Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2670260 times)

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2835 am: 17.12.2021 17:00 »
Das Vorhaben in SH lässt mich mit einigem Unverständnis und Wut zurück. Aktuell kann man nur froh sein, wenn man kein Beamter dort ist. Die Frau quasi wieder an den Herd zu drängen und gleichzeitig zu behaupten das wäre ein antiquiertes Familienmodell ist die größte Frechheit, die man den aktuellen Gesetzesentwürfen so entnehmen kann.

Der Punkt ist doch: Warum sollte der Staat jemanden alimentieren, der dies gar nicht nötig hat? Im Privatrecht (z.B. geschiedene Ehe) wird ja durchaus recht häufig beinahe verbittert gestritten, wer wem wie viel Unterhalt schuldig ist. Weshalb also der Staat hier per se seinen Auftrag, die Beamtenfamilien zu alimentieren (*), übererfüllen soll, ist schon begründungswürdig.

(*) Was die Höhe der Alimentation betrifft, äußert sich ja auch das BVerfG in seinen hier besprochenen Urteilen. Bei allen Überlegungen geht da die Personenzahl in der Familie ein, nicht aber das Amt des Beamten selbst. Es ist also davon auszugehen, dass die weiteren Personen einer 5K-Familie eines A6-Beamten den gleichen Bedarf haben wie die einer 5K-Familie am gleichen Wohnort einer A13-Beamtin.

Die nächste Frage stellt sich in der Amtsangemessenheit der Besoldung. Hier sollte eigentlich klar sein, dass nur die nicht-familien-bezogenen Bestandteile eine Rolle für die Beurteilung spielen können. Denn ansonsten würde die Beurteilung ja vom Familienstatus abhängen -- sofern man der BVerfG-Vorgabe folgt, dass Kind Nr. 3 ff. nicht weniger als 115% der Grundsicherung zusteht...

Beides zusammen führt in letzter Konsequenz zu Fahnders im letzten Beitrag vorgestellten Modell: Es gibt unterschiedlich hohe Grundbezüge für die Ämter; dann werden die Bedarfe der weiteren Personen in der jeweiligen Beamten-Familie ermittelt und mit familien-bezogenen Besoldungsbestandteilen erfüllt, wenn noch eine Lücke vorhanden ist, die nicht durch weitere Einkommensbezieher in der Familie schon gedeckt wurde.

(Nur zur Erinnerung: Die Standard-Begründung, die hier zu Anfang auch in diesem Thread immer wieder gegeben wurde, warum es einer Erhöhung der Bezüge brauche, war: Beamte können anders als Arbeitnehmer keine zusätzliche Unterstützung beim Sozialamt beantragen, wenn ihr Familieneinkommen unterhalb der Grundsicherung liegt. Wenn nun diese Möglichkeit der Beantragung beim Besoldungsgeber geschaffen wird, Zuschüsse zu erhalten, wenn das Familieneinkommen nicht für einen Standard von mindestens 115% der Grundsicherung ausreicht, dann ist dieses vormalige Problem offensichtlich gelöst.)

Offensichtlich hast Du Dich bislang noch nicht tiefergehend mit Beamtenrecht und/oder dem Alimentationsprinzip beschäftigt. Denn ansonsten würdest Du nicht solche Theorien aufstellen. Versuche das doch mal konkret an der Rechtslage und nicht nur als allgemeine Behauptungen zu begründen. Denn Behauptungen aufzustellen, ist jedem gegeben. Konkrete Begründungen sind allerdings eine andere Sache.

xap

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2836 am: 17.12.2021 17:02 »
Das ist alles schön und gut. (und ändert trotzdem nichts daran, dass die Frauen möglicherweise wieder an den Herd getrieben werden weil sich Arbeit eben nicht lohnt). Eine Begründung weshalb das nun einem modernen Familienbild entsprechen soll (was ja vom Gesetzgeber angeblich angestrebt wird - schließlich sei der Beamte heutzutage kein Alleinverdiener mehr) hast du ebenfalls nicht gegeben. Sollte dieses Modell so kommen werde ich meiner Ehefrau natürlich empfehlen ihre Erwerbstätigkeit aufzugeben. Dann hat wenigstens eine Person im Haushalt mehr Zeit für Dinge die Spaß machen (und die Wäsche).

cyrix42

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2837 am: 17.12.2021 17:08 »
Das ist alles schön und gut. (und ändert trotzdem nichts daran, dass die Frauen möglicherweise wieder an den Herd getrieben werden weil sie Arbeit eben nicht lohnt). Eine Begründung weshalb das nun einem modernen Familienbild entsprechen soll (was ja vom Gesetzgeber angeblich angestrebt wird - schließlich sei der Beamte heutzutage kein Alleinverdiener mehr) hast du ebenfalls nicht gegeben. Sollte dieses Modell so kommen werde ich meiner Ehefrau natürlich empfehlen ihre Erwerbstätigkeit aufzugeben. Dann hat wenigstens eine Person im Haushalt mehr Zeit für Dinge die Spaß machen (und die Wäsche).

Natürlich widerspricht sich eine Alimentation von Familienmitgliedern damit, dass diese für ihren eigenen Unterhalt sorgen könnten. Auch das ist im Zivilrecht nicht anders: Wenn eine Alleinverdiener-Ehe geschieden wird, dann hat die nicht-arbeitende Person auch Anspruch auf Unterhalt -- welcher sich aber entsprechend mindert, wenn sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommt.

