Autor Thema: Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion  (Read 1035239 times)

Warnstreik

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1710 am: 30.08.2023 15:07 »

Das ist immer die Krux: Natürlich würden Forderungen von deutlich mehr als 12% als "unverschämt" gesehen. Man muss sie aber gehen, damit man bei sinnvollen Werten ankommt oder man baut sich eben deutlich weniger Verhandlungspuffer ein. Im TVöD war das erste Arbeitgeberangebot übrigens auch absolut unverschämt (3% nach 10 Monaten  und  2% nach 18 Monaten). Derzeit gilt es in meinen Augen zwei Sachen sicherzustellen: Einen echten Infaltionsausgleich UND attraktiv für die gut dotierten Jobs zu werden oder zu bleiben.

Vor Monaten habe ich mal 12,5 % als MINDESTforderung postuliert. Durch die anstehende Erhöhung des Bürgergeldes MÜSSTE das auch einfließen, 15 % wären in der Tat eben keine Unverschämtheit. Ich bin gespannt, ob Verdi hier den erforderlichen Ar... in der Hose hat. Zweifel sind aber angebracht.

So ähnlich ist Verdi ja beim TVöD ins Rennen gegangen: 10,5% aber mindestens 500€. Ich gehe von den 12% und 500 € aus, da der TV-L eh ein wenig hinterher hinkt. Ich hielte einen geringeren Garantiebetrag und mehr Prozente allerdings für Zielführender. Was wirklich "neu" wäre ist direkt am Anfang zu sagen: 12 Monate, keinen Tag länger, das ist unsere Grundforderung.

Knarfe1000

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« Antwort #1711 am: 30.08.2023 15:26 »
Ja, die Laufzeit ist diesmal sehr wichtig. 15 Monate bis 31.12.2024, nicht länger sollte das sein.

Bauernopfer

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« Antwort #1712 am: 30.08.2023 15:34 »

Das ist immer die Krux: Natürlich würden Forderungen von deutlich mehr als 12% als "unverschämt" gesehen. Man muss sie aber gehen, damit man bei sinnvollen Werten ankommt oder man baut sich eben deutlich weniger Verhandlungspuffer ein. Im TVöD war das erste Arbeitgeberangebot übrigens auch absolut unverschämt (3% nach 10 Monaten  und  2% nach 18 Monaten). Derzeit gilt es in meinen Augen zwei Sachen sicherzustellen: Einen echten Infaltionsausgleich UND attraktiv für die gut dotierten Jobs zu werden oder zu bleiben.

Vor Monaten habe ich mal 12,5 % als MINDESTforderung postuliert. Durch die anstehende Erhöhung des Bürgergeldes MÜSSTE das auch einfließen, 15 % wären in der Tat eben keine Unverschämtheit. Ich bin gespannt, ob Verdi hier den erforderlichen Ar... in der Hose hat. Zweifel sind aber angebracht.

So ähnlich ist Verdi ja beim TVöD ins Rennen gegangen: 10,5% aber mindestens 500€. Ich gehe von den 12% und 500 € aus, da der TV-L eh ein wenig hinterher hinkt. Ich hielte einen geringeren Garantiebetrag und mehr Prozente allerdings für Zielführender. Was wirklich "neu" wäre ist direkt am Anfang zu sagen: 12 Monate, keinen Tag länger, das ist unsere Grundforderung.

Mit der "Forderung" nach 12-monatiger Laufzeit ging Verdi ja immer ins Rennen. Nur wurde leider nie etwas daraus. Wahrscheinlich sind sie selbst froh, 9 Monate nach Abschluss nicht schon wieder mit Verhandlungen beginnen zu müssen. Und was für ein Ergebnis sollte dann herauskommen? 3000€ IAP im Januar 24 und ab Februar 24 dann 200 + 5% linear? Lass uns schön weiter träumen.

hyuggt

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« Antwort #1713 am: 30.08.2023 16:56 »

Das ist immer die Krux: Natürlich würden Forderungen von deutlich mehr als 12% als "unverschämt" gesehen. Man muss sie aber gehen, damit man bei sinnvollen Werten ankommt oder man baut sich eben deutlich weniger Verhandlungspuffer ein. Im TVöD war das erste Arbeitgeberangebot übrigens auch absolut unverschämt (3% nach 10 Monaten  und  2% nach 18 Monaten). Derzeit gilt es in meinen Augen zwei Sachen sicherzustellen: Einen echten Infaltionsausgleich UND attraktiv für die gut dotierten Jobs zu werden oder zu bleiben.

