinverdienermodell (auf dieses stellt der Beschluss ja ab) darf das Kindergeld nicht als Einkommensquelle herangezogen werden (Rn115): „Der Gesetzgeber [wollte] die Besoldung so bemessen [...], dass eine vierköpfige Familie durch einen Beamten als Alleinverdiener amtsangemessen unterhalten werden kann, ohne dass es weiterer Einkommensquellen [...] bedarf."

Ist damit nicht bereits geklärt, dass das Kindergeld gerade nicht herangezogen werden darf? Ich dachte, Kindergeld ist bei der verfassungsrechtlichen Prüfung der amtsangemessenen Alimentation nicht als Einkommen des Beamtenhaushalts anzusetzen. Das BVerfG stellt m.E. klar, dass das Kindergeld eine allgemeine sozialrechtliche Familienleistung ist und nicht Bestandteil der beamtenrechtlichen Alimentation. Es darf daher nicht zur Kompensation alimentativer Defizite herangezogen werden. Für die Beurteilung, ob die Mindestalimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG unterschritten ist, ist dann ausschließlich die Nettoalimentation ohne Kindergeld maßgeblich. Korrigiert mich gerne hier, falls meine Einschätzung dazu falsch liegen sollte.

Demnach wäre m.E.  die zutreffende Berechnung für das Netto Äquivaleneinkommen z.B. bei einer Familie mit drei Kindern (wie bei mir):

Nettoäquivalenzeinkommen = Haushaltsnettoeinkommen / Äquivalenzgewicht
 Haushaltsnettoeinkommen =
  Bruttobesoldung (Grundgehalt + Familienzuschläge)
  - Steuern
  - Sozialversicherungsbeiträge
  - Private Krankenversicherung (gesamte Familie)
  + ggf. Einkommen weiterer Haushaltsmitglieder (hier liegt der Teufel im Detail...)

Berechnung des Äquivalenzgwichts nach OECD-Skala

Erste erwachsene Person: Gewicht 1,0
Weitere erwachsene Person: Gewicht 0,5
Kinder unter 14 Jahren: je Gewicht 0,3

Für meine Familie (5 Personen):
Ich: 1,0
Ehepartnerin: 0,5
Kind 1 (geb. 2013): 0,3 (bis 2027 unter 14)
Kind 2 (geb. 2016): 0,3 (bis 2030 unter 14)
Kind 3 (geb. 2020): 0,3 (bis 2034 unter 14)
Äquivalenzgewicht: 1,0 + 0,5 + 0,3 + 0,3 + 0,3 = 2,4

Kritisch und hier bereits immer wieder im Forum diskutiert ist die Frage, ob (siehe Bayern) der Dienstherr (berechtigt oder nicht sei angesichts der dazu hinlänglich geführten Diskussionen und Beiträge dazu im Forum mal dahingestellt) ein wie auch immer geartetes Einkommen des Ehepartners bis zu einer gewissen Schwelle pauschal anrechnet (20.000 Euro z.B.) - denn dann ist "schön" gerechnet die Alimentation immer angemessen.

Soweit aber wie auch wieder im Beschluss des BVerfG ein Alleinverdiener mit vierköpfiger Familie als Vergleich herangezogen wird und der Gesetzgeber hierzu keine Klarheit schafft, ist für eine Familie mit drei oder mehr Kindern OHNE zusätzliche Einnahmequelle (Einkommen/ Besoldung Ehepartner) von einer Unterdeckung der Alimentation auszugehen (mal bei mir durchgerechnet zwischen 25.000 und 50.000 Euro für 2020 bis 2025 inkl. Verzugszinsen nach §288 BGB bzw. §236 AO).

Es gab inzwischen laut VBOB/ DBB drei Referentenentwürfe zur amtsangemessenen Alimenation, die ganz offensichtlich nicht zu einem Kabinettsbeschluss gereicht haben (vor allem wegen Dissens zum BMF). Die medial verstreuten Nebelkerzen hierzu (1,2 Milliarden) von Herrn Dobrindt dienen m.E. vor allem der Beruhigung der Belegschaft zur Vermeidung aufwändiger Einzelfallprüfung von Anträgen und Widersprüchen.

