Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 4207878 times)

was_guckst_du

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1020 am: 01.04.2022 18:13 »
...nach meiner Erfahrung bedeutet "demnächst" nichts anderes, als dass man das Problem zwar anpacken will, aber noch nicht weiß wie und wann...

..."demnächst" bedeutet dann "vielleicht noch in diesem Jahr - vielleicht aber auch nicht "8)
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1021 am: 01.04.2022 18:40 »
...nach meiner Erfahrung bedeutet "demnächst" nichts anderes, als dass man das Problem zwar anpacken will, aber noch nicht weiß wie und wann...



..."demnächst" bedeutet dann "vielleicht noch in diesem Jahr - vielleicht aber auch nicht "8)
Nein die sind schon weiter. Das ist im schlimmsten Fall ein "Noch in diesem Jahr-demnächst"

BalBund

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1022 am: 02.04.2022 15:32 »
Ich will nicht hoffen, dass da erst auf die Stellenbesetzung irgendeines Referenten gewartet wird. In welcher Funktion ist man denn bitte ohne entsprechende Einarbeitung sofort arbeitsfähig? Weitere Verzögerungen wären also zu erwarten. Es wäre ohnehin ein Armutszeugnis wenn die fehlende Besetzung einer Stelle, zumal nur die eines Referenten, den Fortgang des bzw. eines Gesetzgebungsverfahrens hemmen würde.

Ich denke genau so.
Sollte ein „Neuer“ mit diesem Vorhaben betraut werden, würde dies eine Menge Einarbeitung erfordern, außerdem würde dann aktuell nichts passieren, was lt. BMI ja nicht der Fall ist.
Aus diesem Grund bin ich mir sicher, dass ein künftiger Gesetzesentwurf mit Sicherheit nicht mit dieser neuen Stellenbesetzung steht oder fällt.
Ich denke, mit den (Lt. BMI aktuell laufenden) Gesprächen zwischen den einzelnen Ressorts bzgl verschiedener Umsetzungsoptionen kann man doch schon die Ressortabstimmung (wie „one“ ein paar Seiten vorher ein Gesetzgebungsvorhaben mal ausführlich beschrieben hat) herleiten, oder irre ich?

Ich stimme Dir zu, die Ressortabstimmung kann und wird sicher auch vorher schon laufen. Aber die PK I 3 ist halt für die parlamentarische Vorhabenplanung des BMI zuständig, wenn dort wirklich niemand die Sache in Vertretung betreut ist das Vorhaben frühestens im Herbst erstmalig im Parlament...

MasterOf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1023 am: 02.04.2022 15:34 »
Ich will nicht hoffen, dass da erst auf die Stellenbesetzung irgendeines Referenten gewartet wird. In welcher Funktion ist man denn bitte ohne entsprechende Einarbeitung sofort arbeitsfähig? Weitere Verzögerungen wären also zu erwarten. Es wäre ohnehin ein Armutszeugnis wenn die fehlende Besetzung einer Stelle, zumal nur die eines Referenten, den Fortgang des bzw. eines Gesetzgebungsverfahrens hemmen würde.

Ich denke genau so.
Sollte ein „Neuer“ mit diesem Vorhaben betraut werden, würde dies eine Menge Einarbeitung erfordern, außerdem würde dann aktuell nichts passieren, was lt. BMI ja nicht der Fall ist.
Aus diesem Grund bin ich mir sicher, dass ein künftiger Gesetzesentwurf mit Sicherheit nicht mit dieser neuen Stellenbesetzung steht oder fällt.
Ich denke, mit den (Lt. BMI aktuell laufenden) Gesprächen zwischen den einzelnen Ressorts bzgl verschiedener Umsetzungsoptionen kann man doch schon die Ressortabstimmung (wie „one“ ein paar Seiten vorher ein Gesetzgebungsvorhaben mal ausführlich beschrieben hat) herleiten, oder irre ich?

Ich stimme Dir zu, die Ressortabstimmung kann und wird sicher auch vorher schon laufen. Aber die PK I 3 ist halt für die parlamentarische Vorhabenplanung des BMI zuständig, wenn dort wirklich niemand die Sache in Vertretung betreut ist das Vorhaben frühestens im Herbst erstmalig im Parlament...

Dann kann man nur hoffen, dass dies vertretungsweise jemand übernimmt  ;D
Die Beteiligung der Verbände wird ja bald sein, dann kann man schon vor dem parlamentarischen Prozess erahnen, was kommen wird.

