Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2727399 times)

Jannikklein

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2385 am: 29.10.2021 14:02 »
Hallo, ich habe noch keine Nachricht von der LBV bekommen für den neuen Familienzuschlag. Ich habe drei Kinder und bin Beamter in NRW. Einspruch hatte ich leider nicht eingelegt, da ich vom Sachverhalt nichts wusste :(
Ist es richtig, dass ich dann rückwirkend ab Januar 2021 und zukünftig  ca. 350€ monatlich  ab jetzt mehr überwiesen bekomme.

uniprof

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2386 am: 29.10.2021 14:27 »
@Rentenonkel

Zumindest die Nachzahlungen erfolgen in 12/21. Da gab es gestern und heute Post mit den Abhilfebescheiden.

Ich habe heute einen Abhilfebescheid für 2020 erhalten.

Allerdings soll nur für den Monat Dezember nachgezahlt werden, obwohl ich im gesamten Jahr für drei Kinder Familienzuschläge erhalten habe. Ich hatte „zeitnah“ immer so verstanden, dass mein Widerspruch im Kalenderjahr erfolgen muss, und dann für das ganze Jahr gilt. Ich hatte meinen Widerspruchsbrief im Sommer 2020 per Email als Anhang geschickt, und nachdem keine Antwort vom LBV kam, das Ganze nochmal postalisch im Dezember. Im Gesetz konnte ich da auch nichts vom „monatsgenau“ lesen, aber ich bin ja kein Jurist.

Ging das auch anderen so oder habe ich einfach Pech gehabt? Als Ausweg bleibt mir ja nur noch der Klageweg …

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2387 am: 29.10.2021 14:38 »
@ Neuer 12

Die geplante Regelung behebt den verfassungswidrigen Zustand nicht und wird sich langfristig als kostenintensiver entpuppen, da ja der Wegefall der unteren Besoldungsgruppe und die Überleitung der betroffenen Kollegen in eine höhere Besoldungsgruppe sowie der Betroffenen in höhere Erfahrungsstufen nicht rückgängig gemacht werden können, jedenfalls kaum in einem verfassungskonformen Rahmen. Zugleich sind diese Überleitungen offensichtlich ebenfalls verfassungswidrig, da sie den systeminternen Abstand zwischen den Besoldungsgruppen über Gebühr einschmelzen und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gleichheitsgerecht vollzogen werden können.

Der Wert von 2,9 Mrd. Euro zeigt zugleich, wie extrem das Maß der Unteralimentation ist, welch massive Personalkosten also derzeit weiterhin eingespart werden und in der Vergangenheit eingespart worden sind. Denn der Haushalt des Landes sieht für 2021 52,6 Mrd. Euro an Ausgaben vor (https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/haushalt-finanzen/haushalt/einnahmen-und-ausgaben/). Würden die Beamten also verfassungskonform alimentiert werden, müssten die Ausgaben auf 55,5 Mrd. Euro und also um 5,5 % erhöht werden. Wie schon in der Vergangenheit dargelegt, zeigt sich auch hier, dass ohne das den Beamten auferlegte Sonderopfer die ausgeglichenen Haushalte der Vergangenheit kaum möglich gewesen wären.

@ RandomValue

Es ist darüber hinaus damit zu rechnen, dass in den nächsten anderthalb Monaten deutlich mehr Widerspruchsschreiben von den Gewerkschaften und Verbänden zur Verfügung gestellt werden als im letzten Jahr, eben weil dieses Jahr mit Blick auf die offenen Besoldungsfragen schon einmal deutlich ereignisreicher gewesen ist als das letzte - es dürfte aber im Hinblick auf die anstehenden Ereignisse das nächste Jahr noch einmal deutlich turbulenter werden...

Neuer12

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2388 am: 29.10.2021 15:34 »
Danke und was sollte ein Beamter aus BW jetzt tun?

Ozymandias

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2389 am: 29.10.2021 15:39 »
@Rentenonkel

Zumindest die Nachzahlungen erfolgen in 12/21. Da gab es gestern und heute Post mit den Abhilfebescheiden.

Ich habe heute einen Abhilfebescheid für 2020 erhalten.

Allerdings soll nur für den Monat Dezember nachgezahlt werden, obwohl ich im gesamten Jahr für drei Kinder Familienzuschläge erhalten habe. Ich hatte „zeitnah“ immer so verstanden, dass mein Widerspruch im Kalenderjahr erfolgen muss, und dann für das ganze Jahr gilt. Ich hatte meinen Widerspruchsbrief im Sommer 2020 per Email als Anhang geschickt, und nachdem keine Antwort vom LBV kam, das Ganze nochmal postalisch im Dezember. Im Gesetz konnte ich da auch nichts vom „monatsgenau“ lesen, aber ich bin ja kein Jurist.

Ging das auch anderen so oder habe ich einfach Pech gehabt? Als Ausweg bleibt mir ja nur noch der Klageweg …

Der Widerspruch im Dezember gilt m.E. auch für das ganze Jahr.
Anscheinend sind jetzt alle Methoden im Spiel, um auch ja den letzten Cent zu sparen.


