Ist der Bund für seine Bundesbeamte dann verpflichtet, generell den höchsten Satz der Unterkunftskosten anzunehmen, weil eben die Beamten in ganz Deutschland verteilt sitzen?
Nein, aber die Besoldungsdifferenzierung dürfte nicht so groß ausfallen können, dass dadurch die Unterschiede zwischen den Besoldungsgruppen nivelliert werden würden. So verstanden kann eine Besoldungsdifferenzierung nur in dem Maße vollzogen werden, dass dadurch nicht der qualitative Unterschied zwischen den Besoldungsgruppen - oder genauer: den ihnen zugrunde liegenden Ämtern - innerhalb einer Besoldungsordnung eingeebnet wird.
Dabei ist zu bedenken, dass die Besoldung im Sinne des Bruttoprinzips ausgerichtet ist, so heißt es beispielsweise in § 19 BBesG: "Das Grundgehalt des Beamten, Richters oder Soldaten bestimmt sich nach der Besoldungsgruppe des ihm verliehenen Amtes." Die amtsangemessene Alimentation wird allerdings nach dem Nettoprinzip vollzogen: Würde nun beispielsweise die Netto-Alimentation eines Beamten, der sich in der Besoldungsgruppe A 12 befindet, regelmäßig oberhalb der Nettoalimentation eines Beamten der Besoldungsgruppe A 13 liegen, der sich in derselben Erfahrungsstufe befindet, demselben Familienstand angehört, nach derselben Steuerklasse besteuert wird und demselben Besoldungsgesetz unterliegt, läge eine Einebnung des rechtlich notwendigen Unterschieds vor.
In diesem Sinne betont das BVerfG in ständiger Rechtsprechung: "Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Gleichzeitig kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Die Wertigkeit wird insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die 'amts'-angemessene Besoldung ist notwendigerweise eine abgestufte Besoldung [...]. Die Organisation der öffentlichen Verwaltung stellt darauf ab, dass in den höher besoldeten Ämtern die für den Dienstherrn wertvolleren Leistungen erbracht werden. Deshalb muss im Hinblick auf das Leistungs- und das Laufbahnprinzip mit der organisationsrechtlichen Gliederung der Ämter eine Staffelung der Gehälter einhergehen." (vgl. Rn. 43 in der aktuellen Entscheidung)
Von daher kann keine Abstufung erfolgen, die den Gleichheitssatz im Sinne von Art. 3 GG negiert und aus dem in ständiger Rechtsprechung des BVerfG resultiert, dass "alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sowie wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln" ist (vgl. beispielsweise die Entscheidung vom 08.06.2016 - 1 BvR 3634/12 - Rn. 16). Da also in den beiden genannten Fällen juristisch eine qualitativ unterschiedliche Wertigkeit gegeben ist, also juristisch Ungleiches vorliegt, muss der genannte Beamte der Besoldungsgruppe A 13 über ein höheres Alimentationsniveau verfügen können als der entsprechende der Besoldungsgruppe A 12. Insofern sollte der Spielraum, mittels dem der Besoldungsgesetzgeber die Alimentation differenziert, begrenzt sein: Ein dem BBesG unterworfener Beamter in A 13 muss in Flensburg noch immer höher alimentiert werden als ein Münchener Bundesbeamte der Besoldungsgruppe A 12, der sich in derselben Erfahrungsstufe befindet, demselben Familienstand angehört und nach derselben Steuerklasse besteuert wird. JenermMünchner Bundesbeamten der Besoldungsgruppe A 12 kann aber zugleich ein Ortszuschlag gewährt werden, der seine Alimentation höher ausfallen lässt als die des entsprechenden Flensburger Bundesbeamten derselben Besoldungsgruppe, sofern die Unterkunftskosten an beiden Orten substanziell unterschiedlich sind.
In diesem Sinne hat das BVerfG in dem schon vorhin genannten Urteil entschieden: "Die Höhe der tatsächlich anfallenden Lebenshaltungskosten kann auch in regionaler Hinsicht differieren. Die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse unterscheiden sich regional teilweise erheblich, sodass unterschiedliche Nettobeträge erforderlich sein können, damit die Beamten in der Lage sind, sich in der Lebenswirklichkeit annähernd das Gleiche zu leisten. Es verletzt das Alimentationsprinzip daher nicht, sondern steht mit ihm im Einklang, wenn bei der Bemessung der Bezüge von Beamten, die das gleiche Amt innehaben, an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufungen vorgesehen werden, sofern sich solche regionalen Unterscheidungen nach Anlass und Ausmaß der Differenzierung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen lassen." (BVerfG-Urteil vom 06.03.2007 - 2 BvR 556/04 - Rn. 62; 2007 war das BVerfG noch davon ausgegangen, dass die nach Art. 72 GG als Staatsziel anzustrebene "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" trotz der regionalen Unterscheidungen noch so weit gelitten war, dass Besoldungsdifferenzierungen nicht zwangsläufig vorzunehmen seien - aktuell folgt es dieser Ansicht, verweist aber implizit darauf, dass die regionalen Unterschiede ein Ausmaß angenommen haben, dass das BVerfG ungefragt das Thema Ortszuschläge anspricht; vgl. in der aktuellen Entscheidung Rn. 61)
Denn durch den Ausgleich der höheren Kosten verfügen am Ende beide über ein annäherungsweise gleiches Alimentationsniveau, das wiederum ihrem Amt angemessen ist und wodurch sie sich in ihrer jeweiligen Lebenswirklichkeit annähernd das Gleiche leisten können, weshalb kein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliegt; denn so verstanden wird nun wesentlich Gleiches gleich behandelt - oder in den wiederkehrenden Worten des BVerfG: "Eine an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufung ist mit dem Alimentationsprinzip vereinbar, sofern sie sich vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen lässt" (vgl. in der gerade genannten aktuellen Entscheidung Rn. 61).