Das BMI-Rundschreiben vom 14.06.2021 (D3-30200/94#21 und 178#6) besagt, dass für die Jahre 2020–2025 keine haushaltsnahe Geltendmachung erforderlich sei (siehe auch Mitteilung auf der BVA Website dazu). ABER:
Dies ist hat ja überhaupt keine Bindungswirkung gegenüber der Rechtsprechung.

Warum wäre das Rundschreiben sogar ein Signal, besonders aufmerksam zu sein? Weil das BMI mit dieser Formulierung versucht Beschäftigte von der Geltendmachung abzuhalten, dadurch drohen später Abweisungen wegen angeblich mangelnder Rüge. Damit kann das BMI versuchen, den finanziellen Umfang späterer Nachzahlungen zu begrenzen. Nachtigall, Ick hör Dir trapsen  :-\...

Aus Gründen der Rechtsklarheit, der Wahrung möglicher Rückforderungsansprüche und der Vorbereitung einer etwaigen Klage sollte man aktenkundig entweder einen Widerspruch oder einen Antrag stellen, siehe meine obigen Ausführungen dazu.

Vielleicht könnt Ihr mir helfen, da noch weiter Licht ins Dunkel zu bringen...

Karlsruhe hat für die Berechnung die Faktoren gewählt. Ein fehlschluss jetzt für seine individuelle Situation Faktoren anzunehmen

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #833 am: 22.11.2025 22:54 »
Ich denke auch gerade nochmal laut über das Kindergeld nach.

War Quatsch… Geändert

Bundesjogi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #834 am: 22.11.2025 22:58 »
Weil das Medianeinkommen vermutlich das Haushaltseinkommen pro Person ist und da auch Kindergeld drin ist.

InternetistNeuland

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #835 am: 22.11.2025 23:10 »

kann mich jemand, der sich damit auskennt, bitte dieses Worst-Case-Szenario aus dem Weg räumen:

 VON 1,15*0,7175 Ruhegehaltssatz = 82,51% der Grundsicherung wird gewechselt ZU
         0,8 BeamtenArmutgefährdungsschwelle *0,7175  Ruhegehaltssatz = 57% und damit 3% unterhalb der Prekariatsschwelle


Das ist ein guter, neuer Strang.

Wenn das BVerfG sich auch bei der Pension an den Armutsbericht orientiert und davon ausgeht, dass auch Penionäre im Alter nicht prekär versorgt sein dürfen, würde mich als Bemessung des Mindestruhegehalt eine Orientierung an der Prekariatsschwelle nicht überraschen.

Da der Pensionär jedoch regelmäßig als Familie nur noch sich selbst und den Ehepartner zu versorgen hat, besteht die Modellfamilie des Pensionärs nur noch aus zwei erwachsenen Personen.

Nach der OECD wäre die Prekariatschwelle von 80 % daher wie folgt zu berechnen:

(1,0 + 0,5) * 0,8 = 1,2

Mithin wäre die Prekariatsschwelle des Pensionärs das 1,2 fache des Medianeinkommens, bei einem Medianeinkommen von 2109 EUR mithin: 2530,80 EUR

Kindergeld kann regelmäßig nicht mehr hinzugerechnet werden, KV und PV in Höhe von jeweils 30 % dürften als Rentner etwa weitere 396 EUR ausmachen.

So verstanden wäre die Prekariatsschwelle 2996 EUR Mindestbesoldung. Netto.

Interessant.

3000 € Netto Mindestpension? Nehme ich sofort!

Wenn ich 40 Jahre durcharbeite komme ich zur Zeit auf 2700 € Brutto.