In einer ähnlichen Situation sind wir in dieser Diskussion auch...

@Swen: Dann erkläre mir doch einmal, was die Alimentation der Beamtenfamilie ausmacht und wo ich falsch liege. Du kannst gern ganz konkret werden, damit auch ich es verstehe. Für einen Mathematiker sind logische Schlüsse notwendig, damit er etwas verstehen kann, keine langwierigen Ausführungen, die sich aber nur im Kreis drehen. Vielleicht habe ich ja den Begriff der Alimentation nicht richtig verstanden. Dann bitte ich um Erklärung.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2838 am: 17.12.2021 17:16 »
Das ist alles schön und gut. (und ändert trotzdem nichts daran, dass die Frauen möglicherweise wieder an den Herd getrieben werden weil sie Arbeit eben nicht lohnt). Eine Begründung weshalb das nun einem modernen Familienbild entsprechen soll (was ja vom Gesetzgeber angeblich angestrebt wird - schließlich sei der Beamte heutzutage kein Alleinverdiener mehr) hast du ebenfalls nicht gegeben. Sollte dieses Modell so kommen werde ich meiner Ehefrau natürlich empfehlen ihre Erwerbstätigkeit aufzugeben. Dann hat wenigstens eine Person im Haushalt mehr Zeit für Dinge die Spaß machen (und die Wäsche).

Natürlich widerspricht sich eine Alimentation von Familienmitgliedern damit, dass diese für ihren eigenen Unterhalt sorgen könnten. Auch das ist im Zivilrecht nicht anders: Wenn eine Alleinverdiener-Ehe geschieden wird, dann hat die nicht-arbeitende Person auch Anspruch auf Unterhalt -- welcher sich aber entsprechend mindert, wenn sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommt.

In einer ähnlichen Situation sind wir in dieser Diskussion auch...

@Swen: Dann erkläre mir doch einmal, was die Alimentation der Beamtenfamilie ausmacht und wo ich falsch liege. Du kannst gern ganz konkret werden, damit auch ich es verstehe. Für einen Mathematiker sind logische Schlüsse notwendig, damit er etwas verstehen kann, keine langwierigen Ausführungen, die sich aber nur im Kreis drehen. Vielleicht habe ich ja den Begriff der Alimentation nicht richtig verstanden. Dann bitte ich um Erklärung.

Ich denke, ich habe hier genug erklärt, was hinreichen sollte, um die von Dir aufgestellten Behauptungen als problematisch zu erkennen.

Wenn Du Dir Entscheidungsbegründungen anschaust, wirst Du feststellen, dass diese grundsätzlich immer eher länger als kürzer sind. Das liegt in der Natur der Sache. Recht und Mathematik haben je eigene Sprachen und Begründungsmethodiken.

Wenn Du also über Recht sprechen willst, muss Du nicht zwangsläufig so lange Ausführungen tätigen, wie ich das wiederkehrend tue. Aber Du solltest dann erst einmal über Recht sprechen und nicht allgemeine Behauptungen in den Raum stellen, die keine rechtliche Relevanz beanspruchen können und deshalb hier nicht weiterführen.

Fahnder

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2839 am: 17.12.2021 17:41 »
In Thüringen gibt es mindestens zwei öffentliche Gutachten die beide u. a. bestätigen, dass gleichlautende FamZ in der dortigen Höhe das Abstandsgebot verletzen und daher verfassungswidrig sind. Nichts anderes wird nun ebenfalls in SH versucht, man nennt das Kind nur anders. Während jedoch in Thüringen bei der "Musterfamilie" wenigstens noch Abstände vorhanden sind (wenn auch zu geringe laut Gutachten), fehlen diese SH nunmehr teilweise bis zur A9 komplett. Alle Musterfamilien oberhalb A9 werden folglich in SH gerade einmal knapp über dem Existenzminimum alimentiert. Der Verfassungsverstoß ist offensichtlich noch viel eklatanter als in Thüringen.

Lange Rede kurzer Sinn: Dieses Gesetz wird eine sehr kurze Halbwertszeit erleben. Ich hoffe nur, dass sich möglichst viele Bedienstete dagegen rechtlich wehren und ihre Ansprüche für die Zukunft sichern. Lasst euch nicht verunsichern! Eure Familien werden es euch in der Zukunft danken.

Prüfer SH

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2840 am: 17.12.2021 17:52 »
@cyrix42

Was die Alimentation von Beamtenfamilien ausmacht wurde allein in den letzten 10 Seiten derartig umfassend, detaillgetreu und eindrucksvoll durch Swen beschrieben, dass sich jeder, der in der Lage ist zu lesen und sich der Zeit nicht zu schade ist, umfangreich und in verhältnismäßig kurzer Zeit Fachkenntniss aneignen kann. Ich bin Swen jedenfalls sehr dankbar dafür. Ich dachte, ich hätte Ahnung, stelle aber immer wieder aufs neue fest, dass ich allenfalls nur an der Oberfläche des Beamten- und Alimentationsrecht gekratzt habe.

