Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2639124 times)

Boßler

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5355 am: 07.12.2023 07:50 »
Ich würde es begrüßen, wenn sich wieder auf das eigentliche Thema konzentriert wird. Auch haben m. E. allgemein politische Themen, wie z.B. Stromversorgung, Gendern, etc. in diesem Forum nicht zu suchen. Ich wünsche allen einen schönen Tag und bleibe hoffnungsvoll bzgl. der anstehenden Tarifverhandlung und evtl. Übertragung der Ergebnisse auf die Landesbeamten.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5356 am: 07.12.2023 08:17 »
Um mal, wie das sicher nicht nur Boßler wünscht, zum Thema zurückzukommen und also weiterhin HansGeorgs Frage nachzugehen, soll nachfolgend der übergreifende Rahmen zwischen Staatsfinanzen und Besoldung beleuchtet werden, ohne den unser Thema nicht hinreichend durchdrungen werden kann:

Wie gesagt, man muss beim Thema Finanzen und Alimentation zunächst zwischen den beiden Funktionen, die der Gesetzgeber jeweils sachgerecht zu erfüllen hat, unterscheiden, weshalb ich gestern gezielt vom Haushalts- und Besoldungsgesetzgeber gesprochen und beide entsprechend unterschieden habe. Ich schreibe also hier mal die "Vorgeschichte" zu meinem letzten Beitrag, damit der verfassungsrechtliche Rahmen klar ist, den der Besoldungsgesetzgeber als Besoldungsgesetzgeber vorfindet, nachdem der Haushaltsgesetzgeber als Haushaltsgesetzgeber gehandelt hat und also im Vorjahr einen für das zu betrachtende Jahr zu beachtenden Haushalt beschlossen hat. Was tut also der Haushaltsgesetzgeber und worauf hat er dabei zu achten? Dieser Rahmen kann in knapper Form und damit verkürzt wie folgt beschrieben werden (wer mal Drucksachen zur Haushaltsgesetzgebung gelesen hat, wird allein ob ihres Umfangs ermessen können, dass hier im Rahmen unseres Forums eine nur sehr eingeschränkte Betrachtung möglich ist):

1. Das Parlament hat in seiner Funktion als Haushaltsgesetzgeber darauf zu achten, dass zunächst ein ausgeglichener Haushalt nach Art. 109 Abs. 3 GG i.V.m. 115 Abs. 2 GG zu beschließen ist, der die Prinzipien der Jährlichkeit, Jährigkeit und Fälligkeit erfüllt. Kredite dürfen demnach in Normallagen 0,35 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten. Das nominale Bruttoinlandsprodukt betrug 2022 3,876 Billionen €. Als Folge darf in Normallagen die Höhe der im Haushaltsjahr 2023 aufgenommenen Kredite 1,35 Mrd. € nicht überschreiten.

2. Sofern eine Normallage besteht und also die mögliche Schuldengrenze nicht überschritten werden darf, hat der Haushaltsgesetzgeber einen Haushalt zu verabschieden, der sich in diesem Rahmen zu bewegen hat. Er muss also ggf. deutliche Kürzungen im Haushalt vornehmen, um der sog. "Schuldenbremse" Genüge zu tun. Diese Kürzungen können ebenfalls nur im Rahmen des Grundgesetzes erfolgen, womit wir verfassungsrechtlich drei Kategorien bilden können, die der Haushaltsgesetzgeber zu betrachten hat, was ich jeweils an einem Beispiel verdeutliche:

(a) Als Folge des jeweiligen Staatsautrags gibt es Haushaltsmittel, die nicht gekürzt werden können und die also ausnahmslos zu bewilligen sind. So hat der Gesetzgeber als Folge unserer Verfassung bspw. zu beachten, dass einem Bedürftigen ein sozialhilferechtliches Existenzminimum zu gewähren ist, mit dem als geringst möglicher Betrag die zum Überleben notwendigen materiellen Bedürfnisse im Rahmen des Sozialstaatsprinzips gesichert sind. Einschnitte in dieses Existenzminimum sind dem Gesetzgeber nicht gestattet. Die hierzu notwendigen Haushaltsmittel kann der Haushaltsgesetzgeber folglich nicht kürzen, sondern hat er zu garantieren (und um nicht missverstanden zu werden: Der Sozialgesetzgeber kann im Rahmen seines Auftrags und der zu beachtenden Verfassung die Höhe des Existenzminimums verändern; er muss dabei aber sachgerecht vorgehen und das dabei im Gesetzgebungsverfahren anhand einer plausiblen und nachvollziehbaren Methodik begründen, die Bemessung also realitätsgerecht vornehmen; hinter dieses Ergebnis kann der Haushaltsgesetzgeber - der in einer Legislaturperiode in Personalunion der Sozialgesetzgeber ist - nicht zurück, da ansonsten das Ergebnis ein Einschnitt in das Existenzmimimum wäre, das der Gesetzgeber jedoch zu garantieren hat).

