Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3963363 times)

PolareuD

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6780 am: 24.11.2024 10:26 »
Gab es denn eigentlich, um nochmal wirklich Hoffnung aufrechtzuerhalten irgendeine Aussage,
irgendein Interview in den letzten 2-3 Monaten, welche darauf hinweisen, dass 2025 eine Entscheidung verkündet werden könnte?

https://www.gdp.de/berlin/de/stories/2024/09/240927-never-ending-story-amtsangemessene-alimentation-entscheidung-des-bverfg-wahrscheinlich-nicht-mehr-in-diesem-jahr

https://www.komba-sh.de/fileadmin/user_upload/schleswig-holstein/pdf_dokumente/Infodienst/2024/bverfg_beamte.pdf

Reisinger850

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6781 am: 24.11.2024 12:13 »
Hmm danke. Das letzte schürt die Hoffnung für 2025

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6782 am: 24.11.2024 13:45 »
Aus Antworten aus aktuellen Anfragen verschiedener Akteure an das Bundesverfassungsgericht, die die bis in den Sommer ergangenen Darlegungen ergänzen und ggf. im Einzelnen auch differenzieren, kann man schließen, dass mit einer Entscheidung in den sog. Pilotverfahren in der ersten Jahreshälfte des kommenden Jahres gerechnet werden darf - da die Beratungen des Bundesverfassungsgerichts dem Beratungsgeheimnis unterliegen, wird es allerdings unmöglich sein, ihren konkreten Fortschritt zu ermessen. Der Weg zur Entscheidung ist aber vorgezeichnet:

Zur Vorbereitung der Beratung des Senats erstellt der Berichterstatter mitsamt seines Dezernats die Vorlage eines Votums, die den jeweiligen Fall inklusive seiner Vorgeschichte und der vom Bundesverfassungsgericht eingeholten Stellungnahmen darstellt, ihn ggf. ausführlich in die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einordnet, dabei auch die Probleme weiterer Rechtsgebiete referiert, sofern das notwendig ist (was in unserem Fall ggf. bspw. mindestens hinsichtlich des Sozialrechts, ggf. auch hinsichtlich des Familienrechts der Fall sein könnte), zugleich die Darlegungen der Rechtswissenschaft und zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen weiterer Gerichte betrachtet und einordnet, sofern sich das als ebenfalls notwendig darstellt (was sicherlich eher regelmäßig der Fall sein sollte), um mit einem Entscheidungsvorschlag zu enden. Diese Vorlage eines Votums ist noch kein Urteilsentwurf, wenn auch sicherlich in der Regel Teile von ihm in die spätere Urteilsbegründung mit einfließen (können).

Auf der Basis dieses verbindlich vorgelegten und zumeist umfangreichen Berichterstattervotums berät daraufhin der Senat in geheimer Beratung, was in der Regel ausführlich geschieht. Sofern sich die Beratung als kontrovers darstellt, kann es ggf. zu weiteren und dann auch eventuell umfangreicheren Verschriftlichungen kommen. Sofern das nicht der Fall ist, wird dennoch in der Regel eine ausführliche Beratung vollzogen, in der die Informationen des Berichterstattervotums abgewogen werden, um am Ende zu einer Entscheidung zu gelangen. Mit der Abstimmung endet die Beratung über die Entscheidung.

Im Anschluss erstellt der Bericherstatter auf Basis der Beratung einen Entscheidungsentwurf, der in einem weiteren geheimen Beratungsschritt - der sog. Leseberatung, d.h. zunächst in der Regel im Umlaufverfahren und am Ende mit der sog. "konsolidierten Fassung" von Angesicht zu Angesicht - beraten, dabei sicherlich, falls nötig, mindestens streckenweise Satz für Satz diskutiert (das höchstwahrscheinlich wohl eher im ersten Teil der Leseberatung, also schriftlich, auf den Weg hin zur konsolidierten Fassung) und entsprechend inhaltlich oder sprachlich verändert wird. In beiden Beratungsprozessen ist von Beginn an das Ziel, nach Möglichkeit zu einer für alle tragfähigen gemeinsamen Entscheidung zu gelangen; nach den Berichten ehemaliger BVR kommt es innerhalb der Beratung nicht selten auf Basis weiterer Argumente zur Änderung ursprünglicher Ansichten. Argumente werden dabei regelmäßig ausführlich abgewogen, sofern sich das als notwendig darstellt, nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass man nach Möglichkeit in beiden Beratungsschritten zu einer von allen getragenen Entscheidung gelangen kann. Am Ende wird ebenso über den Entscheidungsentwurf abgestimmt; im Anschluss erfolgt alsbald die Veröffentlichung auf der Internetseite des Bundesverfasungsgerichts, sofern die Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht als von hinreichendem öffentlichen Interesse betrachtet wird, hinsichtlich maßgeblicher Entscheidungen zum Besoldungsrecht zugleich verbunden mit einer Pressemitteilung.

