Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 5474184 times)

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14370 am: 26.09.2024 10:49 »


Das grundrechtsgleiche Recht ist eine Alimentation, welche den vom BVerfG vorgegebenen Kontrollmaßstäben genügt und sämtliche weiteren o.g. verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt. Ich glaube bis zu dieser Aussage haben wir keinen Dissenz?

Politische Familienmodelle können sich die Besoldungsgesetzgeber ausdenken wie Sie mögen. Diese können jedoch nicht als Ersatz für die Kontrollmaßstäbe herangezogen werden, sondern nur hinzutreten. Es steht den Gesetzgebern innerhalb Ihres weiten Gestaltungsspielraumes gerade nicht zu den Verwaltungs- und Verfassungsgerichten deren Kontrollmaßstäbe zu diktieren.

1. korrekt
2. da bin ich mir unsicher - die Kontrollmaßstäbe könnte man ja auch mal an anderen Modellen anwenden.

Du schlägst also eine wesentlich niedirgere Single-Besoldung und wesentlich höhere (115% der sozialen Grundsicherung) Familienzuschläge für den Ehegatten und K1+2 vor? Damit würde man Bewerber ohne Familie wohl endgültig vergraulen. Und das "Verständnis der Bevölkerung" einem Beamten allein aufgrund seiner Eheschließung z.B. 1.000,00 EUR mehr zu zahlen, dürfte auch nicht so ausgeprägt sein.
Ich rege nur zum Nachdenken an. Daher: Warum erhält der Singe-Beamte die Besoldung für 4 Personen?

Ansonsten würde die Eheschließung keine zwingende Erhöhung der Besoldung beinhalten, denn der Ehepartner kann auch für sich selbst sorgen und müsste nicht mit-alimentiert werden. Stichwort: Änderung der gesellschaftlichen Realitäten

Ich zitiere dazu mal BVR a.D. Di Fabio, weil der wohl juristisch gebildeter ist als wir alle (na ja ... bei Swen wäre ich mir zumindest hinsichtlich dieses einen Spezialgebietes nicht mehr so sicher): "Das Amtsverständnis von Art. 33 Abs. 5 GG ist individuell auf die Amtsinhaberin oder den Amtsinhaber bezogen und kann deshalb nicht sozial „kontextualisiert“ werden. Im Übrigen ist der Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes nach wie vor gültig." (https://www.dbb-nrw.de/fileadmin/user_upload/www_dbb-nrw_de/pdf/NRW_Magazin_2024/NRW_Magazin_5_2024_internet.pdf)
Di Fabio argumentiert da innerhalb des 4K-Modells. Ich bin für einen individuellen Bezug des Amtsinhabers und nur auf ihn. Insoweit käme es zu einer sozialen Kontextualisierung nur im Bezug auf Kinder, die aktuell auch schon (verfassungskonform) eine höhere Besoldung auslösen.



1. Wäre ich mir da bei Hochpreisregionen gar nicht uneingeschränkt sicher und

2. müssten dann die Familienzuschläge für Partner sowie K1+2 erheblich angehoben werden, damit aus diesen zusammen dann wieder die 4K-Familie auf 115% der Grundsicherung kommt. Diese Zuschläge sind lt. BVerfG jedoch ausdrücklich nur als Detailregelungen zulässig. Ab welchem Verhältnis von Grundgehalt und Zuschlägen das nicht mehr gegeben ist, wurde bisher noch nicht ausgeurteilt. Daneben wäre diese erhebliche Erhöhung der Familienzuschläge sachgerecht (wozu rein fiskalische Erwägungen gerade nicht zählen) zu begründen, was nicht möglich sein dürfte.

1. Wenn man mit der geringstmöglichen Besoldung unbedingt in einer Hochpreisregion leben möchte, der muss im Zweifelsfall mit Einschränkungen leben. Aus meienr Sicht sollte nicht das geringste Einkommen in der teuersten Region ein Maßstab sein.

