Wenn nun die Besoldungsgesetzgeber der Flächenstaaten das Grundgehalt jeweils nach der Mietenstufe I ausrichteten, um in den Regionen ihres Landes, die über ein höheres Mietenniveau verfügen, die auszugleichende Alimentation mittels an die Mietenstufen gekoppelte Ortszuschläge ausgleichen wollten, würden sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig handeln. Denn in Anbetracht des großen monetären Umfangs, den die Unterkunftskosten bei der Bestimmung der Mindestalimentation spielen (vgl. im aktuellen BVerfG-Beschluss, Rn. 145 f.), müsste das zur Einebnung der grundgesetzgleich garantierten Wertigkeit der Ämter und also zur Verzerrung der Besoldungsstruktur führen: ein beispielsweise nach A 5 alimentierter Beamter in einer Region mit einem sehr hohen Mietenniveau würde so durch die sehr hohen Ortszuschläge (deutlich) höher alimentiert werden als ein nach A 6 alimentierter Beamter, dem durch seinen Wohn- oder Dienstsitz nur das Grundgehalt gewährt werden würde. Das aber wäre offensichtlich verfassungswidrig.
bilden, gewähren. Denn dann würde es offensichtlich wie dargestellt gegen das Abstandsgebot verstoßen.
Interessant, dass die unterschiedlichen Lebensumstände die Wertikgeit der Ämter berührt.
Aber Fam./Kinder Zuschlägen etc. die den gleichen Effekt haben, führen nicht zu einer solchen Verfassungswidrigkeit?
Und wie wären vergünstigt überlassenen Wohnungen (die z.B. nur dem mD, gD zustehen) in dieser Betrachtung zu sehen.
Es werden ja was Abstandsgebot angeht auch immer Beamte untereinander bzgl. gleicher "Lebensumstände" betrachtet (Stufe egal). Denn der A5er bekommt ja teilweise auch mehr als der A6er.
Aber wenn das so sein sollte, dass ein A5.1 mit Ortszuschlag nicht mehr haben darf als ein A6.1 ohne, dann ist da ja in der Tat nur heiße Luft möglich und man braucht da nicht anzufangen zu rechnen (max 47€ in NI z.B.)
Bleibt also die Ausrichtung nach der Gemeinde mit dem höchstem KDU für den Single und ab da wird dann via saftigen Fam/Kinderzuschlag der Abstand zum Existensminimum gewahrt.
Plus einen Zuschlag (z.B. Hebung der Stellen) für die Bereiche, wo man keine Bestenauslese mehr schafft.
Bin mal gespannt was die sich da ausdenken.
Das ganze Unterfangen ist reichlich kompliziert, WasDennNun, weil unterschiedliche Faktoren und Berechnungswege zu beachten sind. Mit Blick auf die Komplexität versuche ich es mal wieder kurz (und wird es am Ende doch wieder lang):
Der Besoldungsgesetzgeber berechnet zunächst auf Grundlage der zu beachtenden
Sozialgesetzgebung das sozialhilferechtliche Grundsicherungsniveau anhand einer vierköpfigen Familie, die also über keine berufstätige Ernährer verfügt. Jenes entspricht
steuerrechtlich dem steuerfrei zu stellenden Existenzminimum. Dieses wird mit dem Faktor 1,15 multipliziert (also um 15 % erhöht), sodass dann
beamten- und besoldungsrechtlich die Mindestalimentation vorliegt. Sie ist die Nettoalimentation, die der Besoldungsgesetzgeber einem Beamten einer vierköpfigen Familie gewähren muss, der sich in der Eingangstufe der untersten Besoldungsgruppe befindet. Die Mindestalimentation bildet den Ausgangspunkt, von dem aus die gesamte Besoldungsordnung A aufgebaut wird (und da die Besoldungsordnungen in Abhängigkeit zueinander stehen, mittelbar auch die Besoldungsordnungen B und R).
Der Gesetzgeber hat nun zunächst Sorge dafür zu tragen, dass dem betreffenden Beamten jene Mindestalimentation, die ein Nettowert ist, gewährt wird. Dabei ist er zunächst frei, wie er diesen Wert über die von ihm aufgestellte Systematik gewährt: also wie er das Verhältnis von Grundgehalt (Bruttowert), den Familienzuschlag (Bruttowert), (Amts-, Stellen-, andere )Zulagen (Bruttowert) und ggf. Sonderzahlungen (Bruttowert) in ein solches Verhältnis zu einander stellt, das jenem Beamter nach Abzug der Lohnsteuer (die der Gesetzgeber mit Blick auf das Steuersystem in einem gewissen Rahmen bedingt ebenfalls beeinflussen kann) und unter Addition des Kindergelds sowie Abzug der Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung (die er über Beihilfeleistungen beeinflussen kann) am Ende als Betrag als unterste monetäre Grenze die Mindestalimentation als Nettobetrag verbleibt.