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1024 am: 02.04.2022 16:47 »
Macht euch keine Sorgen. Das Geld ist ja nicht weg, es kommt nur später. Dann gibt es halt im Dezember mal wieder ein schönes Weihnachtsgeld.
Ich mache mir eher über die Höhe bzw. die Berechnung sorgen.
Was machen wir, wenn im offiziellen Entwurf erneut grobe Fehler auftreten? Ist das spätestens dann ein grober Vorsatz ?

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1025 am: 02.04.2022 18:14 »
Würde "Vorsatz" denn irgend etwas an der Gemengelage ändern? Ich vermute mal nicht. Interessant finde ich im Moment eher wohin die Reise grundsätzlich gehen wird, heißt, ob vom alten Entwurf inhaltlich noch was übrig bleiben wird oder man gänzlich andere Wege beschreiten will.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1026 am: 03.04.2022 09:32 »
Würde "Vorsatz" denn irgend etwas an der Gemengelage ändern? Ich vermute mal nicht. Interessant finde ich im Moment eher wohin die Reise grundsätzlich gehen wird, heißt, ob vom alten Entwurf inhaltlich noch was übrig bleiben wird oder man gänzlich andere Wege beschreiten will.

Ich denke, die Frage nach dem "Vorsatz" bekommt eine unterschiedliche Bedeutung und entfaltet folglich eine unterschiedliche Wirkung, je nachdem, aus welcher Perspektive man sie betrachtet:

I. Strafrechtliche Betrachtung

Wie Floki vor ein paar Tagen zurecht hervorgehoben hat, gibt es strafrechtlich verschiedene Grade des "Vorsatzes", was weiterhin darauf verweist, dass es sich juristisch um einen Begriff aus dem Strafrecht handelt. Als solcher wäre er hier aber formal nicht passend, da es hier nicht um Straftatsbestandteile geht: Der einzelne Abgeordnete kann mit seinem Abstimmungsverhalten einem Gesetz zustimmen, das sich - formal betrachtet - erst nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als verfasungswidrig herausstellen kann. Unabhängig, ob dem der Fall sein wird - also ob dass das Bundesverfassungsgericht zukünftig entsprechend so entscheiden sollte -, ist in jedem Fall davon auszugehen, dass ein Abgeordneter willentlich für ein Gesetz stimmt; darüber hinaus ist in jedem Fall gegeben, dass er das unter der Freiheit seines Mandats tut. Den Willen zur Abstimmung wird hier also niemand bezweifeln, denke ich. Damit wäre eine der beiden notwendigen Bedingungen für ein "vorsätzliches Handeln" gegeben. Darüber hinaus wäre als weitere notwendige Bedingung zu betrachten, ob er auch wissentlich handelte, also mit dem Wissen handelte, dass der Gesetzentwurf nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen wäre: Das dürfte in vielen Einzelfällen der Fall sein, da die Abgeordneten in den unterschiedlichen Parlamenten von verschiedenen Seiten entsprechend informiert worden sind - und ginge es um einen Straftatsbestand, würde nun betrachtet werden, ob auch der Nachweis geführt werden könnte, dass neben dem "Willen" auch das "Wissen" gegeben sei: Könnte der Anfangsverdacht eines Stratatsbestands vorliegen, wäre davon auszugehen, dass eine Staatsanwaltschaft entsprechend ihrem Auftrag zu handeln beginnen würde - allerdings kann er nicht vorliegen und das ist auch gut so, auch wenn wir allesamt irgendwann mal wieder ganz gerne amtsangemessen alimentiert werden würden.

Denn Abgeordnete können mit ihrem Stimmverhalten - weiterhin formal betrachtet - nicht "vorsätzlich" handeln, also mit diesem einen Straftatsbestand erfüllen: Denn der Straftatsbestand, um den es nun ginge, wäre offensichtlich der der Rechtsbeugung: Diese kann aber nur durch einen Richter, Amtsträger oder Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig machte, vollzogen werden (§ 339 StGB). Da ein Abgeordneter aber als solcher während der Abstimmung als Abgeordneter handelt, unterliegt er währenddessen nicht dem genannten § 339 StGB, da er hier als Abgeordneter handelt und also nicht als Richter, Amtsträger oder Schiedsrichter. Von daher kann ein Abgeordneter in seinem Abstimmungsverhalten "willentlich" und "wissentlich" gegen die Verfassung abstimmen, aber er kann das - formal betrachtet - nicht "vorsätzlich", da er in seinem Abstimmungsverhalten keine Straftat begehen kann.