Ich bin absolut überzeugt, dass sich hieran auch Mathematiker bereichern können, so sie deinen Ausführungen denn ausreichend Hingabe schenken.
« Last Edit: 17.12.2021 18:00 von Prüfer SH »

Verwaltungsgedöns

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2841 am: 17.12.2021 18:16 »
Macht es Sinn, ein eigenes Thema zu erstellen, in dem einfach nur Links oder kurze Infos zu den Gesetzentwürfen und Vorgehensweisen der einzelnen Bundesländer dargestellt werden? Ich habe keinen Überblick mehr. Inhaltlich kann ich hier zu ca 50 Prozent folgen. Ich ziehe für mich das Fazit, dass ich keine Ahnung hatte, wie komplex die Beamtenbesoldung ist. Und ich habe wirklich den Eindruck, mein Bundesland hat mich verarscht.  8)

cyrix42

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« Antwort #2842 am: 17.12.2021 19:39 »
@cyrix42

Was die Alimentation von Beamtenfamilien ausmacht wurde allein in den letzten 10 Seiten derartig umfassend, detaillgetreu und eindrucksvoll durch Swen beschrieben, dass sich jeder, der in der Lage ist zu lesen und sich der Zeit nicht zu schade ist, umfangreich und in verhältnismäßig kurzer Zeit Fachkenntniss aneignen kann.

"umfassend und detailgetreu" -- man könnte auch sagen "erschlagend". Sicherlich gibt es viele Detail-Regelungen, was die Berechnungsweise der Mindest-Alimentation angeht, die sich aus dem dieser Diskussion zugrunde liegenden BVerfG-Urteil ergeben. Die ziehe ich ja nicht in Zweifel. (Man darf durchaus davon ausgehen, dass ich sowohl den Gesetzesentwurf als auch das Urteil gelesen habe; dass ich aber jede seitenlange Stellungnahme des Nicht-Juristen (und Nicht-Verfassungsrechtler) und Foristen SwenTanortsch lese, kann man wohl kaum verlangen.)

Gern bin ich bereit, eigene Fehleinschätzungen und -Vorstellungen zu korrigieren, wenn man mich auf diese hinweist. Jedoch eine oberlehrerhafte Zurechtweisung mit Verweis auf "irgendwo auf den letzten 10 Seiten dieses Threads" ist da kaum zielführend. Deswegen fragte ich ja, was konkret denn in meinem Verständnis der Beamten-Alimentation falsch sei. Eine sinnvolle Antwort darauf habe ich bisher nicht erhalten.

Fahnder

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2843 am: 17.12.2021 19:56 »
@cyrix42

Was die Alimentation von Beamtenfamilien ausmacht wurde allein in den letzten 10 Seiten derartig umfassend, detaillgetreu und eindrucksvoll durch Swen beschrieben, dass sich jeder, der in der Lage ist zu lesen und sich der Zeit nicht zu schade ist, umfangreich und in verhältnismäßig kurzer Zeit Fachkenntniss aneignen kann.

"umfassend und detailgetreu" -- man könnte auch sagen "erschlagend". Sicherlich gibt es viele Detail-Regelungen, was die Berechnungsweise der Mindest-Alimentation angeht, die sich aus dem dieser Diskussion zugrunde liegenden BVerfG-Urteil ergeben. Die ziehe ich ja nicht in Zweifel. (Man darf durchaus davon ausgehen, dass ich sowohl den Gesetzesentwurf als auch das Urteil gelesen habe; dass ich aber jede seitenlange Stellungnahme des Nicht-Juristen (und Nicht-Verfassungsrechtler) und Foristen SwenTanortsch lese, kann man wohl kaum verlangen.)

Gern bin ich bereit, eigene Fehleinschätzungen und -Vorstellungen zu korrigieren, wenn man mich auf diese hinweist. Jedoch eine oberlehrerhafte Zurechtweisung mit Verweis auf "irgendwo auf den letzten 10 Seiten dieses Threads" ist da kaum zielführend. Deswegen fragte ich ja, was konkret denn in meinem Verständnis der Beamten-Alimentation falsch sei. Eine sinnvolle Antwort darauf habe ich bisher nicht erhalten.

Dann lies dir einfach die Gutachten aus Berlin und Thüringen durch, wenn du nur Juristen vertraust. Da ist sogar eins von einem Staatsrechtler dabei. Und im wissenschaftlichen Dienst in Thüringen sitzen bestimmt auch nur Nichtskönner. Und wenn du nicht mehr nachvollziehen kannst, wie oft Swen schon deine oder gleichlautende Meinungsaussagen anhand der tradierten Rechtsprechung konkret beurteilt hat, dann kann dir hier auch niemand mehr helfen. Aber du bist ja offensichtlich auch kein Jurist, also brauch deine Meinung nach dieser Logik auch niemanden zu interessieren.

cyrix42

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2844 am: 17.12.2021 20:07 »
Moin zusammen,

weil es bei Fahnder falsch angekommen sein dürfte: Ich behaupte ja nicht, dass alle anderen falsch lägenund "Nichtskönner" seien. Ich behaupte nur, dass ein Nicht-Jurist und Forist hier mit einem Nicht-Juristen und Foristen spricht. Per se kann ich in einer solchen Konstellation ein "von oben herab"-Behandeln schwer nachvollziehen und ertragen...

