Vielen Dank für die Klarstellung und die Verlinkung auf Berliner-Besoldung.de
Die Beiträge/Kommentare von Herrn Dr. Torsten Schwan sind hier sehr erhellend.
Mittlerweile haben alle Bundesländer Regelungen zur amtsangemessenen Besoldung getroffen. Es fehlt nur noch der Bund (vielleicht wartet Karlsruhe hier noch ab :-) Jedenfalls ist dem Bundesverfassungsgericht seit spätestens 2023 das ganze Ausmaß der Günstiglösungen und besoldungsrechtlichen Verrenkungen (z.B. Partnereinkommen) klar.
Insofern hoffe ich, dass eine Entscheidung zur Berliner Besoldung noch in 2024 ergeht. Ich befürchte nur, dass wir nichts sehen werden und in 2025 die gleiche Diskussion weiterführen.
Kann man denn noch auf eine Entscheidung in 2024 hoffen?
Oder sprechen wir von 2025 oder noch später?
In Anbetracht der Tatsache, dass Karlsruhe im März 2022 die bremischen Richtervorlagen aufgerufen hat, kann man davon ausgehen, dass der zuständige Berichterstatter mitsamt seines Dezernats in der Erstellung seines schriftlichen Gutachtens recht weit fortgeschritten sein dürfte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit darf man davon ausgehen, dass diese Entscheidung jederzeit vollzogen werden kann. Wie in der Vergangenheit dargestellt, dürfte Karlsruhe diese Fälle im Frühjahr 2022 ausgewählt haben, um an ihnen verschiedene prozedurale und materielle Fragen weiter aufzuklären, ohne dass diese deutlich grundlegender Natur sein sollten. Das ist das typische Vorgehen des Bundesverfassungsgerichts, nachdem es zuvor eine Grundsatzentscheidung getroffen hat. Nach einer grundlegenden Entscheidung betrachtet Karlsruhe regelmäßig, wie der Gesetzgeber, die Gerichtsbarkeit und die Rechtswissenschaft die neuen Direktiven aufnehmen bzw. umsetzen, um daraus Schlüsse sachlicher Art für seine weitere Rechtsprechung zu ziehen. Das ist ein typisches Vorgehen der Verfassungsgerichtsbarkeit, die über sich keine Instanz mehr findet und deshalb nur umso bedachter Entscheidung treffen muss, und zwar hinsichtlich von Verfassungsnormen, die als solche i.d.R. noch einmal unbestimmter sind als einfachgesetzliche Normen. Wegen dieses prinzipiellen Vorgehens dürfte das Bundesverfassungsgericht nach 2020 für 2021 keine weitere Entscheidung angekündigt haben, um dann entsprechend wie eingangs dargelegt für 2022 die anhängigen bremischen Entscheidungen auszuwählen. Auch deshalb dürften im Frühjahr 2022 die begründeten Darlegungen, weshalb als nächstes die anhängigen Vorlagen zur Berliner A-Besoldung aufgerufen werden sollten, nicht durchgeschlagen haben und also von Karlsruhe nicht berücksichtigt worden sein.
Im Verlauf des Jahres 2022 dürfte auch Karlsruhe - wie uns allen im Zuge der 2022 "Fahrt" aufnehmenden Regelung von Doppelverdienermodellen nicht zuletzt in den Nordstaaten, aber auch bspw. in Rheinland-Pfalz und Bayern - das Ausmaß der wissentlich und willentlich nicht sachgerechten Umsetzung der neuen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung klargeworden sein. Das dürfte der tiefere Grund gewesen sein, dass im Frühjahr 2023 neben den bremischen Vorlagen gleichfalls nun schleswig-holsteinische und niedersächsische Vorlagen aufegrufen worden sind und damit offensichtlich eine Art "verfassungsrechtliches Faustpfand" gebildet werden sollte, dass also nicht sämtliche den jeweiligen Rechtskreis betreffende anhängige Verfahren aufgerufen worden sind, sondern nur einzelne. Das - so kann man das interpretieren - dürfte der Vorbereitung ggf. notwendiger Vollstreckungsanordnungen gedient haben, vgl. auch S. 10 ff. und 19 f. unter
https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/03/Weitere-Normenkontrollantraege-vor-der-Entscheidung-5.pdf).