(b) Anders sieht das hinsichtlich von Haushaltsmitteln aus, die zweckgebunden, jedoch nicht zwangsläufig zu garantieren sind, die also vollständig der politischen Handlungsfähigkeit des Parlaments unterworfen sind. Ein Beispiel wären die typischen Subventionen wie bspw. die Befreiung von der Kerosinsteuer: So ist weiterhin in allen Mitgliedsstaaten der EU der kommerzielle Kerosinverbrauch steuerfrei gestellt, womit die kommerzielle europäische Luftfahrt subventioniert wird. Diese Steuerbefreiung ist verfassungsrechtlich nicht zwangsläufig nötig, da hier keine durch den Gesetzgeber zu beachtenden besonderen verfassungsrechtlichen Schutzrechten zu beachten wären. Sie unterliegt also der vollständigen politischen Verfügungsgewalt des Haushaltsgesetzgebers (womit allerdings nichts darüber ausgesagt wird, dass es politisch auch im europäischen Rahmen einfach wäre, diese Subvention allein in Deutschland zu beenden; diese Diskussion könnte also der Haushaltsgesetzgeber führen und das würde nicht zuletzt in Hinsicht auf den europäischen Rahmen eine schwierige Diskussion werden; hier im Forum muss sie nicht geführt werden, da es nur um die beispielhafte Veranschaulichung geht).

(c) Darüber hinaus gibt es Haushaltsposten, in die der Haushaltsgesetzgeber nicht vollständig eingreifen kann, da er sie zumindest in Teilen wegen zu beachtender verfassungsrechtlicher Schutzrechte aufbringen muss, in die also keine vollständige Eingriffsmöglichkeit zur Gewährleistung des soliden Haushalts möglich sind. Sie stehen zwischen den beiden anderen gerade genannten Idealtypen.

3. Die aus der Alimentation seiner Bediensteten resultierenden Kosten sind nun im Sinne der dritten Kategorie zu begreifen, weshalb ich gestern gezielt zwischen dem Haushalts- und Besoldungsgesetzgeber unterschieden habe. Denn in diesem Beitrag, den ich hier gerade schreibe, haben wir bislang ausschließlich den Haushaltsgesetzgeber betrachtet, der einen Haushalt im Rahmen der Verfassung zu verabschieden hat. Sofern er nun Kürzungen im Haushalt vornehmen will oder muss, kann er sie nicht im Rahmen der der Kategorie (a) unterliegenden Mittel tätigen, da diese von ihm garantiert zur Verfügung gestellt werden müssen. Er kann sie darüber hinaus vollständig im Rahmen der der Kategorie (b) unterliegenden Mittel vornehmen, weil sie vollständig seiner politischen Gestaltungsfreiheit unterliegen (was nichts darüber aussagt, dass ihr Zugriff politisch nicht immer ganz einfach zu gestalten wäre) und er kann sie zumindest in Teilen im Rahmen der von (c) umfassten Mittel betrachten.

4. In diesem Sinne kann er nun also die notwendigen Haushaltskürzungen in einer Normallage vornehmen und zur Konsolidierung der Staatsfinanzen daran auch die Beamten beteiligen; jedoch darf er ihnen eben kein "Sonderopfer" aufbürden, womit wir nun vom Haushalts- zum Besoldungsgesetzgeber wechseln und so die "Vorgeschichte" zu meinem letzten Beitrag beenden. Jetzt kann man noch einmal das lesen, was ich gestern geschrieben habe, sodass verständlich wird, bis wohin der Besoldungsgesetzgeber im Rahmen unserer Verfassung  Kürzungen im Bereich der Beamtenalimentation vornehmen kann und wo ihm das nicht gestattet ist.

5. Wenn man nun also das, was ich gestern geschrieben habe, nun noch einmal gelesen oder sich dessen hinreichend erinnert hat, dann wird deutlich, denke ich, dass das Bundesverfassungsgericht nicht so handeln könnte, wie es HansGeorg befürchtete: Denn das Bundesverfassungsgericht kann dem Besoldungsgesetzgeber eben keinen Auftrag erteilen, wie der Haushaltsgesetzgeber zu handeln hätte. Denn der Haushaltsgesetzgeber wird in der Besoldungsrechtsprechung nicht angesprochen; sein weiter Entscheidungsspielraum, den er als Haushaltsgesetzgeber hat, spielt in einer Entscheidung über ein Besoldungsgesetz keine Rolle.

6. Dahingegen kann der Besoldungsgesetzgeber als solcher die von ihm zu gewährende amtsangemessene Alimentation nur im Rahmen des Haushalts vollziehen, die der Hauhaltsgesetzgeber ihm in diesem Rahmen zugewiesen hat und ggf. in einem Nachtragshaushalt noch weiterhin zuweist. Der Besoldungsgesetzgeber muss dabei den in meinem letzten Beitrag hervorgehobenen Verpflichtungen nachkommen und verfügt dabei über die dort genannten Rechte, die sich aus dem weiten Entscheidungsspielraum ergeben, über die er verfügt.