Wie kontrovers die Ansichten heute im Zweiten Senat sind, kann nicht abgeschätzt werden. Rechtsdogmatisch ist die seit 2012 ergangene Rechtsprechung weitgehend eindeutig, sollte also eine Kontinuität auch in den nun aufgerufenen sog. Pilotentscheidungen zu erwarten sein, da die bislang seit 2012 erstellte neue Dogmatik zum Besoldungsrecht bereits recht weitgehende "Leitplanken" aufgestellt hat, die man nun kaum wieder umfangreicher entfernen könnte, ohne damit in sachlichem Widerspruch zur eigenen Argumentation zu geraten - zugleich muss aber ebenso in Rechnung gestellt werden, dass von den acht BVR, die 2017 und 2018 sowie 2020 an der aktuellen Entscheidung mitgewirkt haben (und von denen 2015 sieben an jenen beiden Entscheidungen mitgewirkt hatten), mittlerweile nur noch drei übrig sind, wir also die von 2015 bis 2020 herrschende Personenkontinuität heute weitgehend nicht mehr vorfinden; auch ist die aktuelle Rechtsprechung in einer Zeit gefallen, da die aktuellen wirtschaftlichen und haushälterischen Probleme sich noch weitgehend anders und also deutlich geringer gezeigt hatten. So verstanden können auch ggf. negative Überraschungen nicht ausgeschlossen werden - wären aber aus der bislang seit 2012 neu entwickelten Besoldungsdogmatik eher nicht zu erwarten, da eine Entscheidung sachgerecht im Rahmen insbesondere der bisherigen Rechtsprechung zu ergehen hat. Entsprechend stellt der Heidelberger Kommentar in der gebotenen Klarheit fest:

"Eine die genannten Funktionen erfüllende Entscheidungsbegründung muss neben der Wahrung der methodischen und dogmatischen Vorgaben [Anm.] ihrerseits schlüssig, möglichst auch im Gesamtkontext der Rechtsprechung des Gerichts widerspruchsfrei und wissenschaftlich redlich [Anm.] sein. Begründungsdefizite können dabei als Indiz dafür gelten, dass das BVerfG den Bereich des Rechtlichen zugunsten des Politischen verlassen hat. Gleiches gilt für Inkonsistenzen innerhalb der Rechtsprechung, zumal dann, wenn diese Inkonsistenzen und Rechtsprechungsänderungen nicht offen gelegt oder nicht plausibel begründet werden. [Anm.] Die Begründungspflicht erfüllt ihre Funktion dann, wenn das BVerfG die Begründungspflicht auch inhaltlich überzeugend ausfüllt." (Christian Burkiczak, Ders. Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2022, § 30 Rn. 23; Hervorhebung wie im Original)

Dabei sollte gleichfalls in Rechnung zu stellen sein, dass das Bundesverfassungsgericht mit der von ihm selbst so vorgenommenen Betrachtung als "Pilotverfahren" heute weiterhin in Aussicht stellt, dass mit ihrem Abschluss auch die bislang ergangene neue Besoldungsdogmatik im gewissen Sinne zum Abschluss kommt, sodass auf dieser Basis dann die mittlerweile 64 anhängigen Normenkontrollverfahren aus zwölf Bundesländern nach und nach schneller einer jeweiligen Entscheidung zugeführt werden können sollen (vgl. nicht zuletzt die letztjährige Entscheidung vom 21. Dezember 2023 - 2 BvL 3/19 - Vz 3/23 -, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/12/vb20231221_vz000323.html, Rn. 11 ff.). Wie das möglich sein sollte, sofern nun eine seit 2012 kontinuierte (und seit den 2000er Jahren vorbereitete) neue Dogmatik zum Besoldungsrecht nun nicht ohne größere Widersprüchlichkeiten fortgeführt werden sollte, würde ggf. in den Sternen stehen. Insofern verweisen insbesondere die vom Berichterstatter ausgeführte Begrifflichkeit der "Pilotverfahren" sowie seine entsprechende Betrachtung dafür, dass eher eine fortgeführte Kontinuität zu erwarten sein sollte:

"Es wird sich als effizient für die Bearbeitung aller anderen Vorlagen erweisen, zunächst solche Verfahren auszuwählen, die möglichst viele der zur Entscheidung gestellten Probleme aufwerfen und damit die Gelegenheit bieten, eine aktuelle Grundlage für die Befassung mit den nachfolgenden Verfahren zu schaffen, insbesondere die Frage zu klären, welche Sach- und Rechtsfragen in der vorliegenden verfassungsgerichtlichen Judikatur noch nicht behandelt worden sind und ob Anlass besteht, diese Judikatur im Hinblick auf seit den letzten Entscheidungen eingetretene Entwicklungen erneut zu hinterfragen." (Rn. 8 )