Was bringt es, mit mehr reinzugehen als der große Bruder im Bund, wenn man auf Landesebene von einem ähnlichen Abschluss wie beim TvÖD regelrecht TRÄUMT.

Die Arbeitnehmerseite geht mit eingefallener Brust in die Verhandlungen. Die Arbeitgeber lachen sich ins Fäustchen.


Vor Monaten habe ich mal 12,5 % als MINDESTforderung postuliert. Durch die anstehende Erhöhung des Bürgergeldes MÜSSTE das auch einfließen, 15 % wären in der Tat eben keine Unverschämtheit. Ich bin gespannt, ob Verdi hier den erforderlichen Ar... in der Hose hat. Zweifel sind aber angebracht.

So ähnlich ist Verdi ja beim TVöD ins Rennen gegangen: 10,5% aber mindestens 500€. Ich gehe von den 12% und 500 € aus, da der TV-L eh ein wenig hinterher hinkt. Ich hielte einen geringeren Garantiebetrag und mehr Prozente allerdings für Zielführender. Was wirklich "neu" wäre ist direkt am Anfang zu sagen: 12 Monate, keinen Tag länger, das ist unsere Grundforderung.

Zinc

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« Antwort #1714 am: 30.08.2023 16:56 »
Nach Vorstellungen der SPD soll der Bürgergeld Regelsatz für Alleinstehende auf 563€ steigen, was einer Steigerungsrate von 12% entspricht.

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/buergergeld-erhoehung-100.html

Wenn die Tarifkommission mit Forderungen von unter 15% einsteigt, beame ich mich auf den Mars.

Stimme ich zu, erwarte aber höchstens eine Forderung von 12 %. Aus Gründen...man will ja nicht "unverschämt" sein und den Zorn der Bildzeitung auf sich ziehen.

Ab 1.1. erhalten die, die nicht arbeiten gehen, 12 Prozent mehr Geld. Wenn jetzt diejenigen, die jeden Tag auf Arbeit gehen und auch die meisten Steuern zahlen, 12 Prozent (oder mehr) fordern, ist das unverschämt? Schöne Logik.

daseinsvorsorge

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« Antwort #1715 am: 30.08.2023 17:05 »
Es kann nur das gefordert werden, was auch im Fall des Erzwingunsstreik auch gegen die AGs auch durchgesetzt werden kann. Denn die Verhandlungen im ÖD sind eben nicht wie beim Trödeltrupp, wovon viele hier ausgehen.

Vor dem Hintergrund einer noch schwächer organisierten Mitarbeiterschaft im Vergleich zum TVÖD müßten die Forderungen niedriger ausfallen. Wie viele Menschen sind bereit, tage- bzw wochenlang zu streiken, um Forderungen wie hier gelesen von 15-20% durchzusetzen?

Die Nichtorgansierten, die hier immer am lautesten schreien, sowieso nicht, weil sie sich sowieso nicht "vertreten"  sehen und somit maximal 1 Tag auf eigene Kosten drin ist. Selbst bei den Organisierten durfte ich bei den vielen Verhandlungen aus der Vergangenheit  die Erfahrung machen, dass sie keine"Zeit" haben, zu streiken.

Und zu guter Letzt: Ob sich die AGs noch durch Streiks wirklich  beeindrucken lassen- mehr als fraglich. Denn sie haben es geschafft, die Öffentlickeit gegen Mitarbeitende im ÖD und deren "unverschämte Forderungen" jederzeit aufwiegeln zu können.

M.E. sicherlich auch ein Verdienst, dass Mitgliedschaft in Gewerekschaften gar nicht nötig ist, wenn ich doch sowieso alles erhalte. Ganz schön clever diese AGs. Von daher: schminkt Euch irgenwelche tabellenwirksame 10%- Träume für 12 Monate ab:Das können vielleicht die erreichen, die ihre AGs unter Druck setzen können und mit Abwwanderung drohen.

Aktienprimus

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« Antwort #1716 am: 30.08.2023 17:30 »
Es kann nur das gefordert werden, was auch im Fall des Erzwingunsstreik auch gegen die AGs auch durchgesetzt werden kann. Denn die Verhandlungen im ÖD sind eben nicht wie beim Trödeltrupp, wovon viele hier ausgehen.

Vor dem Hintergrund einer noch schwächer organisierten Mitarbeiterschaft im Vergleich zum TVÖD müßten die Forderungen niedriger ausfallen. Wie viele Menschen sind bereit, tage- bzw wochenlang zu streiken, um Forderungen wie hier gelesen von 15-20% durchzusetzen?