7. Sofern also der Haushaltsgesetzgeber dem Besoldungsgesetzgeber - der er im Rahmen einer Legislaturperiode in Personalunion ebenfalls ist - keine hinreichenden Mittel zur Verfügung stellt, mit denen der Besoldungsgesetzgeber keine im Rahmen der Verfassung zu garantierende amtsangemessene Alimentation für möglichst alle Beamten gewährte, würde der Besoldungsgesetzgeber den Beamten ein "Sonderopfer" abverlangen, was ihm verfassungsrechtlich verboten wäre, solange er dabei nicht das hinreichend beachtete, was ich gestern unter den Punkten 1 bis 4 geschrieben habe.

8. Dieses "Sonderopfer" verlangen derzeit und nachgewiesenermaßen spätestens seit 2008 weiterhin alle Besoldungsgesetzgeber mindestens jenem Teil seiner Beamten ab, dem keine Alimentation auf Höhe der Mindestalimentation gewährt wird (= Einschnitt in den vom absoluten Alimentationsschutz umfassten Teil der zu gewährenden Nettoalimentation); darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass das als Folge des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen ebenso für ausnahmslos alle Beamten, Richter und Staatsanwälten gilt, da das Mindestabstandsgebot in allen Rechtskreisen weiterhin und zumeist recht deutlich verletzt wird, was als Folge des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen ein höchstwahrscheinlich sachlich nicht zu rechtfertigender Einschnitt in den vom relativen Alimentationsschutz umfassten Teil der zu gewährenden Nettoalimentation führt.

9. In diese Sinne ist also auf Basis der dort genannten Prämissen mein gestriges Fazit zu verstehen: Das Bundesverfassungsgericht verpflichtet mit seiner Entscheidung einen Besoldungsgesetzgeber dazu, vergangenheitbezogen eine verfassungswidrige Alimentation zu heilen und setzt so voraus, dass jener Besoldungsgesetzgeber daraus die notwendigen Konsequenzen für sein gegenwärtiges und zukünftiges Handeln zieht - tut er das hinsichtlich die Gegenwart und Zukunft nicht, handelt das Bundesverfassungsgericht, sofern es angerufen wird, daraufhin erneut.

10. Das Ergebnis eines solchen Handelns ist nun das, was wir in der Vergangenheit hier bereits recht ausführlich betrachtet haben (und was dort in seiner Ausführlichkeit nachgelesen werden kann und hier nicht noch einmal ausführlich behandelt werden muss): eine negative Gesetzgebung.

11. Diesen Prozess beobachten wir seit 2012, da das Bundesverfassungsgericht seitdem eine neue Dogmatik zum Alimentationprinzip erstellt, mit der es seine vormalige Dogmatik nach und nach der neuen Situation, die sich nicht nur, aber gerade auch aus der 2006 vollzogenen Reföderalisierung des Besoldungsrechts ergeben hat, anpasst. Da es dabei penipel seinen Verfassungsauftrag beachtet, vollzieht es folglich eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle, wobei mit jedem Ergebnis einer weiteren Kontrolle die Zurückhaltung zwar bestehen bleibt, jedoch über die "negative Gesetzgebung" der vormaligen Entscheidungen eine immer umfangreichere Dogmatik entsteht, gegen die im Einzelnen evident sachwidrig verstoßen werden kann. Je enger die Dogmatik wird, desto weniger Spielräume findet der (Besoldungs-)Gesetzgeber vor, da die "negative Gesetzgebung" bedeutet, dass zuvor nicht von der bundesverfassungsgerichtliche Kontrolle betrachtete Spielräume nun betrachtet und damit zumeist eingeschränkt werden.

12. Genau in diesem Prozess befinden wir uns, womit wir ggf. - jetzt gelangen wir auf das Feld der begründeten Spekulation - davon ausgehen dürfen, dass das Bundesverfassungsgericht seine aktuelle Entscheidung zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 vor seinen angekündigten Entscheidungen zu den Besoldungsgesetzen in Schleswig-Holstein 2007, Bremen 2013 und 2014 sowie Niedersachsen 2007 bis 2012 und 2014 bis 2016 gefällt und auch in dieser Deutlichkeit so gefällt hat, um den Besoldungsgesetzgebern am Beispiel des Haushaltsgesetzgebers vor Augen zu führen, welche Probleme von einer Dogmatik ausgehen können, die am Ende sehr weitgehende Konsequenzen für das politische Handeln im Rahmen unserer Verfassung fordert.

