"Beschleunigte Verfahren" sind nach §§ 417 bis 420 der Strafprozessordnung Teil des Strafrechts, Internet, und kommen insofern für konkrete Normenkontrollverfahren nicht in Frage. Insofern meinst Du höchstwahrscheinlich eher (so verstehe ich zumindest Deine Zeilen; eventuell verstehe ich sie aber auch falsch, dann interveniere einfach noch einmal), ob über einen Rechtskreis schneller vonseiten des Bundesverfassungsgericht entschieden werden könnte, sofern der Gesetzgeber die mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht sachgerecht umsetzen würde.
Das Bundesverfassungsgericht könnte entsprechend so verfahren, und zwar beispielsweise, indem es die Berliner A-Besoldung für die Jahre 2009 bis 2015 betrachten würde, nachdem das Reparaturgesetz im Gefolge der aktuellen Entscheidung 2 BvL 4/18, die R-Besoldung betreffend, 2021 mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht sachgerecht erfolgt ist. Es ist versucht worden, das Bundesverfassungsgericht von der Notwendigkeit eines solchen Vorgehens in einem umfassenderen Schriftsatz zu überzeugen, was aber nicht gelungen ist (vgl.
https://www.berliner-besoldung.de/stellungnahme-zum-normenkotrollverfahren-2-bvl-4-bis-9-18/ und
https://www.berliner-besoldung.de/entscheidung-berliner-a-besoldung-nicht-2022/). Die Gründe dafür dürften sich aus zumindest drei Gesichtspunkten erklären lassen:
- Als erster Grund entscheidet das Bundesverfassungsgericht meiner Meinung nach derzeit weiterhin nicht schneller über die seit 2016 bei ihm aufgelaufenen und eben anhängigen Verfahren, da die seit 2012 sich im Fluss befindliche neue Besoldungsdogmatik - also der seitdem erstellte neue Kernbestand an Direktiven, die so aufeinander verweisen, dass sie die Rechtsprechungsverfahren soweit vereinfachen, dass über anhängige Verfahren zügiger entschieden werden kann - noch nicht abgeschlossen ist, was sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit den angekündigten Entscheidungen ändern wird. Solange der Abschluss der neuen Dogmatik nicht vollzogen ist, dauern entsprechende Verfahren länger, da eben die neuen Direktiven auch in ihrem sachlogischen Zusammenhang und Implikationen mit- und gegeneinander abgewogen werden müssen. Denn eine Dogmatik hat den Anspruch, dass sämtliche ihrer Sätze widerspruchsfrei zueinander stehen sollten, was in einem komplexen Rechtsgebiet allerdings niemals erreicht werden kann. Solange der Entwicklungsprozess der neuen Dogmatik nicht weitgehend abgeschlossen ist, dürfte also damit zu rechnen sein, dass es keine schneller vollzogenen Verfahren geben wird, weil die Erstellung einer neuen Dogmatik generell ein komplexer und also zeitintensiver Prozess ist.
- Damit verbunden ist der zweite Grund, der meiner Meinung nach darin zu suchen ist, dass wir den länderübergreifenden konzertierten Verfassungsbruch in allen Rechtskreisen vorfinden. Da die Gesetzgeber spätestens seit 2020 wissentlich und willentlich, also zielgerichtet, die sie bindend treffenden Direktiven zunehmend soweit missverstehen, dass man vielfach von einer gezielten Missachtung ausgehen darf, befinden wir uns politisch auf den Weg hin zu einer Verfassungskrise hin. Jetzt wäre es für sich genommen und also auf dem ersten Blick die schlüssige Konsequenz, dass das Bundesverfassungsgericht dieses Treiben, das es verfassungsrechtlich und in dieser geballten Form nicht geben kann, schnellstens beendet. Das hört sich logisch an - nur kann das das Bundesverfassungsgericht nicht beenden. Beenden können den gezielten Verfassungsbruch nur die, die ihn vollziehen, also die Gesetzgeber. Damit liegt es nun an dem Bundesverfassungsgericht, seine Entscheidungen so zu vollziehen, dass die Gesetzgeber wieder verfassungskonforme Gesetze verabschieden. Und das ist ein komplexes Unterfangen, da das Bundesverfassungsgericht nicht nach dem Motto "Aug um Aug, Zahn um Zahn" handeln kann, also das bar jeder Verhältnismäßigkeit sich vollziehende Handeln der Gesetzgeber mit einem ebenfalls unverhältnismäßigen Handeln zu stoppen zu versuchen - denn das Ergebnis wäre dann mit hoher Wahrscheinlichkeit: dass die sich mehr und mehr abzeichende Verfassungskrise nur umso schneller da wäre.
