Guten Morgen,
wie ich befürchtet habe, hat Verdi also wohl gegen die Interessen der obersten Entgeltgruppen verhandelt.
Unterstellt die hier genannten Prämissen stimmen, dass für das Jahr 2023 Verdi mit einer Erhöhung von 5 % bei einem Mindestbetrag von 300 Euro und in 2024 von 3 % bei einem Mindestbetrag von 200 Euro einverstanden gewesen wäre, hätte das für mich persönlich in meiner Entgeltsituation bedeutet, dass ich somit weniger gehabt hätte, als mir die AG mit ihrem Angebot in der 2.Verhandlungsrunde hätte geben wollen. Hintergrund ist eben die Angleichung der JSZ, die damals Bestandteil des Angebots der AG war, die jetzt aber anscheinend zur Kompensation der Mindestbeträge von Verdi herausverhandelt wurde.
Ob man Mindestbeträge grundsätzlich benötigt oder nicht lasse ich mal dahin gestellt. Es gibt Argumente dafür und dagegen, die hier im Forum bereits umfassend besprochen sind. Persönlich könnte ich in der jetzigen Situation damit leben, weil ich anerkenne, dass in der jetzigen Inflationssituation die Beschäftigten in den unteren Entgeltgruppen, weniger Kompensationsspielraum haben.
Was ich aber nicht akzeptieren kann, ist der Umstand, dass diese von der Gewerkschaft anscheinend aktiv gegen die Beschäftigten der oberen/obersten Entgeltgruppen verhandelt wurden. Man hätte insoweit mindestens das monetäre Ergebnisse des nicht üppigen Angebots der AG aus der 2. Verhandlungsrunde für alle Entgeltgruppen halten müssen. Hier aber aktiv eine Umverteilung "des Kuchens" von oben nach unten zu akzeptieren, zeugt auch von keiner Solidarität, sondern nur von einseitigem Egoismus. Ich hätte durchaus akzeptieren können, dass Verdi eine monetäre Verbesserung auf Basis des AG Angebotes nur für die unteren Entgeltgruppen erreichen will. Aber eine Umverteilung zu verhandeln, ist einfach unverschämt.
Für mich bedeutet dies, dass ich mir ab sofort die im Schnitt einmal im Monat zugehenden Angebote/Vorsprachen der Headhunter wieder aktiv anhören werde. Dies habe ich in letzter Zeit nicht gemacht, weil mir meine Aufgabe eigentlich Spaß macht, aber irgendwann wird es dann halt grenzwertig.
Gleich vorweg: Die hier immer wieder ausgerufene negative Koalitionsfreiheit zieht nicht, weil wie in vielen Ländern mein AG aus kommunalverfassungsrechtlichen Gründen gar nicht ohne weiteres vom TVÖD abweichen könnte. Dies muss der ein oder andere User halt auch mal akzeptieren.
Ich bin mir bewusst, dass ich auf hohem Niveau klage und ja ich kann auch mehr Preissteigerungen kompensieren als manch anderer Beschäftigter. Deswegen hatte ich auch nach dem Angebot der AG aus der 2. Runde und der Reaktion Verdi auch gar nicht mehr gehofft, dass die weiteren Verhandlungen zu einer Verbesserung des Abschlusses für mich persönlich bzw. die Beschäftigten in den obersten Entgeltgruppen führen werden. Und ja ich hätte insoweit auch erhebliche Reallohnverluste akzeptieren müssen. Aber, dass nun von Seiten der Gewerkschaft ein monetär schlechteres Angebot verhandelt wird ist einfach unverschämt und zeigt wieder, dass Verdi eben nicht für alle Beschäftigten im ÖD verhandelt, sondern lediglich für die Beschäftigten in den unteren Entgeltgruppen. Ich verstehe warum Verdi das macht. Aus deren Sicht kann ich das indirekt sogar nachvollziehen und hatte es deshalb auch schon befürchtet. Aber dann darf man sich von seiten Verdis eben nicht hinstellen und das Gegenteil behaupten indem man verkündet man Verhandelt für alle Beschäftigten im ÖD bzw. hat die Interessen aller Beschäftigen des ÖD im Blick. Letzteres war eben in der Verhandlung, aber auch in den vorangegangenen Verhandlungen nicht der Fall.