Die ganze Problematik hat ihren Ursprung darin, dass Regierungen und Gesetzgeber die vierköpfige Familie als Maßstab zugrundelegen. Wenn sie dies kippen – was geht, da es (noch) kein hergebrachter Grundsatz des Beamtentums ist –, muss man möglicherweise nicht viel ändern und könnte ggf. sogar sparen. Das bräuchte aber eine konzertierte Aktion aller Besoldungsgesetzgeber. Da trauen sie sich jedoch nicht ran, weil es dann einen "Shitstorm" der verheirateten Beamten und der Beamten mit Kindern geben würde, wie unsozial und familienunfreundlich der Staat doch ist. Dabei bekommt heutzutage außer den Beamten ja eigentlich kein Angestellter mehr "Ehe- und Fortpflanzungsprämien" als Lohn-/Gehaltsbestandteil.
Aufgrund des Allimetationsprinzips (das wohl kaum gekippt werden dürfte), hätten die Familien am Ende genauso viel.
Der Shitstorm käme wohl eher von den Singles, die dann auf einmal nur noch so viel bekommen bräuchten, dass es für sie alleine reicht statt für eine vierköpfige Familie... die Singles profitieren doch am meisten von der "Normfamilie".
Tun sie das tatsächlich? Familien bekommen vielfach zusätzliche staatliche Unterstützung, die nur teilweise bei der Berechnung des BVerfG Berücksichtigung findet. Und dann die ganze Steuerproblematik, die nur pauschal betrachtet wird.
Geboten ist durch das Alimentationsprinzip nach der Rechtsprechung nur die Versorgung des Beamten und die Sicherstellung von Unterhaltspflichten. Man könnte deshalb als Norm einen Beamten nehmen und dann durch Zuschläge dafür sorgen, dass er bei Nachweis seiner gesetzlich bestehenden Unterhaltspflichten diese erfüllen kann. Ob dann das gleiche für Familien herauskommt, bezweifle ich. Insbesondere ist der Ehegattenzuschlag kein hergebrachter Grundsatz. In der heutigen Zeit ist auch nicht mehr davon auszugehen, dass der typische Beamtenehegatte zuhause sitzt und sich um Haus und Hof kümmert, sondern dass er/sie ebenfalls Geld verdient und sich selbst versorgen kann.
Hintergrund: ALG II sieht für Verheiratete oder eheähnliche Gemeinschaften für jeden Partner 389 Euro (2020) vor, für den einzelnen jedoch 432 Euro. Der Bedarf wird deshalb um 346 Euro ALG-II-Satz (Differenz zwischen 2*389 Euro und 432 Euro), also 397,90 Euro (inkl. 15% Abstandsgebot) für den Ehegatten aufgebläht. Die Streichung des Ehegatten könnte deshalb schon einiges bewirken. Gleiches gälte für die Beschränkung auf die bestehenden Unterhaltspflichten. Daher kommt auch die Düsseldorfer Tabelle.
Die legislative und exekutive Gewalt können diese Bemessungsgrundlagen nicht "kippen", da sie dazu keine verfassungsrechtliche Handhabe haben. Einzig das BVErfG könnte entsprechende Rechtsnormen beschließen, wird das aber aus den genannten Gründen nicht tun, da das jursistisch widersinnig wäre. Die Besoldungsgesetzgeber sind folglich an die geltenden Rechtsnormen gebunden. Verstoßen sie gegen diese in evidenter Weise, ist das entsprechende Gesetz rechtswidrig. Das ist in Berlin offensichtlich auf Grundlage vielfach willkürlicher Bemessungen der Fall.
Doch haben sie. Siehe dazu BVerfG v. 04.05.2020, 2 BvL 4/18, Rn. 47 (vgl. auch BVerfG v. 04.05.2020, 2 BvL 6/17, Rn. 30): "[…] Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf (vgl. BVerfGE 44, 249 <272 f.>; 81, 363 <377 f.>; 99, 300 <315 f.>). Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung. Auch hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt der Besoldungsgesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 44, 249 <267>; 81, 363 <376>; 99, 300 <315>). Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen."
Und das BVerfG beschließt keine Normen. Es urteilt über die Verfassungsmäßigkeit von Handlungen der Legislativen und Exekutiven. Ein Verfassungsverstoß liegt auch nicht nur dann vor, wenn ein Gesetz evident gegen das Grundgesetz verstößt. Die Evidenz/Offensichtlichkeit der Nichtigkeit spielt bei der Betrachtung von Verwaltungsakten eine Rolle (vgl. § 44 VwVfG), nicht aber bei Gesetzen. Deine Ausführungen sind in der Regel nachvollziehbar, aber juristisch teilweise ungenau und – aus juristischer Sicht – eher polemisch verfasst. Ein bisschen mehr Genauigkeit hinsichtlich der Verwendung von Begriffen und der üblichen juristischen Argumentations- und Vorgehensweise sowie mehr Beachtung der verfassungsrechtlich vorgegebenen Gewaltenteilung wäre wünschenswert.
Ok, das, was Du zur Polemik schreibt, kann man prinzipiell so sehen. Und auch ist das, was ich zur Norm geschrieben habe, an jenen Punkt nicht sinnvoll formuliert, auch da hast Du Recht - allerdings dürfte das in diesem Fall eher der Schneligkeit der Formulierung geschuldet gewesen sein, denke ich; denn ich meinte direktiv und nicht normativ, was ja nun auch auf der Hand liegt.
Darüber hinaus ist das, was Du darüber hinaus schreibst, so allgemein gehalten, dass es sinnvoll wäre, das am Einzelfall zu konkretisieren. Der Einzelfall wäre hier nun die direktiv zu begreifende Bemessungsgrundlage sowohl des sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveaus auf der einen und der Nettoalimentation auf der anderen Seite. Dein recht langes Zitat ist schön und gut, sinnvoll dürfte es nun aber sein, daraus in eigenen Worten präzise und konkrete Ableitungen zu tätigen, die Deine Ausgangsthese mit Leben füllte. Die sehe ich aber in dem, was Du schreibst, bislang nicht (vielleicht ist mir das entgangen). Also, mach's mal konkret, das würde mich interessieren...
@ WasDennNun, mit den Werten (eine rund 5 %-ige Anhebung der Grundbesoldung) wirst Du nicht ganz hinkommen, wie die angedeutete Gesamtbetrachtung in der Untersuchung zeigt (S. 7-21 und 47-50). Und was Du zu den Familienzuschlägen schreibst, wird durch ständiges Wiederholen nicht richtiger. Der von Dir anvisierte Weg ist, wie Du selbst leicht nachlesen kannst, so nicht gangbar, da die exorbitante Erhöhung von Familienzuschlägen nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen wäre.