@ Hans Georg
Das Bundesverfassungsgericht steht hinsichtlich der Berechtigung, wer in welchem Rahmen das Grundgesetz auslegen darf, in wiederkehrender Auseinandersetzung nicht nur mit dem EuGH, sondern auch mit dem EGMR, vgl. nur die Nr. 62 unter
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,117251.msg242802.html#msg242802. (vgl. auch Ozys Hinweise). So oder so wird es deren Entscheidungen produktiv zur Kenntnis nehmen, also prüfen, inwiefern sie diese für hinreichend begründet halten wird. Für hinreichend begründet wird es sie hinsichtlich des Streikverbots für Beamte nur betrachten, wenn sie sich mit dessen verfassungsrechtlichen Besonderheit im Geltungsbereich des Grundgesetzes hinreichend auseinandersetzen werden, was fast zwangsläufig bedeutet, dass es diesbezüglich davon ausgeht, dass der EuGH und EGMR zu weitgehend denselben Schlüssen wie es selbst kommen wird - kämen sie es auch in diesem besonderen Fall nicht, darf man davon ausgehen, dass es solche Entscheidungen im Rahmen einer europafreundlichen Auslegung sachlich zurückweisen und sich dabei weiterhin als einzig berechtigt ansehen wird, das Grundgesetz innerhalb der Bundesrepublik rechtskräftig auszulegen. In diesem Rahmen darf man zugleich davon ausgehen, dass es einen regen internen argumentativen Austausch zwischen den Gerichtshöfen gibt.
@ ebse
Ulrich Battis beschreibt das offensichtlich konzertierte Vorgehen der Dienstherrn, kritisiert dabei den sachlichen Gehalt ihrer Entscheidungen und weist so den wiederkehrenden Verfassungsbruch nach. Deren Vorgehen betrachtet er als einen Angriff auch auf das gegenseitige Treueverhältnis. Insgesamt sieht er den rechtsstaatsgefährdenden Gehalt, der auch damit verbunden ist, und betrachtet eine sich zunehmend anbahnende Verfassungskrise. Allerdings sehe ich es als ausgeschlossen an, dass er das Berufsbeamtentum direkt oder indirekt zu ihm verbotenen Streikaktionen aufriefe, denn das würde den dargelegten Weg auch vonseiten der Beamten beschreiten, was verfassungsrechtlich nicht zu akzeptieren wäre. Insofern gibt es eine solche Begründung m.W. nicht. Jeder Beamte, der sich an Streikaktionen beteiligt, darf damit rechnen, vom Dienstherr disziplinarisch belangt zu werden.
Den Gesetzgeber "auf den Boden des Grundgesetzes" zurückzugeleiten, das ist die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, wobei jenen Weg dann zu beschreiten im demokratischen Rechtsstaat die Aufgabe des Gesetzgebers ist, um ihn zu schützen und zu wahren. Sofern die Dienstherrn dessen Rechtsprechung weiterhin gezielt missachten, wird die Verfassungskrise offensichtlich bald da sein. Insbesondere Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden diesbezüglich nach den angekündigten Entscheidungen unter einem besonderen Fokus zu betrachten sein. Auch das dürfte dafür mitverantwortlich sein, weshalb die Entscheidungen trotz der Ankündigungen aus dem Frühjahr weiterhin auf sich warten lassen.
Nichtsdestotrotz bleibt der Beamte an seinen Eid gebunden - die von den Dienstherrn offensichtlich konzertiert vollzogenen Missachtungen der judikativen Gewalt und der Beamtenschaft sind nicht akzeptabel und fügen der bundesdeutschen Rechtsordnung schweren Schaden zu, da sich sein Absentieren vom Boden des Grundgesetzes und also ein dauerhafter verfassungsrechtlicher Urlaub in anderen Verfassungsgefilden, die es in der Bundesrepublik nicht gibt, nicht rechtfertigen lässt. Der wiederkehrende Verfassungsbruch im Besoldungsrecht kann aber nicht mit denselben Mitteln und Wegen beantwortet werden. Budapest ist eine schöne Stadt - aber sie ist nicht der Ort verfassungsrechtlicher Träume. Verfassungsrechtlich ist dort nichts Positives zu entdecken. Dass sich nicht geringe Teile der Bevölkerung nicht mehr oder nur noch eingeschränkt an Recht und Gesetz gebunden sehen, findet eine gewichtige Ursache darin, dass ihnen Eliten dies vorleben. Das Ethos des Berufsbeamtentums kann nur sein, sich nicht mit denen gemein zu machen, die unseren Rechtsstaat aushöhlen, indem sie ihn missachten, egal, in welcher Couleur sie sich zeigen.