Ich lese gerade das Gutachten des Wissenschafltichen Dienstes des Landtags aus Thüringen. Dort positioniert man sich ja relativ eindeutig:

"Da die kinderbezogen gewährten Bestandteile des Familienzuschlags pauschal und nicht etwa dynamisch zum Grundgehalt ausgestaltet sind und dementsprechend den Beamten sämtlicher Besoldungsgruppen in gleicher Höhe zukommen, was nach dem Gesetzentwurf auch so beibehalten werden soll, nivelliert deren Erhöhung bei gleichbleibenden Grundgehaltssätzen den relativen Abstand zwischen der Gesamtbesoldung von Beamten verschiedener Besoldungsgruppen mit gleicher Anzahl an Kindern. Die daran vorgebrachte Kritik zielt in verfassungsrechtlicher Hinsicht auf eine Verletzung des innerhalb des Besoldungsgefüges geltendes Abstandsgebots ab, das nach Maßgabe des mehrstufigen Prüfverfahrens des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen des vierten Parameters zu beachten ist." (Seite 25/26 des Gutachtens)

Das ist m.E. ein Knackpunkt in der Diskussion, eben weil zumindest bisher bei der Beurteilung des vierten Paramters (Abstandsgebot innerhalb des Besoldungsgefüges) auch das BVerfG nur auf die Grundbesoldung und eben nicht, wie hier gefordert, auf die Gesamt-Alimentation der jeweiligen Familie Bezug genommen hat.

Wenn man weiterhin bei dieser Betrachtungsweise bleibt, dann hat ein A13-Beamter immer noch mehr für sich als ein A6-Beamter, eben weil die Grundbezüge unterschiedlich sind. Dagegen erfüllt das Land seinen Auftrag der Mindest[!]alimentation beider Familien auch dann, wenn in Summe in beiden Familien den übrigen Familienangehörigen der gleiche Betrag zur Verfügung steht.

Nun noch einmal: Wo ist der Fehler in der Argumentation?

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2845 am: 17.12.2021 20:09 »
@cyrix42

Was die Alimentation von Beamtenfamilien ausmacht wurde allein in den letzten 10 Seiten derartig umfassend, detaillgetreu und eindrucksvoll durch Swen beschrieben, dass sich jeder, der in der Lage ist zu lesen und sich der Zeit nicht zu schade ist, umfangreich und in verhältnismäßig kurzer Zeit Fachkenntniss aneignen kann.

"umfassend und detailgetreu" -- man könnte auch sagen "erschlagend". Sicherlich gibt es viele Detail-Regelungen, was die Berechnungsweise der Mindest-Alimentation angeht, die sich aus dem dieser Diskussion zugrunde liegenden BVerfG-Urteil ergeben. Die ziehe ich ja nicht in Zweifel. (Man darf durchaus davon ausgehen, dass ich sowohl den Gesetzesentwurf als auch das Urteil gelesen habe; dass ich aber jede seitenlange Stellungnahme des Nicht-Juristen (und Nicht-Verfassungsrechtler) und Foristen SwenTanortsch lese, kann man wohl kaum verlangen.)

Gern bin ich bereit, eigene Fehleinschätzungen und -Vorstellungen zu korrigieren, wenn man mich auf diese hinweist. Jedoch eine oberlehrerhafte Zurechtweisung mit Verweis auf "irgendwo auf den letzten 10 Seiten dieses Threads" ist da kaum zielführend. Deswegen fragte ich ja, was konkret denn in meinem Verständnis der Beamten-Alimentation falsch sei. Eine sinnvolle Antwort darauf habe ich bisher nicht erhalten.

Du willst keine langen Darlegungen, weil sie zu lesen, keiner von Dir verlangen kann. Wenn ich es richtig sehe, wirst Du so eine unsinnige Behauptung in Deinem Spezialgebiet kaum aufstellen, oder? "Ich will keine langen Beweisketten, weil sie zu durchdringen, keiner von mir verlangen kann", dürfte Dich kaum in Deinem Spezialgebiet befriedigen, schätze ich mal.

Manches lässt sich kurz sagen, weil es einfach zu erklären ist. Anderes benötigt mehr Raum, weil unterschiedliche Prämissen zu beachten sind, ohne deren notwendige Beachtung am Ende kein hinreichendes Ergebnis möglich ist.

"Was ist leicht und was ist schwer", hat irgendwo der gute alte Lichtenberg gefragt, um selbst die Antwort zu geben. "Leicht ist, solche Fragen zu stellen, schwer ist, sie zu beantworten." Willst Du leichte Antworten, solltest Du Dich nicht mit Juristerei beschäftigen. Darüber hinaus sollte sapere audes Name als Leitstern immer weiterführen, egal welcher Titel sich davor oder dahinter verbirgt.

Und um eine Deiner Fragen zu beantworten: Deine Vorstellungen beachten wiederkehrend nicht die Besonderheit des Beamtenrechts, wenn Du verschiedene mit ihm nichts zu tun habende Rechtsgebiete wahllos zu Vergleichen heranziehst. Wenn Du einen kleinen diesbezüglichen Ausschnitt durchdringen willst, nimm Dir das vor, was ich am 10.12. um 6:22 Uhr geschrieben habe (Nr. 181 der mittlerweile 190 Seiten diesen Teils des Forums). Das gibt einen kurzen Überblick, der einigermaßen präzise sein sollte (denke ich). Ich kann Dir gerne Literatur nennen, die die Problematik deutlich präziser darlegt - nur musst Du dann deutlich umfangreichere Texte lesen, was Du aber augenscheinlich nicht möchtest.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2846 am: 17.12.2021 20:19 »
Und PS. Was falsch an Deiner Aussage ist?

