PS: Das BVerfG zählt in Rn 94 seiner Entscheidung aus 2015 als mögliche Handlungsoptionen des Besoldungsgesetzgebers auf: „Anhebung des Bemessungssatzes der Beihilfe auf 100% der entstandenen Aufwendungen, eine Anhebung des Eingangsgehaltes einer Besoldungsstufe verbunden mit einer geringeren prozentualen Steigerung in den Erfahrungsstufen, eine Anhebung des Familienzuschlags in den unteren Besoldungsgruppen oder sonstige geeignete Maßnahmen.“
Es ist genauso, wie Du jeweils schreibst, dass der Gesetzgeber bei der praktischen Umsetzung seiner Pflicht zu einer amtsangemessenen Alimentierung über einen weiten Entscheidungsspielraum auch und gerade hinsichtlich der Struktur von Besoldungsordnungen verfügt. Insofern sollten sicherlich eine neue Austarierung des Verhältnisses von Eingangsbesoldung und Erfahrungsstufen möglich sein oder eine Neustrukturierung des Familienzuschlages oder eben, wie das BVerfG ja ebenfalls schreibt, sonstige geeignete Maßnahmen.
Da davon auszugehen ist, dass in der derzeitigen Form alle A-, B- und R-Besoldungsordnungen verfassungswidrig sind, wird es womöglich im Verlauf der nächsten Jahre zunehmend unterschiedliche Besoldungsordnungen geben - wobei heute wohl für niemanden absehbar ist, wohin die Reise genau gehen wird. Für uns Beamte wird es allerdings eine diesbezüglich wohl eher interessantere Zeit, da hier niemand von uns etwas zu verlieren hat.
Was zugleich immerhin absehbar sein sollte, ist, dass zukünftig wohl alle Besoldungsgesetzgeber zu einem System in Anlehnung an die früheren Ortszuschläge, die bis 1972 rund hundert Jahre Bestandteil der Alimentation gewesen sind, zurückkehren bzw. dieses gänzlich neu entwickeln werden. Denn solange sie das nicht tun, wären sie gezwungen, sämtliche von der jeweiligen Besoldungsordnung betroffenen Beamten nach jeweiligen Höchstwerten zur Deckung von Unterkunftskosten innerhalb des Bundeslandes zu alimentieren (was aller Wahrscheinlichkeit nach nun so oder so für die nun zu gewährenden Nachzahlungen, die aus einem zeitnahen Widerspruch resultieren, gelten wird).
Ich möchte im Moment nicht in der Haut der Regierungsvertreter im Berliner Hauptausschuss oder einem der dann für die Erarbeitung von verfassungskonformen Besoldungsordnungen zuständigen Unterausschüsse stecken (bzw. der der dann konkret zuständigen Beamten, denen die Hauptarbeit zukommen wird). Denn bis zum 31.07. nächsten Jahres muss ein verfassungskonformes Besoldungsgesetz beschlossen werden; im Herbst 2021 wird das Abgeordnetenhaus neu gewählt. Die offensichtlich dann deutlich höheren Kosten zur Alimentation der Beamten werden sicherlich nicht alle Wähler goutieren - und sich auf der anderen Seite einer dann von den Regierungsfraktionen allein zu verantwortenden Blamage einer erneut oder weiterhin verfassungswidrigen Gesetzeslage auszusetzen, dürfte auch kaum wählergunstfördernd sein...