Betrachtet man also die zeitliche Dimension und vermittelt sie mit den aktuellen Darlegungen zum Verfahrensstand der Pilotverfahren, gehe ich davon aus, dass eine Entscheidung im ersten Halbjahr 2025 vorliegen sollte - nicht umsonst sieht sich der Senat als Folge der gerade genannten Entscheidung in der Pflicht, den anhängigen und zu einem nicht geringen Teil (über-)langen Verfahrensdauern Abhilfe zu verschaffen. Wenn es keine kontroversen Ansichten im Senat geben sollte, sollte eventuell noch eine Entscheidung im ersten Quartal 2025 - wenn auch eher an dessen Ende - möglich sein, denke ich. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die Senate in der Regel alle zwei bis drei Wochen an jeweils ein bis drei Tage zur Beratung zusammenkommen. Sollte sich der Senat also dazu veranlasst sehen, eine längere Beratungsdauer in einem der beiden Beratungsschritte vollziehen zu müssen, sollte eine Entscheidung im Verlauf des zweiten Quartals 2025 wahrscheinlich sein, vermute ich. Sollten sich beide Beratungen kontrovers gestalten, wäre ihr Ende nicht absehbar, allerdings nichtsdestotrotz dann für die zweite Jahreshälfte 2025 erwartbar.

Denn wie gesagt, der Senat sieht sich hinsichtlich der hohen Zahl an Vorlagen und deren nicht selten langen und auch in Teilen offensichtlich überlangen Verfahrensdauern in der Pflicht, so wie das die Beschwerdekammer in der gerade genannten Entscheidung ausgeführt hat, zu einer sichtbaren Beschleunigung der Rechtsprechung zu schreiten. Nicht umsonst sind zwischen der genannten Verzögerungsbeschwerde und heute über elf Monate vergangen, ohne dass die dort in Ausssicht gestellten Pilotverfahren bislang zu einem Abschluss gekommen wären. Irgendwann in nicht mehr allzu weiter Zukunft - davon sollte man ausgehen - sollten sich die genannten Verfahrenslängen nicht mehr sachlich rechtfertigen lassen. Nicht umsonst sind die bspw. die aufgerufenen bremischen Normenkontrollverfahren seit mittlerweile deutlich über acht Jahren in Karlsruhe anhängig und dürften vor ihrer Entscheidung entsprechend das neunte Jahr überschreiten. Das sachlich zu rechtfertigen, sollte Monat für Monat eher nicht einfacher werden, ist zu vermuten.

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6783 am: 24.11.2024 14:40 »
Andererseits haben wir sehr viele der Politik nahestehende Richter am BVerfG:
Stephan Harbarth (ehemals stv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion)
Josef Christ (ehemals Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundeskanzleramt)
Peter Frank (ehemals Leiter des Ministerbüros im bayerischen Justizministerium)
Miriam Meßling (ehemals Referatsleiterin im baden-württembergischen Innenministerium).
Thomas Offenloch (ehemals Persönlicher Referent des baden-württembergischen Justizministers)
Yvonne Ott (ehemals Referatsleiterin im hessischen Finanzministerium)
Heinrich Wolff (ehemals Referent im Bundesinnenministerium)

Auch die zahllosen Einflussversuche der Bundesregierung auf die doch so unabhängige Justiz sind gut dokumentiert. Allein zwischen dem 6. Mai 2022 und dem 8. November 2023 gab es mehr als 40 Treffen zwischen Ministern oder Staatssekretären mit Richtern der obersten Gerichtshöfe und des Bundesverfassungsgerichts einschl. Telefonate.
Deutsche Juristen haben in der deutschen Geschichte so gut wie nie eine rühmliche Rolle gespielt.
Der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofs, Günter Hirsch, schrieb über sie:
„Die Mehrheit der Richter beugte nicht das Recht. Aber viele beugten sich einem formellen Recht, auch wenn es materiell Unrecht war. Die Gefährlichkeit des Unrechtsstaates liegt ja nicht so sehr darin, dass er Richter frontal veranlasst, das Recht zu brechen – sondern darin, dass er Unrecht in Gesetzesform gießt und darauf setzt, dass Richter nicht mehr nach dem Recht fragen, wenn sie ein Gesetz zur Hand haben.“

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6784 am: 24.11.2024 15:05 »
Andererseits haben wir sehr viele der Politik nahestehende Richter am BVerfG:
Stephan Harbarth (ehemals stv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion)
Josef Christ (ehemals Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundeskanzleramt)
Peter Frank (ehemals Leiter des Ministerbüros im bayerischen Justizministerium)
Miriam Meßling (ehemals Referatsleiterin im baden-württembergischen Innenministerium).
Thomas Offenloch (ehemals Persönlicher Referent des baden-württembergischen Justizministers)
Yvonne Ott (ehemals Referatsleiterin im hessischen Finanzministerium)
Heinrich Wolff (ehemals Referent im Bundesinnenministerium)