Bis zum Herbst 2023 dürfte dem Senat nun klargeworden sein, dass in Anbetracht der Ausmaße der wissentlichen und willentlichen Missachtung seiner Rechtsprechung die getroffene Entscheidungsauswahl zeitlich unzureichend sein dürfte, weshalb man nun die angekündigten Entscheidungen über die schleswig-holsteinischen und niedersächsischen Vorlagen zurückgestellt hat (ein recht ungewöhnlicher Vorgang) und im Frühjahr dieses Jahres Berliner Vorlagen aufgerufen hat. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit geht es nun schon nicht mehr nur um ein zukünftig wirkendes "verfassungsrechtliches Faustfand" (also um die am Horizont aufscheinende Vollstreckungsanordnung), sondern um die Vollstreckungsanordnung selbst, darauf deuten zumindest die konkreten Möglichkeiten zur Stellungnahme im Verfahren hin (vgl.
https://www.berliner-besoldung.de/bverfg-fordert-stellungnahmen-ein-hpr-kann-liefern/). Karlruhe kann dabei konkret auf begründete Forderungen zurückgreifen, die insbesondere - so kann man begründet vermuten - den akzessorischen Gehalt zwischen der aktuellen Entscheidung, die hinsichtlich der R-Besoldung mit Gesetzeskraft erfolgte und das ggf. hinsichtlich der unmittelbar von der Verletzung des Mindestabstandsgebots betroffenen Beamten auch für die A-Besoldung so vollzogen hat, herausgestellt haben (was ggf. für Niedersachsen und Schleswig-Holstein in den anhängigen Verfahren nicht von Klägerseite so vollzogen worden sein dürfte), vgl. in Kurzform
https://www.berliner-besoldung.de/stellungnahme-zum-normenkotrollverfahren-2-bvl-4-bis-9-18/ bzw. offensichtlich systematisch S. 33 ff. unter
https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2022/02/Stellungnahme_BVerfG_220110_anonymisiert.pdf). Gerade auf diesen Nachweis ist im Winter 2021/22 nicht wenig Arbeit investiert worden, die sich nun ggf. auszahlen wird.
Dabei lässt sich nun nicht abschätzen, wann genau die angekündigten Berliner Entscheidungen gefällt werden - was sich abschätzen ließ, wie das in den genannten Kommentaren unter Berliner.Besoldung begründet worden ist, war und ist, dass nach dem Herbst 2023 wohl etwa rund zehn Monate vergehen mussten, bis der Prozess des Einholens von Stellungnahmen beendet sein dürfte, was zeitlich ziemlich genau heute der Fall sein dürfte (unter der Prämisse, dass Verlängerung(en) beantragt worden sind). Es ist nun also die Frage, wie weit das Berichterstatterdezernat zwischen dem Herbst 2023 und heute in der weiteren Erstellung seiner Gutachten vorangeschritten ist. Da dem Zweiten Senat - so ist weiterhin zu vermuten - mindestens die Folgen der brandenburgischen Verzögerungsbeschwerde aus dem endenden letzten Jahr (
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/12/vb20231221_vz000323.html) sachlich im Nacken sitzen dürfte, dürfte das, was der Berichterstatter dort hervorgehoben hat - wie nicht anders zu erwarten - Wirkung zeigen. Man darf also vermuten, dass zwischenzeitlich mit einiger Energie an den betreffenden Gutachten gearbeitet worden ist, die im Winter 2023 auf folgenden Stand gewesen sein müssen:
"Die als Leitverfahren ausgewählte Gruppe von Vorlagen befindet sich in der Schlussphase der Erstellung von Senatsvoten. In ausgewählten weiteren Verfahren - so auch im vorliegenden Verfahren - werden derzeit die Zustellungen und Anforderung von Stellungnahmen vorbereitet und durchgeführt. Schließlich soll durch Beschäftigung eines zusätzlichen Wissenschaftlichen Mitarbeiters im folgenden Jahr eine noch intensivere Förderung der Normenkontrollvorlagen erleichtert werden." (Rn. 8 )
Da wir davon ausgehen müssen, dass auch die angekündigten Berliner Entscheidungen zur ausgewählten Gruppe dazugehören (die genannten Stellungnahmen sind zuvor eingefordert worden bzw. ist zuvor die Gelegenheit gegeben worden, sie zu erstellen, sodass dem Zweiten Senat ab Herbst 2023 klargewesen sein dürfte, dass man im März dieses Jahres auch über Berliner Vorlagen als "Leitverfahren" öffentlich auswählen wird), war man also in Karlsruhe Ende des letzten Jahres bis in das direkte Vorfeld der Erstellung von Senatsvoten vorgedrungen. Man kann also begründet vermuten, dass hinsichtlich auch und gerade der anhängigen Berliner Entscheidungen diese mit dem Eingang der letzten Stellungnahmen die entsprechenden Voten alsbald vollzogen werden können. Im Anschluss muss dann im Umlaufverfahren die Entscheidungsbegründung, die gleichfalls zuvor vom Berichterstatter erstellt wird, betrachtet und am Ende auch über sie abschließend entscheiden werden. Mit einiger Wahrscheinlichkeit sollte in diesen Prozess alsbald eingetreten werden, ggf. ist er bereits vollzogen. In Anbetracht der zu erwartenden Komplexität dieser Begründung sollte jener Prozesse - je nach dem Stand der Vorarbeiten - noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Insofern dürfte es nicht völlig unwahrscheinlich sein, dass es bis in den Herbst bzw. Winter hinein - ggf. auch noch in das Frühjahr des nächsten Jahres hinein - dauern wird, bis die Entscheidung veröffentlicht wird. Je nach dem Stand der Vorarbeiten kann allerdings auch schon ab heute - nach dem zu erwartenden Ende des Eingangs von Stellungnahmen - mit einer Entscheidung gerechnet werden, wobei diese Wahrscheinlichkeit eher gering(er) sein dürfte.
