Vielen Dank Beamtenjeff. Ich bin absolut kein Tagträumer, lebe im Ruhrpott, habe sowohl privat als auch beruflich mit den Menschen zu tun, um die es hier geht, und sehe täglich die Probleme, um die es geht.
Gleichzeitig sehe ich aber auch die zunehmende Polarisierung, die den Nährboden bereitet für eine immer unsachlichere Debatte. Die Zahlen und die Menschen, die Du meinst und ansprichst, erlebe ich seit Jahrzehnten. Gerade der Ruhrpott lebt auch mit Menschen mit Migrationshintergrund und die Vorbehalte gegen die höre ich auch schon mein Leben lang. Darüber möchte heute aber niemand mehr sprechen. Der Itaka und Mafiosi von damals ist heute der Italiener an der Ecke, der Malaka von damals kauft heute die Restbestände der US Armee auf und verdient Geld im Fernsehen und der Türke von damals hat heute eine Fast Food Kette mit vielen Filialen.
Ich denke, wir sind uns alle einig, dass wir ein immer größer werdendes demografisches Problem haben. Dafür gibt es aus meiner Sicht nur zwei Lösungen:
1.) Wir schotten uns ab und bleiben unter uns und werden immer ärmer oder
2.) Wir versuchen das demografische Problem durch Zuwanderung abzumildern.
Dass die Zuwanderung auch Probleme schafft, ist allgegenwärtig. Die Frage ist nur, welche Lösungsansätze gibt es dafür?
Wir brauchen aus meiner Sicht andere Strukturen, die die Menschen ab der Einreise begleiten und die Menschen dort abholen, wo sie sind. Das Kompetenzgerangel zwischen Bund, Ländern und Kommunen muss ein Ende haben. Einwanderung muss von einer Stelle zentral koordiniert werden, die finanzielle Ausstattung für Sozialarbeiter, Sprachkurse und Weiterbildung muss gesichert sein, die Menschen müssen qualifiziert werden, usw. Solche Strukturen gab es schon mal Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er Jahre mit den Auffanglagern für Flüchtlinge in Unna Massen und anderswo. So kann es gelingen, Menschen innerhalb von vergleichsweise kurzer Zeit zu integrieren.
Ich wehre mich jedenfalls dagegen, dass die Menschen die zu uns kommen, daran Schuld haben, dass die Zahlen so sind, wie sie sind. Sie kommen aus meiner Erfahrung nicht mit der Intention hierhin, die sozialen Sicherungssysteme dauerhaft zu belasten. Viele dieser Menschen berichten jedoch von hohen bürokratischen Hürden, von Ablehnung und Abweisung und von Strukturen, die es ihnen nicht leicht machen, den richtigen Weg zu finden.
Auf der anderen Seite erlebe auch ich natürlich Menschen, die hierhin kommen, und aus verschiedenen Gründen gar nicht vorhaben, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Es ist für diese Menschen einfach einfacher, in einem vermeintlich reichen Land arm zu sein als in einem armen Land arm zu sein und zu leben. Armut und Arbeitsverweigerung ist allerdings nicht nur ein Problem der Einwanderer. Es gibt auch genug Menschen, die hier geboren sind, und die es sich in der sozialen Hängematte gemütlich machen. Ganz abstellen wird man dieses Problem nicht können. So ehrlich muss man dann auch sein.
Die Zahlen, die ich hier wiederkehrend präsentiere, sind belastbar, haben allerdings natürlich noch viel Luft nach oben. Sie sind jedoch bei weitem nicht so schwarz oder blau, wie man gemeinhin annehmen kann. Dennoch sind die Zahlen alles andere als super und ich zumindest bin auch kein Tagträumer, der die Probleme nicht sieht.
An den Zahlen kann man jedoch erkennen, dass mit der Zeit der Anteil der Migranten, die auf Hilfe angewiesen sind, spürbar abnimmt, während der Anteil der Berufstätigen spürbar zunimmt. Zeit ist demnach ein wichtiger Faktor der Integration. Und da braucht es einfach derzeit zu viel Zeit und es bleiben auch zu viele auf der Strecke.
Die Frage ist nur, liegt das allein an den Einwanderer oder auch an uns?
Aus meiner Sicht ist es unerlässlich, zur Sicherung unseres Wohlstandes Einwanderung zu ermöglichen. Gleichzeitig muss das gesamtgesellschaftliche Ziel sein, Strukturen zu schaffen, mit denen es gelingen kann, deutlich mehr Einwanderer in den Arbeitsmarkt zu bringen und insgesamt die Menschen, die zu uns kommen, besser und schneller zu integrieren. Gleichzeitig könnte man über eine Ausweitung der EU Arbeitserlaubnis (Blue Card, analog zur Green Card in den USA) nachdenken, um für qualifizierte Ausländer einen legalen und einfacheren Weg zu ermöglichen, bei uns zu arbeiten. Wir müssen bei dem gesamten Prozess einfach deutlich besser und schneller werden.
Das ist natürlich die Aufgabe der Politik, hier notwendige Veränderungen vorzunehmen, Kompetenzen zu bündeln und Mittel klarer und mit der notwendigen Planungssicherheit zu verteilen. Dazu muss die Politik auch ehrlich sein, und zunächst Probleme erkennen und als solche benennen, und nicht die Augen davor verschließen.
Ansätze sind aus meiner Sicht zu erkennen. Es bleibt jedoch spannend, ob es der Politik auch gelingt, Lösungen zu finden.