Auch die zahllosen Einflussversuche der Bundesregierung auf die doch so unabhängige Justiz sind gut dokumentiert. Allein zwischen dem 6. Mai 2022 und dem 8. November 2023 gab es mehr als 40 Treffen zwischen Ministern oder Staatssekretären mit Richtern der obersten Gerichtshöfe und des Bundesverfassungsgerichts einschl. Telefonate.
Deutsche Juristen haben in der deutschen Geschichte so gut wie nie eine rühmliche Rolle gespielt.
Der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofs, Günter Hirsch, schrieb über sie:
„Die Mehrheit der Richter beugte nicht das Recht. Aber viele beugten sich einem formellen Recht, auch wenn es materiell Unrecht war. Die Gefährlichkeit des Unrechtsstaates liegt ja nicht so sehr darin, dass er Richter frontal veranlasst, das Recht zu brechen – sondern darin, dass er Unrecht in Gesetzesform gießt und darauf setzt, dass Richter nicht mehr nach dem Recht fragen, wenn sie ein Gesetz zur Hand haben.“

Ich kann mit solchen Pauschalisierungen, wie Du sie im am Ende darstellst, nicht viel anfangen, lotsch. Ein Vergleich der aktuellen bundesdeutschen Richterschaft mit den furchtbaren Juristen der NS-Zeit erachte ich als so haltlos wie unangebracht.

Darüber hinaus sind die letzten Entscheidungen zum Besoldungsrecht einstimmig ergangen und also vom ehemaligen Ministerpräsidenten des Saarlands sowie ehemaligen Innenminister der Landes Thüringen mitgetragen worden. Ich kann nicht erkennen, wie das möglich sein sollte, sofern es entsprechende Einflussnahmen gegeben hätte, wie Du sie im zweiten Absatz unterstellst, und sofern sie entsprechende Wirkung entfaltet hätten. Dass Verfassungsorgane miteinander sprechen, sollte offensichtlich weniger ein Nachteil als ein Vorteil unserer Republik sein; denn sachliche Gespräche haben zumeist eine befriedende Wirkung. Würde es darüber hinaus aktuell entsprechende Versuche der Einflussnahme geben, wie Du sie unterstellst, obgleich sie von keinem ehemaligen BVR der letzten Jahre bestätigt worden wären, und hätten sie darüber hinaus irgendeine entsprechende Wirkung gehabt haben sollen, hätte die Rechtsprechung nicht nur des Bundesverfassungsgerichts in maßgeblichen Entscheidungen der letzten Jahre sicherlich anders ausgesehen.

Unser Justizwesen funktioniert in der Bundesrepublik bei allen Ausnahmen, die die Regel bestätigen, weiterhin so geräuschlos wie effektiv, jedenfalls in Anbetracht der Personalnot, die allenthalben zu konstatieren ist. Dass dem im ersten Fall so bleibt und sich im zweiten dann im Verlauf der nächsten Jahre aufhellt, dafür sollte eine amtsangemessene Alimentation im Sinne ihrer Funktion in den nächsten Jahren mit sorgen müssen.

Reisinger850

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6785 am: 24.11.2024 15:14 »
Vielen Dank @Swen für die ausführliche, hoffnungsvolle Antwort.

SwenTanortsch

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« Antwort #6786 am: 24.11.2024 15:36 »
Gern geschehen, Reisinger - wobei mancher derer, die das, was ich hier schreibe, lesen, ggf. von dem, was ich in dem Beitrag geschrieben haben, weniger Hoffnung ableiten werden (können), als das noch im Frühherbst der Fall gewesen wäre. Denn dort war ich auf Grundlage der abgeschlossenen Einforderung von Stellungnahmen davon ausgegangen, dass mit einer Entscheidung ab frühestens Ende des Jahres und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit im Verlauf des ersten Quartals 2025 gerechnet werden könnte.

Heute gehe ich eher davon aus, dass es im besten Fall eine Entscheidung im ersten Quartal 2025 geben wird und dann auch eher gegen dessen Ende als zu seinem Beginn. Darüber hinaus halte ich es allerdings weiterhin für wahrscheinlich, dass im Gefolge der Entscheidung in den Pilotverfahren sich anschließende Entscheidungen schneller ergehen werden, ggf. noch 2025. Je früher im Jahr 2025 über die Pilotverfahren entschieden werden wird, desto größer die Wahrscheinlichkeit für weitere Entscheidungen im nächsten Jahr. Man muss weiterhin davon ausgehen, dass im Gefolge der Pilotentverfahren der Berg an heute deutlich über 60 anhängige Normenkontrollverfahren deutlich schneller abgearbeitet werden wird.

