Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1468720 times)

SwenTanortsch

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Heute erfolgte die Veröffentlichung des lange erwarteten Alimentationsbeschlusses im o. g. Verfahren: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html bzw. die Pressemitteilung https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-063.html).

Das BVerfG bestätigt in seinem Beschluss über weite Strecken die Arggumentation des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 22.9.2017 – 2 C 56.16 u.a.; https://www.bverwg.de/220917B2C56.16.0) - und es läutet offensichtlich eine neue Zeitrechnung für die Besoldung der deutschen Landesbeamten ein. Denn im Gefolge dieses heutigen Beschlusses dürften höchstwahrscheinlich fast alle, wenn nicht alle derzeit geltenden Besoldungsgesetze der 16 Bundesländer als verfassungswidrig betrachtet werden müssen, da nach der heutigen Rechtsprechung wohl alle den Abstand zum Grundsicherungsniveau unterschreiten (vgl. thematisch und zur Einordnung beispielsweise die Diskussionen - bzw. Berechnungen - unter: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,112516.0.html).

Dem Land Berlin - das Extrembeispiel unter den Bundesländern - hat das Bundesverfassungsgericht heute attestiert, dass die maßgebliche Nettoalimentation der untersten Besoldungsgruppe im Zeitraum von 2009 bis 2015 mindestens 24 Prozent unterhalb des verfassungsrechtlich noch statthaften Maßes gelegen hat (vgl. den heutigen Beschluss, Rn. 152). Damit muss die Besoldung für jene Zeiträume in der untersten Besoldungsgruppe (bis 2010 A 2, seitdem A 4) mindestens um den entsprechenden Betrag erhöht werden, sodass am Ende die Nettoalimentation um 24 Prozent höher liegen muss - also um etwa ein Viertel höher als der tatsächlich gewährte Wert. Da das Gericht zugleich wie erwartbar noch einmal die sich aus dem Abstandsgebot - ebenfalls ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums - ergebenden Folgen benannt hat (vgl. dort den fünften Leitsatz), ist eine weitgehende Übertragung auf alle weiteren Besoldungsgruppen geboten.

Im Gefolge des heutigen Beschlusses dürften mehrere Veränderungen auf uns Landesbeamte zukommen, unabhängig davon, dass das Gericht keine konkreten Vorgaben zur Veränderung vorgibt (das wäre nicht seine Aufgabe): Zum einen dürfte sich die Alimentation in wohl allen Ländern (und auch im Bund) erhöhen; zum anderen dürfte das insbesondere für die Familienzuschläge gelten, darüber hinaus sollte es sehr wahrscheinlich sein, dass alle Bundesländer wieder Ortszuschläge in Abhängigkeit von den in den Ländern geltenden Mietenstufen zahlen werden, sodass sich die Besoldung also differenziert: In Gemeinden mit hohen Mietkosten dürfte ein höherer Ortszuschlag gezahlt werden müssen, in Gemeinden mit niedrigen Mietkosten ein niedrigerer. Nun gut, das sind jetzt erst einmal erste Ausblicke.

Entscheidend ist, wer bislang kein Widerspruch gegen seine Besoldung eingelegt haben sollte, sollte das bis Ende des Jahres tun, um Ansprüche zumindest für das laufende Kalenderjahr aufrecht zu erhalten (das Gericht hat darüber hinaus beschlossen, dass ein einfacher Widerspruch zur Aufrechterhaltung der Ansprüche genügt, also kein Klageverfahren angestrengt werden müsste, vgl. Rn. 183; auch das dürfte Maßstäbe für sämtliche weitere anhängige Verfahren setzen).
« Last Edit: 29.07.2020 01:41 von Admin2 »

was_guckst_du

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #1 am: 28.07.2020 15:07 »
..ein wenig viel Interpretation bei einem Verfahren, wo es um die Richterbesoldung in Berlin zwischen 2009 und 2015 geht... 8)
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2 am: 28.07.2020 16:14 »
Die R-Besoldung ist in diesem wie in allen weiteren betreffenden Alimentationsverfahren über den Grundsicherungsbetrag mit der A-Besoldung verbunden - denn die niedrigste R-Besoldung kann per se nicht unterhalb der Grenze des Grundsicherungsniveaus liegen, weshalb die Höhe der R-Besoldung an die der A-Besoldung gekoppelt wird, um so den Sockel für eine amtsangemessene Höhe der R-Besoldung bestimmen zu können.