13. Da in unserem Parlamenten zu einem nicht geringen Teil intelligente und juristisch versierte Menschen sitzen, werden das dort durchaus nicht wenige Menschen verstehen. Sie haben also nun erneut die Möglichkeit, in den im Verlauf des ersten Halbjahrs 2024 anstehenden Gesetzgebungsverfahren die Intelligenz und den juristischen Sachverstand zum Wohle aller und damit auch zum eigenen Wohle zu verwenden.

14. Tun sie das nicht oder können sich nicht durchsetzen - wovon ich ausgehe, dass das passieren wird, also dass sie sich nicht durchsetzen können -, wird ggf. auch im Zeitraum, da jene 16 Gesetzgebungsverfahren noch nicht in allen Rechtskreisen abgeschlosen sind, eine Entscheidung unmittelbar für die genannten drei Besoldungsgesetzgeber erfolgen, die mittelbar für alle 17 Bedeutung hat und die - davon darf man ausgehen - den Weg der Dogmatikfortschreibung konsequent fortführt.

15. Der politische Druck, der sicherlich nicht das Hauptziel der aktuellen Entscheidung über das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 ist, der aber durchaus gezielt von Karlsruhe in Kauf genommen wird, hat sich entsprechend auch auf die Besoldungsgesetzgeber erhöht: Denn das Thema gezielter verfassungswidriger Gesetzgebung wird so schnell nicht wieder von der Tagesordnung verschwinden und medial präsent bleiben, was das Bundesverfassungsgericht - davon darf man ausgehen - durchaus im Vorfeld seiner aktuellen Entscheidung in Rechnung gestellt haben wird.

16. Die Messlatte ist nun also, obgleich keine Entscheidung über die Besoldungsgesetzgebung gefällt worden ist, noch einmal erhöht worden, indem den Deliquenten das Instrumentarium des Richters vor Augen geführt worden ist. Im Schach gilt der gute alte Grundsatz, dass die Drohung vielfach stärker als ihre Ausführung ist - und das dürfte beim Besoldungsschach zwischen Gesetzgeber und Zweitem Senat kaum anders sein: Denn das Ziel des Bundesverfassungsgerichts bleibt weiterhin dasselbe, ohne dafür Legionen zur Verfügung zu haben, will es, dass seiner Rechtsprechung gefolgt wird.

17. Wer daran - an dem letzten Satz nach dem letzten Doppelpunkt - nach der aktuellen Entscheidung noch einen Zweifel hätte, dem wäre nach meinem Empfinden nicht mehr zu helfen. Denn die Deutlichkeit, mit der der Zweite Senat gerade gehandelt hat, verweist auf seine Unabhängigkeit und die Ernsthaftigkeit, mit der Karlsruhe seinem Verfassungauftrag nachkommt. Alles andere wäre auch, wenn man sich ein wenig mit der Materie befasst hat, eher erstaunlich.

18. Mit den letzten Zeilen will ich zugleich nicht sagen, dass man als Betroffener nun nicht endlich eine Entscheidung über die angekündigten Normenkontrollverfahren erwarten dürfte; denn diese Erwartung kann ich gut nachvollziehen und sie ist mehr als verständlich. Auch diese Zeilen sollen jedoch dazu beitragen, nachvollziehbar zu machen, wieso nach meiner Meinung das Bundesverfassungsgericht handelt, wie es handelt: Verfassungsrechtlich hat die aktuelle Entscheidung nichts mit der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Besoldungsrecht zu tun - pragmatisch wird das offensichtlich nicht ganz so sein. Um beim Schach zu bleiben: Der vorletzte Fehler gewinnt.
« Last Edit: 07.12.2023 08:27 von SwenTanortsch »

InternetistNeuland

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5357 am: 07.12.2023 11:44 »


1. Das Parlament hat in seiner Funktion als Haushaltsgesetzgeber darauf zu achten, dass zunächst ein ausgeglichener Haushalt nach Art. 109 Abs. 3 GG i.V.m. 115 Abs. 2 GG zu beschließen ist, der die Prinzipien der Jährlichkeit, Jährigkeit und Fälligkeit erfüllt. Kredite dürfen demnach in Normallagen 0,35 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten. Das nominale Bruttoinlandsprodukt betrug 2022 3,876 Billionen €. Als Folge darf in Normallagen die Höhe der im Haushaltsjahr 2023 aufgenommenen Kredite 1,35 Mrd. € nicht überschreiten.