Auf der anderen Seite könnte man nun, da es sich sowohl bei der den jeweiligen Gesetzentwurf erarbeitenden Ministerialbürokratie als auch bei dem Regierungskabinett, welches Einigkeit darüber herstellt, jenen Entwurf ins Parlament einzubringen, fragen, ob sie nun formal "vorsätzlich" handelten und also sich der Rechtsbeugung schuldig machten. Denn sie unterliegen ja - anders als ein Abgeordneter - dem § 339 StGB. Allerdings wäre eine solche Betrachtung ebenfalls nicht weiterführend. Denn sowohl der das Gesetz miterarbeitende Beamte als auch jedes einzelne Kabinettsmitglied, das dafür stimmte, dass der entsprechende Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht wird, kann nun wiederum keine Rechtsbeugung vornehmen. Denn beiden Gruppen von Amtsträgern liegt in ihrem entsprechenden Handeln zu keiner Zeit ein Verwaltungsakt zugrunde: Bei ihm handelt es sich bekanntlich um jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 35 VwVfG). Denn da weder die Minister noch die Ministerialbürokratie eine Entscheidung treffen, die auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, sondern nur einen Gesetzentwurf erarbeiten (Ministerialbürokratie) und in das Parlament einbringen (Kabinett), der erst durch die Verabschiedung durch das Parlament mit Datum seines Inkrafttretens Gesetzeskraft erlangt, ist zuvor zu keiner Zeit eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen entfaltende Handlung gegeben gewesen: Ministerialbürokratie und Kabinett hatten ggf. mittelbare Teilhabe - mehr aber auch nicht. Damit ist ihr Handeln nicht als Verwaltungsakt zu betrachten, womit keine Entscheidung einer Rechtssache gegeben ist, sodass keine Rechtsbeugung vorliegen kann. Von daher kann ein Beamter in seiner Beteiligung und Vorbereitung eines Gesetzentwurfs "willentlich" und "wissentlich" einen verfassunhgswidrigen Gesetzentwurf miterarbeiten und kann ein Kabinett ihn entsprechend in das Parlament einbringen, aber auch von ihnen kann keiner das - formal betrachtet - "vorsätzlich" tun, da sie in ihrem entsprechenden Tun keinen Verwaltungsakt vollziehen, sodass keine Entscheidung im Sinne von § 339 StGB vorliegt und also keine Rechtsbeugung gegeben ist und also auch keine Straftat vorliegen kann. Formal betrachtet kann also auch ihr Verhalten nicht "vorsätzlich" sein.

II. Folgen

Formal betrachtet, kann man also mit gutem Grund hervorheben, dass zu keiner Zeit im Gesetzgebungsverfahren ein Vorsatz gegeben sein könne: Denn diese Vorstellung ist entsprechend richtig. Andererseits kann nicht per se ausgeschlossen werden, dass "wissentlich" und "willentlich" gegen die Verfassung verstoßende Gesetzentwürfe von der Ministerialbürokratie erabeitet, vom Kabinett in das Parlament eingebracht und von diesem schließlich verabschiedet sowie im Bund vom Bundespräsidenten ausgefertigt werden - wobei wir uns hier nun wohl bereits in den Tiefen des Staatsrecht bewegen: Denn die Gründungsmütter und Gründungsväter wollten sich das offensichtlich nicht vorstellen wollen (und konnten sich das aber ggf. nach ihren eigenen Lebenserfahrungen allesamt sicherlich dennoch sehr gut vorstellen); ansonsten hätten sie das Grundgesetz anders gestaltet, als es gestaltet worden ist - was sie zum Glück nicht getan haben. Um also die Gesetzeskraft des BBVAnpÄndG 2021/2022 überhaupt erst herzustellen - das ja selbst eingesteht, nicht verfassungskonform zu sein -, ist offensichtlich unter anderem die Garantie gegeben worden, dass kein Beamter durch dieses Gesetz in seinen Rechten eingeschränkt werden würde: Wenn das auch wie an anderer Stelle betrachtet leider nicht so formuliert worden ist (vgl. https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg238021/topicseen.html#msg238021). Damit dürfte das Gesetz höchstwahrscheinlich ausgefertigt werden dürfen - es wird interessant werden, wie sich diesbezüglich ein späteres Handeln von Exekutive und Legislative gestalten wird: also auf Grundlage des vor zwei Wochen von Neuling zurecht hier verlinkten Rundschreibens.