Die Nichtorgansierten, die hier immer am lautesten schreien, sowieso nicht, weil sie sich sowieso nicht "vertreten"  sehen und somit maximal 1 Tag auf eigene Kosten drin ist. Selbst bei den Organisierten durfte ich bei den vielen Verhandlungen aus der Vergangenheit  die Erfahrung machen, dass sie keine"Zeit" haben, zu streiken.

Und zu guter Letzt: Ob sich die AGs noch durch Streiks wirklich  beeindrucken lassen- mehr als fraglich. Denn sie haben es geschafft, die Öffentlickeit gegen Mitarbeitende im ÖD und deren "unverschämte Forderungen" jederzeit aufwiegeln zu können.

M.E. sicherlich auch ein Verdienst, dass Mitgliedschaft in Gewerekschaften gar nicht nötig ist, wenn ich doch sowieso alles erhalte. Ganz schön clever diese AGs. Von daher: schminkt Euch irgenwelche tabellenwirksame 10%- Träume für 12 Monate ab:Das können vielleicht die erreichen, die ihre AGs unter Druck setzen können und mit Abwwanderung drohen.

Clever waren die AG bei der Reform des BAT und in Folge Zerlegung in diverse TV. Wo waren da die Gewerkschaften, als die Umstellung vom BAT zum TV-L, TV-N usw. erfolgte? Damals war die Mitgliederzahl durchaus noch ok. Letztlich hat diese Umstellung den Gewerkschaften viele Mitglieder gekostet.

Eine Senkung der je nach Gewerkschaft und Bruttolohn durchaus sehr spürbaren Mitgliedsbeiträge könnte auch vielleicht etwas helfen. Neue Wege gehen statt über schwindende Mitgliederzahlen zu klagen kann Erfolg bringen. Wie zum Beispiel mehr Fokus zu legen auf MINT-Berufe schafft sicherlich Aufmerksamkeit.

MoinMoin

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« Antwort #1717 am: 30.08.2023 19:05 »
Wie zum Beispiel mehr Fokus zu legen auf MINT-Berufe schafft sicherlich Aufmerksamkeit.
Ich gebe zu bedenken, dass im Landesbereich nur 50% EG10 und höher sind.  8)
Da kann man nicht erwarten, dass man sich für diesen Bereich genauso stark einsetzt wie für die 14 % EG5 und niedriger.

TVWaldschrat

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« Antwort #1718 am: 30.08.2023 20:28 »
Wie zum Beispiel mehr Fokus zu legen auf MINT-Berufe schafft sicherlich Aufmerksamkeit.
Ich gebe zu bedenken, dass im Landesbereich nur 50% EG10 und höher sind.  8)
Da kann man nicht erwarten, dass man sich für diesen Bereich genauso stark einsetzt wie für die 14 % EG5 und niedriger.

50% EG10 und höher empfinde ich als durchaus hoch. Wie ist der Organisationsgrad hier?

Knarfe1000

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« Antwort #1719 am: 31.08.2023 08:19 »

Ab 1.1. erhalten die, die nicht arbeiten gehen, 12 Prozent mehr Geld. Wenn jetzt diejenigen, die jeden Tag auf Arbeit gehen und auch die meisten Steuern zahlen, 12 Prozent (oder mehr) fordern, ist das unverschämt? Schöne Logik.
Nein, aber die Gewerkschaften könnten das in vorauseilendem Gehorsam vielleicht so sehen.

Aktienprimus

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« Antwort #1720 am: 31.08.2023 08:38 »
Selbst wenn der Organisationsgrad hoch wäre sind Streiks im heutigen TV-L mit der Berufsstruktur insgesamt schwieriger. Man muss sich doch nur typische Tätigkeiten der Beschäftigten anschauen: Hochschulen, Ministerien, Behörden, Schulen, Uni-Kliniken....

Das eigentliche Kernproblem: Als im BAT der ÖD noch weitgehend vereint war gab es eine ganz andere, öffentlichkeitswirksame und vor allem gebündelt Streikkraft mit Bestandteilen wie Müllabfuhr, Nahverkehr mit Bus und Bahn usw. sowie gemeinsame Verhandlungen. Heute alles zerstückelt. Ein sehr, sehr cleverer Schachzug der AG!