Es sind natürlich 13,5 Mrd. €.

lotsch

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« Antwort #5358 am: 07.12.2023 12:00 »
In einem Talk bei Lanz wurde erwähnt, dass die Politiker bei der Haushaltsentscheidung des BVerfG wohl nicht mit einer rückwirkenden Entscheidung gerechnet haben, sondern nur mit einer Entscheidung für die Zukunft. Könnte es sein, dass das BVerfG dies zukünftig auch für seine Besoldungsentscheidungen anwendet, oder ist dieser Zug schon dogmatisch abgefahren? Eine rückwirkende Entscheidung wäre für all jene Beamten wichtig, und m.E. wegen der hohen Inflationsraten auch richtig, die keine Rechtsmittel gegen ihre Besoldung eingelegt haben. Ich sehe außerdem nicht, wie ohne eine solche Entscheidung eine Disziplinierung der Besoldungsgesetzgeber erfolgen soll, da unsere Politiker, wie Swen erwähnt hat nicht dumm sind, die Haushaltsmittel wie bekannt knapp sind, und sich jeder ausrechnen kann, wieviel man sich mit einer erneuten verfassungswidrigen Besoldungsgesetzgebung sparen kann. Nach m.E. müsste sogar über eine Verzinsung der rückwirkenden Ansprüche entschieden werden, und über eine Verzugspauschale wie in § 288 Abs. 5 BGB.

lotsch

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« Antwort #5359 am: 07.12.2023 12:03 »
P.S.:
Wie hat der bayer. Finanzminister Füracker gesagt: Wenn man das mit der Besoldung auf die Spitze treiben würde. wäre es einfach unbezahlbar.

Malkav

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« Antwort #5360 am: 07.12.2023 12:11 »
In einem Talk bei Lanz wurde erwähnt, dass die Politiker bei der Haushaltsentscheidung des BVerfG wohl nicht mit einer rückwirkenden Entscheidung gerechnet haben, sondern nur mit einer Entscheidung für die Zukunft. Könnte es sein, dass das BVerfG dies zukünftig auch für seine Besoldungsentscheidungen anwendet, oder ist dieser Zug schon dogmatisch abgefahren?

Grundsätzlich ist es vom BVerfG und den Verwaltungsgerichten entschieden, dass keine rückwirkenden Zahlungen an Beamtinnen und Beamte zu leisten sind, welche sich nicht mit dem zulässigen Rechtsbehelf zur Wehr gesetzt haben, da die Alimentation stets der Befriedigung der aktuellen Bedürfnisse dient. Auch eine "Diziplinierung der Besoldungsgesetzgeber durch Strafe" ist den Verfassungsgerichten bisher fremd. Gleiches gilt meiner KEnntnis nach auch für die Verzinsung von verfassungswidrig vorenthaltenen Besoldungsbestandteilen.

Natürlich stünde es dem BVerfG formell jederzeit frei seine bisherige Rechtsprechung zu diesem Thema aufzugeben, wenn es zu dem Schluss kommt, dass sich die tatsächlichen Umstände wesentlich verändert haben. Argumente hierfür wären z.B. die wissentlich und willentlich fortgesetzten Verfassungsbrüche der Besoldungsgesetzgeber und die faktische Entwertung von Nachzahlungen aufgrund der hohe Inflationsrate 2022 und 2023.

Beide Fragen wären im Rahmen einer Feststellungsklage "gegen ein zukünftiges Reparaturgesetz" (ja ist formell falsch formuliert, aber ihr wisst was ich meine) zu klären.

SwenTanortsch

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« Antwort #5361 am: 07.12.2023 13:10 »
Ich denke ebenfalls, dass es dazu nicht kommen wird, lotsch. Das Bundesverfassungsgericht ist sich hier offensichtlich einig mit dem Bundesverwaltungsgericht, dessen Linie es folgt. Neben dem, was Malkav schreibt, bleibt ebenfalls weiterhin als ein wesentlicher beamtenrechtlicher Grundsatz zu beachten, dass der Beamte seine Dienstgeschäfte aktiv zu verrichten hat. Insofern besteht auch deshalb weder eine Notwendigkeit noch eine Zweckmäßigkeit, Beamte hier mehr oder weniger aus ihren Pflichten zu entlassen, die sich insbesondere immer auf dem Boden von Recht und Gesetz abzuspielen haben. Entsprechend sieht das Bundesverwaltungsgericht keine hohen Hürden in der Formulierung eines statthaften Rechtsbehelfs: An ihn sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, Urteil vom 21.02.2019 - 2 C 50.16 -, Rn. 27

"keine überhöhten Anforderungen an die Geltendmachung des Alimentationsanspruchs aufgestellt, die dem Beamten die Rechtsverfolgung erschweren oder ihn sonst übermäßig belasten. Für die Geltendmachung des Anspruchs genügt es, dass der Beamte zum Ausdruck bringt, sich mit der Höhe seiner Besoldung oder Versorgung insgesamt nicht mehr zufrieden zu geben. So hätte es im vorliegenden Fall ausgereicht, wenn der Kläger - so wie später im gerichtlichen Verfahren - im Jahr 2004 erklärt hätte, dass er für den Fall einer zulässigen Kürzung der jährlichen Sonderzahlung jedenfalls die danach verbleibende Gesamthöhe seiner Versorgungsbezüge für zu niedrig halte, weil sie ihm und seiner Familie keinen angemessenen Lebensstandard mehr ermögliche und sie sich in ihrer Lebensführung einschränken müssten. Ein solches Vorbringen wäre ihm auch als juristischen Laien möglich gewesen. Rechtskenntnisse sind dafür nicht erforderlich."
(https://www.bverwg.de/210219U2C50.16.0)

Ich gehe nicht davon aus, dass beide Gerichtshöfe von dieser Sicht auf die Dinge abrücken werden.

