Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3855712 times)

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13530 am: 19.08.2024 06:28 »
Hallo, Mit dem Lohnsteuerjahresausgleich zahlen alle unabhängig von der Steuerklasse gleich viel. Zudem kann man Steuerfreibeträge eintragen lassen.

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13531 am: 19.08.2024 07:01 »
Und auch bei 4/4 mit Faktor dürften sich mMn keine größeren Änderungen ergeben. Aber schauen wir mal, ob der Plan bis zum Jahr 2030 überhaupt überlebt.

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13532 am: 19.08.2024 07:13 »
@Papermonster
wenn man 4/4 mit einem Faktor von 0,4 hat, dann ist wie 3/5
https://www.bmf-steuerrechner.de/fb/fb2024/eingabeformfb2024.xhtml
Da kannst du es durchspielen.
Also keine Sorge. Die Abschaffung von 3/5 ist für dich steuerlich kein Unterschied zu jetzt.

@Swen
mit der Afa wollte ich ausdrücken, dass die Afa die Henne nicht Fett macht.
Das sie überhaupt nach 10 Jahre noch genutzt werden kann, ist steuerlich unlogisch und für mich skandalös, da man eben nicht mehr den Gewinn versteuern muss.
Und was Rendite angeht,
nicht ganz ernst gemeint: Der Selbstnutzer bekommt seine Rendite (keine Mietzahlungen) unversteuert und ohne Risiko (Mietausfall, Mietnomade)

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13533 am: 19.08.2024 08:59 »

Ein Umzug ist leider auch keine Option, da das Sozialgericht dann die Verantwortlichkeit des Rentenbescheides auf ein anderes Bundesland verlegen müsste und wir von vorne anfangen würden.

Diese Sorge ist unbegründet. Man müsste nicht von vorne anfangen. Da das Ganze schon vor dem BSG liegt, ist der Wohnsitz ohnehin irrelevant. Auch bleibt die Zuständigkeit des RV Trägers erhalten, da sich die Zuständigkeit nach dem Wohnsitz zum Zeitpunkt des Antrages richtet.

BRUBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13534 am: 19.08.2024 09:16 »
@ GeBeamter u.a.

Letztlich hat das alles nur anekdotische Evidenz (wie so viele Beiträge hier).

Was mich aber dennoch ehrlich und ernsthaft interessiert, ist, wie sich die monatlichen Einnahmen / Ausgaben darstellen, dass man mit A14 / A12 nur mit „extremen Einschränkungen“ über die Runden kommt?

Ich denke ich war schon anekdotisch genug. Falls es nicht zumutbar ist, die mir dargelegten Gründe aus den bisherigen bezahlen herauszulesen, hier noch einmal die Zusammenfassung der wesentlichen Gründe:
- drei Familienmitglieder sehr geringen Alters
- Wohnen in einer von vielen Pleitekommunen in einem Ballungsraum
- keine Möglichkeit der Betreuung der Kinder durch Verwandte, daher auf Kita angewiesen mit mittleren dreistelligen Kosten (pro Kind!)
- A12 nur als Teilzeit möglich, da Wochenarbeitszeit zu hoch um Vollzeit zu arbeiten und Kinder rechtzeitig aus der Betreuung zu holen

Und wenn ich so einen Kram mit Fernreisen und Krypto lese, bekomme ich echt Puls. Flugzeuge kennen meine Kinder nur vom Vorbeifahren am nächsten Verkehrsflughafen.

Danke noch einmal für die Darstellung des BIP im Verhältnis zu A3 und A15. Tatsächlich sind die höheren Besoldungsgruppen immer weiter an die mittleren und unteren angenähert worden. Wer da noch über Leitungsverantwortung nachdenkt, muss einen ausgeprägten Führungsfetisch haben. Lohnen tut sich das im Verhältnis nicht.

Ich kann die Argumentation schon nachvollziehen.

Es ist trotzdem auch schwierig, da halt nicht immer eine A14 / A12 Konstellation gegeben ist und auch viele mit deutlich weniger auskommen. Daher wird man nicht gleich auf volle Zustimmung hier treffen, sondern klingt halt eher nach "Klagen auf hohem Niveau" - Nicht falsch verstehen.

Grundsätzlich geht es aber allen Besoldungsgruppen gleich, die Besoldung ist halt nicht mehr dem Amte nach angemessen.


SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13535 am: 19.08.2024 09:31 »
@ Papermonster

Es freut mich, dass ich mit meinem Schreiben Kolleginnen und Kollegen dazu bewegen konnte, Widerspruch einzulegen, was ja eines meiner zentralen ursprünglichen Ziele gewesen ist (und was als Schneeballeffekt der jeweiligen Multiplikatoren weiter wirkt, obgleich mein Schreiben hier nun zumindest hinsichtlich der Widerspruchserhebung zum Glück überflüssig geworden ist, da das Forum mit insbesondere den in Klageverfahren tätigen Kolleginnen und Kollegen sich auch diesbezüglich schon länger selbst trägt, was mich nicht wenig freut). Denn je länger ich mich mit dem Thema beschäftige oder beschäftigt habe, desto mehr ist mir bewusst geworden, wie katastrophal die verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Besoldungsgewährung hinsichtlich der Nachwuchsgewinnung für den öffentlichen Dienst als solchen insbesondere für den gehobenen und höheren Dienst ist, und wie katastrophal sie vielfach individuell für die einzelnen Kolleginnen und den einzelnen Kollegen im (mittlerweile vielfach abgeschafften) einfachen und mittleren Dienst ist, so wie Du das an Deinem Beispiel gerade beschreibst.

Die Verfassung und Beschäftigte missachtende Besoldungsgewährung ist für alle Kolleginnen und Kollegen nicht hinnehmbar, aber trifft insbesondere in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen Kolleginnen und Kollegen, die hinsichtlich ihrer Besoldung über deutlich geringere Einkünfte verfügen - was bei der Bundeswehr nur umso krasser gegenüber dem Rest des öffentlichen Diensts der Fall ist, da hier die Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgrade den Großteil der Bediensteten ausmachen und darin die in den Besoldungsgruppen des mittleren Diensts besoldeten Unteroffiziere die größte Gruppe darstellen; sie kann - denke ich - als das Rückgrad der Bundeswehr betrachtet werden (vgl. https://www.bundestag.de/resource/blob/841962/6436a8021d80bba036979a2099d90f9d/WD-2-028-21-pdf.pdf). Das ist für mich einer der zentralen Gründe, wieso ich die wie auch immer geartete Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht derzeit entschieden ablehne. Denn das hieße, dass man nun vonseiten der Politik Menschen mit einem der Hauptziele in die Dienstverpflichtung - und zwar zunächst in die Dienstverpflichtung des einfachen Diensts - zwänge, nämlich sie gezielt monetär auszubeuten - was für die aktuelle Bundeswehr heute seit langer Zeit genauso gilt, da man - schätze ich - davon ausgehen kann, dass insbesondere für Bundeswehrangehörige die Gefahr für Leib und Leben bezogen auf den gesamten öffentlichen Dienst statistisch gesehen am Größten ist und dass - so schätze ich weiter; ich habe mich damit nur en passant beschäftigt - in den letzten rund 25 Jahren vergleichsweise deutlich mehr Soldatinnen und Soldaten, die in der unteren Hälfte der Besoldungsordnung eingruppiert sind, an Leib und Seele verletzt oder gar gefallen sein dürften als in der oberen.

Spätestens hinsichtlich der Bundeswehr empfinde ich es als schändlich, wie die politischen Verantwortungsträger mit unserem Thema umgehen. Wer sich dafür entscheidet, unserem Land in diesen Zeiten in der Bundeswehr zu dienen, hat eine andere Anerkennung verdient und der und dem steht ebenfalls eine andere Anerkennung verfassungsrechtlich zu, als das auch weiterhin der Fall ist, und zwar insbesondere in den Mannschafts- und Unteroffizierendienstgraden. Hier gerate ich nun ein wenig in Rage, weil es hier tatsächlich wiederkehrend für die einzelne und den einzelnen um Leib und Leben geht, nicht zuletzt, wenn man sich die Zahl derer vor Augen führt, die traumatisiert aus Auslandseinsätzen in ihr Leben und das Leben ihrer Familie in dieses Land zurückkehren.

@ MoinMoin

Was Du schreibst, kann ich gut verstehen. Und unserer beiden Reagieren auf einander zeigt, wieso hier im Forum wiederkehrend das Fass zum Überlaufen kommt. Denn sowohl Du als auch ich hätten dem jeweils andere irgendwo zu Beginn unseres Reagierens auf den anderen aus der jeweils eigenen Moralvorstellung irgendetwas unterstellen können, sodass wir beide uns jetzt mit einiger Wahrscheinlichkeit in eine gegenseitige Sprachlosigkeit hineingeschrieben hätten, die weder uns beiden noch irgendeinen anderen hier im Forum weitergebracht hätte. Es freut mich, dass es genauso nicht ist!

Und PS. Rentenokel

Dein Beitrag zeigt die Stärke des Forums, nämlich die Möglichkeit der Aufklärung. Da Du Dich - nomen est omen - im Rentenbereich vorzüglich auskennst, dürftest Du Papermonster mit Deinen Infos deutlich weitergebracht haben, schätze ich, und im Idealfall neue Türen öffnen. Genau dafür schätze ich dieses Forum.