Rallyementation

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #836 am: 22.11.2025 23:17 »

kann mich jemand, der sich damit auskennt, bitte dieses Worst-Case-Szenario aus dem Weg räumen:

 VON 1,15*0,7175 Ruhegehaltssatz = 82,51% der Grundsicherung wird gewechselt ZU
         0,8 BeamtenArmutgefährdungsschwelle *0,7175  Ruhegehaltssatz = 57% und damit 3% unterhalb der Prekariatsschwelle


Das ist ein guter, neuer Strang.

...

So verstanden wäre die Prekariatsschwelle 2996 EUR Mindestbesoldung. Netto.

Interessant.

3000 € Netto Mindestpension? Nehme ich sofort!

Wenn ich 40 Jahre durcharbeite komme ich zur Zeit auf 2700 € Brutto.

Ich würde von 2996 EUR Mindestbesoldungversorgung sprechen. Netto. Davon z.B. ca. ein Drittel private Vorsorge aus den gesparten Bezügen vorangegangener Jahrzehnte: "den betroffenen Besoldungsgruppen gewisse finanzielle Mittel zur Unterstützung ihrer Altersvorsorge zur Verfügunggestanden haben dürften." 155

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #837 am: 22.11.2025 23:22 »
Da haben wir doch den besungenen Aspekt der Leistung.

Wer in einer höheren Besoldungsgruppe ist, ist finanziell leistungsfähiger und deshalb ist ihm auch Altersvorsorge aus seiner Besoldung zuzumuten.

So war das gemeint.

AltStrG

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #838 am: 22.11.2025 23:38 »
"Die Urteilsbegründung, die nun in der Senatskanzlei und im Finanzressort seziert wird, hat dem Vernehmen nach rund 700 Seiten."

(....)


"Aus Senatskreisen war dazu zu hören, dass man sich eher großzügig zeigen möchte und nicht nur jene Beamte bedenken will, die auch persönlich Widerspruch eingelegt hatten. Auf welche Weise diejenigen begünstigt werden, die nicht widersprochen hatten, ist aber noch offen."


https://www.morgenpost.de/berlin/article410508826/oeffentlicher-dienst-berlin-beamte-besoldung-nachzahlung-urteil-bundesverfassungsgericht.html

https://archive.ph/Mmlnr

https://www.berliner-besoldung.de/warum-es-einen-rueckwirkenden-nachzahlung-fuer-alle-beamten-nicht-geben-wird/

Das Recht gebietet es, Voraussetzungen zu schaffen, ab wann und wie dieser Beschluss zur Geltung gebracht werden kann: Klage, Widerspruch, etc.

Gleichwohl KANN die Politik natürlich nach oben davon abweichen, dass verbietet der Beschluss des BVerfG nicht. Es ist die gleichsam bekannte Formulierung "unter Anerkennung irgendeiner Rechtspflicht" aka Selbsteintritt. Es ist dann eine rein politische Entscheidung für ein "mehr", nicht für ein "weniger".

Das Minimum wird im Beschluss genannt.

Verwaltungsgedöns

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #839 am: 22.11.2025 23:40 »
Hier haben einige Leute schon unglaublich tolle Übersichten geschaffen. Vielen Dank dafür.

Aber kann jemand folgende goldene Frage beantworten? Anhand des Urteils ist es ja kaum möglich, für alle Besoldungsgruppe Nachzahlungsbeträge auszurechnen.

Aber sollte es nicht möglich sein, zu sagen, dass ein Beamter in Berlin, A4, Stufe 1, für den gesamten Klagezeitraum Nachzahlung x erhalten muss? Die allermindeste Nettobesoldung wurde doch für jedes Jahr definiert? Warum schreibt keine Gewerkschaft, dass dieser Beispielbeamte, der ja praktisch die Grundlage ist und vom Verfassungsgericht mit einer genannten Mindestbesoldung als Summe definiert wurde, für die Jahre beispielsweise 80.000 Euro nachgezahlt bekommen muss? Das muss sich doch "einfach" ausrechnen lassen? Um es einfacher zu machen, könnte man den Beamten meinetwegen auch einfach durchgängig in Stufe 1 belassen.

Ich versuche es nochmal. Sorry.