lotsch

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« Antwort #6787 am: 24.11.2024 16:45 »
Andererseits haben wir sehr viele der Politik nahestehende Richter am BVerfG:
Stephan Harbarth (ehemals stv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion)
Josef Christ (ehemals Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundeskanzleramt)
Peter Frank (ehemals Leiter des Ministerbüros im bayerischen Justizministerium)
Miriam Meßling (ehemals Referatsleiterin im baden-württembergischen Innenministerium).
Thomas Offenloch (ehemals Persönlicher Referent des baden-württembergischen Justizministers)
Yvonne Ott (ehemals Referatsleiterin im hessischen Finanzministerium)
Heinrich Wolff (ehemals Referent im Bundesinnenministerium)

Auch die zahllosen Einflussversuche der Bundesregierung auf die doch so unabhängige Justiz sind gut dokumentiert. Allein zwischen dem 6. Mai 2022 und dem 8. November 2023 gab es mehr als 40 Treffen zwischen Ministern oder Staatssekretären mit Richtern der obersten Gerichtshöfe und des Bundesverfassungsgerichts einschl. Telefonate.
Deutsche Juristen haben in der deutschen Geschichte so gut wie nie eine rühmliche Rolle gespielt.
Der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofs, Günter Hirsch, schrieb über sie:
„Die Mehrheit der Richter beugte nicht das Recht. Aber viele beugten sich einem formellen Recht, auch wenn es materiell Unrecht war. Die Gefährlichkeit des Unrechtsstaates liegt ja nicht so sehr darin, dass er Richter frontal veranlasst, das Recht zu brechen – sondern darin, dass er Unrecht in Gesetzesform gießt und darauf setzt, dass Richter nicht mehr nach dem Recht fragen, wenn sie ein Gesetz zur Hand haben.“

Ich kann mit solchen Pauschalisierungen, wie Du sie im am Ende darstellst, nicht viel anfangen, lotsch. Ein Vergleich der aktuellen bundesdeutschen Richterschaft mit den furchtbaren Juristen der NS-Zeit erachte ich als so haltlos wie unangebracht.

Darüber hinaus sind die letzten Entscheidungen zum Besoldungsrecht einstimmig ergangen und also vom ehemaligen Ministerpräsidenten des Saarlands sowie ehemaligen Innenminister der Landes Thüringen mitgetragen worden. Ich kann nicht erkennen, wie das möglich sein sollte, sofern es entsprechende Einflussnahmen gegeben hätte, wie Du sie im zweiten Absatz unterstellst, und sofern sie entsprechende Wirkung entfaltet hätten. Dass Verfassungsorgane miteinander sprechen, sollte offensichtlich weniger ein Nachteil als ein Vorteil unserer Republik sein; denn sachliche Gespräche haben zumeist eine befriedende Wirkung. Würde es darüber hinaus aktuell entsprechende Versuche der Einflussnahme geben, wie Du sie unterstellst, obgleich sie von keinem ehemaligen BVR der letzten Jahre bestätigt worden wären, und hätten sie darüber hinaus irgendeine entsprechende Wirkung gehabt haben sollen, hätte die Rechtsprechung nicht nur des Bundesverfassungsgerichts in maßgeblichen Entscheidungen der letzten Jahre sicherlich anders ausgesehen.

Unser Justizwesen funktioniert in der Bundesrepublik bei allen Ausnahmen, die die Regel bestätigen, weiterhin so geräuschlos wie effektiv, jedenfalls in Anbetracht der Personalnot, die allenthalben zu konstatieren ist. Dass dem im ersten Fall so bleibt und sich im zweiten dann im Verlauf der nächsten Jahre aufhellt, dafür sollte eine amtsangemessene Alimentation im Sinne ihrer Funktion in den nächsten Jahren mit sorgen müssen.

Du bist der Historiker und kannst das bestimmt besser beurteilen, wie aus angesehenen, rechtstreuen Juristen, solche wurden, wie sie der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofs, Günter Hirsch, beschrieben hat. Für mich auffällig ist, dass es kurz darauf, in der ehemaligen DDR, wieder solche Juristen gab. In beiden Fällen waren die Juristen fest davon überzeugt die Rechtsordnung zu vertreten und dem Staat damit zu dienen. Das mit dem Unrecht in Gesetzesform gießen, was Hirsch beschreibt, kommt mir aber schon bekannt vor, und wurde auch schon von dir vorsätzlicher Verfassungsbruch genannt. Ich hoffe natürlich auch, dass die Entscheidungen heute rechtlich souverän nach unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung gefällt werden, wie du es beschreibst. Irgendwelche Vergleiche zur NS-Zeit oder zur DDR-Zeit wollte ich nicht machen und wären angesichts der unvorstellbaren Grausamkeiten auch völlig unangebracht.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6788 am: 24.11.2024 18:21 »
Ein zentrales Problem der Weimarer Republik war insbesondere die hohe Zahl an un- und antidemokratischen Richtern und Staatsanwälten älterer Generation und die große Zahl an der Republik bestenfalls fremd gegenüberstehenden jungen Juristen sowie der weiterhin weithin ungebrochene Rechtspositivismus, der also - anders als das Bundesverfassungsgericht weitgehend von Beginn an das Grundgesetz - die Weimarer Reichsverfassung und die darin festgeschriebenen Grundrechte, die ebenfalls anders als im Grundgesetz nicht zu Beginn, sondern erst im zweiten Hauptteil festgeschrieben wurden, nicht als juristischen Ausdruck von Werten verstand. Während das Bundesverfassungsgericht in der Auslegung des Grundgesetzes, dem Wert oder der Funktion einer Verfassungsnorm den größtmöglichen Effekt unter den jeweils gegebenen Bedingungen zusprechen will und damit die Grundrechte und so den Grundrechtsschutz im Verlauf der letzten über 70 Jahre zum tragenden Programm unseres demokratischen Zusammenlebens gemacht hat, haben sie in der Republik von Weimar eine allenfalls nur dürre Ausformung gefunden, was auch daran lag, dass der Staatsgerichtshof keine größere Rolle in ihrer Verfassungswirklichkeit gespielt hat und der Grundrechtsschutz eben in der rechtspositivistischen Methodenlehre eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat.