Um aber ein "willentlich" und "wissentlich" in seinem Gehalt verfassungswidriges Gesetz zu verhinden, sind nun die verschiedenen Checks and Balances erstellt worden, denen ein Gesetzgebungsverfahren unterliegt, worauf One berechtigt verweist. Diese dürften im Regelfall - darauf hofft man nicht nur als Beamter, sondern mindestens genauso stark als Staatsbürger - greifen, denn anders ließe sich die Legitimität von Herrschaft in unserer Rechtsordnung nicht aufrechterhalten. Die Frage ist nun auf der anderen Seite - hierum kreist seit geraumer Zeit die Diskussion -, wie es innerhalb des beschriebenen Rahmens zu einem m.E. nachweisbar verfassungswidrigen Gesetzentwurf wie dem ursprünglichen Gesetzentwurf vom Februar letzten Jahres kommen kann, der also offensichtlich wissentlich und willentlich entsprechend so erarbeitet worden ist, wenn er auch - allerdings nicht mit dem Ziel, ihn wegen seines verfassungswidrigen Gehalts zu verhindern - am Ende im Kabinett nicht zu finalisieren gewesen war.

Und wieso ist diese Frage wichtig, denn darauf zielt Deine Frage ab: "Würde 'Vorsatz' denn irgend etwas an der Gemengelage ändern?"

1. Zum einen - und vordringlich - dürfte sie für uns als Beamte und Staatsbürger von hohem Interesse sein: Denn sofern entsprechendes staatliches Handeln hinsichtlich der Alimentation von Beamten möglich ist und auch geschehe, könnte nicht ausgeschlossen werden, dass das in anderen parlamentarisch zu regelnden Fragen nicht anders sein müsste oder könnte. In diesem Sinne dürfte der Einwurf der Berliner Sektion des Deutschen Richterbundes aus dem April des letzten Jahres zu verstehen sein, der das Verhalten der Berliner Exekutive und Legislative als "demokratiegefährdend" bezeichnet hat. Nicht anders ist der Appell des Deutsche Richterbunds zu verstehen, mit dem er seine ursprüngliche Position aus dem Februar 2021 grundlegend revidierte, nämlich nicht "die Integrität und die Gemeinwohlorientierung staatlichen Handelns in Frage" zu stellen. Da wir als Beamte eine besondere Verantwortung im Staatsgefüge haben, kann uns diese Frage nicht unberührt lassen - und als Staatsbürger dürfte sie nicht minder auch für uns von Interesse sein.

2. Zum anderen dürfte sie ebenfalls politisch für uns wichtig sein, die wir ein Interesse daran haben, irgendwann mal wieder amtangemessen alimentiert zu werden: Wenn wir hier offensichtlich allesamt einheitlich die Meinung vertreten, es sei Widerspruch gegen die einem gewährte Alimentation zu tätigen und es seien die Kolleginnen und Kollegen entsprechend zu informieren, wenn wir darüber hinaus ebenso allesamt einer Meinung zu seinen scheinen, dass es nicht verkehrt sein kann, entsprechend auf die Abgeordneten des eigenen Wahlkreises mit sachlichen Anfragen und Appellen einzuwirken (wobei wir hier bereits offensichtlich unterschiedliche Ansichten darüber im Forum haben, ob dem ein ausreichendes Gehör geschenkt werden würde), ist die dritte Ebene bislang hier eher unterbeleuchtet: Wie ist das eigentlich mit den Beamtinnen und Beamten in der Ministerialbürokratie - also mit jenen von ihnen, von denen m.E. ausgegangen werden kann, dass sie wissentlich und willentlich an der Erarbeitung von verfassungswidrigen Gesetzentwürfen beteiligt sind. Denn sie sind wie wir alle ebenso an ihren Amtseid gebunden - und sie unterliegen Bedingungen, denen ich nicht unterliege, weshalb ich vor ein paar Tagen das an One geschrieben habe, was ich geschrieben habe: Nämlich dass ich hier keine Hexenjagd veranstalten will, da mir an dieser nicht gelegen ist und ich darüber hinaus in der diesbezüglich bequemem Lage bin, qua meiner Funktion niemals in die Gefahr zu geraten, entsprechend zu einem solchen Handeln aufgefordrt zu werden (wie auch immer diese "Aufforderung" aussehen sollte) - sondern dass ich ganz gerne ebenso die Prozesse verstehen will, zu denen ich am vergangenen Mittwoch meine Fragen an One gestellt habe. Denn je nachdem, wie die Antworten ausfallen, kann für mich Deine Frage tatsächlich erst sinnvoll beantwortet werden. Deshalb habe auch ich die Frage nach dem "Vorsatz" hier wiederkehrend ins Feld geführt.