HochlebederVorgang

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13536 am: 19.08.2024 09:38 »
Es ist wahrlich spannend, dass sich hier einige anmaßen, anderen - insbesondere aus höheren Besoldungsgruppen - vorzuschreiben, womit man über die Runden kommen müsse.

Der Vergleich zur "freien Wirtschaft" (die meisten hier kennen sie lediglich aus Erzählungen und Märchenbüchern) wird hinsichtlich der Amtsangemessenheit der Besoldung durch das BVerfG selbst gezogen. Und dann wird es wohl so sein, dass den Oberen in einem rechtmäßigen Besoldungssystem eklatant mehr zusteht, als denjenigen in der untersten Eingangsbesoldung. Insoweit wird zurecht darauf hingewiesen, dass der Abstand in den letzten Jahrzehnten immer mehr eingeschmolzen wurde.

Captain Jack

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13537 am: 19.08.2024 09:41 »
Es geht aber vor allem um niedrigere Besoldungsgruppen unter dem Aspekt der Lebenshaltungskosten. Wird man dem jungen Beamten A 6...9 wirklich dies vorhalten können: du wirst jetzt schlecht bezahlt weil du eine erfolgreiche Frau in der Wirtschaft haben könntest, die für euch zuverdienen könnte. Und du wirst jetzt schlecht bezahlt, weil du jetzt keine Kinderschar vorzuweisen hast.

Rechtlich werden solche Konstrukte nicht zu halten sein, da hierdurch effektiv die Schere zwischen Haben und unteralimentiertem Sein nur noch weiter geöffnet wird. Gut, dass solche Spässchen wieder vom Tisch genommen werden.


Captain Jack

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13538 am: 19.08.2024 10:12 »
Ergänzend: auch das Abstellen auf die Wohnstufe kann man differenziert betrachten: Beispiel ist der junge Polizist, der im Ballungsgebiet eingesetzt wird, ohne darauf irgendeinen Einfluss zu haben, z.B durch ein berufliches Netzwerk. Anders liegt es vielleicht bei seinem Vorgesetzten, der in 5. Generation in der Familienvilla lebt, wo es keinen Nachteil gibt den es auszugleichen gilt.
Ich finde bei der ganzen Diskussion, dass krasse Kumulationseffekte, im Sinne der Benachteiligung zu Lasten Einiger, bisher Zuwenig in den Blick genommen werden. Vielleicht kommen die Betroffenen auch weniger in der Öffentlichkeit zu Wort bzw. im Forum.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13539 am: 19.08.2024 10:30 »
Hallo,

erstmal sry für etwas offtopic, aber die letzten Seiten haben mich dazu animiert:

Bin seit Jahren stiller Mitleser und wollte nur mal meine Lebenssituation darstellen und fragen, was daran positiv sein soll, wenn das Steuermodell auf 4/4 umgestellt wird.
(...)

Aktuell sind wir in Steuerklasse 3/5, mit Umstellung auf 4/4 würde unterm Strich - nach meinem Verständnis- sich nur eine Mehrbelastung meinserseits aufbauen.



Hallo Paper,
es ist ja hier schon beantwortet worden, dass durch die Möglichkeit der Steuerklasse 4/4 mit Faktor kein Nachteil entsteht.

Weshalb es bei der Abschaffung der 3/5 so einen Aufschrei gibt, ist, dass viele Leute nicht wissen, dass die Steuerschuld egal welche Steuerklasse man wählt, immer gleich ist. UND: dass die Kombination 3/5 zur Einkommensteuererklärung verpflichtet. Da aber viele Leute das nicht wissen, dass sie verpflichtet sind und erst nach Jahren einer Prüfung von Amts wegen auffällt, dass eigentlich eine Erklärung hätte abgegeben werden müssen, denken viele die 3/5 wäre für sie finanziell von Vorteil. Auf den Besoldungsmonat bezogen ist das ja auch so, denn dem 3- veranlagten, besserverdienenden Partner bleibt erst einmal mehr netto als in Stk 4. Der 5 veranlagte Partner zahlt dafür im Verhältnis mehr, aber als Paar wird häufig monatlich weniger abgezogen, als bei 4/4 ohne Faktor. Daher hat sich die Mär eingeschlichen, bei der Kombination 3/5 bliebe mehr netto. Das stimmt wie gesagt nur für den Monat, auf das Jahr bezogen nach Steuererklärung gleicht sich das auf die Steuerschuld an, die man auch bei 4/4 gehabt hätte. Und 3/5 wählen und dann keine Erklärung abgeben ist streng genommen Steuerhinterziehung. Aber ich habe im Bekanntenkreis sogar einen hochrangigen Betriebswirt, der sich bei mir beklagte, er müsste nach rückwirkender Prüfung etliche tausend Euro Steuern nachzahlen, was ja unverschämt wäre. Klar, man behält ja über Jahre den monatlichen Steuervorteil ein, der einem eigentlich aufs Jahr bezogen nicht tusteht.
Wenn du also zukünftig von anderen Sprüche hörst wie: "meine Frau arbeitet nicht, weil sich das nicht für sie lohnt. Die muss dann zuviel Steuern bezahlen." , dann weißt du Bescheid,dass das Unfug ist.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13540 am: 19.08.2024 10:51 »
Das Bundesverfassungsgericht geht auf Grund der bisherigen Praxis des Besoldungsgesetzgebers davon aus, dass er die Grundbesoldung so bemisst, dass sie (zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder) in allen Stufen der Besoldungsordnung im Wesentlichen amtsangemessen ist (vgl. BVerfGE 99, 300 <315>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn. 47).
Beschluss vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 6/17 Rn. 30