Unser Rechtssystem, das tragend von Art. 1 Abs. 1 GG ausgeht, ist in vielfacher Hinsicht ein - zum Glück! - vom Weimarer geschiedenes. Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht unlängst nach seiner Gründung mit dem Rechtspositivismus alter Schule gründlich gebrochen und uns damit eine Auslegung des Grundgesetzes geschenkt, die maßgeblich den demokratischen Diskurs in der Republik mit geprägt hat und ihn stetig weiter prägt. Darin liegt eine historische und immer wieder zu aktualisierende Leistung, die gar nicht hoch genug wertgeschätzt werden kann - und zwar bei aller notwendigen Kritik im Einzelnen, die gleichfalls Teil des Diskurses sein muss. Die Werthaftigkeit unserer Demokratie und damit auch ihre, falls nötig, Wehrhaftigkeit sind maßgeblich vom Bundesverfassungsgericht mit ausgeformt worden und haben auch von ihm aus ihren Weg in die Köpfe und Herzen der Bevölkerung gefunden; daran konnten bislang in der Geschichte der Bundesrepublik extremistische Spinner von rechts und links zum Glück nichts Grundlegendes ändern, auch wenn sie genau das in ihren antidemokratischen Spinnereien in Wellenbewegungen immer wieder versucht haben. Bislang sind ihre auf Sand gebauten Ideologien regelmäßig von den Fluten des Grundgesetzes weggespült worden.

Freddy24

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6789 am: 25.11.2024 01:15 »
Sehr geehrter Swen, ich zolle Dir höchsten Respekt für Deine Arbeit in diesem Forum. Als pensionierter Richter blicke ich allerdings aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung etwas skeptischer auf die Richterschaft. Ich bin zwar bis auf eine Abordnungszeit nur in der ersten Instanz tätig gewesen, habe aber viele Richter erlebt, die ihre Robe in den Wind gehängt haben, weil sie sich davon bessere Beförderungsaussichten erhofft haben. Nun stehen bei Richtern am BVerfG Beförderungsaussichten nicht im Vordergrund, es dürfte aber Loyalitäten oder zumindest Prägungen aus Vorbeschäftigungen geben. Angesichts des in SH mittlerweile 17 Jahre anhaltenden Verfassungsbruches bei der amtsangemessenen Besoldung kann ich nur hoffen, dass das BVerfG den Tricksereien des Besoldungsgesetzgebers bald ein Ende setzt, da sonst endgültig Zustände wie in einer Bananenrepublik drohen.

Rentenonkel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6790 am: 25.11.2024 08:10 »
@Swen: Vielen Dank für Deine Überlegungen zu den Ortszuschlägen. Dann bin ich mal gespannt, was der Gesetzgeber sich alternativ einfallen lässt, um möglichst Geld einzusparen. Allerdings habe ich bei meinen Überlegungen tatsächlich nicht auf das Endergebnis schauen wollen, sondern habe zunächst einfach versucht, zu überlegen, ob es zu dem Gießkannenprinzip noch Alternativen gibt, die die persönliche Situation der Beamten stärker in den Blick nimmt, um sie dann mit dem vom BVerfG entwickelten Prüfschema gegen zu checken.

Themenwechsel: Für mich drängt sich eher auf, dass es bei den Terminen zwischen Gericht und dem Gesetzgeber auch darum geht, einen Kompromiss zu finden. Diesen Kompromiss kennt man ja auch aus dem Strafrecht. Ein primäres Ziel der Besoldungsgesetzgeber scheint jedenfalls erreicht worden zu sein: Zeit zu schinden in der Hoffnung, dass nur ein Bruchteil der Beamten einen statthaften Widerspruch einlegen und so zumindest für die Vergangenheit Fakten zu schaffen und in erheblichem Umfang Geld einzusparen.