Denn sie ist mindestens hinsichtlich der beiden gerade aufgeworfenen Interessen- und/oder Fragekomplexe - finde ich - von einigem Interesse.
« Last Edit: 03.04.2022 09:40 von SwenTanortsch »

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1027 am: 03.04.2022 10:33 »
TL/DR.

Dann formuliere ich es, ohne umfangreiche Erläuterungen, anders:

Mir als Beamter ist es vollkommen egal, ob Vorsatz vorliegt, da ich ohnehin den Rechtsweg werde bestreiten müssen, um mögliche Ansprüche zu wahren.

PS: Und persönlich gehe ich von Vorsatz aus. Das haben diverse parlamentarische Äußerungen von Verantwortlichen in der Vergangenheit mutmaßlich gezeigt. Zuletzt in Hessen.

Kurzum, ich bin sehr froh, dass dieses Thema hier so umfangreich diskutiert wurde und wird. Ich sehe mich aber nicht als Hüter der Gewaltenteilung und der Einhaltung dieser. Dafür gibt es andere Instanzen - und selbst die werden zuweilen ignoriert.
« Last Edit: 03.04.2022 10:49 von xap »

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1028 am: 03.04.2022 11:21 »
c) Rechtssatzverfassungsbeschwerde
Gesetze, Rechtsverordnungen oder Satzungen können mit der Verfassungsbeschwerde nur
ausnahmsweise unmittelbar angegriffen werden, und zwar dann, wenn sie die Betroffenen selbst,
gegenwärtig und unmittelbar beschweren. Die Verfassungsbeschwerde muss in diesem Fall binnen
eines Jahres seit dem Inkrafttreten der Rechtsvorschrift erhoben werden (§ 93 Abs. 3 BVerfGG).
In der Regel bedürfen Rechtsvorschriften jedoch des Vollzuges, d.h. der Anwendung im einzelnen
Fall durch eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung, gegen die Betroffene den Rechtsweg
vor den zuständigen Gerichten erschöpfen müssen. In aller Regel ist die Verfassungsbeschwerde
daher in solchen Fällen erst nach der Entscheidung des letztinstanzlichen Gerichts zulässig (§ 90
Abs. 2 BVerfGG).

Wie wir als Beamte wissen, bedeutet in der Regel, dass es auch Ausnahmen gibt. Leider bin ich noch nicht weiter durchgedrungen, aber ich schau mal, ob es im Netz weitere Anhaltspunkte gibt. Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, das Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit anzugreifen, ohne den ganzen Instanzenweg durchschreiten zu müssen, was wie wir wissen schon mal 8 Jahre dauern kann.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1029 am: 03.04.2022 11:43 »
TL/DR.

Dann formuliere ich es, ohne umfangreiche Erläuterungen, anders:

Mir als Beamter ist es vollkommen egal, ob Vorsatz vorliegt, da ich ohnehin den Rechtsweg werde bestreiten müssen, um mögliche Ansprüche zu wahren.

PS: Und persönlich gehe ich von Vorsatz aus. Das haben diverse parlamentarische Äußerungen von Verantwortlichen in der Vergangenheit mutmaßlich gezeigt. Zuletzt in Hessen.

Kurzum, ich bin sehr froh, dass dieses Thema hier so umfangreich diskutiert wurde und wird. Ich sehe mich aber nicht als Hüter der Gewaltenteilung und der Einhaltung dieser. Dafür gibt es andere Instanzen - und selbst die werden zuweilen ignoriert.