"Das ist m.E. ein Knackpunkt in der Diskussion, eben weil zumindest bisher bei der Beurteilung des vierten Paramters (Abstandsgebot innerhalb des Besoldungsgefüges) auch das BVerfG nur auf die Grundbesoldung und eben nicht, wie hier gefordert, auf die Gesamt-Alimentation der jeweiligen Familie Bezug genommen hat."

Diese Aussage ist unzureichend und führt Dich deshalb zu einem falschen Ergebnis. Das Bundesverfassungsgericht betrachtet - das ist hier bereits x-mal geschrieben und belegt worden - auf der ersten Prüfungsstufen das systeminterne Abstandsgebot anhand der Endstufen der jeweiligen Besoldungsgruppen, die herangezogen werden. Soweit so richtig. Jedoch verlangt das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Gesamtbetrachtung und später die Gesamtabwägung, dass die verschiedenen Prämissen und Betrachtungen entsprechend des jeweiligen Ziels, nämlich einer "Gesamtbetrachtung" und "Gesamtabwägung", zusammengeführt, zusammen betrachtet und abgewogen werden - und genau das tun am Ende der tbb und das Battis-Gutachten und die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes sowie zuvor die Betrachtungen zur Berliner Besoldung. Unabhängig voneinander kommen sie dabei zu dem Schluss, dass deutlich zu hohe Familienzuschläge zu einem Verstoß gegen das systeminterne Abstandsgebot führen müssen. Da Du diesen Strang der zu beachtenden Grundlagen nicht beachtest - das bundesverfassungsgerichtliche Gebot der Gesamtbetraschtung und Gesamtabwägung - außer Acht lässt, bleibt Deine Aussage unzureichend. Es noch kürzer darzulegen, ist mir nicht gegeben. Aber sehr lang war das nun auch nicht, denke ich.

cyrix42

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2847 am: 17.12.2021 20:30 »
Dann nehme ich mir mal den Beitrag vor, auf den du verwiesen hast. Erst einmal Danke dafür!

Es ist, wie ich es wiederkehrend geschrieben habe: Die Besonderheiten des Besoldungsrechts sind zu beachten, da es sich beim Alimentationsprinzip um eine der Besonderheiten handelt, die dem Beamtenrecht unterliegen. Solange man nicht beachtet, dass der Beamte einem besonderen Gewaltverhältnis unterliegt, durch das also seine Grundrechte auf der einen Seite eingeschränkt  werden mit der Folge, dass ihm auf der anderen Seite besondere Rechte zuerkannt werden, kann man hier oder an anderen Stellen politische und ökonomische Diskussionen führen - man führt dann allerdings keine juristische Diskussion, eben weil die spezifischen Rechtsverhältnisse außer Acht gelassen werden.

Hat niemand bezweifelt.

Zitat
Die hohen Familienzuschläge, die aus der Entscheidung 2 BvL 6/17 für Beamte mit mehr als zwei Kindern resultieren, sind rechtens und zwangsläufig nötig, um die amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten. Denn es wird nicht nur der Beamte lebenslang amtsangemessen alimentiert, sondern auch seine Familie. Das ist eines der Sonderrechte von Beamten, die zu beachten sind, wenn man über das Thema als ein Rechtsthema sprechen möchte. Denn hier liegt ein grundsätzlicher Unterschied gegenüber Arbeitsverhältnissen vor: Die Familie eines Arbeitnehmers hat keinen Rechtsanspruch darauf, von jenem (lebenslang) entlohnt zu werden.

Auch das hat niemand bezweifelt. Die Frage ist aber, wie die "amtsangemessene Alimentation" bestimmt wird. Wie ich schon im letzten Beitrag schrieb, wird bisher die Amtsangemessenheit der Besoldung (wenn es um das interne Abstandsgebot inerhalb des Besoldungsgefüges geht) von den Gerichten an den Grundbezügen und deren Abständen zueinander bemessen; und nicht unter Einbeziehung der familienbezogenen Bestandteile.

Das mag sich ändern, ist aber derzeit so.

Nun kann man fordern, dass für die Betrachtung der Amtsangemessenheit nicht die Grundbezüge sondern die Gesamt-Alimentationen für gleiche Familien-Konstellationen miteinander verglichen werden müssten. Aber das war bisher nirgends Thema und bräuchte auch deshalb als Abweichung vom Status Quo eine Begründung.

Nicht mehr; und nicht weniger sage ich. Auch wenn du meinst, ich hätte das Alimentationsprinzip nicht verstanden. Das habe ich durchaus, und muss mich hier auch nicht von dir wie ein Schüler belehren lassen...