Opa

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5362 am: 07.12.2023 15:53 »
Für den Widerspruch- okay.

Soweit aber der Dienstherr entgegen des Verfahrensvorschlags eines Widerspruchsführers nicht auf Einrede der Verjährung verzichtet und somit den Beamten in den Klageweg drängt, wären die wesentlichen Argumente „keine überhöhten Anforderungen“ sowie „keine Rechtskenntnisse erforderlich“ neu zu bewerten.

Diederich Heßling

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5363 am: 07.12.2023 18:15 »
Weder die BFG noch KOMBA halfen einen Widerspruch zu formulieren. Seit März bzw Juni wurden diese Gewerkschaften von zwei Mitgliedern um Hilfe gebeten. Keine interessierte sich dafür, es wurde nur gemauert.

Der BDK LV Bayern hilft jedoch siehe: https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/widerspruch-gegen-die-alimentation-2023

Übrigens habe ich meinen KOMBA Mitgliedschaft gekündigt wird ende März wirksam.

Euch ein besinnliches und frohes Weihnachtsfest.

SchrödingersKatze

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5364 am: 07.12.2023 19:22 »
Hallo,
Bei mir ist die Tage die Nachricht "meines" Verbandes, Unterverband DBB, eingetrudelt, dass grds. kein Rechtschutz gewährt wird.
Es wird auch nicht erwartet  dass etwaige Widersprüche ruhend gestellt werden wie es in der Vergangenheit der Fall war.
Und wieder der Satz, dass Bayern bei der Besoldung Vorteiter wäre, was in meiner Konstellation eindeutig nicht der Fall ist.
Die gesamte Nachrucht liest sich als Lobpreisung des Freistaats. Insofern werde ich nun wirklich meine Mitgliedscahft dort kündigen.

Paterlexx

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5365 am: 07.12.2023 21:36 »
Die Gewerkschaften können die Rechtstreite einfach finanziell nicht führen. Niemand hat dort jemals damit gerechnet, dass der Gegner bei den Klagen der Arbeitgeber sein könnte. Allein Vorleistungen würden die Gewerkschaften bankrott gehenlassen. Das können die Gewerkschaften aber nicht zugeben, dann war gibt es eine Austrittswelle bis nach Meppen...(Sorry wer von da kommt).

clarion

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5366 am: 08.12.2023 00:07 »
Wenn ich mir meine Gewerkschaftsbeiträge angucke, ist das nicht wenig. Eine Rechtsscjutzversicherung kostet nur wenig mehr und bietet einen eutlich umfassenderen Rechtsschutz. Zudem werden die Gerichte schon ruhend stellen, wenn eine Klageflut mit gleichen Inhalten über sie herein brechen. Daher erwarte ich von den Gewerkschaften Rechtsschutz.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5367 am: 08.12.2023 08:39 »
Realistisch betrachtet dürfte es ausgeschlossen sein, dass die Gewerkschaften nicht zuletzt in Niedersachsen den Rechtsschutz für alle ihre Mitglieder im Klageverfahren finanziell stemmen könnten, wie Paterlexx das schlüssig hervorhebt und es derzeit die GdP unterstreicht: https://www.gdp.de/gdp/gdpnds.nsf/id/Nds_20231201_Angemessene_?open&ccm=000 Denn gehen wir mal davon aus, dass die von ihr genannten 13.500 potenziellen Kläger tatsächlich eine Klage anstrengen würden (die Zahl dürfte sich auf ihre Mitglieder beziehen; die tatsächliche potenzielle Zahl der Beamten darf mit dem Faktor zehn multipliziert werden; zurzeit befinden sich rund 130.000 Beamte im Landesdienst; die über 17.000 Kommunalbeamten kommen noch hinzu), müssten damit Kosten einhergehen, die keine Gewerkschaft zur Verfügung haben kann. Das kann man nicht den Gewerkschaften vorhalten, denke ich, da es betriebswirtschaftlich verantwortungslos wäre, solch immense Summen für den Eventualfall zurückzustellen, da dann Teile der mit diesen Summen finanzierten gewerkschaftlichen Arbeit nicht mehr zu finanzieren wären. Das wäre die eine Alternative. Die zweite wären deutlich höhere Mitgliedsbeiträge, die aber mit einem solchen Eventualfall kaum sachlich zu rechtfertigen wären. Denn auch eine Gewerkschaft muss rational mit ihren Mitgliedsbeiträgen umgehen und muss also zumindest von einem Fünkchen Rationalität auf seiner Gegenseite ausgehen.

