Es lohnt sich nicht, Kollegen, sich über das Gerede aufzuregen. Ab und an muss man der mal drolligen, mal trolligen Sichtweise widersprechen, weil's sonst wiederkehrend nur in Richtungen geht, die der öffentlichen Diskussion keine inhaltliche Substanz bieten - und dann kann man es wieder sein lassen und sich besser zum Beispiel das hier anhören; denn das hat deutlich mehr Substanz:
https://www.youtube.com/watch?v=6_pZWrS0eokArt. 79 Abs. 3 GG normiert eine Revisionssperrklausel, die es so zuvor in der deutschen Verfassungsgeschichte nicht geben hatte, sondern als Konsequenz aus der NS-Zeit gefasst wurde, nicht zuletzt im Hinblick auf das sog. Ermächtigungsgesetz. Nach 1945 haben dann verschiedene Verfassungen der Deutschen Länder eine entsprechende Klausel aufgenommen. So lautet beispielsweise Art. 150 Abs. 1 der Verfassung des Landes Hessen vom 01.12.1946: "Keinerlei Verfassungsänderung darf die demokratischen Grundgedanken der Verfassung und die republikanisch-demokratische Staatsform antasten. Die Errichtung einer Diktatur, in welcher Form auch immer, ist verboten." (
https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/jlr-VerfHEpArt150) Ähnliches findet sich in einigen Verfassungen der weiteren Ländern, sodass auch in das Grundgesetz ein entsprechendes Revisionsverbot aufgenommen worden ist (eine gut zu lesende Zusammenfassung liefert Hauke Möller, Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes und die Schranken der Verfassungsrevision, Berlin 2004, S. 121 ff.). Interessant ist dabei auch diesbezüglich die Rechtsprechung des BVerfG seit 1970, als es sich zum ersten Mal mit dem Art. 79 Abs. 3 in einem Urteil befasst hat (vgl ebd., S. 136 ff.).
Die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums, wie es Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 33 Abs. 5 GG normieren, fasst Timo Hebeler, Die Pflicht zur Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gem. Art. 33 V GG, JA 2014, 731 ff., schlüssig zusammen: Es "beinhaltet nach der ständigen Rechtsprechung [Anm.] und nach der herrschenden Lehre [Anm.] Art. 33 V GG ein grundgesetzgleiches Recht der Beamten. Dieses grundgesetzgleiche Recht ist darauf gerichtet, dass der Staat die durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums geschaffene persönliche Grundstellung des Beamten nicht verletzt." (ebd., S. 733). Hier wird das Thema an verschiedenen Beispielen präzise durchdekliniert, um zu folgendem Fazit zu gelangen: "Die hier dargestellten Beispiele [...] zeigen, dass sich schneidige und unreflektierte Lösungen bei Art. 33 V GG verbieten." (ebd., S. 736).
Der tbb hat gerade erneut klargestellt, dass er, auch nachdem im Finanz- und Haushaltsausschuss des Landes Thüringen am letzten Freitag die Würfel gefallen sind und also davon auszugehen ist, dass es trotz des weiteren Gutachtens, nun des wissenschaftlichen Diensts des Thüringer Landtags, das zu weitgehend keinem anderen Befund kommt (was man so hört) als vormals der tbb und das Battis-Gutachten, das "Thüringer Gesetz zur Gewährleistung einer verfassungsgemäßen Alimentation" (vgl. TOP 32,
https://www.thueringer-landtag.de/plenum/sitzungstermine/) bei Enthaltung der AfD und Zustimmung aller anderen Parteien in dieser Sitzungswoche verabschiedet werden wird (vgl.
https://parldok.thueringer-landtag.de/ParlDok/vorgang/43888). Da die Gutachten des wissenschaftlichen Diensts spätestens einen Monat, nachdem sie landtagsintern zur Verfügung gestellt worden sind, auf der Internetseitseite des Landtags zu veröffentlichen sind (§ 125 (2) der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags), hätte es offensichtlich bereits seit geraumer Zeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Mal schauen, wie lange es noch dauern wird, bis man sich in Erfurt zur Veröffentlichung entschließen kann.
Nun kann man nur hoffen, dass der Höcke-AfD vonseiten der anderen Parteien nicht ein weiteres Mal die Möglichkeit zum großen Auftritt geboten wird - und genau in dieser Befürchtung zeigt sich ein weiteres Mal wie in einem Brennglas die Beschädigung, die nun auch der Thüringer Landtag unserer Verfassungsrealität zufügt. Denn so oder so ist es ein demokratisches Armutszeugnis, dass einzig die AfD einem in vielfacher Hinsicht evident verfassungswidrigen Gesetz nicht zustimmen wird. Wieso Bündnis 90/Die Grünen den wissenschaftlichen Dienst mit dem Gutachten beauftragt haben, wo ja abzusehen war, dass er zu keinem anderen Ergebnis kommen konnte als vormals der tbb und das Battis-Gutachten, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Zwar trägt man auch dort die Tradition der Bürgerrechtsbewegung weiterhin im Namen; allerdings hat man sich auch dort offensichtlich gänzlich von deren Geist entfernt - denn ansonsten würde man nicht die Verfassung mit Füßen treten. Der Landesverband Berlin des DRB hat gewusst, wieso er das vormalige Handeln von Senat und Abgeordnetenhaus Anfang des Jahres als demokratiegefährdend bezeichnet hat. "Sie tragen die Buchstaben der Firma - aber wer trägt den Geist?!"
Damit dürfte nun die Tür endgültig geöffnet sein für die bald zu begründenden Anpassungsgesetze in allen Ländern; denn beide Seiten haben im Verlauf der letzten Monate mit einiger Aufmerksamkeit nach Thüringen geblickt.
https://www.thueringer-beamtenbund.de/aktuelles/news/tbb-gewerkschaften-fordern-nachbesserung-des-gesetzes/