Zitat
Auf der anderen Seite werden nun aber auch nicht die Grundrechte von Arbeitnehmern eingeschränkt: Jene verfügen über ein Streikrecht und über weitere Freizügigkeiten nicht nur innerhalb der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit, sondern beispielsweise auch im Hinblick auf ihre Wohnortwahl - anders als Beamte, deren entsprechenden Grundrechte eingeschränkt sind. Dass also die Grundrechte von Beamten durch das Beamtenverhältnis rechtlich eingeschränkt werden, führt dazu, dass ihnen auf der anderen Seite besondere Rechte gewährt werden - hier also die amtsangemessene Alimentation auch ihrer Kinder als Teil ihrer Familie. So verstanden wird ab dem dritten Kind letztlich dieses und alle weiteren Kinder alimentiert, indem deren Bedarf realitätsgerecht festzustellen und dann vom Dienstherrn zu befriedigen ist. Eine solche Regelung gibt es nun wiederum in einem Arbeitsverhältnis nicht - der Arbeitnehmer muss selber sehen, wie er seine Kinder ernährt bekommt. Dafür kann er ohne Probleme seinen Wohnort und also Lebensmittelpunkt wechseln oder eben auch streiken und sich entsprechend mit anderen Arbeitnehmern zusammenschließen, was dem Beamten so rechtlich nicht gestattet ist.

Kein Widerspruch.


Zitat
Von daher unterfällt - ausgehend vom Beamtenrecht - die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht hinsichtlich des Alimentationsprinzips in zwei Zweige. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass der zusätzliche Bedarf, der dem Beamten aus seiner Familie mit bis zu zwei Kindern erwächst, weitgehend bereits durch sein Grundgehalt gewährleistet wird (genauer: vom Dienstherrn zu gewährleisten ist), sodass es sich bei den Familienzuschlägen wie bei allen Zuschlägen um eine Detailregelung handelt, die also nicht per se dem Alimentationsprinzip unterliegt, weshalb auch Sonderzahlungen wie beispielsweise das Weihnachtsgeld juristisch unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten sind. Solange also der Dienstherr dem Beamten eine angemessene Grundbesoldung gewährt, ist davon auszugehen, dass damit auch seine Familie mit bis zu zwei Kindern grundsätzlich amtsangemessen alimentiert wird. Hier nun greift ebenfalls die oben dargelegte Besonderheit, die sich aus dem Beamtenrecht ergibt. Denn einem Arbeitgeber können rechtlich betrachtet die Kinder seines Arbeitnehmers herzlich egal sein - dem Besoldungsgesetzgeber ist das nicht gestattet.

Auch hier gehe ich d'accord.

Zitat
Da nun das Bundesverfassungsgericht die Folgen aus dem besonderen Gewaltverhältnis in seiner ständigen Rechsprechung so fasst, dass es ab dem dritten Kind von einem zusätzlichen Bedarf ausgeht, um das Alimentationsprinzip auf der einen Seite zu gewährleisten und auf der anderen dem Gleichheitssatz Genüge tun zu können, muss man im Hinblick auf das Abstandsgebot - einem weiteren hergebrachten Grundsatz, der innerhalb des Alimentationsprinzips als Besonderheit des Beamtenrechts zu beachten ist - zwischen Beamten mit bis zu zwei Kindern und mit mehr als zwei Kindern unterscheiden. Das Abstandsgebot wird beachtet, wenn Beamten mit mehr als zwei Kindern wegen des zusätzlichen Bedarfs, der ihnen ab dem dritten Kind erwächst, deutlich höhere Familienzuschläge gewährt werden, um so auch diese im Sinne des Alimentationsprinzips zu behandeln und also deren Bedarf amtsangemessen zu befriedigen. Ab dem dritten Kind sind insofern Vergleiche, wie sie hier wiederkehrend getätigt werden, nicht so ohne Weiteres möglich, eben weil wir uns rechtlich in einem Sonderbereich des Alimentationsprinizips befinden.

Für mich die Kurzfassung: Bis zum zweiten Kind reicht -- nach Annahme des BVerfG -- die bisherige Konstellation aus; ab Kind Nr. 3 muss gesondert Bedarf ermittelt und nachgelegt werden, um auch hier dem Alimentationsprinzip für kinderreiche familien gerecht zu werden.

Zitat
Will man also das Abstandsgebot betrachten, muss man sich mit der entsprechenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzen, die nicht die Beamten mit mehr als zwei Kindern betrachtet, wie beispielsweise unsere aktuelle Entscheidung 2 BvL 4/18. Hier nun wird zur Betrachtung, ob eine amtsangemessene Alimentation gegeben ist, unter der Maßgabe des systeminternen Abstandsgebots als einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, auf der ersten Prüfungstufe anhand der Grundgehaltssätze in der höchsten Erfahrungsstufe indiziert oder nicht indiziert, ob eine amtsangemessene Alimentation vorliegt. Es wird also nicht festgestellt, ob das Abstandsgebot als solches verletzt ist, sondern die Betrachtung der ersten Prüfungsstufe dient nur als eines von mehreren Indizien, um am Ende begründet abwägen zu können, ob die Alimentation noch amtsangemessen sein sollte oder nicht (auch dieser Unterschied zwischen Abstandgebot und indiziellen Mittel wird hier vielfach nicht beachtet). Diese Abwägung muss nun im Sinne der Gesamtbetrachtung die Parameter der ersten Prüfungsstufe zusammenführen, um schließlich zu einer Gesamtabwägung kommen zu können. In beiden ist es nicht nur statthaft, sondern auch geboten, die Parameter der ersten Prüfungsstufe in ihrem Wechselspiel und ihren Zusammenhängen zu betrachten.