Wenn die Entscheidung im Jahre 2025 kommt, dann nach meinem Bauchgefühl sicherlich erst nach den Koalitionsgesprächen, damit die neue Regierung einen vorläufigen Haushalt machen kann, ohne dieses Urteil dabei berücksichtigen zu müssen, um den Haushalt nach Auswertung des Urteils für das Jahr 2026 neu zu diskutieren und dann Wahlversprechen doch nicht umsetzen zu müssen/können, weil ja wegen den exorbitant gestiegenen Personalkosten völlig überraschend doch viel Geld fehlt.  ;)

Ausserdem, so denke ich, wird es dennoch so sein, dass der Weg zur amtsangemessenen Alimentation auch nach diesem Urteil noch nicht am Ende ist, weil der Gesetzgeber Erhöhungen nur nach der Salami Taktik zulassen wird.

@NordWest: Die Versorgung ist nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens, könnte allerdings mittelbar davon profitieren. Da die Versorgung ein weiterer Strang neben dem Strang der kinderreichen Beamten der Beamtenbesoldung ist, wird dieser vermutlich in den nächsten Jahren das BVerfG noch beschäftigen. Da kriegen wir dann vermutlich die nächsten 1000 Seiten voll.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6791 am: 25.11.2024 08:37 »
Hab Dank für Deine Worte, Freddy, über die ich mich gefreut habe!

Jede Profession hat ja so ihre eigenen Gepflogenheiten, die dann als Vorurteile ihr Bild in der Gesellschaft mit prägen und damit mindestens immer einen wahren Kern haben. Bei uns Lehrer sind's die faulen Säcke, die morgens Recht und nachmittags Freizeit haben, bei den Richtern als Juristen ist's ein eher konservativer Zug, gepaart mit einem Hang zum Opportunismus. Insgesamt dürften die einzelnen, wenn auch in ihrer Profession spezifisch vor- und weitergeprägten Charaktere ob ihrer schieren Zahl aber weit überwiegend ein Spiegelbild der Gesellschaft, also kaum eine Berufsgruppe in ihren Vertretern unendlich viel besser oder schlechter als der Rest der Gesellschaft sein. Das war sicherlich kaum anders in der Weimarer Republik, die ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre zunehmend eine "Republik ohne Republikaner" wurde (und an ihrem Ende sicherlich noch immer viele Republikaner kannte), und ist auch heute so.

Zugleich wird es die von Dir genannte Vorprägung auch bei den BVR geben, die darüber hinaus mit der staatstragenden Funktion als Verfassungsorgan verbunden ist. Darüber hinaus ist ja wie angerissen die Personenkontinuität zwischen 2012/15 und 2020 heute nicht mehr gegeben, so wie die Berichterstatter heute andere sind als vormals der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, dem das Thema Besoldung von Richtern und Beamten bekanntlich eine besondere Herzensangelegenheit gewesen ist und der sicherlich maßgeblich mit dafür gesorgt haben wird, dass der vormalige Senat von der Dringlichkeit der Thematik für die Statik unseres demokratischen Gemeinwesens überzeugt gewesen ist.

Ob das im aktuellen Senat noch ebenfalls so ist, dessen Vizepräsidentin und dessen Berichterstatter in den Pilotverfahren seit 2014 BVR sind, während eine weitere BVR das seit 2016 ist und die weiteren fünf es erst im Juni 2020 sowie jeweils im Januar und Dezember 2023 geworden sind, wissen wir nicht, werden wir aber mit einiger Wahrscheinlichkeit im Verlauf des Jahres 2025 erfahren. Denn der zu erwartende Abschluss der Pilotverfahren sollte die neue Dogmatik zum Besoldungsrecht, wie ja auch mehr oder minder vom aktuellen Berichterstatter der Pilotverfahren ausgeführt, weitgehend vollenden.

Sofern diese Vollendung im Sinne des vormaligen Senats geschehen sollte, dürfen wir insbesondere eine weitere Betrachtung der prozeduralen Anforderungen erwarten,

- die in der Einhegung des Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers durch die Verpflichtung, sich der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 33 Abs. 5 GG selbst zu vergewissern, münden dürfte;

- die den Einbezug des Partneinkommens bei der Betrachtung des Mindestabstandsgebots bestenfalls über das Bestehen einer salavatorischen Klausel betrachtet und dabei bereits auf die ggf. mittelbar geschlechterdiskriminerende Wirkung solche Regelungen verweist bzw. den Kontrollmaßstab der Alleinverdienerannahme ein weiteres Mal als aus der bisherigen Besoldungspraxis und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung ableitet und ihn als solchen ggf. auch festschreibt, da für ihn Leitbildbetrachtungen keine Rolle spielen können, es also als ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentum zu betrachten wäre (und also so auch betrachtet werden würde), dass Richter und Beamte wirtschaftlich so zu stellen wären, dass sie ihre Familie als Alleinverdiener ernähren können, es also ihre Alimentation ihnen ermöglichen muss, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher wie wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen, also weiterhin zu bestätigen, dass sie nicht allein dem Lebensunterhalt dient, sondern – angesichts der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit – zugleich eine qualitätssichernde Funktion hat, was bekanntlich ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist;