Davon ist das BVerwG mittlerweile abgewichen. Echt spannend, wie die nächsten Entscheidungen des BVerfG ausfallen.

Ich verstehe nicht, warum das BVerfG im Urteil Beschluss vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 47 ohne Not die Hintertür zur Mehrverdienerfamilie geöffnet hat. Wenn man das Urteil genau liest, ist m.E. nur von höheren Familienzuschlägen für das erste und zweite Kind die Rede und nicht von einem Zuverdienst der Ehefrau.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf (vgl. BVerfGE 44, 249 <272 f.>; 81, 363 <377 f.>; 99, 300 <315 f.>). Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung. Auch hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt der Besoldungsgesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 44, 249 <267>; 81, 363 <376>; 99, 300 <315>). Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13541 am: 19.08.2024 10:52 »
@Captain_Jack

Die Auswüchse mit dem Partnereinkommen werfen relativ sicher bald vom BVerfG verworfen. Alleine schon stellt sich die Frage, warum nur das Partnereinkommen berücksichtigt werden sollte und nicht weitere Einkünfte aus Miete, Pacht oder Kapitalanlagen.
Und rein denklogisch ist es schon Unfug, denn der Dienstherr ist aus fiskalischen Gründen seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen, zwingt damit Familien zu einem weiteren Einkommen und dieses sollte dann für den Dienstherren wieder kostendämpfend angerechnet werden. Ich wäre gerne dabei, wenn der Senat intern über das Urteil hierzu berät. Ich denke das könnte auch ohne Alkohol eine launige Runde sein. Ich hoffe ich täusche mich nicht.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13542 am: 19.08.2024 11:12 »

Ich verstehe nicht, warum das BVerfG im Urteil Beschluss vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 47 ohne Not die Hintertür zur Mehrverdienerfamilie geöffnet hat. Wenn man das Urteil genau liest, ist m.E. nur von höheren Familienzuschlägen für das erste und zweite Kind die Rede und nicht von einem Zuverdienst der Ehefrau.


Ich spekuliere Mal dahingehend, dass das BVerfG vermutlich schon einmal aufzeigen wollte, dass der Gesetzgeber dort Spielraum im Sinne der geplanten Abschaffung des FZ der Stufe 1 hat. Die vollständig abhängige Ehefrau, deren Lebensunterhalt der Beamte mit aufbringen muss,  ist tatsächlich eine Realität, die seit 40-50 Jahren mit und mit überwunden wurde.

BRUBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13543 am: 19.08.2024 11:55 »

Ich verstehe nicht, warum das BVerfG im Urteil Beschluss vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 47 ohne Not die Hintertür zur Mehrverdienerfamilie geöffnet hat. Wenn man das Urteil genau liest, ist m.E. nur von höheren Familienzuschlägen für das erste und zweite Kind die Rede und nicht von einem Zuverdienst der Ehefrau.


Ich spekuliere Mal dahingehend, dass das BVerfG vermutlich schon einmal aufzeigen wollte, dass der Gesetzgeber dort Spielraum im Sinne der geplanten Abschaffung des FZ der Stufe 1 hat. Die vollständig abhängige Ehefrau, deren Lebensunterhalt der Beamte mit aufbringen muss,  ist tatsächlich eine Realität, die seit 40-50 Jahren mit und mit überwunden wurde.

Das sehe ich anders. Realität ist auch, dass es diverse Fallkonstelationen gibt, in denen der/die Partner-/in eben nicht arbeitet. - Erziehung Kind(er), ständiger Umzug alle paar Jahre, Auslandsverwendung etc.