Innerhalb der Systematik hat der Gesetzgeber nun beim weiteren Aufbau der Besoldungsordnung bzw. in ihrer Fortführung zugleich dafür Sorge zu tragen, dass das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen beachtet wird, sodass die überlieferten Abstände der Bruttogehälter (Grundgehalt + ggf. Zulagen und Sonderzulagen) zwischen den Besoldungsgruppen und Besoldungsordnungen erhalten bleiben, also nicht innerhalb von fünf Jahren um mehr als zehn Prozent zueinander verschoben („abgeschmolzen“) werden.
Der Familienzuschlag spielt hier keine Rolle, da das Abstandsgebot ja für alle Beamte unabhängig vom Familienstand und eventuellen Nachwuchs gilt und gelten muss. Der Familienzuschlag als solcher wird darüber hinaus wiederum in einer mittelbaren Abhängigkeit zum Grundsicherungsniveau ermittelt, da dieses familienbezogene Bestandteile beinhaltet, sodass der Gesetzgeber auch hier mit Blick auf die Untergrenze nicht gänzlich frei in seiner Festsetzung ist: Er dürfte zugleich den Familienzuschlag so hoch veranschlagen, dass Familien davon einen deutlichen Vorteil haben (oder zumindest die gröbsten Nachteile ausgeglichen werden, vgl. auch Rn. 47 der aktuellen Entscheidung), das aber nicht dazu nutzen, die ledigen und/oder kinderlosen Beamten entsprechend so niedrige zu alimentieren, dass ihre Alimentation nicht mehr amtsangemessen wäre (dieser letzte Halbsatz ist rechtlich entscheidend).
Es gilt hier also, abgleitet aus dem allgemeinen Gleichheitssatz, die zentrale verfassungsrechtliche Prämisse zu beachten, wonach wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln ist. Der Familienstand sowie eigene Kinder und deren Anzahl machen aus Beamten diesbezüglich wesentlich Ungleiche. Sie dürfen also auch mit Blick auf Familienzuschläge ungleich behandelt werden; nur in der jeweiligen kategorialen Gleichheit, die also diesbezüglich wesentlich Gleiches beinhaltet (alle Ledige sind mit Blick auf Familienzuschläge wesentlich gleich; alle Verheiratete ohne Kinder sind mit Blick auf Familienzuschläge wesentlich gleich usw.) sind sie gleich zu behandeln.
Und damit sind wir jetzt endlich bei den Ortszuschlägen angekommen, die sich nach den Kosten für die Unterkunft richten, von der nun (anders als bei Familienzuschlägen) ausnahmslos alle Beamte betroffen sind, da ein Beamter nicht obdachlos sein kann, denn das vertrüge sich nicht mit dem Ansehen seines Amtes (einer der Gründe, wieso der Beamte und seine Familie lebenslang amtsangemessen alimentiert werden müssen). Da nun aber alle Beamte mit Blick auf die Unterkunft wesentlich Gleiche sind, sind sie mit Blick auf ein nach Ortszuschlägen differenziertes Besoldungssystem auch wesentlich gleich zu behandeln.
Sobald also ein Gesetzgeber beginnt, die Besoldung mittels Ortszuschläge zu differenzieren, darf er nicht vernachlässigen, dass diese – anders als Familienzuschläge – mit Blick auf das Abstandsgebot unmittelbar zu beachten sind. Und damit wären wir bei meinem Beispiel, dass der Gesetzgeber also die Ortszuschläge betragsmäßig nicht so hoch differenzieren dürfte, dass dadurch beispielsweise ein Beamter der Besoldungsgruppe A 5 anhand eines zu hohen Ortszuschlags höher alimentiert werden würde als ein Beamter der Besoldungsgruppe A 6, der keinen oder einen (deutlich) geringeren Ortszuschlag erhielte, sodass die Wertigkeit der Ämter verletzt werden würde (unterschiedliche Ämter lassen aus Beamte diesbezüglich wesentlich Ungleiche werden).