Nachfolgend meine rein persönliche Sichtweise aus eigenem Erleben: Ich verstehe das Verhalten der Gewerkschaften bei der BAT Reform bis heute nicht. Damals hatten die Gewerkschaften (mit noch recht guten Mitgliederzahlen.) bei der (sicherlich notwendigen) Reform des BAT in der Art und Weise ohne massivsten Generalstreik den AG zu viele Zugeständnisse gemacht. Eine aus meiner Sicht historische Fehlleistung die bis heute negative Nachwirkungen hat. Und nun wird über schwindende Mitgliedszahlen geklagt.

Ich war damals als Jungingenieur Mitglied bei Verdi als in unserem Bereich der Wechsel vom BAT anstand. Viele waren bei uns Mitglied, auch im Bereich der Ingenieure. Wir wussten sehr wohl was auf uns zukommt mit dem TV und waren daher bereit für große, fette Streiks. Egal ob Arbeiter oder Ingenieur. Die Stimmung war intern regelrecht am kochen. Nur: Es kam nicht zu sehr ausgedehnten Streiks. Ein Generalstreik wäre notwendig gewesen. Echt bitter.....

Diese Enttäuschung hat wohl viele Leute aus Gewerkschaften getrieben. Letztlich müssten sich durch den gegenwärtigen Wandel (Demografie, Werte, Gesellschaft, Digitalisierung) auch die Gewerkschaften reformieren und neu aufstellen. Hier sehe ich sehr wenig Bereitschaft und Bewegung.

Alte Weisheit: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit....

Poincare

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« Antwort #1721 am: 31.08.2023 08:54 »
Mit der "Forderung" nach 12-monatiger Laufzeit ging Verdi ja immer ins Rennen. Nur wurde leider nie etwas daraus. Wahrscheinlich sind sie selbst froh, 9 Monate nach Abschluss nicht schon wieder mit Verhandlungen beginnen zu müssen. Und was für ein Ergebnis sollte dann herauskommen? 3000€ IAP im Januar 24 und ab Februar 24 dann 200 + 5% linear? Lass uns schön weiter träumen.

Ich glaube, die hätten nichts gegen mehr Verhandlungen. Die werden doch mit ihren Kampfbriefen und sonstigen Tätigkeiten nie so der breiten Öffentlichkeit präsent wie bei den Tarifverhandlungen.

Warnstreik

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« Antwort #1722 am: 31.08.2023 09:08 »
Diese Enttäuschung hat wohl viele Leute aus Gewerkschaften getrieben. Letztlich müssten sich durch den gegenwärtigen Wandel (Demografie, Werte, Gesellschaft, Digitalisierung) auch die Gewerkschaften reformieren und neu aufstellen. Hier sehe ich sehr wenig Bereitschaft und Bewegung.

Alte Weisheit: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit....

Gewerkschaftsarbeit ist perse aber basisdemokratisch. Man kann sich engangieren und lokal aber auch übergreifend mitarbeiten. Ich bin mir nicht sicher, was dir hier in Punkto Demokrafie/Werte/Gesellschaft/Digitalisierung genau vorschwebt? Es sind doch die Menschen und Mitglieder, die die Prioritäten setzen und auf vielfältigen Ebenen mitarbeiten können. Mein persönlicher Eindruck ist eher, dass die Bereitschaft auch mitzumachen nachlässt. Gewerkschaftsarbeit ist doch nicht nur die zweijährliche Tarifverhandlung sondern auch die lokale Arbeit, im kleinen und zu Gunsten der eigenen Kollegen. Die Bereitschaft sich für eine Vertrauenskörperwahl aufzustellen war zumindest bei meinen Arbeitgebern immer recht gering.

Ob es gut oder schlecht war den BAT einzureißen muss man diskutieren. Aber von unten geschaut ist man jetzt schon sehr sehr unflexibel bei der Verhandlung - eben weil man Branchenübergreifend und Bundeslandübergreifend sehr allgemein unterwegs ist. Hamburg zb. hat deutlich mehr Durchsetzungsstärke im TV-L als ein Flächenland. In BaWü ist die Anforderung ans Lohnniveau Lebenskostenbedingt eine andere als in Sachsen Anhalt. Eine Uni hat andere Ansprüche als ein Krankenhaus oder eine Kita. Dadurch wirds schwer für alle das entsprechende rauszuholen und man verhandelt immer recht "allgemein". (was für einige auch Vorteile hat)


