Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 4016743 times)

Treudiener

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #60 am: 04.02.2021 07:07 »
Tut mir leid, einen Link habe ich noch nicht gefunden. Mir liegt lediglich die PDF-Datei vor.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #61 am: 04.02.2021 11:01 »
Es liegt nun der Entwurf des Besoldungsanpassungsgesetz 2021/22 vor. Nach schneller Durchsicht der 72 Seiten will der Bund die Alimentationsproblematik lösen durch:

- die Eingangsämter für Beamte des einfachen und des mittleren Dienstes anzuheben,
- Grundgehaltsstufen bei der ersten Verleihung eines Amtes teilweise neu zu
bestimmen und
 -den Familienzuschlag durch einen von den – stark differierenden – örtlichen
Wohnkosten abhängigen, in der Höhe gestaffelten Regionalen Ergänzungszuschlag
(REZ) zu ergänzen.


Scheint der einzig halbwegs interessante Punkt zu sein. Kannst du hier evtl. genauer ausführen was dazu im Entwurf steht?

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #62 am: 04.02.2021 11:32 »
- die Eingangsämter für Beamte des einfachen und des mittleren Dienstes anzuheben,
- Grundgehaltsstufen bei der ersten Verleihung eines Amtes teilweise neu zu
bestimmen und


Greift man mit dem ersten Punkt nicht wieder die Wertigkeit der Ämter an? Man will doch nur wieder die Abstände verkleinern.

Treudiener

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #63 am: 04.02.2021 11:33 »
Zitate aus dem Entwurf:

Zudem wird in Umsetzung der BVerfG-Beschlüsse vom 4. Mai 2020 (2 BvL 4/18 und 2 BvL 6/17 u.a.) die Besoldungsstruktur des Bundes dergestalt angepasst, dass die Bedarfe realitätsgerechter berücksichtigt und entsprechende Fehlbeträge insbesondere für Kinder ausgeglichen werden. Hierfür werden im einfachen und mittleren Dienst die Grundgehälter angehoben und ein regionaler Ergänzungszuschlag eingeführt, der sich grundsätzlich am Wohnort des Besoldungsberechtigten und der entsprechenden Mietenstufen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) orientiert.


Während die Änderung der Familienzuschlagsstruktur auf die Versorgungsempfänger über-tragen wird, erfolgt keine Übertragung des neuen regionalen Ergänzungszuschlags. Dieser soll eine anhand der vom BVerfG entwickelten Maßstäben festgestellte Unteralimentation verhindern. Niedrige Versorgungsbezüge, etwa wegen kurzen ruhegehaltfähigen Dienstzeiten oder wegen aus niedrigeren Besoldungsgruppen ermittelten ruhegehaltfähigen Dienstbezügen, werden bereits durch Gewährung einer Mindestversorgung von ca. 1.900 Euro (Stand 1. April 2021) für verheiratete Versorgungsempfänger verhindert. Überdies beziehen sich die o. g. Beschlüsse auf aktive Besoldungsempfänger und berück-sichtigen dabei als pauschaliertes Familienbild das Ehepaar mit zwei Kindern. Im Regelfall sind Versorgungsempfänger jedoch lebensälter, womit sich bereits bei der Bestimmung des Familienbildes eine Abweichung zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ergibt. Die aufgrund der vom BVerfG entwickelten Maßstäben gefundene Lösung im Besoldungs-bereich zur Vermeidung einer Unteralimentation wird daher nicht auf die Versorgung übertragen.


Es sind auch keine weiteren Umstände ersichtlich, aus denen sich im Wege der gebotenen Gesamtabwägung eine Unangemessenheit der Alimentation im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG ergeben könnte.


Da der Besoldungsgesetzgeber hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG über einen breiten Gestaltungsspielraum verfügt, besteht keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Alimentations-berechtigte ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können (Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 – Rdnr. 47). Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber nach den jüngsten Entscheidungen des BVerfG frei, etwa durch höhere Familienzuschläge (bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher) die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen (Beschlüsse vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 – Rdnr. 47 / – 2 BvL 6/17 u.a. – Rdnr. 33). Der vorliegende Gesetzentwurf verfolgt diesen vom BVerfG ausdrücklich eröffneten Ansatz und deckt die insbesondere durch Kinder erhöhten Bedarfe in Form von Ergänzungszuschlägen zum Familienzuschlag (§ 41a neu BBesG) ab.


