Das, was ihr schreibt, ist leider genau der Haken an den Einmalzahlungen, was man aber gerne vergisst, weil sich ein Betrag von 1.300,- hoch anhört und 1.300,- für sich genommen wohl auch für die allermeisten von uns ein hoher Betrag ist. Genau deshalb bieten ihn die Arbeitgeber so gerne als eine Art Überrumpelungstaktik an - von daher wird hier mit einiger Berechtigung Groll auf die gewerkschaftlichen Verhandlungsführer artikuliert; denn die Annahme des Angebots lag in ihrer Verantwortung.
Rechnen wir das Ergebnis einfach mal etwas vereinfacht durch, weil es - so schätze ich - nicht jedem Leser in seinen Auswirkungen ganz klar ist:
Baden-Württemberg hat 2020 einem verheirateten Beamten mit zwei Kindern in der ersten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe eine Nettoalimentation von knapp 30.000,- € gewährt. Nehmen wir diese mal als Grundlage und gehen wir vereinfachend davon aus, dass das die heutige Nettoalimentation zu Beginn des Jahres 2022 wäre. Eine Erhöhung um 1.300,- € bedeutete dann eine Gehaltssteigerung von 4,3 %, deshalb kommen uns 1.300,- € viel vor. Ein Tarifabschlus, der dauerhaft zu diesem Ergebnis führte, wäre bei einer Inflationsrate von 3,1 % im Jahr 2021 ein für den betrachteten Beamten sicherlich kein schlechter, da insbesondere die Bruttobesoldung noch einmal um mehr als 4,3 % steigen müsste, um einen entsprechenden Nettobetrag zu erhalten. Blieb die Inflationsrate 2022 bei 3,1 %, so würde sich die Alimentation des betroffenen Beamten 2022 real zunächst einmal um 1,2 % erhöhen.
Da die Einmalzahlung aber ein Festbetrag ist, sieht die Lage für Beamte in höheren Besoldungsgruppen und/oder Erfahrungsstufen anders aus: Verfügte ein betroffener Beamte über eine jährliche Nettoalimentation von 40.000,- €, läge die prozentuale Erhöhung bei nur noch bei 3,25 %; jetzt wäre kaum noch eine reale Erhöhung vorhanden. Darin liegt das eine Problem von Festbeträgen: Je höher die Alimentation, desto geringer ihre prozentuale Wirkung.
So oder so fällt aber die Wirkung der Einmalzahlung mit Ablauf des 31.12.2022 weg - und das ist das weit größere Problem. Bei einer Inflationsrate von 3,1 % 2022, würden alle Beamte in das Jahr 2023 mit einem Reallohnverlust von ziemlich genau drei Prozent starten, da die Wirkung der Einmalzahlung mit Beginn des Jahres 2023 wegfällt (der Beamte erhält ja nicht erneut eine entsprechende Einmalzahlung), läge der Reallohnindex nun bei 96,99. Vermittelt mit der zum 01.12.2022 kommenden Bruttogehaltssteigerung von 2,8 %, die keine Steigerung der Nettoalimentation um 2,8 % nach sich ziehen wird, sondern darunter liegt, starten nun alle Beamten mit einer real gegenüber 2021 geringeren Alimentation in das Jahr 2023. Unter der Prämisse einer Inflationsrate von 3,1 % 2022 und hinsichtlich der kalten Progression dürfte der Start ins Jahr 2023 bei einer 2,8 %igen Erhöhung der Bruttobesoldung zum 01.12.2022 je nach Besoldunsgruppe mit einem Reallohnindex von 99,5 % seinen Auftakt finden. Wenn nun 2023 die Inflatiobsrate bei 3,1 % läge, verzeichneten jener Beamte 2023 einen realen Alimentationsverlust von rund 3.5 %.
Da nun 2020 die Nettoalimentation des genannten verheirateten Beamten mit zwei Kindern rund elf Prozent unterhalb des Grundsicherungsniveaus lag, ihm 2021 bei einer Inflationsrate von 3,1 % eine Besoldungserhöhung von nur 1,4 % gewährt worden ist, sodass er bereits im letzten Jahr einen weiteren deutlichen realen Alimentationsverlust hingenommen hat, das geplante Vier-Säulen-Torso des Landes aber für die größten Teile der Beamten keine substanzielle Verbesserungen mit sich bringt, bleibt als Ergebnis nur festzuhalten, dass das nun auf die Beamten übertragene Tarifergebnis den weiteren Verfall der realen Alimentation (so wie auch der Tariflöhne im öffentlichen Diensts des Landes Baden-Württemberg) nicht nur nicht aufhält, sondern maßgeblich weiter mit vorantreibt - und das gilt nicht nur für Baden-Württemberg, sondern für ausnahmslos alle Länder, da zwar nicht alle ein Vier-Säulen-Torso für 2022 planen, aber keines auch nur in Ansätzen Pläne präsentierte, wieder zu einer verfassungskonformen Alimentation zurückkehren zu wollen. Dazu wird in nächster Zeit eine umfangreichere Betrachtung unter Berliner.Besoldung.de erscheinen, die das an Entwicklungen verschiedener Länder verdeutlichen wird, um so den in einem Monat zu erwartenden Beitrag in der DÖV inhaltlich zu flankieren, der nachweist, das seit spätestens 2008 die Alimentation in ausnahmslos allen Bundesländern materiell evident unangemessen ist.