Auch das kann ich wiederum verstehen - allerdings sehe ich das, was Du eingangs schreibst, hinsichtlich des zweiten von mir vorhin am Ende aufgeworfenen Punkts anders: Nach den einschlägigen Erfahrungen der letzten rund eindreiviertel Jahren halte ich es weiterhin für sinnvoll, sachlich insbesondere auf Politiker einzuwirken, die sich im Wahlkampf befinden - jedoch dürfte das, wenn überhaupt, nur eine begrenzte Wirkung entfalten. Weiterhin wäre es erfreulich, wenn die Medien sich des Themas umfassender annehmen würden. Aber auch das liegt nicht in unserer und auch nicht in der Hand von Gewerkschaften und Verbänden. Was aber in der Hand von Beamten und den sie vertretenden Gewerkschaften und Verbänden liegt, dass ist das Ansprechen von und die Einwirkungsmöglichkeit auf Beamte, die zu einem nicht geringen Teil ebenfalls in Gewerkschaften und Verbänden organisiert sind. Von daher halte ich jenes bislang doch eher unterbelichtete Thema ggf. für wichtig, wenn wir wollen, dass sich etwas ändert. Denn darin und darüber hinaus lautet der Amtseid von Bundesbeamten nach wie vor: "Ich schwöre, das Grundgesetz und alle in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen" - der Amtseid schließt insofern nicht nur Straftaten aus, von denen ich vorhin geschrieben habe und die offensichtlich in der Mitarbeit an einem verfassungswidrigen Gesetzentwurf nicht gegeben sind, sondern auch jeden weiteren Verstoß gegen geltende Gesetze und sieht darin vor, dass die Amtspflicht gewissenhaft zu erfüllen ist.

Ich gehe nach wie vor davon aus, dass nicht nur Gewerkschaften und Verbände lernfähig sind, sondern dass sich das auf alle Gebiete menschlichen Lebens erstreckt. Und da mittlerweile einige (wenn auch weiterhin offensichtlich deutlich zu wenige) Gewerkschaften und Verbände eine deutliche Lernkurve vollzogen haben, sollte das ihren Mitgliedern gleichfalls nicht unmöglich sein.

In diesem Zusammenhang dürfte es beispielsweise Gründe haben, wieso der Deutsche Richterbund im Februar 2021 noch folgende Ansichten vertreten hat: https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/3-21, was sich im September 2021 dann bereits gänzlich anders zeigte (https://www.drb.de/newsroom/presse-mediencenter/nachrichten-auf-einen-blick/nachricht/news/drb-dringt-auf-neugestaltung-der-besoldung). Denn insbesondere der vierte Leitsatz zeigt, dass der DRB das, was im Februar noch als möglich betrachtet worden ist, im September als offensichtlich nicht mehr amtsangemessen betrachtete: "Maßstab für eine angemessene Besoldung ist das  Amt. Die Besoldung muss unabhängig von Familienstand und Kinderzahl sowie unabhängig von Wohn- oder Dienstort angemessen, attraktiv und wettbewerbsfähig sein. Die Angemessenheit der Besoldung ist grundsätzlich durch die Höhe des Grundgehalts zu sichern. Diese ist so auszugestalten, dass sie an jedem Ort Deutschlands einen dem Amt angemessenen Lebensstandard sichert."

Das Umdenken innerhalb des DRB wird seine Ursache haben und jene dürften - denke ich - auch von außen angestoßen worden sein. Insofern ist für mich ebenso die Innenstruktur in der Erarbeitung wissentlich und willentlich verfassungswidrig erarbeiteter Gesetzentwürfe wie jenem vom Februar 2021 von Interesse, da am Gesetzgebungsverfahren ja offensichtlich alles in allem eine dreistellige Anzahl von Instanzen und Gremien zu beteiligen ist und da innerhalb des BMI zumindest folgender (stark vereinfachter) Verfahrensgang gegeben ist, wie ihn One unlängst dargelegt hat:

"1. Arbeitsentwurf eines Gesetzes wird im zuständigen Fachreferat von den Fachleuten erarbeitet.
2. Entscheidung der zuständigen Abteilungleitung über eine Regelungsalternative und über die Einleitung der Hausabstimmung eines Entwurfs - derzeit nicht möglich mangels personeller Besetzung der Abteilungsleitungsfunktion im BMI
3. Hausabstimmung, u.a. hinsichtlich der Verfassungskonformität (Abteilung V im BMI) und Haushaltswirksamkeit
4. Vorlage des abgestimmten Entwurfs der Hausleitung zur Billigung und Einleitung der Ressortabstimmung - derzeit nicht möglich, mangels personeller Besetzung der zuständigen Staatssekretärsfunktion im BMI
5. Einleitung der Ressortabstimmung und Verbändebeteiligung - hier ist aktuell auch kein tragfähiges Ergebnis bzw. ein Veto des BMF zu erwarten (Vetos des BMF führen zu einem sofortigen Tod eines Vorhabes; BMF hat hier staatsorganisatorisch eine Sonderrolle unter den Ressorts), da es derzeit aufgrund des Regierungswechsels keine gültige Finanzplanung gibt (vorläufige Haushaltsführung)
6. Nach Abschluss der Ressortabstimmung und der Verbändebeteiligung erfolgt eine Vorlage des konsoldidierten Entwurfs an die Innenministerin mit der Kabinettvorlage und Empfehlung der Überweisung/Einbringung in den Bundestag."  (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.735.html)

