Nimm's mir nicht übel, Master, aber solange alle 17 Besoldungsgesetzgeber zunächst einmal weiterhin und also seit spätestens 2008 ihre Beamten nicht amtsangemessen alimentieren, sind Thesen, wonach der Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst weitgehend nichts mit der Besoldung zu tun habe, reine Spekulation. Darüber könnte man dann aktuell diskutieren, sofern eine amtsangemessene Alimentation gewährt werden würde und das weiterhin zu keiner signifikanten Erhöhung der Bewerberzahlen führte. Darüber hinaus sagst Du selbst genau das, also dass der Nachwuchsmangel im öffentlichen Dienst zentral mit der nicht hinreichend attraktiven Besoldung zu tun hat, wenn Du hervorhebst: "Gleichzeitig sind in den letzten Jahren die geburtenschwachen Jahrgänge erstmals in den Arbeitsmarkt eingetreten, wodurch diese es leichter hatten,
sich für besser bezahlte Tätigkeiten zu bewerben". Insofern gehst Du selbst davon aus - und hier ist Deine Sicht auf die Dinge auch realistisch -, dass eine bessere Besoldung und also eine amtsangemessene Alimentation zu höheren (und besser qualifizierten) Bewerberzahlen führen.
Dahingegen zu meinen, eine deutlich bessere und also amtsangemessene Alimentation würde nicht zu einer deutlichen Verbesserung der Bewerberzahlen und damit ebenso zu einer qualifizierteren Auswahl führen, ist zwar das Mantra der Dienstherrn - das Du wiederholst, obgleich Du im Zitat selbst offensichtlich nicht daran glaubst -; es widerspricht aber nun einmal den verhaltensökonomischen Tatsachen in allen anderen Lebenslagen und soll offensichtlich gesondert nur für den öffentlichen Dienst gelten, als wären Beamte und potenzielle Bewerber auf ein Amt nicht zunächst einmal im weit überwiegenden Maße vor allem eines: ebenfalls ganz normale Bürger, die wiederkehrend Vor- und Nachteile abwägen, bevor sie eine maßgebliche Lebensentscheidung treffen.
Insofern lässt sich Deine abschließende These, wonach "die allgemeinen Bedingungen in bestimmten Bereichen, die das ganze unattraktiv für die potentiellen Bewerber machen. Stichwort: Wochenend- und Feiertagsarbeit, Schichtdienst, etc." die Hauptursache für die mangelnden Zahlen an qualifizierten Bewerbern seien, nicht erhärten, und zwar vor allem deshalb nicht, weil sie das Beamtenrecht auf den Kopf stellt: Die amtsangemessene Alimentation ist genau deshalb zu gewähren, weil der Bedienstete mit Eintritt in den Dienst in ein Sonderrechtsverhältnis eintritt, das seine Grundrechte elementar einschränkt und also zu der von Dir genannten "Unattraktivität" führt - die "Unattraktivität" ist also ein grundlegendes Kennzeichen des Dienstverhältnisses, eben als Folge des Sonderrechtsverhältnisses -, weshalb als Korrelat, aber darüber hinaus auch als Folge des Leistungsprinzips eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren ist, die also als verfassungsrechtliche Kompensation für die von Dir berechtigt ins Feld geführte "Unattraktivität" zu verstehen ist. Denn das Korrelat der amtsangemessenen Alimentation wiegt - verfassungsrechtlich betrachtet - die Nachteile des Sonderrechtsverhältnisses auf, die nicht aus der Welt zu schaffen sind; fehlt eine entsprechende amtsangemssene Alimentation passiert das, was Du selbst hervorhebst, nämlich dass sich potenzielle Bewerber "für besser bezahlte Tätigkeiten [...] bewerben". Auch deshalb führt der Zweite Senat aus und hat also der Besoldungsgesetzgeber hinlänglich zu beachten:
"Die Besoldung des Beamten stellt kein Entgelt für bestimmte konkrete Dienstleistungen dar, sondern ist eine 'Gegenleistung' des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte ihm mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt. Sie bildet die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und die ihm im Staatsleben zufallende Funktion, eine stabile Verwaltung zu sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften zu bilden, erfüllen kann (vgl. BVerfGE 7, 155 <162 f.>; 21, 329 <345>; 39, 196 <201>; 44, 249 <265>; 117, 372 <380>; stRspr). Deshalb ist die Folgerung unabweisbar, dass die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts als ein besonders wesentlicher hergebrachter Grundsatz anzusehen ist, zu dessen Beachtung der Gesetzgeber verpflichtet ist (BVerfGE 8, 1 <16 f.>; 117, 372 <380 f.>)." (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. Juni 2018 - 2 BvR 1738/12 -, Rn. 123;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/06/rs20180612_2bvr173812.html)