Mit etwas Glück - denke ich - dürften wir im Verlauf des Herbsts mit den angekündigten Entscheidungen rechnen. Wahrscheinlich wird's der Winter, also das Ende dieses Jahres bzw. der Beginn des nächsten.
In Anbetracht der im Herbst des letzten Jahres erfolgten Umstellung sind alle bis zum März dieses Jahres erfolgten Prognosen Makulatur geworden - was für Schleswig-Holstein und Niedersachsen aber erwartbar sein dürfte, ist, dass diese Entscheidungen ab Frühjahr 2023 bis etwa Herbst 2023 durchaus intensiv vorangetrieben worden sind, sodass ggf. hier mit Entscheidungen 2025 zu rechnen sein könnte - insbesondere, wenn mit den angekündigten Entscheidungen (wie in der Vergangenheit wiederholt dargelegt) die neue Besoldungsdogmatik weitgehend abgeschlossen sein dürfte, was mit einiger Wahrscheinlichkeit der Fall sein wird. Es muss erwartet werden können - anders ließen sich die Forderungen des effektiven Rechtsschutzes kaum mehr als aufrechterhalten betrachten lassen -, dass mit den angekündigten Entscheidungen eine deutliche Beschleunigung der weiteren anhängigen Verfahren einhergehen kann und wird (um nicht zu sagen: muss):
"Eine dem Rechtsschutzauftrag des Bundesverfassungsgerichts gerecht werdende Bearbeitung dieser hohen Anzahl von Verfahren hat u.a. folgenden Aspekten Rechnung zu tragen: Es wird sich als effizient für die Bearbeitung aller anderen Vorlagen erweisen, zunächst solche Verfahren auszuwählen, die möglichst viele der zur Entscheidung gestellten Probleme aufwerfen und damit die Gelegenheit bieten, eine aktuelle Grundlage für die Befassung mit den nachfolgenden Verfahren zu schaffen, insbesondere die Frage zu klären, welche Sach- und Rechtsfragen in der vorliegenden verfassungsgerichtlichen Judikatur noch nicht behandelt worden sind und ob Anlass besteht, diese Judikatur im Hinblick auf seit den letzten Entscheidungen eingetretene Entwicklungen erneut zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund spricht Überwiegendes dafür, Verfahren vorrangig zu bearbeiten, die durch mehrere gerichtliche Instanzen bis zur Ebene des Revisionsgerichts eine besonders gründliche Vorbereitung aus unterschiedlichen Perspektiven erfahren haben und auch im Bereich der tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen - etwa durch bereits vorliegende Judikate des Bundesverfassungsgerichts - auf vorhandene Daten zurückgreifen können.
Dies ändert nichts daran, dass dem Grundsatz der zeitnahen Erledigung unter Berücksichtigung des Verfahrenseingangs und der Gesamtdauer der Verfahren hohe Bedeutung zuzumessen ist. Auch ist dem Senat - durchaus schmerzlich - bewusst, dass das Warten der betroffenen Klägerinnen und Kläger der Ausgangsverfahren auf eine verbindliche Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der relevanten Rechtsgrundlagen belastend und, gemessen am Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes, rechtfertigungsbedürftig ist." (Rn. 8 )
Es darf vermutet werden, dass ähnlich wie 2023 zu Brandenburg auch in anderen Rechtskreisen Verzögerungsbeschwerden vorbereitet werden werden, sofern nicht alsbald eine deutliche Beschleunigung in die über 50 anhängigen Vorlageverfahren eintritt. Dessen, davon darf man ausgehen, sollte sich Karlsruhe bewusst sein.