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1030 am: 03.04.2022 11:49 »
[26] Die Zubilligung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen für legislatives Unrecht in Gestalt eines mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden Gesetzes hätte zudem für die Staatsfinanzen weitreichende Folgen. Schon das spricht dafür, die Haushaltsprärogative des Parlaments in möglichst weitgehendem Umfang zu wahren und die Gewährung von Entschädigung für legislatives Unrecht der Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers zu überantworten. […] Besteht im Einzelfall ein Bedürfnis, die für den Bürger nachteiligen Folgen legislativen Unrechts auszugleichen, mag daher der Gesetzgeber tätig werden.“

Parlamentsvorbehalt/Wesentlichkeitstheorie: Wegen der finanziellen Haftungsfolgen bei einem rechtsfehlerhaften Gesetz muss der Parlamentsgesetzgeber selbst eine spezielle Entschädigungsregelung schaffen.

Durch die jahrelange zu niedrige Beamtenalimentation ist den einzelnen Beamten individuell ein enormer Schaden entstanden, den nur diejenigen ersetzt bekommen, die Widerspruch und Klage eingereicht haben. Ich finde, dass man sich auch damit nicht abfinden sollte. Man sollte hier auf eine parlamentarische Entschädigungsregelung dringen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es der Dienstherr war, der seine Fürsorgepflicht durch nicht verfassungsmäßige Gesetze missachtet hat und dadurch seinen Untergebenen einen enormen finanziellen Schaden zugefügt hat.

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1031 am: 03.04.2022 20:53 »
[26] Die Zubilligung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen für legislatives Unrecht in Gestalt eines mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden Gesetzes hätte zudem für die Staatsfinanzen weitreichende Folgen. Schon das spricht dafür, die Haushaltsprärogative des Parlaments in möglichst weitgehendem Umfang zu wahren und die Gewährung von Entschädigung für legislatives Unrecht der Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers zu überantworten. […] Besteht im Einzelfall ein Bedürfnis, die für den Bürger nachteiligen Folgen legislativen Unrechts auszugleichen, mag daher der Gesetzgeber tätig werden.“

Parlamentsvorbehalt/Wesentlichkeitstheorie: Wegen der finanziellen Haftungsfolgen bei einem rechtsfehlerhaften Gesetz muss der Parlamentsgesetzgeber selbst eine spezielle Entschädigungsregelung schaffen.

Durch die jahrelange zu niedrige Beamtenalimentation ist den einzelnen Beamten individuell ein enormer Schaden entstanden, den nur diejenigen ersetzt bekommen, die Widerspruch und Klage eingereicht haben. Ich finde, dass man sich auch damit nicht abfinden sollte. Man sollte hier auf eine parlamentarische Entschädigungsregelung dringen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es der Dienstherr war, der seine Fürsorgepflicht durch nicht verfassungsmäßige Gesetze missachtet hat und dadurch seinen Untergebenen einen enormen finanziellen Schaden zugefügt hat.

Hat jemand Erfahrung mit parlamentarischen Entschädigungsregelungen? Also zwecks Aussicht auf Erfolg, Aufwand etc. ?

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1032 am: 12.04.2022 07:57 »
oha, schon über eine Woche Ruhe hier :) das gab es ja fast noch nie

seid ihr alle noch da?

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1033 am: 12.04.2022 08:10 »
Haben alle resigniert.

Kimonbo

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1034 am: 12.04.2022 08:17 »
Also ich genieße gerade weiterhin das Leben, Besoldung zum 1.4. gestiegen, mir bleibt genug übrig von den 3700 netto, meine Ministerin ist gerade peinlich zurückgetreten, was will man mehr. Wenn wir jetzt noch mehr Geld bekommen würden wäre das der absolute Knüller :-D