Az. 1 BvR 804/22 (Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch Überbegünstigung von Unternehmensvermögen im Vergleich zu Privatvermögen)
Hier schläft das BVerfG leider ebenfalls. Entscheidung war glaube ich auch für dieses Jahr angekündigt.
Ich vermute es wird hier einschreiten, u.a. wegen der diskutierten Thematik.
Die regelmäßig nicht nur hier im Forum von nicht wenigen vertretene Ansicht, beim Bundesverfassungsgericht handle es sich im Besonderen um ein Verfassungsorgan, das weitgehend Politik mit dem Mittel der Verfassungsrechtsprechung mache - sie findet sich insbesondere wiederkehrend in nicht geringen Teilen der Politikwissenschaft und darüber hinaus insbesondere in der Politik selbst, was die Wahl von Verfassungsrichtern seit je wiederkehrend politisiert, im Rahmen des neuen Wahl
verfahrens, wie gerade gesehen, nur umso mehr -, dreht letztlich das Verhältnis von Recht und Politik in der Entscheidungsfindung der Senate um: Am Anfang steht im Dezernat des Berichterstatters nicht eine vor allem politische Ansicht des Berichterstatters oder des für das Verfahren zunächst vor allem zuständigen Wissenschaftlichen Mitarbeiters, die also nicht eine politische Vorstellung haben und dann im Laufe der Erstellung einer Beratungsvorlage versuchen, diese zu erhärten. Denn wäre das der Fall, würde das spätestens in der Senatsberatung von den dann genauso tickenden BVR zerissen werden und müssten wir uns solche Beratungen so vorstellen, dass die überwiegend in der Beratung tatsächlich erreichte Einigkeit nicht möglich wäre. Das Bundesverfassungsgericht würde dann vielmehr so aussehen wie der Supreme Court in den USA und nicht wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Tatsächlich ist es die Aufgabe des Wissenschaftlichen Mitarbeiters, die Auffassung der bislang mit dem Thema beschäftigten Gerichte zu prüfen, ebenso die in der Rechtswissenschaft zur Thematik dargelegten Ansichten und schließlich die eigene wie auch ggf. die europäische Verfassungsrechtsprechung der Vergangenheit zu betrachten, um aus alledem einen begründeten Entscheidungsvorschlag zu entwickeln, der am Ende Grundlage der Senatsberatung ist. Allein diese Vorbereitung einer Entscheidung ist regelmäßig mit einem so hohen Aufwand verbunden, das Zeit und also Arbeit die Mittel sind, um überhaupt erst einmal die eigentliche Beratung vorzubereiten.
Wenn Du also wiederkehrend regelmäßig meinst, in Karlsruhe würde geschlafen, dann verkennst Du, Ozy, genauso regelmäßig die Komplexität der bundesverfassungsrechtlichten Rechtsprechung, die auf Dauer gebaut ist und deshalb im hohen Maße Arbeit wie Zeit beansprucht. Das kann man ggf. wirklich nur ermessen, wenn man nicht minder im hohen Maße Zeit und Arbeit investiert und so nach und nach die allein schon juristische Komplexität des jeweiligen Sachgebiets vor Augen geführt bekommt - auch unser Thema zeigt gerade in letzter Zeit eine Komplexität der untergerichtlichen Betrachtung, die sich gewaschen hat -; das kann man aber ebenso ermessen, wenn man die von Dir auch hier wieder zugrunde gelegten Prämissen anwenden würde.
Die von Dir genannte Verfassungsbeschwerde ist dort seit 2022 anhängig. Würde Karlsruhe tatsächlich schlafen, dann wäre es dort ein Leichtes, weitgehend unbesehen der Rechtsprechung des BGH zu folgen, dessen differenzierten (und so tatsächlich sicherlich zu differenzierenden) Gründen einfach zu folgen, das mit ein paar Anführungen aus der eigenen Rechtsprechung der Vergangenheit zu garnieren, um nach ein paar Wochen eine Entscheidung gefällt zu haben und so dann weiter schlafen zu können (wer sich einen ersten Überblick über die Verfassungsbeschwerde verschaffen will, lies z.B. hier:
https://wbs-berater.de/2023/09/22/1-fuer-alle-steuerpflichtigen-erbschaftsteuer-schon-wieder-verfassungswidrig/). Denn das dürfte die Konsequenz sein, wenn die beiden Senate so arbeiteten, wie das hier im Forum von einer nicht geringen Zahl an Schreibern regelmäßig wiederholt wird. Würde man in Karlsruhe vor allem damit beschäftigt sein, die Ärmelschoner beim Kopfaufstützen durchzuwetzen, würde die Sachlage auch in unserem Thema nicht erst heute eine gänzlich andere sein, würden nämlich die seit 2006 wieder 17 Besoldungsgesetzgeber in der Vergangenheit noch einmal erheblich anders gehandelt haben, dessen darf man sich sicher sein.
Auch deshalb, weil falsche Bilder uns nicht nutzen, rufe ich regelmäßig dazu auf, einfach mal selbst begründet darzulegen, wie in unserem Fall eigentlich eine Entscheidung in den aktuell angekündigten oder auch gerne in einem der vielen anderen anhängigen Verfahren aussehen und also begründet werden könnte. Darauf habe ich in den letzten Jahren bislang regelmäßig genau
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erhalten. Solange man aber sich selbst nicht in der Lage sieht - was keine Schande, sondern der regelmäßige Fall sein dürfte -, eine solche Antwort zu formulieren, sollte man - finde ich - mit dem hier im Forum regelmäßig zu findenden Populismus aufhören, jedenfalls sollten wir das m.E. als Beamte tun. Denn es ist eine Herabwürdigung der Arbeit jenes Verfassungsorgans, das genau deshalb, weil es unbestechlich, genau und kontrovers entscheidet, von den Gegnern unserer Rechtsordnung als der oder zumindest als einer der eigentliche(n) Hauptfeind(e) identifiziert wird. Sachliche Kritik an den Entscheidungen der Senate ist sinnvoll, der Frust über die Dauer der jeweiligen Entscheidungsfindung nachvollziehbar, aber der Eindruck, jene Dauern wären auf Schlaf und einer Art politischen Agenda gebaut, bleiben in Zeiten wie diesen meines Erachtens mindestens fragwürdig.
Der nachvollziehbare Frust über die Verfahrensdauern besoldungsrechtlicher Entscheidungen hat andere Ursachen als diese Dauern selbst. Denn die vorliegende Rechtsprechung des Zweiten Senats zum Alimentationsprinzips ist so eindeutig, wie es deren Missachtung durch die 17 Besoldungsgesetzgeber spätestens in den letzten fünf Jahren ist. Genau diese Missachtung ist eine der Hauptursachen für die vorzufindenden Verfahrensdauern, was ich hier regelmäßig recht häufig und umfassend dargelegt habe.
Letztlich entlastest Du genau jene mit der wiederkehrenden Darlegung, die am Ende tatsächlich die Verantwortung für die langen Verfahrensdauern und den heutigen faktischen Zustand des Alimentationsprinzips haben, indem Du das wiederkehrend schreibst, was Du auch hier im von mir zitierten Post schreibst, und mit der Selbstverständlchkeit, wie Du das schreibst, nur umso mehr. Wir dürfen davon ausgehen, dass vor allem die Verursacher des Schlamassels solche Kritik als positiv begreifen, da sie von der tatsächlichen Verantwortung ablenkt. Da das nicht Dein Ziel ist, solltest Du m.E. überlegen, ob Du solcherart Kritik weiterhin tätigen willst.