Man kann über die von Gewerkschaften betriebene Gewerkschaftpolitik diskutieren und sie ebenso dann wiederkehrend im Einzelnen kritisieren. Allerdings liegt in diesem Fall die Verantwortung wie eigentlich fast immer in unserem Thema bei der jeweiligen (Landes-)Regierung, die hier in Niedersachsen nun ohne einen sachlichen Grund das Ruhendstellen ablehnt und also ebenso keine Musterklagen mehr abwarten will, über deren Ergebnisse sie nicht im Unklaren sein kann. So verstanden zeigt im Moment die niedersächsische Landesregierung eine Form der Beamtenpolitik, die im nächsten Jahr zu schweren Verwerfungen führen muss:

- Der Finanzminister hat das Niedersächsische Gesetz zur amtsangemessenen Alimentation öffentlich als "schwebend verfassungswidrig" bezeichnet, als er noch Vorsitzender des Finanz- und Haushaltsausschusses gewesen ist (https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/gerald-heere/fragen-antworten/in-der-letzten-landtagssitzung-haben-sie-die-ablehnung-des-gesetzentwurfs-18/11498-fuer-buendnis-90/die-gruenen).

- Seine Partei hat den Gesetzentwurf deshalb im Gesetzgebungsverfahren abgelehnt.

- Sein Haus verschleppt die seit dem 01.01.2023 notwendige Rechtsverordnung zum vollständigen Vollzug der der Landesregierung gegebenen Ermächtigung.

- Als Folge muss die Besoldungssituation mindestens in den das Mindestabstandsgebot unmittelbar verfehlenden Besoldungsgruppen als weiterhin eingestanden verfassungswidrig angesehen werden.

- Das Eingeständnis bezieht sich auf alle Parteien und Abgeordneten, die im letzten Landtag dem genannten Gesetz zugestimmt haben, da sie damit eingestanden haben, dass die Rechtslage verfassungswidrig war. Denn ohne dieses Eingeständnis wäre das genannte Gesetz überflüssig gewesen.

- Das Eingeständnis bezieht sich ebenso - wie gerade betont - auf die Parteien und Abgeordneten, die gegen das genannte Gesetz gestimmt haben, da der Grund der Ablehnung deren Auffassung war, dass es nicht mit der Verfassung im Einklang steht.

- Im Ergebnis wissen also alle betroffenen Verantwortungsträger in der niedersächsischen Landespolitik, dass die Besoldungsrechtslage derzeit weiterhin mindestens in Teilen verfassungswidrig ist.

- Die Ablehnung der weiteren Ruhendstellung und die Ansicht, dass man verfassungskonform alimentierte, die als Grund für die Ablehnung ins Feld geführt wird, geschieht darüber hinaus zu einem Zeitpunkt, da das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen angekündigt hat.

- Die Vorlagebeschlüsse aus dem Jahr 2018 sind für den Gesetzgeber sachlich so verheerend, dass das Ergebnis dieser Entscheidungen auf der Hand liegt. Das Bundesverfassungsgericht hat seitdem die materiellen und prozeduralen Anforderungen an ein Besoldungsgesetz darüber hinaus noch einmal deutlich verschärft.

- Auf diese in den Spiegelstrichen hervorgehobenen Sachverhalte sind insbesondere der Finanzminister und sein Haus durchaus nicht unumfassend hingewiesen worden. Das, was hier gerade aufgezählt worden ist, ist der Landesregierung also bekannt.

- Ebenso ist ihr die in Teilen ebenfalls nur noch verheerend zu nennende Fachkräftesituation im öffentlichen Landesdienst bekannt. Diese muss durch die von ihr zu verantwortenden Entscheidung, eine eingestanden verfassungswidrige Rechtslage als verfassungskonform zu betrachten und nun keine Ruhendstellung von Widersprüchen mehr vornehmen zu wollen, verschärft werden und wird also die Bewerbersituation nicht besser machen.

- Ebenso muss sie, sobald die niedersächsischen Landesbediensteten realisieren, was mit ihnen gerade veranstaltet wird und unter der Beachtung der Tatsache, dass viele wissen, was mit ihnen in der Vergangenheit hinsichtlich ihrer Besoldung und Alimentation bislang veranstaltet worden ist, zu einem schweren Konflikt zwischen Dienstherrn und Bediensteten führen, wie sich das seit über drei Jahren in Hamburg offenbart. Auch das muss als der Landesregierung bekannt angesehen werden.

All das, was ich in den Spiegelstrichen geschrieben habe, kann man nun allerdings nicht den Gewerkschaften vorwerfen, die mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitgliedsbeiträgen realistisch verfahren müssen und ein solch politisch unverantwortliches Handeln wie das gerade skizzierte nicht erwarten können, da es von einer Politik, die ihr Tagesgeschäft weitergehend verantwortungsvoll betreibt, nicht zu erwarten ist.