2. lass mal den Ehepartner außen vor - der kann für sich selbst sorgen. Ich spreche ja von neuen, gesellschaftlich aktuellen Modellen. Dazu gehört auch, dass der andere Elternteil die Kinder ebenfalls finanziell unterhalten muss. Insofern bräuchte es auch keinen 100%-tigen Unterhalt durch den verbeamteten Elternteil.

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14371 am: 26.09.2024 10:51 »
Mir, als A8er mit 3 Kindern, ist es doch völlig egal, was ein Angestellter bei VW, Porsche, BMW oder Audi verdient. Für mich zählt, dass Bürgergeldler mit 3 Kindern aus meinem fernen Bekanntenkreis endlich aufhören darüber zu lachen, dass ich jeden Tag zur Arbeit fahre.
Absolut - das wäre durch staatliche Methoden möglich, indem man den entfernten Bekannten zur Arbeit motiviert. Dein Einkommen ist dafür unerheblich.

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14372 am: 26.09.2024 10:54 »
Ist ein normaler Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft in der Funktion eines Beamten vergleichbar?

Ja, natürlich. Bei ähnlicher Aufgabe und ähnlicher Ausbildung sollte das Gehalt auch in etwa ähnlich sein. Dazu noch ein gewisser Aufschlag für den Beamten, mit dem die von dir geschilderten Nachteile ausgeglichen werden.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14373 am: 26.09.2024 11:09 »
ABER: Auch ein neu kalibriertes Modell (beispielsweise am Single-Beamten) müsste die vorgegebenen Grundsätze (Leistungsprinzip, Ämterwertigkeit, Binnenabstandsgebot, usw. usf.) beachten und würde somit ebenfalls zwingend eine deutliche Anhebung aller Besoldungen beinhalten.

Das verstehe ich noch nicht so ganz - warum sollte ein anderes Modell zwingend eine deutliche Anhebung der Besoldungen beinhalten?

Eine Besoldung von netto 2.000 € (A3/1) sollte doch für einen Single-Beamten deutlich über den 115% Bürgergeld liegen.

Ganz einfach (wurde ja auch schon von @Malkav angerissen): Aufgrund des Leistungsprinzips und der Ämterwertigkeit müsste dann natürlich für den Single-Beamten ein völlig neuer Abstand zur Grundsicherung definiert werden.

Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass die Besoldung im Binnenvergleich zwischen den Besoldungsgruppen (bei Beamten mit bis zu zwei Kindern) unter anderem die "vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung", die "Verantwortung des Amtes" sowie die "Beanspruchung des Amtsinhabers (Leistung)" angemessen widerspiegelt, was sie laut Grundgesetz jedoch tun muss.

Konkret: Bei einem zu niedrigen Grundgehalt würde beispielsweise ein quasi ungelernter A4 mit zwei Kindern (die dann natürlich zwingend mit 115% alimentiert werden müssten) bereits an seinem allerersten Arbeitstag eine höhere Besoldung erhalten als ein studierter kinderloser A13 oder A14 im höheren Dienst, der schon seit vielen Jahren verbeamtet ist. Dies stünde in direktem Widerspruch zu obiger Forderung aus Art. 33 GG.

NelsonMuntz

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14374 am: 26.09.2024 11:15 »

Konkret: Bei einem zu niedrigen Grundgehalt würde beispielsweise ein quasi ungelernter A4 mit zwei Kindern (die dann natürlich zwingend mit 115% alimentiert werden müssten) bereits an seinem allerersten Arbeitstag eine höhere Besoldung erhalten als ein studierter kinderloser A13 oder A14 im höheren Dienst, der schon seit vielen Jahren verbeamtet ist. Dies stünde in direktem Widerspruch zu obiger Forderung aus Art. 33 GG.

Nein, das lässt sich ganz einfach lösen: Wenn das Kindergeld auf 115% des Existenzminimums erhöht würde, ergäbe sich jene unterschiedliche Besoldung schlicht nicht, weil die Alimentation der Kinder über einen anderen Weg erfolgt.

Das klingt unangemessen raffgierig? Naja, so ist das eben ;)

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14375 am: 26.09.2024 11:16 »
Ganz einfach (wurde ja auch schon von @Malkav angerissen): Aufgrund des Leistungsprinzips und der Ämterwertigkeit müsste dann natürlich für den Single-Beamten ein völlig neuer Abstand zur Grundsicherung definiert werden.

Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass die Besoldung im Binnenvergleich zwischen den Besoldungsgruppen (bei Beamten mit bis zu zwei Kindern) unter anderem die "vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung", die "Verantwortung des Amtes" sowie die "Beanspruchung des Amtsinhabers (Leistung)" angemessen widerspiegelt, was sie laut Grundgesetz jedoch tun muss.

Konkret: Bei einem zu niedrigen Grundgehalt würde beispielsweise ein quasi ungelernter A4 mit zwei Kindern (die dann natürlich zwingend mit 115% alimentiert werden müssten) bereits an seinem allerersten Arbeitstag eine höhere Besoldung erhalten als ein studierter kinderloser A13 oder A14 im höheren Dienst, der schon seit vielen Jahren verbeamtet ist. Dies stünde in direktem Widerspruch zu obiger Forderung aus Art. 33 GG.

Die ersten beiden Absätze verstehe ich; den letzten jedoch nicht.

Was spricht gegen folgende Annahmen:
- Besoldung jetzt wird definiert als ausreichend für den Beamten
- (Ehe)partner unterhält sich selbst
- (Ehe)partner unterhält die Kinder zur Hälfte
- Ab dem erstem Kind gibt es halbe Kinderzuschläge die den Abstand zum Bürgergeld sicherstellen

Dadurch würde eine höhere Besoldung als nen A13-Beamter vermieden werden.

Taigawolf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14376 am: 26.09.2024 11:23 »
Hmmm, an anderer Stelle wurde mal geschrieben, dass wir es hier durchaus mit der Konsequenz einer selbst gewählten Lebensentscheidung zu tun haben. Gilt für die A8 genauso, wie für 3 Kinder.

Echt, das ist so ;)

Stellt sich nur die Frage, wie eine solche Reaktion auf einen Arbeitenden überhaupt entstehen kann? Da liegt doch das eigentliche Problem. Das ist schließlich politisch verschuldet und könnte geändert werden. Auf jeden Fall zeigt es, dass es auf Dauer für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt nicht förderlich ist, wenn solche Reaktionen entstehen. Dieses Problem weitet sich dann auf Dauer eben auf jene Politiklandschaft aus, die eine solche Reaktion überhaupt aus der Grube der Absurdität geholt hat.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14377 am: 26.09.2024 11:30 »


Die ersten beiden Absätze verstehe ich; den letzten jedoch nicht.

Was spricht gegen folgende Annahmen:
- Besoldung jetzt wird definiert als ausreichend für den Beamten
- (Ehe)partner unterhält sich selbst
- (Ehe)partner unterhält die Kinder zur Hälfte
- Ab dem erstem Kind gibt es halbe Kinderzuschläge die den Abstand zum Bürgergeld sicherstellen

Dadurch würde eine höhere Besoldung als nen A13-Beamter vermieden werden.

Das klingt auf den ersten Blick nachvollziehbar. Auf den zweiten offenbaren sich hier aber einige Fehlannahmen.
Die Besoldung eines A3 ungelernten Beamten kann man als ausreichend bemessen, sie muss aber auch mindestens 15% über der Grundsicherung liegen. Arbeit muss sich lohnen.
Für höhere Besoldungsgruppen mit anderen Qualifikationen, Verantwortungen und Leistungen kann der Maßstab aber nicht mehr sein, dass man ausreichend alimentiert ist - oder ich interpretiere Mal: man über die Runden kommt -, da dann keine Ämterwertigkeit mehr erkennbar ist.
Dass Partnerinnen und Partner den Lebensunterhalt der Familie mit bestreiten müssen, um einen angemessenen Mindestlebensstil erreichen zu können widerspricht der Logik der Beamtenalimentation. Wenn die Beamtenfamilie zur Sicherung eines angemessenen Lebensstils auf Zuverdienst angewiesen ist, wird damit die Unbestechlichkeit und die Loyalität des Beamten angekratzt. Gleiches gilt für das Mitaufkommen für gemeinsame Kinder.