Baden-Württemberg versucht mal wieder einen Sonderweg und hält sich für besonders pfiffig. Die 15% werden damit evtl. eingehalten, das Abstandsgebot aber sicherlich nicht.
« Last Edit: 29.10.2021 15:45 von Ozymandias »

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2390 am: 29.10.2021 18:00 »
Danke und was sollte ein Beamter aus BW jetzt tun?

Das weitgehend einzige, was Du zurzeit tun kannst: Widerspruch einlegen und möglichst viele davon überzeugen, dass sie es Dir gleichtun.

Natürlich ist auch immer noch der Weg möglich, gezielt Entscheidungsträger wie Abgeordnete, aber auch die Gewerkschaften und Verbände zu kontaktieren. Immerhin zeigt Thüringen, dass der fortgesetzte zähe Aushandlungsprozess zu vielfältigen Reaktionen führt und es den politisch Verantwortlichen nicht einfacher macht, die eigenen Interessen ohne Weiteres durchzusetzen. Steter Tropfen höhlt den Stein - je mehr Tropfen es gibt und werden, desto weniger will man Stein sein...

sapere aude

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2391 am: 29.10.2021 18:30 »
Zu dem Vorhaben in BW fällt mir spontan ein: Wir können alles. Außer ein verfassungsgemäßes Besoldungsgesetz.

Im Bereich der Beihilfe nehmen wir erst etwas weg und geben es dann zur Gewährleistung der Verfassungsgemäßheit zurück. Die Klageverfahren hätten wir ja eh verloren. 

Das Abstandsgebot soll eingehalten werden und dann wir nur bis zu einem bestimmen Amt "höher gruppiert". Zudem wird der Familienzuschlag für das 1. und 2. Kind in Anlehnung an das Amt von 300 Euro bis 0 Euro gestaffelt.

Ich gehe davon aus, dass die Lebenshaltungskosten in BW höher sind als in NRW. NRW erhöht den Familienzuschlag für das 3. Kind aber auf gut 800 Euro; BW jedoch nur auf 691 Euro. Ich bin auf die Berechnung gespannt.

4-Säulen, die nicht tragfähig sind!

 


LehrerInNRW

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2392 am: 29.10.2021 22:11 »
@Rentenonkel

Zumindest die Nachzahlungen erfolgen in 12/21. Da gab es gestern und heute Post mit den Abhilfebescheiden.

Ich habe heute einen Abhilfebescheid für 2020 erhalten.

Allerdings soll nur für den Monat Dezember nachgezahlt werden, obwohl ich im gesamten Jahr für drei Kinder Familienzuschläge erhalten habe. Ich hatte „zeitnah“ immer so verstanden, dass mein Widerspruch im Kalenderjahr erfolgen muss, und dann für das ganze Jahr gilt. Ich hatte meinen Widerspruchsbrief im Sommer 2020 per Email als Anhang geschickt, und nachdem keine Antwort vom LBV kam, das Ganze nochmal postalisch im Dezember. Im Gesetz konnte ich da auch nichts vom „monatsgenau“ lesen, aber ich bin ja kein Jurist.

Ging das auch anderen so oder habe ich einfach Pech gehabt? Als Ausweg bleibt mir ja nur noch der Klageweg …

Da scheint vieles eher schnell als richtig gelaufen zu sein.

Ich hatte vorhin Kontakt zu einem Kollegen, dem für das ganze Jahr 2017 die Nachzahlung gewährt wurde, obwohl das Kind erst im August geboren wurde.

Bei mir wurden alle Widersprüche immer für das ganze Jahr gezählt

Und wie immer erstmal freundlich im LBV anrufen und nachfragen!

blauesviereck

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2393 am: 30.10.2021 05:07 »
Danke für das Einstellen Neuer12. Wo kam das Dokument her?

Neuer12

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2394 am: 30.10.2021 06:42 »
Kam vom BLV (Verband beruflicher Lehrkräfte).

Ihr seid also sicher, dass sie damit nicht durchkommen?


SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2395 am: 30.10.2021 12:27 »
Kam vom BLV (Verband beruflicher Lehrkräfte).

Ihr seid also sicher, dass sie damit nicht durchkommen?

Sie werden es so verabschieden - und es wird dann im Verlauf der nächsten Jahre vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden, so wie es BW bereits vor drei Jahren mit der verfassungswidrigen Absenkung der Eingangsbesoldung ergangen ist (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28.11.2018, 2 BvL 2/17); das Kassieren wird nur umso mehr geschehen, da insbesondere mit vor allem fiskalischen Begründungen argumentiert wird, was nicht sachgerecht ist, wie man vonseiten der Landesregierung spätestens nach jener Entscheidung wissen sollte (vgl. ebd., Rn. 19-22, 27-38). Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 eine fast schon unverschämt kurze Entscheidungsbegründung angeführt, was auf den beinahe schon grotesken Gehalt der verfassungswidrigen Regelung zurückweist, der also keiner längeren Begründung bedurfte, um zurückgewiesen zu werden. Und insofern sollte man sich als politisch Verantwortlicher mindestens mal mit dieser an einen selbst gerichteten BVerfG-Entscheidung ein wenig beschäftigt haben, wenn man nun mit jener krummen "4-Säulen-Regelung" die nächste verfassungswidrige Gesetzgebung auf den Weg bringen möchte. Denn wie soll man Politiker ernst nehmen, die vorsätzlich verfassungswidrig handeln wollen, ohne dass sie offensichtlich noch immer nicht wissen, dass sie entsprechend vorsätzlich so handeln?

Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte bereits die Dienstrechtsreform vom November 2010 im Hinblick auf das Abstandsgebot, aber auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig gewesen sein, die zum 01.01.2011 den einfachen Dienst in BW abgeschafft und die betroffenen Kollegen der Besoldungsgruppen A 2 bis A 4 in die Besoldungsgruppe A 5 übergeleitet hat. Die jetzt geplante Überleitung des ehemals einfachen Diensts nach A 7 wird nun die gesamte Besoldungssystematik aus den Angeln heben und das Land langfristig sehr teuer zu stehen kommen.

Man kann über so viel sachliche Unkenntnis nur die Hände über den Kopf zusammenschlagen. Wenn ich es nicht ganz falsch sehe, wird dazu im nächsten Frühjahr auch eine Veröffentlichung am Beispiel eines anderen Landes erscheinen, die den offensichtlichen Irrsinn einer solchen Entscheidung exemplifiziert. Und es bedarf keiner großen Gedankenkraft, um den verfassungsrechtlich nicht statthaften Gehalt solcher Regelungen zu erkennen; umso mehr ist es immer wieder erstaunlich, mit welch scheinbarer Leichtigkeit solch maßlose Entscheidungen getroffen werden. Auch von daher dürfte es interessant werden, welcher besoldungsrechtlicher Rummelplatz uns nach dem Tarifabschluss der Länder noch erwarten wird: Die Politik als ewige Losbude - man kommt jedes Mal wieder nicht mehr aus dem Staunen heraus, was einem zugleich mehr und mehr auch sämtliche Ironie vergällt, weil das im Hinblick auf unser Staatswesen wirklich nicht mehr lustig ist. Wie will man einen solchen Irrsinn nach der verfassungsgerichtlichen Entscheidung wieder einfangen, frage ich mich. Auf die dann anstehende Ausgestaltung der nach der bundesverfassungsrichtlichen Entscheidung vorzunehmenden Dienstrechtsreform bin ich echt gespannt - und mir tun schon heute genauso die Politiker leid, die das dann der Öffentlichkeit verkaufen müssen, wie auch die Beamten in den jeweiligen Finanzministerien, die eine solche Reform verfassungskonform auszugestalten hätten. Denn das dürfte mit jedem weiteren zuvor vollzogenen verfassungswidrigen Draufsatteln jedes Mal nur umso schwieriger werden, was ja nun verfassungsrechtlich auf der Hand liegt.

lotsch

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« Antwort #2396 am: 30.10.2021 18:01 »
Es ist erschreckend, wenn voraussehbar ist, dass bestehende und zukünftige Besoldungsgesetze keine Rechtssicherheit verbürgen, wenn nicht das Gesetz über die Höhe der Besoldung entscheidet, sondern die letzte Instanz, das Bundesverfassungsgericht. Nur jene Beamten und Beamtinnen, die bis zur letzten Instanz klagen, können sicher sein, rechtmäßig besoldet zu werden. Die Vertrauenskrise ist da, und mit jedem unrechtmäßigen Besoldungsgesetz wird sie größer.

Neuer12

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« Antwort #2397 am: 30.10.2021 19:00 »
Wenn man jedoch gleich Widerspruch einlegt, wird diesem wohl nicht entsprochen und man musste klagen?
Eigentlich sollten hier die Verbände vorausgehen und mit Rechtschutz klagen

SwenTanortsch

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« Antwort #2398 am: 30.10.2021 19:14 »
Wenn man jedoch gleich Widerspruch einlegt, wird diesem wohl nicht entsprochen und man musste klagen?
Eigentlich sollten hier die Verbände vorausgehen und mit Rechtschutz klagen

Es wird auch ohne Klage gehen; denn das Bundesverfassungsgericht wird die Besoldungsgesetzgeber über kurz oder lang dazu bringen, sich seinen Entscheidungen zu beugen. Das wird zwar im Einzelfall noch ein paar Jährchen dauern. Aber am Ende sind die Machtmittel der Judikative allemal stärker als die Spinnweben verfassungswidriger Gesetze. Ergo: Ein Widerspruch mit den statthaften und zeitnah eingereichten Rechtsbehelfen reicht völlig aus, worauf das Bundesverfassungsgericht in seiner aktuellen Entscheidung - auch diese Frage ein für allemal klärend - hingewiesen hat (vgl. Rn. 183).

Neuer12

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« Antwort #2399 am: 31.10.2021 08:46 »
Aber wenn man nicht klagen und dem Widerspruch nicht entsprochen wird,bekommt man rückwirkend kein Geld.
Oder habe ich das falsch verstanden?