In Niedersachsen zerschneidet die Landesregierung nun das Tuch zwischen sich und seinen Bediensteten. Das muss und wird ihr klar sein. Die Auswirkungen werden zu einer schweren politischen Krise führen, und zwar spätestens wenn mit der angekündigten Entscheidung des Bundesverfassungsgericht das, was ich hier gerade skizziert habe, medial auf ein anderes Interesse stoßen wird, als das jetzt noch der Fall ist.

Dafür wird am Ende mindestens einer der politischen Verantwortungsträger die politische Verantwortung übernehmen müssen, was ihm sicherlich - da er die Regeln des politischen Geschäfts kennen dürfte - heute klarsein wird. Welche Konsequenzen er daraus ziehen wird, wird ihm überlassen bleiben. Und wie er seine Verantwortung bspw. allein den Frauen in seiner Partei und seinen Wählerinnen erklären möchte, wird bestimmt ebenfalls von öffentlichem Interesse sein: "Bündnis 90/Die GRÜNEN hatten dem Entwurf in der letzten AfHuF-Sitzung noch unentschieden gegenübergestanden. Nach Diskussion in der Fraktion haben sie mittlerweile ebenso große verfassungsrechtliche Bedenken und lehnen die verfassungswidrige, Frauen mittelbar diskriminierende Regelung des Gesetzes ab, das der politischen DNA von Bündnis 90/DIE GRÜNEN – der geschlechtergerechten Gesellschaft – widerspricht." (https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/gerald-heere/fragen-antworten/in-der-letzten-landtagssitzung-haben-sie-die-ablehnung-des-gesetzentwurfs-18/11498-fuer-buendnis-90/die-gruenen)

Denn man darf nicht vergessen, dass der öffentliche Dienst des Landes mit seinen mehr als 425.000 tariflich und bedienstet Beschäftigten der mit Abstand größte Arbeitgeber im Land ist. Nimmt man ihn als öffentlichen Arbeitgeber insgesamt (nimmt man also auch noch die über 90.000 Beschäftigten in Einrichtungen und Unternehmen in privater Rechtsform hinzu), darf von mehr als 530.000 Beschäftigten im gesamten öffentlichen Dienst ausgegangen werden (vgl. https://www.statistik.niedersachsen.de/startseite/themen/finanzen_steuern_personal/personal_im_offentlichen_dienst_niedersachsens/personal_im_offentlichen_dienst_niedersachsens/personal-im-offentlichen-dienst-niedersachsens-statistische-berichte-179347.html). Die Interessenslage wird sich also in Anbetracht von rund acht Millionen Menschen, die heute in Niedersachsen leben, auf eine nicht ganz kleine Anzahl derer treffen, die unmittelbar oder mittelbar von den Auswirkungen der nun offensichtlich gefällten Entscheidungen der Landesregierung betroffen sein werden.

Malkav

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5368 am: 08.12.2023 08:48 »
Die Gewerkschaften können die Rechtstreite einfach finanziell nicht führen. Niemand hat dort jemals damit gerechnet, dass der Gegner bei den Klagen der Arbeitgeber sein könnte. Allein Vorleistungen würden die Gewerkschaften bankrott gehenlassen. Das können die Gewerkschaften aber nicht zugeben, dann war gibt es eine Austrittswelle bis nach Meppen...(Sorry wer von da kommt).

Also dass der Antragsgegener der Dienstherr ist, ist bei der Gewährung von gewerkschaftlichen Rechtsschutz wohl der Regelfall. Das Problem ist hier, dass tatsächlich jedes verbeamtete Mitglied Grund zur Klage hat. Überschlagen wir das z.B. für den dbb mal kurz:

Dieser hat über 1,3 Mio Mitglieder von denen (einfach mal ins blaue geschätzt) 60% verbeamtet sind. Also 780.000 Fälle, welche jeweils einen Gerichtskostenvorschuss von 483,00 EUR zu entrichten haben. Macht also knapp 377 Millionen EUR allein an den Gerichtskostenvorschüssen ohne Honorare für Anwälte, Porto, Organisation etc.

Ich wage mal zu unterstellen, dass keine NGO in Deutschland liquide Mittel in dieser Höhe vorhält.

Auch jedes Versicherungsunternehmen rechnet mit einer Mischkalkulation in welcher immer nur ein geringer Teil der Versicherten die Leistungen in Anspruch nimmt. Gleiches gilt für Banken und die Sicherung der Einlagen bzw. das Vorhalten von Eigenkapital hierzu.

Nordlicht97

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5369 am: 08.12.2023 08:57 »
Also der BDK (zumindest in SH) gewährt Rechtsschutz. Im letzten Jahr lief das Problemlos bei meiner Klage und für dieses Jahr haben die auch angekündigt, dass Rechtsschutz besteht.