Nicht umsonst werden vom BVerfG nun folgende Netto-Fehlbeträge in der jeweilig niedrigsten A-Besoldungsgruppe konstatiert (Rn. 153), die der Berliner Senat jetzt als Grundlage seiner Berechnungen für eine amtsangemessene R-Besoldung heranziehen muss:

2009: 7.041,32 Euro
2010: 7.738,57 Euro
2011: 8.628,87 Euro
2012: 9.532,93 Euro
2013: 9.347,32 Euro
2014: 9.456,66 Euro
2015: 9.310,93 Euro

Diese Beträge sind die Mindestbeträge, um die am Ende die Nettoalimentation in der niedrigsten A-Besoldungsgruppe erhöht werden muss, um schließlich eine angemessene R-Besoldung erstellen zu können. Der nun geklärten Systematik des Beschlusses (insbesondere, wie sind die vergleichbaren Wohn- und Heizkosten im Grundsicherungsniveau zu bestimmen - hierzu hatte sich das BVerfG bislang nicht konkret geäußert; nun folgt es weitestgehend der für die Länder sehr teuren Methodik des Bundesverwaltungsgerichts, wie dieses sie 2017 und 2018 entwickelt hat, sodass die Mindestnettoalimentation der A-Besoldung nun deutlich höher liegt, als von allen deutschen Gesetzgebern bislang zugrunde gelegt worden ist) werden die noch ausstehenden Beschlüsse zur A-Besoldung folgen. Deshalb haben alle recht lange auf diesen Grundsatzbeschluss warten müssen, der bereits für 2019 vom BVerfG angekündigt worden war.

Das BVerfG hat nun rechtskräftig den konkreten Weg zur Bestimmung der Mindestalimentation dargelegt. Dahinter kann kein Gesetzgeber in Deutschland mehr zurück. Insofern glaube ich nicht, dass ich sehr weit interpretiere... Denn nach Berechnungen auf Grundlage der Bundesverwaltungsgerichtsmethodik hat selbst Bayern als Höchstbezahler im letzten Jahr seine Beamten in der niedrigsten A-Besoldungsgruppe um 1.413,24 Euro netto zu gering alimentiert (vgl. die Berechnungen im o. g. Link). Auch deshalb und weil es kaum möglich sein wird, die Vorgaben des BVerfG ohne Differenzierung der A-Besoldung zu befolgen, spreche ich von einer neuen Zeitrechnung - und das nur umso mehr, als dass das BVerfG nun auch ein für allemal die sog. "Prozeduralisierungspflichten", gegen die ebenfalls praktisch alle Länderparlamente in Deutschland bislang verstoßen, nicht nur ein weiteres Mal unmissverständlich dekretiert (Rn. 96 f.), sondern sie auch, eben weil das Land Berlin diesen nicht nachgekommen ist (und weiterhin nicht nachkommt), gegen es ins Feld führt (Rn. 177-180). Das wird Auswirkungen auf sämtliche weitere Gesetzgebung haben - und es den Ländern deutlich schwerer machen, sich aus ihrer Verantwortung zu drücken, die aus unserer lebenslangen Treupflicht und dem Streikverbot resultiert. Das BVerfG drängt nun recht deutlich darauf, dass die deutschen Gesetzgeber endlich wieder Rechtssicherheit einziehen lassen - die vielleicht beste Nachricht des Beschlusses...

Chrisdus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3 am: 28.07.2020 16:22 »
@SwenTanortsch

Ich schließe mich deinen Ausführungen vollumfänglich an. Der Grundstein wurde 2015 vom BVerfG gelegt, heute die Konkretisierung sowie das flankierende Urteile vom BVerwG.

Letztlich werden die Länder umschwenken müssen, zumal die Urteilsbegründung kaum Interpretationsspielräume zulässt und sogar Handlungsanweisungen/Möglichkeiten vorgibt. Auch die Prozeduralen Pflichten zur Begründung und die Einordnung in die verfassungsrechtlichen Widersprüche zugunsten der Beamten fällt sehr deutlich aus und lässt keinen Spielraum für einseitige Opfer.

Die Frage, die ich mir stelle, ist, ob die Gewerkschaften endlich mal wach werden und das Urteil aufgreifen sowie die Tragweite verstehen.

Zum Zusammenhang R-Besoldung und A-Besoldung hast du alles richtig ausgeführt. Ich gehe davon aus, dass die Einordnung zur A-Besoldung zeitnah erfolgt unter Verweis auf das heutige Urteil.