TV-Ler

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« Antwort #1723 am: 31.08.2023 09:28 »
Eine Teilung in TV Tarife sorgt meines Erachtens nach für eine Schwächung der Gewerkschaften, bzw. des Gesamten Gewerkschaftsverbundes. Eine Rückentwicklung zu einem BAT kann ich nicht beurteilen, da ich zu dieser Zeit nicht mit diesem System bekannt war. Müsste mir mal ein "Oldie"/"Boomer" erläutern ob dieses System "besser" war und in welcher Hinsicht. Falls begründet besser: Anstreben wieder alles zusammen zu legen.
Ok, dann mal ein "kurzer" Einwurf vom Boomer vom Dienst...
Der BAT war vom Grundsatz so gestrickt, das damit beamtenrechtliche Regelungen mehr oder weniger umfangreich tariflich nachgebildet werden. Entsprechend teuer war der BAT für die AG.
Die AG wollten den BAT allein aus diesem Grund gerne loswerden.
Daneben gab es damals auch noch eigene Tarifverträge für die Arbeiter (MTArb, BMT-G). Die Parallelität mehrerer Tarifverträge war dann nach Aufgabe der sozialversicherungsrechtlichen Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern aus der Zeit gefallen, neben weiteren "Unmodernitäten" in den alten Tarifverträgen, die die Gewerkschaftsseite gerne beseitigen wollte.

Es waren also ganz unterschiedliche Zielsetzungen bei den AG einerseits und den Gewerkschaften andererseits im Spiel, als BAT, MTArb und BMT-G aufgegeben wurden und ein neuer, einheitlicher Tarifvertrag entstehen sollte.
AG: Personalkosten runter
Gewerkschaften: mehr "Gedöns" (ich hoffe, hier weiß noch jemand von wem das stammt?) in den neuen Tarifvertrag.

Was die hier an anderer Stelle angesprochene vermeintlich größere Stärke der Gewerkschaften zur damaligen Zeit angeht, so ist zwar richtig das die Mitgliederzahlen damals noch höher waren als heute, aber dennoch ein Organisationsgrad wie bei der IG-Metall beispielsweise, nicht annähernd erreicht war.
Dazu kam, das die größte Gewerkschaft (Verdi) erst kurz zuvor durch Fusion der ÖTV mit weiteren Gewerkschaften entstanden war und dieser neue "Verein" noch in gewissem Umfang mit sich selbst beschäftigt war.

In den 1990ern hatte ein wochenlanger Streik der ÖTV unter Führung der damaligen Vorsitzenden Monika Wulf-Mathies zu einem letztlich seeeehr bescheidenen Ergebnis geführt (insbesondere im Hinblick auf die Gesamtumstände...geweckten Erwartungen...), was verheerend war für das Ansehen dieser Gewerkschaft bei den Beschäftigten des öD.

Kurzum: Die Durchsetzungsstärke der Gewerkschaften war auch damals schon nur mangelhaft.
Das dies so war, lässt sich am Ergebnis (TVöD/TV-L) besichtigen...

Ein Punkt, der heute vielfach übersehen wird (bzw. gar nicht mehr bekannt ist), ist der Umstand das die Tarifverträge in Kraft getreten sind, als die zugehörigen neuen Entgeltordnungen erst im "Rohbau" waren.
Die AG Seite hatte den Gewerkschaften suggeriert, das mit den neuen Entgeltordnungen einiges von den Gewerkschaften gewünschte (u.a. erleichterte vertikale Durchlässigkeit) verwirklicht werden kann.
Tatsächlich umgesetzt davon wurde am Ende fast nichts. Stattdessen musste in den folgenden 10-15 Jahren jede kleinste Hühnerk*cke mühsam nachträglich in die Entgeltordnungen hineinverhandelt werden.

Der TV-L ist 13 Monate nach dem TVöD in Kraft getreten - mit der 13 Monate alten Entgelttabelle des TVöD.
Seitdem läuft man hinterher...

Eine gegenläufige Entwicklung hin zu einem gemeinsamen Tarifvertrag für Bund, Länder und Kommunen kann nur zustanden kommen, wenn alle Seiten das wollen. Erzwingen lässt sich da von Gewerkschaftsseite nichts.
Die TdL war seinerzeit der Auffassung, das man allein besser fahren würde als im bisherigen Verbund mit dem Bund und den Kommunen. Scheint nach wie vor zu passen.

Ulf

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1724 am: 31.08.2023 09:30 »
Also nachdem gestern die neueste Inflationsschätzung wieder den Traum vom Nachlassen der Inflation zerstört hat, erwarte ich ein zweistelliges Ergebnis bei den Tabellenentgelten und für die vergangene Zeit mit erheblichen Reallohnverlusten die 3000€ in einer Tranche noch bis zum Winterende. Alles andere wäre eine Farce.