- Das Bundesverfassungsgericht dürfte also nach einem die Verhältnismäßigkeit beachtenden Weg suchen, so wie es das dem eigenen Anspruch nach immer tut (es hat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entwickelt, den die meisten Verfassungsgerichte in der Welt übernommen haben - und um den sich derzeit der massive Konflikt in Israel dreht), um sich dabei der komplexen Situation bewusst zu sein, womit sich meiner Meinung nach der dritte Aspekt zeigt: Das Bundesverfassungsgericht hat mit der im Verfahren 2 BvL 4/18 entschiedenen Normenkontrolle das Feld vorbereitet für das, was Du - denke ich - meinst. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit kann man das Handeln des Abgeordnetenhauses im Zuge des genannten Reparaturgesetzes als einer Untätigkeit gleichkommend betrachten (wobei juristisch weiterhin das Problem besteht, dass hier mit der R- und der A-Besoldung zwei verschiedene Besoldungsordnungen zu betrachten wären). Darüber hinaus wird es in den angekündigten Entscheidungen hinsichtlich Niedersachsens und Schleswig-Holsteins nicht über alle anhängigen Verfahren entscheiden. Es behält sich hier also eine Art "verfassungsrechtliches Faustpfand" vor: Sofern die beiden Länder nicht bis zu dem ihnen gesetzten Datum zur angemessenen Reparatur der mit Gesetzeskraft vom Bundesverfassungsgericht betrachteten Besoldungsgesetzgebung schreiten würden, könnte diese Untätigkeit oder ein entsprechendes Handeln, das einer Untätigkeit gleichkäme, geahndet werden. Darüber hinaus ließe sich mindestens auch hinsichtlich Sachsens, das seit 2015 bereits zweimal vor dem Bundesverfassungsgericht gelandet ist und ebenfalls weiterhin keine amtsangemessene Alimentation gewährt, mit einer gewissen Wahrscheinlichekti begründen, dass das Handeln des Gesetzgebers einer Untätigkeit gleichkomme.
Entsprechend wird nach den anstehenden Entscheidungen mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit nicht nur die neue Besoldungsdogmatik in ihren grundlegenden Direktiven weitgehend vollzogen sein, zugleich zeigt sich weiterhin, dass alle Besoldungsgesetzgeber seit 2020 nicht gewillt sind, wieder auf den Boden des Grundgesetzes zurückzukehren, und schließlich ließe sich mit einer unterschiedlich hohen Wahrscheinlichkeit mindestens für die vier Rechtskreise Niedersachsen, Sachsen, Berlin und Schlesiwg-Holstein ein Handeln begründen, dass einer Untätigkeit gleichkäme, sofern sie nach den anstehenden Entscheidungen auch diese missachten wollten. Es dürfte also dann davon auszugehen sein, denke ich, dass es verhältnismäßig begründbar wäre, in der darauf folgenden Entscheidung hinsichtlich von einem oder mehreren der gerade genannten Rechtskreise eine Vollstreckungsanordnung zu vollziehen. Spätesens sie - als die Ultima Ratio des Bundesverfassungsgerichts - sollte eine Beschleunigung zur Folge haben, wie Du sie, denke ich, meinst.
Umso wichtiger dürfte es sein - das ist mein Fazit, das ich hier wiederkehrend begründet ziehe, weil mich die sachliche Betrachtung der Lage dazu veranlasst -, dass nun mit den anstehenden Entscheidungen die neue Dogmatik präzise und eindeutig in ihren Grundfesten ausgeformt werden wird, wozu das Bundesverfassungsgericht in seiner letzten Entscheidung mit der Präzisierung des Mindestabstandsgebots und der weiteren Ausformung der den Gesetzgeber treffenden Begründungspflichten sowie des (dort m.E. noch nicht hinreichend vollzogenen) engen Zusammenhangs beider Abstandsgebote wichtige weitere Bausteine in die Rechtsfigur eingefügt hat. Die anstehenden Entscheidungen mitsamt ihren Begründungen werden eine hohe Bedeutung haben - greifen sie zu kurz, werden wir spätestens mit den ab dem Winter anstehenden Novellierungen der Besoldungsgesetze der Länder in verfassungsrechtlich schwere Fahrwasser geraten, was wir in Anbetracht der vielfach krisenhaften Zeit gesellschaftlich ganz sicher nicht gebrauchen können.