SwenTanortsch

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Unabhängig von den anstehenden weiteren Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts in den anhängigen Verfahren ist es genauso, wie Du schreibst, Chrisdus. Wichtig dürfte nun werden, wie die Gewerkschaften und Verbände handeln werden. Ihr bislang diesbezüglich eher zahmes Auftreten ist einerseits nachvollziehbar, da sie auf die Rechtsprechung keinen Einfluss haben. Andererseits wäre nun der Zeitpunkt, mit Verweis auf den Beschluss die Landesregierungen aufzufordern, für verfassungskonforme Besoldungsgesetze zu sorgen - denn unabhängig von der Besoldungshöhe dürften im Spiegel des neuen Beschlusses eigentlich alle gegen die ihnen obliegenden Prozeduralisierungspflichten verstoßen. Das muss nicht so weit gehen wie hier in Niedersachsen, wo die Prozeduralisierung im aktuellen Besoldungsgesetz zu weit über 90 Prozent identisch mit der des letzten ist (was für sich schon ein Verstoß gegen die Prozeduralisierungspflichten darstellen dürfte). Aber verfassungsgemäß dürften auch die anderen Besoldungsgesetze nicht sein und insofern müssten sie nun an sich geändert werden, was aber im Spiegel der politischen Entscheidungen der letzten 15 Jahre wohl kaum geschehen wird. Bewegung wird wohl erst mit dem nächsten Beschluss des BVerfG zur A-Besoldung in die Sache kommen - und dann erst dürfte auch die Tragweite des aktuellen Beschlusses allgemein deutlich werden, denke ich.

Pepper2012

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Gibt es denn Hinweise darauf, wann anhängige Verfahren zur A-Besoldung durch das BVerfG entschieden werden?

Edit: Gerade gesehen, dass heute ein weiteres Urteil veröffentlicht wurde.
"Besoldungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zur Alimentation von kinderreichen Richtern und Staatsanwälten teilweise verfassungswidrig"

Was ist jetzt noch anhängig?
« Last Edit: 29.07.2020 09:44 von Pepper2012 »

was_guckst_du

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Bewegung wird wohl erst mit dem nächsten Beschluss des BVerfG zur A-Besoldung in die Sache kommen - und dann erst dürfte auch die Tragweite des aktuellen Beschlusses allgemein deutlich werden, denke ich.
...und das kann , wenn überhaupt, wiederum dauern...und dann dauert es , bis die Politik gedenkt irgendetwas umzusetzen...ich bin weiterhin der Auffassung, dass nicht voreilig mit Pseudoglaskugelwissen  irgendwelche Begehrlichkeiten geweckt werden...

..die ersten geneigten Leser sind in freudiger Erwartung bestimmt schon in Autohäuser gelaufen, um sich schnell den Wagen anzuschauen, den sie in 2021 von ihren neuen Wahnsinnsgehalt kaufen werden 8)  ;D
Gruß aus "Tief im Westen"

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SwenTanortsch

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Die Umsetzung von BVerfG-Beschlüssen hat noch nie lange gedauert - nicht zuletzt, weil das BVerfG grundsätzlich in entsprechenden Fällen - wie auch jetzt - klare Daten setzt, bis zu denen ein verfassungskonformer Zustand herzustellen ist. Wenn Du Dich ein wenig ins Thema einlesen würdest, lieber was_guckst_du, würdest Du zugleich feststellen, dass es hier nicht um Glaskugeln geht; die juristische Literatur zum Thema ist recht umfangreich. Wenn es Dich interessiert, gebe ich Dir gerne ein paar Literaturempfehlungen.

Richtig ist, dass die Landesregierungen mit Blick auf die A-Besoldung noch nicht tätig werden müssen, da zwar in den Eckpunkten für die R-Besoldung die letztlich identischen Regelungen wie für die A-Besoldung gelten, das BVerfG nun aber de jure noch keine Entscheidung zur A-Besoldung vorgelegt hat.