Eventuell wäre hier noch eine regionale Differenzierung möglich (wie gesagt, das Bundesverfassungsgericht hat sich hierzu, weil das bislang nicht nötig war, nicht geäußert:); die Frage stellt sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht, wie ich anhand des Landkreises Harburg dargelegt habe; denn das lokale Abgrenzungsproblem sollte so groß sein, dass auch die Ortszuschläge – wie alle regelmäßigen Zuschläge – keine übergroße Relevanz mit Blick auf die Gesamtalimentationshöhe spielen können sollten, da alles andere mit recht hoher Wahrscheinlichkeit direkt in einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz mündete.
Und zugleich ist aber zubeachten, dass es hier offensichtlich um Neuland geht (wenn auch die vor 1973 gemachten Erfahrungen herangezogen werden könnten; zu jener Zeit war aber das Besoldungsrecht noch lange nicht so ausdifferenziert wie heute), sodass nun sicherlich bald in vielen Finanzministerien und Ausschüssen die Köpfe zu rauchen anfangen werden mit Blick auf den breiten Gestaltungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt. Es werden auch diesbezüglich interessante Zeiten, die vor uns liegen.
Und mit dem niedersächsischen Besoldungsgesetz habe ich mich letztes Jahr tatsächlich recht ausgiebig auseinandergesetzt, rw. Auch hier könnte man jetzt ziemlich viel schreiben. Ich mach‘s kurz (ist ja schon wieder lang genug und überlang genug, was ich hier schreibe): Das Gesetz ist offensichtlich verfassungswidrig, weil es seine Begründung durchgehend mangelhaft prozeduralisiert (auf seine wiederkehrend mangelhafte Prozeduralisierung hatte das Bundesverfassungsgericht das Land bereits 2015 und 2018 hingewiesen): die Begründung zum vorherigen Gesetz wird praktisch durchgehend nur kopiert (und darin nur Zahlenwerte austauscht), an keiner Stelle wird eine Staffelprüfung vorgenommen (was offensichtlich an mehreren hätte geschehen sollen), eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung wird nicht vorgenommen, so wie die Gesetzesbegründung die zweite Prüfungsstufe generell praktisch gar nicht erst betritt. Jeder der geannnten Punkte sollte schon für sich dazu führen, dass das Gesetz verfassungswidrig ist, da die dem Gesetzgeber obliegenden Prozeduralisierungspflichten jeweils verletzt werden.
Die entsprechende Kanalisierung anhand einer verfassungskonformen Prozeduralisierung hätte aber spätestens mit Blick auf die Tarifentwicklung geschehen müssen, denn durch unterjährige Besoldungsanpassungen ergäbe eine Spitzausrechnung für das Jahr 2019 einen Parameterwert von 9,02 (und nicht 4,04, von dem die Gesetzesbegründung ausgeht), was deutlich die Vermutung einer Unteralimentation indiziert. Zugleich wurden die gesamten Problematik von Grundsicherungsniveau, regionaler Differenzierung, der Unterkunfts- und Heizkosten nicht einmal ansatzweise betrachtet, obgleich sowohl das Niedersächsische Oberverwaltungs- als auch das Bundesverwaltungsgericht das Land 2017 und 2018 in aller gebotenen Deutlichkeit hierauf hingewiesen hatte.
Auf Grundlage der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Methodik (über die das Bundesverfassungsgericht nun insbesondere mit Blick auf die Unterkunftskosten und die Bedarfe für Bildung und Teilhabe noch einmal deutlich hinausgeht) hätte 2019 in Niedersachsen nicht einmal die Besoldungsgruppe A 9 das Mindestalimentationsniveau erreicht. Insofern ist es durchaus interessant, wie sich das Land und die Regierung nun positionieren – denn es ist zu vermuten, dass es als übernächstes an der Reihe sein wird (zu erwarten ist, dass das Verfassungsgericht seine erste Entscheidung zur A-Besoldung am zweiten vorliegenden Vorlagenbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts fällen wird, also zur Berliner A-Besoldung der Jahre 2008 bis 2015) und dass das Bundesverfassungsgericht wie immer im Ton verbindlich entscheiden wird, dem Land aber inhaltlich eine Klatsche verpasst, an die es noch lange denken wird.
Und dass hätte es sich auch redlich verdient, wenn man sich anschaut, wie fahrlässig es seit 2015 mit judikativen Entscheidungen verfahren ist...