Hier beschreibst du das Vorgehen des durch das BVerfG vorgegebenen Prüfverfahrens auf ggf. nicht angemessene Besoldung. Habe ich auch schon im Urteil selbst verstanen.

Zitat
Nun also sind auch die Folgen von exorbitant hohen Familienzuschläge für Beamte mit bis zu zwei Kindern in den Blick zu nehmen - und ein solcher Blick offenbart, dass jene grundsätzlich zu einem Einschmelzen des zu beachtenden systeminternen Abstands führen, wenn man zugleich - als weitere Folge der Alimentationsprinzips - das Mindestabstandasgebot beachtet.

Und das ist jetzt nur deine Meinung. Dergleichen ist noch von einem Gericht (m.W.) so beschrieben und festgestellt worden... Ich beschrieb nun schon mehrfach, wie bisher das systeminterne Abstandsgebot überprüft wurde und wird.

Zitat
Das ist nun vielfach an entsprechenden Beispielen durchgerechnet worden, zunächst für Berlin, dann unlängst wieder für Thüringen - und zwar von ganz unterschiedlichen Personen und Institutionen, jeweils mit einem identischen Ergebnis.

Niemand bezweifelt, dass -- bezogen die gezahlten Gesamt-Alimentationen -- im Vergleich zur bisherigen Situation näher zusammenrücken würden. Die Frage ist aber, ob dieser Vergleich überhaupt relevant ist für die Frage des Abstandsgebots, s.o.

Zitat
So sieht die zu beachtende Rechtslage aus.

Nö! So sieht deine Meinung dazu aus! Das solltest du schon klarstellen...

Zitat
Wenn man nun unter einem solchen Fokus das, was WasDennNun hier wiederkehrend zum Besten gibt, betrachtet, dann bleibt davon weitgehend nur Besoldungsdadaismus übrig, weil so ziemlich alles, was man in einen Topf werfen kann, auch in diesem landet, um schließlich kräftig umgerührt zu werden. Zu einem sinnvollen Ergebnis kann eine solche Betrachtungsweise meines Erachtens nicht führen - und nun kann man, weil's einem nicht in den Kram passt, auch diese Ausführung wieder als Geschwurbel ansehen, was ich nicht als schlimm erachte, weil's nicht wehtut, was ich aber zugleich weiterhin als unsinnig ansehe, weil ich keine Argumentation erkennen kann, die diese Ausführungen präzise wiederlegen würde. Solange man in einer rechtlichen Diskussion nicht rechtlich argumentiert, führt man keine rechtliche Diskussion, sondern eben eine politische oder ökonomische. Die kann erhellend sein, aber ist eben keine juristische und verfehlt deshalb zumeist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Da ist nichts weiter zu zu sagen.

Zusammenfassend: Vieles, was du schreibst, ist richtig -- aber für meine Frage, wo ich denn falsch läge, irrelevant. Den wesentlichen Punkt, wo sich unsere Ansichten unterscheiden, musste ich hier aus deinem langen Beitrag herausarbeiten. Offensichtlich warst du nicht gewillt, dich auf dies einzulassen.

Der relevante Punkt ist, dass du eine Rechtsmeinung zu einem bestimmten Punkt hast (und natürlich auch haben und vertreten darfst, genauso wie es der wissenschaftliche Dienst des thüringer Landtags auch darf, was dem Ganzen schon mehr Gewicht verleiht), diesen aber als Gesetz darstellst. Das ist er aber nicht. Und an genau der Stelle hinterfrage ich die Situation...

Prüfer SH

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2848 am: 17.12.2021 20:32 »
Das ist alles schön und gut. (und ändert trotzdem nichts daran, dass die Frauen möglicherweise wieder an den Herd getrieben werden weil sie Arbeit eben nicht lohnt). Eine Begründung weshalb das nun einem modernen Familienbild entsprechen soll (was ja vom Gesetzgeber angeblich angestrebt wird - schließlich sei der Beamte heutzutage kein Alleinverdiener mehr) hast du ebenfalls nicht gegeben. Sollte dieses Modell so kommen werde ich meiner Ehefrau natürlich empfehlen ihre Erwerbstätigkeit aufzugeben. Dann hat wenigstens eine Person im Haushalt mehr Zeit für Dinge die Spaß machen (und die Wäsche).

Natürlich widerspricht sich eine Alimentation von Familienmitgliedern damit, dass diese für ihren eigenen Unterhalt sorgen könnten. Auch das ist im Zivilrecht nicht anders: Wenn eine Alleinverdiener-Ehe geschieden wird, dann hat die nicht-arbeitende Person auch Anspruch auf Unterhalt -- welcher sich aber entsprechend mindert, wenn sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommt.

In einer ähnlichen Situation sind wir in dieser Diskussion auch...

@Swen: Dann erkläre mir doch einmal, was die Alimentation der Beamtenfamilie ausmacht und wo ich falsch liege. Du kannst gern ganz konkret werden, damit auch ich es verstehe. Für einen Mathematiker sind logische Schlüsse notwendig, damit er etwas verstehen kann, keine langwierigen Ausführungen, die sich aber nur im Kreis drehen. Vielleicht habe ich ja den Begriff der Alimentation nicht richtig verstanden. Dann bitte ich um Erklärung.