Allerdings sind derzeit einige Vorlagebeschlüsse zur A-Besoldung beim Bundesverfassungsgericht anhängig, die sich mit verschiedenen Fragen der Amtangemessenheit beschäftigen, nämlich u.a. der Vorlagenbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.18 zur niedersächsischen Besoldung, ebenfalls der Vorlagenbeschluss des VG Osnabrück vom 15.12.17, der Vorlagebeschluss des VG Bremen vom 17.03.2016, der Vorlagebeschluss des VG Halle vom 11.07.2017, der Vorlagebeschluss des Schleswig-Holsteinischen VG vom 20.09.2018, der Vorlagebeschluss des OVG Saarlouis vom 17.05.2018. Da ich mich seit Herbst letzten Jahres nicht mehr mit der Thematik beschäftigt habe, dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, dass 2019 und 2020 noch weitere Vorlagenbeschlüsse anderer Bundesländer hinzugekommen sein werden.

Mit recht hoher Wahrscheinlichkeit wird sich das BVerfG als nächstes mit dem genannten Vorlagenbeschluss des BVerwG beschäftigen, das in den Kernpunkten die identischen Annahmen voraussetzte wie in dem jetzt vom BVerfG behandelten Vorlagenbeschluss (der aktuelle Beschluss des BVerfG geht auf den Vorlagebeschluss des BVerwG vom 22.09.2017 zurück, der wiederum von identischen Annahmen ausgegangen ist wie der jetzt entschiedene). Das Ergebnis wird dort also in den relevanten Eckregelungen - das ist verfassungsrechtlich nicht anders möglich - identisch ausfallen. Auch deshalb benötigt man keine Glaskugeln, sondern muss sich nur mit den bisherigen Verfahrensverläufen und der entsprechenden juristischen Literatur beschäftigen, um die Thematik zu durchdringen.

Zwar sind mit dem aktuellen Beschluss nun praktisch ausnahmslos sämtliche auch mit Blick auf die A-Besoldung zuvor noch offenen Fragen eindeutig geklärt (offen sind Detailfragen, in denen das BVerfG dem Gesetzgeber weiterhin Handlungsspielräume einräumt, die aller Wahrscheinlichkeit allerdings eingeengt werden dürften, wenn die Gesetzgeber weiterhin mit Blick auf die A-Besoldung untätig bleiben), es ist allerdings nicht unwahrscheinlich, dass die Landesregierungen genauso wie die Bundesregierung erst dann tätig werden, wenn ein entsprechender Beschluss zur A-Besoldung vorliegt.

Genau deshalb müssten jetzt auch die Gewerkschaften und Verbände aktiv werden. Denn für den Bund und die Länder ist es weiterhin günstiger, nicht aktiv zu werden, da die Widerspruchszahlen weiterhin gering sind. Würden alle deutschen Beamte Widerspruch einlegen, würde die Politik umgehend handeln. Denn die Nachzahlungsregelung würde für sie deutlich teurer als eine sofortige verfassungskonforme Umsetzung, wenn ein hoher Prozentsatz der deutschen Beamten für dieses Jahr Widerspruch einlegen würde (solange keine nach Orten oder Mietenstufen differenzierte Besoldung eingeführt wird, geht das BVerfG genauso wie zuvor das BVerwG mit Blick auf Unterkunfts- und Heizkosten von Höchstwerten aus, was die Nachzahlungsbeträge für all die Kolleginnen und Kollegen höher ausfallen lässt, die Widerspruch einlegen, als wenn nun umgehend eine verfassungskonforme Gesetzgebung vollzogen werden würde, die jeweils für alle gelten würde). Da das aber nicht geschehen wird, also nun weiterhin keine Widerspruchswelle einsetzen wird, werden die Bundes- und Landesregierung nun weiterhin einen Teufel tun, irgendetwas an den aktuellen Besoldungsgesetzen zu ändern, obgleich auch sie seit gestern wissen, dass der Käs' gegessen ist...

Pepper2012

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Schön geschrieben, danke!  ;)

Leider ist es ja oft so, dass die Gewerkschaften erst sechs Monate vor den PR-Wahlen aus einem dreieinhalbjährigen Dornröschenschlaf erwachen. Wenn man mal von der "Leistung" absieht, in Tarifverhandlungen einen Inflationsausgleich auszuhandeln.

was_guckst_du

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...ich machs  mal kürzer.: ...wir werden sehen...
Gruß aus "Tief im Westen"

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was_guckst_du

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...hier mal ein Auszug aus der dbb Stellungnahme:

Das Land Berlin muss spätestens ab 1. Juli 2021 verfassungskonforme Regelungen treffen. Berliner Richterinnen und Richter, die von 2009 bis 2015 Widerspruch gegen die Höhe ihrer Besoldung eingelegt hatten, bekommen Rückwirkend mehr Geld für die Jahre, in denen sie widersprochen hatten.