Das jetzt mal schnell zu pauschalisieren ist für meine Begriffe zu kurz gedacht.

Auf der anderen Seite arbeitet der Partner/die Partnerin eben weil das Einkommen nicht mehr reicht - sprich amtsangemessene Alimentation. Das beißt sich die Katze wohl in den Schwanz.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13544 am: 19.08.2024 12:59 »

Ich verstehe nicht, warum das BVerfG im Urteil Beschluss vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 47 ohne Not die Hintertür zur Mehrverdienerfamilie geöffnet hat. Wenn man das Urteil genau liest, ist m.E. nur von höheren Familienzuschlägen für das erste und zweite Kind die Rede und nicht von einem Zuverdienst der Ehefrau.


Ich spekuliere Mal dahingehend, dass das BVerfG vermutlich schon einmal aufzeigen wollte, dass der Gesetzgeber dort Spielraum im Sinne der geplanten Abschaffung des FZ der Stufe 1 hat. Die vollständig abhängige Ehefrau, deren Lebensunterhalt der Beamte mit aufbringen muss,  ist tatsächlich eine Realität, die seit 40-50 Jahren mit und mit überwunden wurde.

Eure beider Interpretation ist sachlich nachvollziehbar, und zwar als Folge dessen, was die Besoldungsgesetzgeber seit 2022 regelmäßig gemacht und wie sie es begründet haben. Denn die Begründungen der letzten Jahre gehen letztlich in die Richtung, die ihr beschreibt. Tatsächlich hat sich das Bundesverfassungsgericht von einer ganz anderen Intention leiten lassen, die ich nachfolgend möglichst knapp darlegen möchte, da insbesondere die ersten Darlegungen von mir hier bereits in der Vergangenheit recht ausführlich verfolgt worden sind. Wen das, was ich ab etwa der Nr. 7 ausführe, weitgehender interessiert, dem lege ich einen Beitrag in der ZBR ans Herz, der im Januarheft 2025 dort erscheinen wird, wenn ich richtig informiert bin, und der dort noch etwas genauer vorgeht als die nachfolgende Skizze. Diese Skizze wird jedoch auch schon für sich allein - so hoffe ich - manchem die Augen öffnen und ihr oder ihm - sofern ihr oder ihm das bislang nicht klar war - die Problematik des neuen Zuschlagswesens vor Augen führen. Um die Problematik zu durchdringen, sollte man die nachfolgenden Nummern jeweils für sich nachvollziehen, mir also gerne Schritt für Schritt folgen (das ist der Grund für die Nummerierung) und erst zum nächsten Absatz voranschreiten, nachdem der aktuelle sachlich durchdrungen ist.

1. Ohne das hier zunächst noch einmal im Detail genauer nachzeichnen zu müssen, betrachtet das Bundesverfassungsgericht die vierköpfige Alleinverdienerfamilie als Maßstab, um den amtsangemessenen Gehalt der dem Beamen und seiner Familie geschuldeten Alimentation prüfen und kontrollieren zu können. Entsprechend ist der alimentative Mehrbedarf erst ab dem dritten Kind gesondert zu betrachten. Da der Beamte das grundrechtsgleiche Recht auf die Alimentation seiner Leistung und seiner Familie hat, muss das Bundesverfassungsgericht als Bezugspunkt ein Familienmodell seiner Prüfung und Kontrolle zugrunde legen. Aus den 1977, 1990 und 1998 resultierenden Betrachtungen zum alimentativen Mehrbedarf ist der Kontrollmaßstab der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie erwachsen. Dazu habe ich hier ja in der Vergangenheit recht viel geschrieben, sodass ich - denke ich - dazu nicht viel mehr schreiben brauche (hier wie im Folgenden dürften sich meine tiefgehenderen Betrachtungen über die Suchfunktion finden lassen).

2. Darüber hinaus sieht sich das Bundesverfassungsgericht - nicht zuletzt wegen der Verpflichtung, nicht nur die Leistung des Beamten, sondern ebenso die ihm aus seiner Familie erwachsenen tatsächlichen Bedarfe mittels amtsangemessener Alimentation hinreichend zu betrachten - gezwungen, zur Prüfung und Kontrolle nicht nur die rein leistungsbezogenen Besoldungsbestandteile zu betrachten, also bspw. das Grundgehalt und eventuelle Amtszulagen, sondern "das Gehalt als Ganzes", also die im Jahr gewährte Nettolimentation, die so verstanden ebenso nicht die Kosten ausklammern kann, die dem Beamten aus der Verpflichtung erwachsen, eine Krankenversicherung für sich und seine Familie abzuschließen, und die entsprechend Sozialleistungen berücksichtigen muss, sofern diese allen Bürgern gewährt wird, also das Kindergeld (auch dazu habe ich in der Vergangenheit einiges geschrieben; zum Finden s. die letzte Klammer).

