Nochmal: Auch bei Beamten sind (ähnlich wie bei Angestellten) zumindest die ersten beiden Kinder größtenteils "Privatsache", auch und insbesondere laut den Vorgaben des BVerfG.
Genau an der Stelle hat das BVerfG klargestellt, dass es eben keine Privatsache der Beamten ist, wie sie den Lebensunterhalt für ihre Kinder sicherstellen. Das ist grundsätzlich Aufgabe des Dienstherrn, dafür zu sorgen, dass auch der kleinste Beamte mit seiner Alimentation in der Lage sein muss, den Lebensunterhalt für sich, seine Ehefrau und seine beiden Kinder abdecken zu können. Bezogen auf A4 muss er auch einen Abstand zum Grundsicherungsbedarf von mindestens 15 % haben. Allerdings ist es dem Beamten zuzumuten, zur Deckung des Unterhaltes der ersten beiden Kinder (im Gegensatz zum dritten und weiteren Kindern)
auch auf leistungsbezogene Komponenten der Alimentation zurück zu greifen, so er denn dazu in der Lage ist.
Während also der Familienzuschlag ab Kind 3 zusammen mit dem Kindergeld mindestens auf dem Niveau der Grundsicherung sein muss, darf der Familienzuschlag für die ersten beiden Kinder auch geringer sein. Oder, um es umgekehrt auszudrücken, kann man diese Aussage auch rechtlich so verstehen: Der Familienzuschlag für die ersten beiden Kinder wäre demnach verfassungswidrig, wenn er sich mindestens auf dem gleichen Niveau bewegen würde, wie ab dem dritten Kind.
Wäre es auch bei Beamten Privatsache, könnte der Dienstherr den Beamten genau wie den Angestellten auf bedarfsorientierte Leistungen wie Bürgergeld, Kinderzuschlag oder Wohngeld zur Deckung der "Privatsache" (also der Kinder) verweisen.
Weil das eben nicht so ist, kommen wir auf diese teilweise massive Unterdeckung der Alimentation. Dabei hat das BVerfG dem Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum zugestanden, wie er dieses Problem löst. Dabei hat Swen ja in vielen seiner Beiträge schon darauf hingewiesen, an welchen Stellen der Ermessensspielraum des Besoldungsgesetzgeber schon jetzt durchaus eingeschränkt ist. Weitere Einschränkungen sind mit den nächsten Urteilen zu erwarten, die hoffentlich endlich 2025 veröffentlicht werden.
In welchem Verhältnis dabei leistungsbezogene Komponenten und leistungslose Komponenten genau zueinander stehen dürfen, ist noch nicht abschließend verfassungsrechtlich geklärt. Auch ist nicht geklärt, was schlussendlich als amtsangemessen angesehen werden muss und was nicht. Zur Frage der Amtsangemessenheit kommt ja man erst, wenn man in die tiefere Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation kommt; dazu muss die Alimentation des kleinsten Beamten ja auch erst einmal die Hürde der 115 % nehmen, weil sie ansonsten ja in jedem Fall verfassungswidrig ist. Und genau an der Stelle kommen wir zu dem Thema "amtsangemessen", was ja im weiteren Sinne auch was mit dem Gerechtigkeitsgefühl zu tun hat. Dabei darf man aber nicht ausblenden, dass Recht und Gerechtigkeit nicht immer ein und dasselbe sind.
Während also der Ministerialbote mit 3000 EUR netto im Verhältnis zu PW sicherlich zu gut bezahlt würde, ist es in der Justiz durchaus anders. So sind die Jahresbezüge deutscher Richterinnen und Richter zu Beginn ihrer Laufbahn im Vergleich zu den bundesweiten Durchschnittsgehältern insgesamt nach wie vor die niedrigsten in der EU. Bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten ist die Situation laut der EU Kommission nicht erfreulicher: Auch ihre Einstiegsbesoldung rangiert im Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttojahresgehalt im europaweiten Vergleich im untersten Bereich. Die Kommission empfiehlt Deutschland daher, „Maßnahmen zu treffen, um eine angemessene Besoldung der Richter und Staatsanwälte zu gewährleisten und dabei europäische Standards für die Besoldung in der Justiz zu berücksichtigen“.
Daher muss man, wenn man tatsächlich amtsangemessen besolden will, tiefer in die einzelnen Gruppen gehen und regionale Unterschiede berücksichtigen. Je nach Aufgabe des Beamten wird man dann mal mehr und mal weniger stark anheben müssen, wenn man denn das Ziel amtsangemessen ernst nimmt. Dabei ist das Abstandsgebot natürlich zu beachten. Es wäre daher aus meiner Sicht an der Zeit, eine grundlegende Reform der Alimentation der Beamten durchzusetzen und nicht nur punktuell Ausbesserungen vorzunehmen.
Die Kindergrundsicherung, auf die ich noch später eingehen möchte, kann helfen, das 115 % Ziel zu erreichen, ohne ausufernde Familienzuschläge zu gewähren. Bei der Frage der Amtsangemessenheit der Besoldung hilft die Kindergrundsicherung allerdings nicht weiter.