BVerfGBeliever

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« Antwort #14378 am: 26.09.2024 11:35 »
Die ersten beiden Absätze verstehe ich; den letzten jedoch nicht.

Was spricht gegen folgende Annahmen:
- Besoldung jetzt wird definiert als ausreichend für den Beamten
- (Ehe)partner unterhält sich selbst
- (Ehe)partner unterhält die Kinder zur Hälfte
- Ab dem erstem Kind gibt es halbe Kinderzuschläge die den Abstand zum Bürgergeld sicherstellen

Dadurch würde eine höhere Besoldung als nen A13-Beamter vermieden werden.

Gegen deine Annahmen spricht das Alimentationsprinzip (wie auch bereits von @GeBeamter angemerkt).

Beispiel-Zitat aus der 2015er-BVerfG-Entscheidung:

"Der Dienstherr ist verpflichtet, Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren."

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« Antwort #14379 am: 26.09.2024 11:36 »
Das klingt auf den ersten Blick nachvollziehbar. Auf den zweiten offenbaren sich hier aber einige Fehlannahmen.
Die Besoldung eines A3 ungelernten Beamten kann man als ausreichend bemessen, sie muss aber auch mindestens 15% über der Grundsicherung liegen. Arbeit muss sich lohnen.
Davon gehe ich bei 2.000 € netto aus.

Für höhere Besoldungsgruppen mit anderen Qualifikationen, Verantwortungen und Leistungen kann der Maßstab aber nicht mehr sein, dass man ausreichend alimentiert ist - oder ich interpretiere Mal: man über die Runden kommt -, da dann keine Ämterwertigkeit mehr erkennbar ist.
Die Besoldungsgruppen müssen einen angemessenen Abstand haben. Z.B. 10 %

Dass Partnerinnen und Partner den Lebensunterhalt der Familie mit bestreiten müssen, um einen angemessenen Mindestlebensstil erreichen zu können widerspricht der Logik der Beamtenalimentation. Wenn die Beamtenfamilie zur Sicherung eines angemessenen Lebensstils auf Zuverdienst angewiesen ist, wird damit die Unbestechlichkeit und die Loyalität des Beamten angekratzt. Gleiches gilt für das Mitaufkommen für gemeinsame Kinder.
Und da bin ich anderer Meinung - sind Angestellte wirklich bestechlicher?

Außerdem ist die Beamtenfamilie nicht auf Zuverdienst angewiesen - vielmehr stellt sich die Frage, warum die Allgemeinheit die Arbeitslosigkeit des Ehepartners mitfinanzieren sollte?

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« Antwort #14380 am: 26.09.2024 11:40 »
Die ersten beiden Absätze verstehe ich; den letzten jedoch nicht.

Was spricht gegen folgende Annahmen:
- Besoldung jetzt wird definiert als ausreichend für den Beamten
- (Ehe)partner unterhält sich selbst
- (Ehe)partner unterhält die Kinder zur Hälfte
- Ab dem erstem Kind gibt es halbe Kinderzuschläge die den Abstand zum Bürgergeld sicherstellen

Dadurch würde eine höhere Besoldung als nen A13-Beamter vermieden werden.

Gegen deine Annahmen spricht das Alimentationsprinzip (wie auch bereits von @GeBeamter angemerkt).

Beispiel-Zitat aus der 2015er-BVerfG-Entscheidung:

"Der Dienstherr ist verpflichtet, Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren."

Da bin ich mir nicht sicher, wie das zu interpretieren ist. Natürlich muss die Familie angemessen alimentiert werden. Das "angemessen" lässt dabei Auslegugnsspielraum.
Ist es angemessen, dass der Ehepartner voll mit-alimentiert wird? Oder wäre es auch angemessen anzunehmen, dass der Ehepartner einer eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen kann?
Zumal hier auch noch auf die "Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit" referenziert wurde.

NelsonMuntz

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14381 am: 26.09.2024 11:42 »
Hmmm, an anderer Stelle wurde mal geschrieben, dass wir es hier durchaus mit der Konsequenz einer selbst gewählten Lebensentscheidung zu tun haben. Gilt für die A8 genauso, wie für 3 Kinder.