3. Schließlich muss die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung immer in die jeweilige Zeit gesetzt werden, in der sie erfolgt, kann also nicht die gegebene soziale Wirklichkeit ausklammern, die der jeweilige Senat in der Prüfung und Kontrolle von gesetzlichen Normen vorfindet. Auch dazu habe ich in der Vergangenheit recht ausführlich Stellung genommen.

4. Entsprechend hat es in den Blick zu nehmen, dass wir heute vielfach die Mehrverdienerfamilie vorfinden und dass sich dass als ein gesellschaftlicher Wandel gegenüber bspw. den 1950er und 1960er sowie auch noch 1970er und 1980er Jahren - zumindest in der alten Bundesrepublik - darstellt, während die Doppelverdienerfamilie in der damaligen DDR und nach 1989 in den neuen Ländern eine bereits sehr viel länger gewachsene Tradition ist. Es kann diesen sozialen Wandel entsprechend nicht in der Betrachtung von Rechtsnormen ausklammern (auch dazu habe ich in der Vergangenheit wiederkehrend etwas gesagt).

5. Entsprechend ist die von euch hervorgehobene Passage zu verstehen: Rheinland-Pfalz und Brandenburg haben 2012/15 das Doppelverdienermodell betrachtet und den Verheiratetenzuschlag als Folge der genannten sozialen Wirklichkeit halbiert bzw. ganz abgeschafft und die so frei werdenden Mittel weitgehend umgeschichtet, nämlich durch die Anhebung der Grundgehälter und kinderbezogener Besoldungsbestandteile. Im Ergebnis ist damit weitgehend keine Kosteneinsparung verbunden gewesen. Mit der von euch hervorgehobenen Passage hat nun das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass diese bislang nicht geprüfte und so kontrollierte Nueregelung mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungskonform geschehen ist (auch dazu habe ich in der Vergangenheit hier einiges gesagt).

6. Dem Besoldungsgesetzgeber ist damit mehr oder weniger deutlich gesagt worden, dass er auch in der Umschichtung familienbezogener Gehaltsbestandteile über einen weiten Entscheidungsspielraum verfügt, ohne dass es ihm sagen konnte (und wollte), bis wohin dieser weite Entscheidungsspielraum reicht. Denn das könnte nur in einer konkreten Normenkontrolle geprüft werden. In diesem Sinne ist der Abschluss der Rn. 47 zu verstehen:

"Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen."

Damit wurde also ausgeführt, dass der Besoldungsgesetzgeber seinen weiten Entscheidungsspielraum innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens, den er zu beachten hat, zur politischen Gestaltung der Besoldung nutzen kann, o wie das Brandeburg vollzogen hat, dass gar kein Verheiratetenzuschlag mehr gewährt, vor 2020 aber entsprechend das Grundgehalt und kinderbezogene Besoldungsbestandteile erhöht hat. Denn die eine Partei hat ggf. eher die gesamte Familie in den Blick, die andere eher die Kinder und eine dritte ggf. eher den Ehe- oder Lebenspartner, wie auch immer.

7. Das Bundesverfassungsgericht hat also mit der zitierten Passage klargestellt, dass sich die Besoldungsgesetzgeber wie bereits Rheinland-Pfalz und Brandenburg in der Vergangenheit auch in der Familienalimentation ihres weiten Entscheidungsspielraums bewusst sein dürfen - eben im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Pflichten, die sie bei der Betrachtung der amtsangemessenen Alimentation jederzeit zu beachten haben. Um diesen Sachverhalt klarzustellen, hat es direkt vor der gerade zitierten Passage ausgeführt:

"Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung. Auch hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt der Besoldungsgesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 44, 249 <267>; 81, 363 <376>; 99, 300 <315>)."

Es hat also den breiten - politischen - Gestaltungsspielraum hervorgehoben und ihn mit dem sozialen Wandel in Beziehung gesetzt, eben ausgeführt, dass die vierköpfige Alleinverdienerfamilie kein vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenes Leitbild sei (ein solches Leitbild zu kreieren, wäre das Bundesverfassungsgericht nicht ermächtigt, anders als die Politik, die Leitbilder erstellen kann, um politisch zu handeln). Es hat in dieser Passage aber ebenso klargestellt, dass es sich bei der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie in seiner Rechtsprechung um "eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße" handelt, die also - das bleibt hier unausgesprochen, ist aber dabei mitzudenken - insbesondere notwendig ist, um weiterhin den amtsangemessenen Gehalt prüfen und kontrollieren zu können, der für den alimentativen Mehrbedarf des dritten Kinds notwendig ist.