Das Alimentationsprinzip gewährleistet die Sicherstellung des gesamten Lebensunterhalts des Beamten und seiner Familie, lebenslang und angemessen. Die Höhe der Besoldung darf natürlich nicht von der jeweiligen Bedürftigkeit des Beamten abhängig gemacht werden. Andere Einkünfte und / oder Reichtümer spielen hierfür keine Rolle. Und deshalb gibt es hier überhaupt keinen Widerspruch. Auch lässt sich kein Vergleich zum zivilrechtlichen Scheidungsverfahren herstellen. Das eine ist Zivilrecht, das andere Öffentliches Recht. Völlig andere Spielregeln. Deiner Meinung / Rechtsauffassung (?) nach sollte der Beamte, der beispielsweise hohe Einkünfte aus Nebentätigkeiten (beispielsweise als Kommanditist am Bürgerwindpark oder am Bürgersolarpark, als Vermieter von einem geerbtem Mehrfamilienhaus oder im Rahmen von Dividendenausschüttungen des Aktiendepots) erhält, nur eingeschränkt bzw. eventuell gar nicht mehr besoldet werden?

Die Alimentation ist auf das Amt bezogen, verbunden mit dem Dienstrang, der Qualifikation und der damit verbundenen Verantwortung, die die Ausübung erfordert und nicht - auf die Einkünfte, die der Beamte oder seine Frau sonst noch so erwirtschaftet. Er erhält für seine Dienste eine amtsangemessene Alimentation - so ist es jedenfalls vorgesehen. Und dass diese Amtsangemessenheit so schwierig zu definieren ist, weil sie von so vielen Faktoren abhängt, erleben wir hier ja tagtäglich. Auch der stinkreiche Beamte muss eine seinem Amt angemessene Alimentation erhalten.

cyrix42

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2849 am: 17.12.2021 20:48 »
Das Alimentationsprinzip gewährleistet die Sicherstellung des gesamten Lebensunterhalts des Beamten und seiner Familie, lebenslang und angemessen.

Ist das die Forderung an die zu zahlende Alimentation? Wenn ja, dann bräuchte folgende Behauptung

Zitat
Die Höhe der Besoldung darf natürlich nicht von der jeweiligen Bedürftigkeit des Beamten abhängig gemacht werden.

Schon eine Begründung. Wenn die Bedürftigkeit nicht darüber entscheidet, welcher Bedarf für die weiteren Familienmitglieder vorherrscht, was dann? Allein die unterschiedliche Kinderzahl führt doch schon zu unterschiedlicher Bedürftigkeit/ Bedarf...

Insofern: Warum sollten die Familien-bezogenen Bestandteile der Besoldung denn nicht von der Bedürftigkeit der Familie abhängen, wenn sie doch gerade sicherstellen sollen, dass ein Mindest-Lebensstandard für diese Personen möglich ist?

Zitat
Andere Einkünfte und / oder Reichtümer spielen hierfür keine Rolle.

Warum? Wie kommst du zu dieser Forderung?

Zitat
Und deshalb gibt es hier überhaupt keinen Widerspruch. Auch lässt sich kein Vergleich zum zivilrechtlichen Scheidungsverfahren herstellen. Das eine ist Zivilrecht, das andere Öffentliches Recht. Völlig andere Spielregeln.

Aha, und welche? btw: Die einzige Parallele, die ich mit dem Beispiel beleuchten wollte, ist die, dass in beiden Fällen Alimentationen zum Lebensunterhalt gezahlt werden. Eine Begründung, warum man eine Person alimentieren sollte, die den eigenen Lebensunterhalt aber selbst trägt, hast du hierbei nicht geliefert -- sondern dies nur gefordert.

Zitat

Deiner Meinung / Rechtsauffassung (?) nach sollte der Beamte, der beispielsweise hohe Einkünfte aus Nebentätigkeiten (beispielsweise als Kommanditist am Bürgerwindpark oder am Bürgersolarpark, als Vermieter von einem geerbtem Mehrfamilienhaus oder im Rahmen von Dividendenausschüttungen des Aktiendepots) erhält, nur eingeschränkt bzw. eventuell gar nicht mehr besoldet werden?

Das dürfte der bisherigen Bemessung des internen Abstandsgebots zuwiderlaufen und also der Amtsangemessenheit widersprechen. Hier ist die Alimentation ja nicht nur auf die Erfüllung eines Mindest-Lebensstandards ausgerichtet, sondern insbesondere auch auf die Würde des Amtes.

Zitat
Die Alimentation ist auf das Amt bezogen, verbunden mit dem Dienstrang, der Qualifikation und der damit verbundenen Verantwortung, die die Ausübung erfordert und nicht - auf die Einkünfte, die der Beamte oder seine Frau sonst noch so erwirtschaftet.

Korrekt -- solange man sich auf die Grundbzüge und nicht die völlig anders in ihrer Höhe und Zusammensetzung begründeten familienbezogenen Bestandteile schaut.

Zitat
Er erhält für seine Dienste eine amtsangemessene Alimentation - so ist es jedenfalls vorgesehen. Und dass diese Amtsangemessenheit so schwierig zu definieren ist, weil sie von so vielen Faktoren abhängt, erleben wir hier ja tagtäglich. Auch der stinkreiche Beamte muss eine seinem Amt angemessene Alimentation erhalten.

Vollkommen korrekt.