Um hier auch mal meine ganz persönliche Meinung und Sicht der Dinge wiederzugeben:
Hier wird viel von "unten" nach "oben" und umgekehrt geschossen. Der ÖD kann aber weder ohne die unteren EGs, noch ohne die oberen EGs bestehen. Heißt, dass durch das Tarifgefüge sichergestellt werden muss, dass in jeder EG ausreichend gute Leute gefunden und eingestellt werden können.
Das ist aber nicht der Fall. In meinem Team habe ich eine E6, eine E9a, eine E11 und eine E12.
Für E11 und E12 haben wir ein juristisches Bachelorstudium vorausgesetzt, da es um das Thema Grundsatz in unserem Fachbereich geht. Hier ist der TV absolut nicht konkurrenzfähig, es sei denn, der Bewerber kann ab Stufe 5 eingestellt werden. Selbst dann ist aber in den allermeisten Fällen mit einem Gehaltsverzicht zu rechnen, da sich die Berufserfahrung in der PW schon in einigen Gehaltserhöhungen niedergeschlagen hat. Ab E13 brauchen wir gar nicht mehr zu sprechen. Eine Karriere als Angestellter und nicht verbeamteter Jurist ist mittlerweile dermaßen unlukrativ, dass eigentlich maximal Bewerbungen von Personen kommen, die mit ihrer Solokanzlei gescheitert sind. Und das sind, wenn man mal ehrlich ist, nun mal nicht die absoluten High-Performer.
Aktuelles Beispiel, um das Problem zu untermauern: Das ITZ sucht eine Fk für den operativen Betrieb von Rechenzentren. Personalverantwortlichkeit über 40 Personen. E15 + 192 EUR Zulage. Entspräche bei mir mit Stufe 4 rd. 81k. Das mag für jeden E6er eine menge Kohle sein, aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, die Stelle muss besetzt werden mit einem geeigneten Kandidaten. Und das ist in der Regel nun mal niemand mit abgeschlossener Ausbildung, sondern eine Person mit mindestens Diplom oder Master, Softskills, Führungs- und Berufserfahrung und dem Willen zur Übernahme von Verantwortung. Und da sind 81k ein Witz! In der PW habe ich seinerzeit mit 75k aufgehört, ganz ohne jegliche Führungsverantwortung oder Stress. Über 80k bekommt bei einer Versicherung jeder 0815 Underwriter, was einem etwas besseren Sachbearbeiter entspricht. Heißt, der TV ist für höhere EGs Schrott!
Hingegen liegt der Schreibtisch voll mit Bewerbungen, wenn wir eine Stelle im mittleren Dienst ausschreiben. Und das liegt daran, dass ich bei den Quereinsteigerbewerbungen regelmäßig in den Gesprächen höre, dass das Gehalt im ÖD in dieser Qualifikationsgruppe absolut konkurrenzfähig ist.
Was bedeutet das nun?
Das bedeutet, dass nicht die unteren mit den oberen EGs zu vergleichen sind, sondern die Löhne in den EGs mit denen von Personen, die auf dem Arbeitsmarkt als vergleichbare Konkurrenz in der PW angestellt sind. Und dann sieht man, dass sich Bildung, Ehrgeiz und Übernahme von Verantwortung im ÖD nicht lohnen. Insofern muss der Arbeitgeber, wenn er denn für einen funktionierenden ÖD sorgen möchte, die Stellschrauben ab E11 ansetzen und die Gehälter dratsisch erhöhen. Die unteren EGs sind meiner Meinung nach bereits ausreichend gut bezahlt. Zudem stehen Weiterbildungen jedem offen und in der kommenden Zeit werden genug Stellen in den oberen EGs frei.
Wenn es nach mir ginge würde ich daher das Folgende als angemessen erachten:
Ab 1.1.23: 6 % für alle EGs
Ab 1.1.24: 4,5 % für alle EGs
Alle JSZ auf 100%
3.000 EUR IFP
24 Monate Laufzeit.
Genau so sieht aus. Die 80 bis 90k brutto in EG15 sind in Anbetracht der Aufgaben und des Anforderungsprofils ein Witz. Jeder Controller OHNE Personalverantwortung bekommt dies in der PW, mit Personalführung und entsprechender Performance sind es sogar eher locker 125k.
Interessant ist, dass jeder A12 Beamte den E15 Entlohnten finanziell in die Tasche steckt, mit Kindern dank der Zuschläge sowieso (siehe NRW). Aber es gibt immer noch genügend, die die Jobs für dieses Taschengeld machen.