 
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Pepper2012

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Das BVerfG kann ja nur die Jahre abhandeln, die es zur Beurteilung vorgelegt bekommt.

Falls es von 2015 auf 2016 sowie in den Folgejahren keine evidente Erhöhung gegeben hat, wird auch die aktuelle Besoldung zu niedrig sein.

was_guckst_du

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...genau...und auch nur für die Bezahlungssysteme, die Gegenstand des Verfahrens waren und nur für das Land, wo diese Betroffenen klagen... also R-Besoldung im Land Berlin...wobei das Ergebnis auch für die Zukunft Geltungn har
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SwenTanortsch

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Die Berliner Senatsverwaltung führt nun aus, dass Berliner R-Besoldung in den letzten Jahren überproportional erhöht worden sei; ob das ausreicht, um eine amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten, wird sich zeigen müssen.

Das aktuelle Urteil verpflichtet das Land Berlin - wie auch alle anderen Bundesländer und den Bund - nun noch einmal besonders, den amtsangemessenen Charakter seiner Gesetzgebung im Vorfeld realitätsgerecht zu prüfen (die nachfolgende Formulierung des BVerfG ist, wenn ich es richtig sehe, eine der vorgenommenen Verschärfungen - oder vorsichtiger formuliert: Konkretisierungen -; sie findet sich in den Beschlüssen der letzten Jahre in dieser Deutlichkeit nicht, jedenfalls habe ich sie dort auf die Schnelle bislang nicht gefunden): Den Gesetzgeber treffe "die Pflicht, die ihm zu Gebote stehenden Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich der Höhe der Grundsicherungsleistungen auszuschöpfen, um die Entwicklung der Lebensverhältnisse zu beobachten und die Höhe der Besoldung an diese Entwicklung kontinuierlich im gebotenen Umfang anzupassen" (Rn. 53). Der "gebotene Umfang" bedeutet seit dem Beschluss vom November 2015: Eine verfassungskonforme Mindestalimentation der unteren Gehaltsstufen muss zwingend mindestens 15 Prozent über dem sozialhilferechtlichen Existenzminimum liegen.

Genau hierzu hat das BVerfG nun im aktuellen Beschluss die Berechnungsmethodik vorgegeben, die damit rechtskräftig sowohl für die R- als auch für die W- und A-Besoldung heranzuziehen ist (für alle drei Besoldungen gilt im Grundsatz das identische Besoldungsrecht, weshalb der aktuelle Beschluss zur R-Besoldung in seiner grundlegenden Ausformung praktisch identisch auf die W- und A-Besoldung zu übertragen ist).

Bislang war hingegen mit Ausnahme des sog. Regelbedarfssatzes nicht klar, welche weiteren Parameter wie in jene Berechnung des sozialhilferechtlichen Existenzminimums einzubeziehen sind, weshalb die verschiedenen Gerichte unterschiedliche Berechnungsverfahren zugrunde gelegt und ihren Beschluss dann jeweils als Vorlage dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt haben. Das BVerfG hat nun über den Vorlagenbeschluss des BVerwG vom 22.09.2017 entschieden und dessen Berechnungsmethodik über weite Strecken bestätigt; sie darüber hinaus in Teilen offensichtlich noch weiter in Richtung einer die Alimentation erhöhenden Grundlage erweitert (insbesondere mit Blick auf soziale Teilhabe- und PKV-Kosten).

Im anderen Zusammenhang (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,112516.15.html) habe ich am 13.09.2019 (für die, die den Kontext nachlesen wollen) mal die Berechnungen auf Grundlage der Annahmen des BVerwG für das Land Bayern als deutschem Bestbesolder vorgenommen, die ich hier jetzt einfach noch einmal mittels copy and paste wiedergebe, um die finanzielle Sprengkraft des aktuellen Beschlusses darzulegen (wobei der nachfolgende Wert der Unteralimentation höchstwahrscheinlich im Lichte des aktuellen Beschlusses als zu niedrig anzusehen sein dürfte, da das BVerfG offensichtlich von höheren sozialen Teilhabe- und PKV-Kosten ausgeht; das habe ich mir im aktuellen Beschluss aber noch nicht im Detail angeschaut):