Echt, das ist so ;)

Stellt sich nur die Frage, wie eine solche Reaktion auf einen Arbeitenden überhaupt entstehen kann? Da liegt doch das eigentliche Problem. Das ist schließlich politisch verschuldet und könnte geändert werden. Auf jeden Fall zeigt es, dass es auf Dauer für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt nicht förderlich ist, wenn solche Reaktionen entstehen. Dieses Problem weitet sich dann auf Dauer eben auf jene Politiklandschaft aus, die eine solche Reaktion überhaupt aus der Grube der Absurdität geholt hat.

Hier muss ich Dir weitestgehend zustimmen und das Problem trifft hier auch nicht exklusiv die Beamten (hier liegt ja nur der rauf und runter diskutierte "Alimentationshebel" an).

Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des Bürgergelds eine sehr konkret fassbare Definition des Existenzminimums erschaffen. Erschrocken stellen wir fest, dass viele Menschen, die täglich zur Arbeit gehen, sich insbesondere beim Vorhandensein von Kindern von diesem Minimum kaum absetzen können.

Das Problem ist systemisch und trifft alle, die für ihr Auskommen arbeiten gehen.

InternetistNeuland

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14382 am: 26.09.2024 11:46 »
Aber diese Argumentationskette mit dem Ergebnis, dass ein faktisch völlig unqualifizierter Mensch allein durch eine Verbeamtung ein Anrecht auf 56k netto im Jahr hätte, ist selbst der Richterschaft unwürdig.

Ich kann deinen Unmut sehr gut nachvollziehen.

Aber bedenke bitte auch, dass laut DRB eine vierköpfige Bürgergeld-Familie ein Anrecht auf bis zu 49k netto im Jahr hat.

Das mag korrekt (und auch kritisierbar) sein ... aber warum erlaubt sich die Bundesrepublik Deutschland, Leute, die nicht mal unfallfrei bis zehn zählen können, in ein Beamtenverhältnis zu erheben?

Das ist eine ganz ernst gemeinte Frage!

Das rechtliche Dilemma ist mir sehr wohl bewusst, aber manche(!) der hier argumentierenden Foristen haben scheinbar jedes Maß und Gefühl verloren, wenn am Ende die These entwickelt wird, dass ein A5er gefälligst mit 4k netto nach Hause zu gehen hat, während das in der pW dem Netto-Salär eines studierten Ingenieurs entspricht.

Bevor man mir hier wieder Neid vorwirft: Den wirklich größten Neid beobachte ich bei unverheirateten, kinderlosen Beamten, die auf ihre üppig mit Zulagen alimentierten Beamtenkollegen mit Kindern blicken.

Dabei wird in all dem rechtlichen Gefasel völlig verkannt, dass unsere Verfassung hier auf ein kleinbürgerliches Ideal der Kaiserzeit und dem "glorreichen" Zeitabschnitt von 33-45 referenziert, welches freilich noch bis in die 70er Jahre fortlebte. Es ist -und hier sollten wir uns ganz unabhänging von unserer Beschäftigungsituation einig sein- die Verfassung, die ein fast reaktionäres Familienbild zum Ideal hochstilisiert und im gleichen Atemzug die große Mehrheit der Kinder mit nichtverbeamteten Eltern finanziell schlecherstellt.

Am Ende ist "der Beamte" einfach nur genauso raffgierig, wie sein tarifbeschäftiger Kollege (da tun wir uns wirklich nix) - nur hat er eben das Recht und das Familienbild aus Hitlers Zeiten auf seiner Seite.

Na dann - das wird ein Spaß ;)

Was du hier für ein Menschenbild von ungelernten Personen hast ist menschenverachtend und einem Angestellten im öffentlichen Dienst unwürdig.

Der wahrscheinlich bekannteste "Ungelernte" war Steve Jobs. Er hatte weder eine Ausbildung noch ein abgeschlossenes Studium. Findest du auch, dass solche Personen alle nicht "unfallfrei" durchs leben kommen?