- die den realitätsgerechten Gehalt der für die Betrachtung des Mindestabstandsgebots hinreichend zu betrachtenden Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie des monetären Gegenwerts der Sozialtarife und dabei insbesondere mit erweiterten Blick auf die Kosten, die Familien mit Kindern aus deren Betreuung nicht zuletzt im Vorschulalter erwachsen, weitgehender in der Blick nimmt, als das bislang geschehen ist;

- und die darüber hinaus eventuell erste Konsequenzen aus den langen Verfahrensdauern für den 15-jährigen Betrachtungszeitraum hinsichtlich der ersten drei Parameter der ersten Prüfungsstufe zieht, da man ggf. nicht - wie das unlängst der ehemalige BVR Huber im nordrhein-westfälischen Gesetzgebungsverfahren einleitend so vollzogen hat - einerseits von einem über 25 Jahre währenden Prozess einer gewissen Abkoppelung der Beamtenbesoldung von der allgemeinen Lohnentwicklung ausgehen könnte, um andererseits dann einen nur 15-jährigen Betrachtungszeitraum festzulegen, der also dann bereits eine im gewissen Sinne abgekoppelte Besoldung zur Grundlage machte, um sie mit der aktuellen Situation zu vergleichen.

Da der erste der vier genannten Prozesse sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Entscheidungsbegründung zu den angekündigten Pilotverfahren wird finden lassen, wird es offensichtlich nur umso mehr darauf ankommen, ob der Senat überhaupt etwas und falls ja, was er hinsichtlich der nächsten drei Spiegelstriche sagen wird. Dabei sollte die Wahrscheinlichkeit, dass er zu jenen Themenfeldern etwas sagt, mit abnehmender Reihenfolge tendenziell ebenfalls abnehmend sein, vermute ich. Sofern er sich hier also äußert, dürfte man weitere Ableitungen über seine zukünftige Rechtsprechung tätigen können - wobei wir davon ausgehen können, dass wir noch vielfach weitere Textpassagen in der Entscheidungsbegründung vorfinden werden, die uns begründete Vermutungen erlauben lassen dürften, wohin die Reise alsbald hinsichtlich der Rechtsprechung zum Besoldungsrecht gehen wird.

Ergo: Mit einer eher geringeren Wahrscheinlichkeit, vermute ich, werden wir im ersten Quartal des nächsten Jahres etwas schlauer sein, mit einer größeren im zweiten - und wenn wir bis dahin weiterhin nichts aus Karlsruhe gehört haben werden, werden wir uns weitere Gedanken machen können, was wann wo wieso weshalb warum wohl wahrscheinlich wartend gestellt worden ist oder werden wird. Ob's dann ein Satz mit x, u oder w werden würde, würde sich xeigen ussen.

@ Rentenonkel

Ich bin mit allem, was Du schreibst, d'accord.

HansGeorg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6792 am: 25.11.2024 09:31 »
Frage: Selbst wenn es zu einem Urteil kommt, bedeutet dies ja nicht, dass dann am nächsten 1. mehr Geld auf dem Konto ist. Es müssen dazu ja noch Gesetze erlassen werden. Kann sich der Gesetzgeber dazu unendlich Zeit lassen oder gibt es da Fristen?

Saggse

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6793 am: 25.11.2024 10:00 »
Frage: Selbst wenn es zu einem Urteil kommt, bedeutet dies ja nicht, dass dann am nächsten 1. mehr Geld auf dem Konto ist. Es müssen dazu ja noch Gesetze erlassen werden. Kann sich der Gesetzgeber dazu unendlich Zeit lassen oder gibt es da Fristen?
Eine wie auch immer geartete Fristsetzung ist nur dann sinnvoll, wenn sie mit einer Konsequenz bei Nichteinhaltung verbunden ist. Daher: Nein, das BVerfG verfügt nicht über die nötigen Werkzeuge, dem Gesetzgeber eine Frist zu setzen. Es kann jedoch andere Akteure mit der Vollstreckung seiner Anordnung beauftragen, die es für "kooperativer" hält als den Gesetzgeber. Ich weiß aber nicht, ob das überhaupt schon mal passiert ist.

Verwaltungsgedöns

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6794 am: 25.11.2024 10:29 »
Man wird einfach wie in Hamburg wieder ein verfassungswidriges Besoldungsgesetz erlassen. Anschließend können dann wieder alle 15 Jahre lang widersprechen und klagen.