8. Entsprechend hat es diese Passage der Rn. 47 in seiner Parallelentscheidung zum alimentativen Mehrbedarf aufgenommen und hier also im expliziten Zusammenhang zu dieser Rn. 47 ausgeführt:

"Dabei ["[b ]ei der Bemessung des zusätzlichen Bedarfs, der für das dritte und die weiteren Kinder entsteht und vom Dienstherrn über die Alimentation der Zwei-Kinder-Familie hinaus zu decken ist; vgl. dort den Beginn der Rn. 31; ST.] lässt ein um 15 % über dem grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarf liegender Betrag den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der von der Grundsicherung zu leistenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem den Richtern und Beamten sowie ihren Familien geschuldeten Unterhalt hinreichend deutlich werden. Diese Berechnungsmethode dient nicht dazu, die angemessene Höhe der Alimentation zu ermitteln, sondern die Grenze zur Unteralimentation. Führen die den Richtern und Beamten für ihr drittes und jedes weitere Kind gewährten Zuschläge jedoch nicht einmal zu einer Erhöhung des Nettoeinkommens um 115 % des grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarfs für das hinzutretende Kind, überschreitet der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 81, 363 <382 f.>; 99, 300 <321 f.>; ferner mit Blick auf die Mindestalimentation am Maßstab einer vierköpfigen Familie BVerfGE 140, 240 <286 f. Rn. 93 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn. 47)." (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 6/17 -, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000617.html, Rn. 32; Hervorhebungen durch ST.)

Damit führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass mit der Mindestalimentation nur die Grenze zur Unteralimentation beschrieben wird und dass sie darüber hinaus keine materielle Aussage zum amtsangemessenen Gehalt der gewährten Nettoalimentation aufweist, was der Senat dann im weiteren Kontext hinsichtlich der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie konkretisiert.

9. Denn in der Rn. 37 der Entscheidung zum alimentativen Mehrbedarf führt es nun im weiteren Bezug zur Rn. 47 der aktuellen Entscheidung über die amtsangemessenen Alimentation aus (Hervorhebung durch ST.):

"Dass bei der Berechnung des für alle Besoldungsgruppen gleich hohen Mindestmehrbetrags davon ausgegangen wird, dass der Richter oder Beamte die Familie allein unterhält, ist ein aus der bisherigen Besoldungspraxis und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung abgeleiteter Kontrollmaßstab (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn. 47). Es handelt sich nicht um ein Abbild der Wirklichkeit oder das vom Bundesverfassungsgericht befürwortete Leitbild der Beamtenbesoldung, sondern um eine Bezugsgröße, die eine spezifische Funktion bei der Bemessung der Untergrenze der Familienalimentation erfüllt (vgl. Leisner-Egensperger, NVwZ 2019, S. 777 <780>). Sie stellt sicher, dass der Familie für das dritte und jedes weitere Kind der am Grundsicherungsniveau orientierte Mindestmehrbetrag auch dann zur Verfügung steht, wenn der andere Elternteil gar nichts zum Familieneinkommen beisteuern kann, etwa weil behinderte Kinder oder betagte Großeltern dauernder Pflege bedürfen oder er selbst dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt oder gar verstorben ist. Für andere Familienformen nachteilige Auswirkungen sind damit nicht verbunden."

Damit stellt der Senat klar, dass es ihm allein schon aus der ihm hierfür nicht gegebenen Ermächtigung nicht darum gehen könne, "Leitbilder" zu kreieren. Vielmehr sei - wie in der Rn. 47 der aktuellen Entscheidung hervorgehoben - die vierköpfige Beamtenfamilie eine aus der bisherigen Rechtsprechung abgeleitete "Bezugsgröße". Sie erfülle im Sinne der in der Rn. 32 dargelegten Aussagen "eine spezifische Funktion bei der Bemessung der Untergrenze der Familienalimentation" (Ervorhebung durch ST.].

10. Mit dem Aufruf der Untergrenze verweist das Bundesverfassungsgericht so verstanden auch hier darauf, dass die Mindestalimentation keinen Bezug zur amtsangemessenen Alimentation aufweist, sondern ausschließlich dazu dient, den Betrag der gewährten Nettoalimentation zu beschreiben, in den keine Einschnitte möglich sind, da er vom absoluten Alimentationsschutz umfasst ist. Der Senat stellt hier hingegen vielmehr die Funktion der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie als "Bezugsgröße" in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht klar, nämlich dass sie "ein aus der bisherigen Besoldungspraxis und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung abgeleiteter Kontrollmaßstab " (Hervorhebung durch ST.] sei.