"Das Bundesverfassungsgericht legt regelmäßig die Nettoalimentation einer vierköpfigen Familie mit einem verbeamteten Alleinverdiener zugrunde. Die Netto-Einstiegsbesoldung eines bayerischen Landesbeamten der Besoldungsgruppe A 6 beträgt inklusive Sonderzahlungen sowie Familien- und Kinderzuschläge 32.200,42 € (vgl. http://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/by?id=beamte-bayern-2019&g=A_6&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulage=&stj=2019&stkl=3&r=0&zkf=0). Amts- und Stellenzulagen werden nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Betrachtung nicht hinzugezogen, da es um den Ausweis als Mindestalimentation geht. Von dieser Grundbesoldung sind nach der Methodik des Bundesverwaltungsgerichts 5.092,56 Euro für die PKV abzuziehen sowie 4.776,- Euro Kindergeld hinzuzuaddieren. Als Ergebnis liegt also eine Mindestalimentation von 31.883,86 Euro vor.

Die sozialhilferechtliche Regelleistung für zwei Erwachsene beträgt 9.168,- Euro, für zwei Kinder 6.912 Euro, die Bedarfspauschale für Bildung und Teilhabe 456,- Euro. Diese Werte sind unstrittig. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts müssen Unterkunftskosten der Mietenstufe VI hinzuaddiert werden, was einem Gegenwert von 10.548,- Euro entspricht, sowie der Ausgleich von jährlichen Heizkosten in Höhe von 1.870,- Euro. Das Grundsicherungsniveau beträgt innerhalb der Bundesverwaltungsgerichtsmethodik folglich 28.954,- Euro. Die Vergleichsschwelle von 115 Prozent läge demnach bei 33.297,10 Euro.

Innerhalb der vom Bundesverwaltungsgericht dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegten Berechnungsmethodik liegt die Netto-Einstiegsbesoldung eines bayerischen Landesbeamten der Besoldungsgruppe A 6 folglich nur rund 10,1 Prozent oberhalb des sozialhilferechtlichen Existenzminimums – oder als monetärer Wert: Der entsprechende bayerische Beamte müsste – sofern man diese Besoldungsgruppe und nicht die Besoldungsgruppe A 3, die m.E. tatsächlich zugrundegelegt werden müsste – jährlich netto um mindestens 1.413,24 höher besoldet werden. Legte man die Besoldungsgruppe A 3 zugrunde, würde sich dieser Werte noch einmal recht deutlich erhöhen.

Da das Abstandsgebot als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums unabdingbar einzuhalten ist, müsste sich – sofern das Bundesverfassungsgericht die Methodik des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt – folglich die Alimentation der höheren Besoldungsgruppen weitgehend entsprechend den heutigen prozentualen Abständen erhöhen.

Auf Grundlage dieser Werte wird verständlich, weshalb dem noch für dieses Jahr angekündigten, aber noch nicht terminierten Verfahren 2 BvL 4/18 die allenthalben spürbare Sprengkraft zukommt. Denn zwar behandelt das Verfahren vordergründig die Berliner R-Besoldung der Jahre 2009 bis 2015. Innerhalb des Verfahrens wird das Bundesverfassungsgericht aber – etwas vereinfacht ausgedrückt – unter Betrachtung des Abstandsgebot einen Quervergleich zur A-Besoldung anstellen und damit dann, so ist zu erwarten, über die Berechnungsmethodik des Bundesverwaltungsgerichts befinden. Als Folge sollte dann der zweite Teil des vierten Prüfparameters, den das Bundesverfassungsgericht im November 2015 noch unoperationalisiert einführte, konkret ausgestaltet werden. Danach sollte dann mit Blick auf den Vergleich von Grundsicherung und Besoldung klar sein, wohin die Reise ökonomisch geht.

Langer Rede kurzer Sinn: Aus den oben genannten Daten wird ersichtlich, wie sehr die anderen Länder einer amtsangemessenen Alimentation hinterherhinkten, sofern das Bundesverfassungsgericht die Methodik des Bundesverwaltungsgerichts bestätigte – denn wenn schon der Primus Bayern nicht ansatzweise verfassungskonform alimentierte, kann man sich vorstellen, wie es in allen anderen Ländern aussieht: übrigens (nun sind wir wieder beim Thema) gerade deshalb, weil 2003/06 die bundeseinheitliche Besoldungspraxis von den Ländern gezielt zur Haushaltssanierung zerstört wurde."

was_guckst_du

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...die "erwartete Sprengkraft" wird nicht mehr als ein jämmerlicher Blupp sein... ;)
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