Durchweg durch alle Entgeltgruppen sehe ich ein Defizit von 30 bis 40%. Bevor dieses nicht ausgeglichen wird, kann ich keinem empfehlen in den ÖD zu wechseln. Und bei den Beamten sieht es nicht besser aus, wenn sogar die R2 Besoldung (Richter) gemäß der Rechtsprechung des BVerfG als illegal anzusehen ist und gegen das Abstandsgebot zur Grundsicherung verstoßen wird. Wenn aber R2 zu gering ist, ja was sind dann die paar Kröten ab E13 bis E15??
Immer die Vergleiche mit der PW verstehe ich nicht. Warum wechselt man nicht dorthin wo man sich besser entlohnt fühlt? Irgendetwas muss der ÖD dann wohl doch haben oder der Bewerber ist nicht geeignet für den freien Markt.
Ich bin überfragt
Ich kann an dieser Stelle nur für mich sprechen. Ich war insgesamt neun Jahre in der Privatwirtschaft. Zu Beginn in einer großen Kanzlei und dann in der deutschen Zentrale einer französischen Versicherung. Immer im Bereich Compliance und interne Ermittlungen. Während eines berufsbegleitenden Studiums habe ich jemanden vom ZKA kennengelernt, der im Bereich Geldwäsche tätig war. Da es mich einfach nur noch angekotzt hat, nur für Umsatz und noch mehr Umsatz zu arbeiten, hatte ich das Gefühl, dass mein tatsächlich sehr hohes Gehalt nur noch Schmerzensgeld ist. Daher habe ich mit o.g. Person vom ZKA gesprochen und bin zu ihm gewechselt. Das hat für mich einen Gehaltsverzicht von fast 25k bedeutet, aber der Job hat Spaß mir Spaß gemacht. Ich bin dann relativ schnell aufgestiegen, nämlich von E12, womit ich in 2021 eingestiegen bin, in E13 in 2022 und nun in E14. Und trotzdem verdiene ich immer noch viel weniger als in der PW. Ich wechsle aber nicht zurück, weil mir die Arbeit Spaß macht und ich habe das Gefühl, dass ich jetzt etwas sinnvolles mache.
Trotzdem sehe ich, dass wir in dem wichtigen Bereich in dem ich arbeite keine guten Leute auf die Stellen kommen, die im vergleichbar höheren Dienst angesiedelt sind. Und das kann es einfach nicht sein.
Bei mir sieht es ähnlich aus, nur das ich damals die Verbeamtung angeboten bekommen habe. Das die Gehälter in der PW schon immer höher waren, ist ja bekannt. Ich kritisiere aber, dass diese Schere in den letzten 15 Jahren massiv auseinandergeht, so sieht es im Übrigen auch das BVerfG im Beamtenbereich.
Und die hier genannten Einstiegsgehälter im Bereich 125k haben die Juristen bereits vor mittlerweile 14 Jahren erhalten. Die Uhr tickt liebe Kollegen, auch wenn dies manchmal schwer zu akzeptieren ist. Wer glaubt denn ernsthaft, dass sich die Gehälter nicht weiterentwickelt haben?
Damals war es auch so, dass gute Noten für den hD erforderlich waren. Man hat die Annehmlichkeiten des ÖD gegen das geringere Gehalt eingetauscht, also anstelle der 125k sind es die entsprechenden Taler der sagen wir R2 Besoldung. Das war vor 15 Jahren auch absolut in Ordnung. Tatsächlich haben wir aber inzwischen einen Reallohnverlust, wohingegen die PW in den mir persönlich bekannten Funktionen (Bwl und Juristen) eine deutliche Reallohnsteigerung erfahren hat. Und genau dies zeigt sich in den Feststellungen des BVerfG zu dem Thema, wonach die gesamte Beamtenbesoldung nicht mehr verfassungsgemäß ist! Fragt doch mal den 42 jährigen R2 Richter mit zwei Prädikatsexamen und drei Kindern, wie er es findet dass der Abstand zur Grundsicherung nicht mehr eingehalten wird...
Das nervt, dennoch sehe ich natürlich die Vorteile des ÖD insbesondere in unserer Bundesbehörde mit 100% Homeoffice und Dienstwagen on top (je nach Funktionsbereich), Bürokostenerstattung, flachen Strukturen und einer IT Ausstattung vom feinsten. Dennoch wird dies die dringend benötigten Absolventen nicht locken.