11. Damit wird weiterhin ausgesagt, dass es dem Besoldungsgesetzgeber anders als dem Bundesverfassungsgericht jederzeit möglich sei, unterschiedlichste "Leitbilder" zu formulieren und seiner Besoldungsgesetzgebung zugrundezulegen, dass allerdings in der Kontrolle der Besoldungsgesetzgung regelmäßig weiterhin der Maßstab der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie zu betrachten ist, nämlich insbesondere in dem Moment, wo es darum geht, mit der Mindestalimentation die Grenze zur Unteralimentation zu betrachten, also den Betrag der zu gewährenden Nettoalimentation, in die der Besoldungsgesetzgeber keine Einschnitte vornehmen darf.

Und damit sind wir beim Fazit, das nicht mehr nummeriert werden muss. Die Besoldungsgesetzgeber kreiieren seit 2022 in schöner Regelmäßigkeit neue "Leitbilder", die sie dann als Familienmodell ihrer Besoldungsgesetzgebung zugrunde legen, was ihnen gestattet ist und worauf sie wiederkehrend mit Blick auf die Rn. 47 hinweisen. Als Folge vollziehen sie dann in Doppelverdienermodellen signifikante Einschnitte in die Mindestalimentation, die sie so verstanden nicht mehr garantieren, sondern deren Garantie sie zu einem wiederkehrend signifikanten Teil auf den Ehe- oder Lebenspartner des Bediensteten abwälzen, ohne dass sie der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht an irgendeiner Stelle die Möglichkeit zu dieser Abwälzung entnehmen könnten und ohne dass sie darüber hinaus beachteten, dass es ihnen nicht gestattet ist, Einschnitte in die Mindestalimentation vorzunehmen, die aber vollzogen werden, wenn die Höhe der Mindestalimentation nicht vom Besoldungsgesetzgeber selbst gewährt wird. Und schließlich klammern sie weiterhin in schöner Regelmäßigkeit die Rn. 32 der Parallelentscheidung aus, in der ihnen das Bundesverfassungsgericht ihre Verpflichtung vor Augen führt und dabei zugleich den weiterhin zu beachtenden Kontrollmaßstab zur Betrachtung des Mindestabstandsgebots sowohl hinsichtlich der zu gewährenden Nettoalimentation als auch im Hinblick auf den alimentativen Mehrbedarf in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, nämlich die vierköpfige Alleinverdienerfamilie.

Das Bundesverfassungsgericht sagt also zusammengefasst aus: ,Kreiiert gerne so viele sachgerechte Familienleitbilder, liebe Besoldungsgesetzgeber, wie ihr wollt, prüft diese dann aber bitte wie wir auch anhand des sachgerechten Kontrollmaßstabs der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie und legt dann wiederum gerne ein neues Familienmodell eurer Gesetzgebung zugrunde, wie das Rheinland-Pfalz und Brandenburg 2012/15 getan haben. Denn wenn euer neues >Leitbild< und das damit verbundene >Familienmodell< mit den Forderungen auch des Mindestabstandsgebots konform gehen, dürft ihr damit rechnen, dass die von euch gewährte Nettoalimentation diesbezüglich sachgerecht und so deshalb hier nicht verfassungswidrig ist. Verfolgt ihr mit dem neuen >Leitbild< und dem damit verbundenen >Familienmodell< jedoch Einschnitte in die Mindestalimentation, was anhand des Kontrollmaßstabs der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie zu kontrollieren ist, stellt sich die Nettoalimentation für die von den Einschnitten unmittelbar betroffenen Besoldungsgruppen weiterhin als verfassungswidrig dar. Da sowohl euch als auch uns das völlig klar ist, brauchen wir dazu sicherlich nichts weiter ausführen. Lest aber gerne diesbezüglich auch noch in dem vorzüglichen Beitrag von Anna Leisner-Egensperger nach, der genau das aussagt und den wir euch also deshalb, weil wir davon ausgehen müssen, dass ihr des Lesens kundig seid, wärmstens ans Herz legen, weshalb wir hier in der Rn. 32 auf ihn verweisen. Darüber hinaus wünschen wir euch wie immer alles Liebe und Gute, euer altes euch verbundenes Bundesverfassungsgericht.'

Und was lernen wir daraus? Unser Bildungssystem war auch schon vor 40 oder 50 Jahren offensichtlich nicht mehr hinreichend leistungsfähig, da es offensichtlich in einem hohen Maße sekundäre Analphabeten produziert hat, die sich darüber hinaus ggf. in bestimmten Feldern der staatlichen Ordnung besonders tummeln. Eine andere Erklärung kann es kaum geben, oder?
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