Was eine Person beruflich definiert und ausmacht hat nichts mit einem Abschluss zu tun, sondern hängt lediglich vom eigenen Können ab.

Taigawolf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14383 am: 26.09.2024 12:00 »
Hier muss ich Dir weitestgehend zustimmen und das Problem trifft hier auch nicht exklusiv die Beamten (hier liegt ja nur der rauf und runter diskutierte "Alimentationshebel" an).

Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des Bürgergelds eine sehr konkret fassbare Definition des Existenzminimums erschaffen. Erschrocken stellen wir fest, dass viele Menschen, die täglich zur Arbeit gehen, sich insbesondere beim Vorhandensein von Kindern von diesem Minimum kaum absetzen können.

Das Problem ist systemisch und trifft alle, die für ihr Auskommen arbeiten gehen.

Ja da stimme ich Dir zu. In dieser Hinsicht war meine Aussage auch auf alle Arbeitenden bezogen.

Ich frage mich nur, warum da nicht schleunigst was daran geändert wird. Das muss ja nicht unbedingt eine Senkung des Bürgergeldes sein. Mir schwebt da eher eine deutliche steuerliche Entlastung der arbeitenden Bevölkerung vor.

Auf Dauer muss sowas doch schief gehen. Bereits jetzt sind deutliche Verschiebungen in der politischen Landschaft ersichtlich und das Problem wird nicht kleiner werden.

Um den Bogen dann wieder zur amtsangemessenen Alimentation zu spannen: Wenn die arbeitende Bevölkerung durch Entlastungen wieder deutlich mehr als ein Bürgergeldler in der Tasche hätte, dann würde eine spürbare Anhebung der Besoldung auch nicht mehr so bitter aufstoßen denke ich. So könnte man zum einen dafür sorgen, dass man verfassungskonform alimentiert und gleichzeitig der arbeitenden Bevölkerung wieder deutlich mehr netto vom brutto lassen. Es schimpft sich schwerer auf die Beamten, wenn man selbst gerade erst massiv entlastet wurde.

Hier wurde eine gesellschaftliche Unwucht geschaffen, die nun schwer zu lösen und mit enormen Kosten für den Staat verbunden ist. Aber wie würde man normalerweise so schön sagen? Jeder soll die Suppe selbst auslöffeln, die er sich eingebrockt hat. Ich habe nur das Gefühl, dass das politisch außer Mode ist und das Problem einfach der nächsten Regierung untergeschoben wird. Im privaten Bereich gestaltet sich sowas schwieriger.

Aber damit sind wir dann wieder in dem Teufelskreis, dass solch eine "vorausschauende" Politik irgendwann ihre eigenen Kinder frisst.

NelsonMuntz

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14384 am: 26.09.2024 12:06 »
Was du hier für ein Menschenbild von ungelernten Personen hast ist menschenverachtend und einem Angestellten im öffentlichen Dienst unwürdig.

Der wahrscheinlich bekannteste "Ungelernte" war Steve Jobs. Er hatte weder eine Ausbildung noch ein abgeschlossenes Studium. Findest du auch, dass solche Personen alle nicht "unfallfrei" durchs leben kommen?

Was eine Person beruflich definiert und ausmacht hat nichts mit einem Abschluss zu tun, sondern hängt lediglich vom eigenen Können ab.

Nein, das Gegenteil ist hier der Fall. Es gibt hunderttausende von Menschen, die aus welchen Gründen auch immer zu keiner besonders herausragenden Leistung befähigt sind. Diese arbeiten landauf, landab für kleinstes Geld und müssen bittstellerisch in 30 Ämtern um Hilfen bitten, während der Richterbund sich anmaßt, eine Alimentation für eine ungelernte Hilfskraft im Beamtenverhätnis in Höhe von fast 60k Netto zu berechnen.

Die Arroganz und Verachtung gegenüber hart arbeitenden Menschen, die jeden Cent 2mal umdrehen müssen, kommt von dort.

(Wir reden hier auch nicht über Steve - es steht jedem frei, einen Weltkonzern zu gründen. Gilt für A3, E3, Dich und mich)