Treudiener

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #64 am: 04.02.2021 11:38 »
Eingangsamt soll nun A4-Stufe 5, A6-Stufe 3 und A7-Stufe 2 sein.

Soldat1980

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #65 am: 04.02.2021 11:51 »
Sind in dem Entwurf schon Zahlen hinterlegt? Gerade was den Ergänzungszuschlag betrifft? Und ab wann soll das gelten?

Ob die Sichtweise des Bundes hier korrekt ist kann ja vielleicht SwenTanortsch mal beurteilen.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #66 am: 04.02.2021 12:31 »
Vielen Dank Treudiener. Insbesondere Zahlenmaterial zum REZ würde mich ebenfalls interessieren.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #67 am: 04.02.2021 13:16 »
Sind in dem Entwurf schon Zahlen hinterlegt? Gerade was den Ergänzungszuschlag betrifft? Und ab wann soll das gelten?

Ob die Sichtweise des Bundes hier korrekt ist kann ja vielleicht SwenTanortsch mal beurteilen.

Beurteilen kann ich das natürlich aber nur, wenn mir die gesamte Vorlage vorliegt. Denn in der Prozeduralisierung kommt es auf jede einzelne Begründung an. Eventuell besteht ja die Möglichkeit, mir den Entwurf per Mail zukommen zu lassen, wobei das natürlich nur möglich wäre, wenn der bisherige Entwurf nicht der Vertraulichkeit unterliegt.

Treudiener

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #68 am: 04.02.2021 13:23 »
Kollege Swen, ich komme warum auch immer nicht an die Profilangaben. Wenn ich eine email-Adresse bekomme, kann ich gerne zusenden. Es ist der Entwurf, der an die Interessenverbände zur Stellungnahme geschickt wurde.

Zitat:
Anlage VII
(zu § 41a)

Gültig ab 1. Januar 2021
Regionaler Ergänzungszuschlag nach § 41a
Mietenstufe   für Verheiratete und Verwitwete mit Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 1
für das erste Kind   für das zweite Kind   für das dritte Kind    für das vierte und jedes weitere Kind jeweils
I   0   0   51,00   148,00   141,00
II   0   0   173,00   167,00   160,00
III   0   83,00   216,00   187,00   182,00
IV   0   206,00   240,00   211,00   207,00
V   0   320,00   264,00   231,00   229,00
VI   0   442,00   286,00   256,00   255,00
VII   80,00   500,00   314,00   282,00   282,00

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #69 am: 04.02.2021 14:22 »
Kollege Swen, ich komme warum auch immer nicht an die Profilangaben. Wenn ich eine email-Adresse bekomme, kann ich gerne zusenden. Es ist der Entwurf, der an die Interessenverbände zur Stellungnahme geschickt wurde.

Zitat:
Anlage VII
(zu § 41a)

Gültig ab 1. Januar 2021
Regionaler Ergänzungszuschlag nach § 41a
Mietenstufe   für Verheiratete und Verwitwete mit Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 1
für das erste Kind   für das zweite Kind   für das dritte Kind    für das vierte und jedes weitere Kind jeweils
I   0   0   51,00   148,00   141,00
II   0   0   173,00   167,00   160,00
III   0   83,00   216,00   187,00   182,00
IV   0   206,00   240,00   211,00   207,00
V   0   320,00   264,00   231,00   229,00
VI   0   442,00   286,00   256,00   255,00
VII   80,00   500,00   314,00   282,00   282,00

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Pacodemias

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #70 am: 04.02.2021 14:24 »
Wenn die Tabelle so kommen sollte bin ich in München mit 3 Kindern sehr erfreut :)

newT

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #71 am: 04.02.2021 14:47 »
Wenn die Tabelle so kommen sollte bin ich in München mit 3 Kindern sehr erfreut :)
914€ mehr Sold wäre ein ziemlicher Schluck aus der Pulle, kann ich verstehen :o
Soll es den Ergänzungszuschlag für alle Besoldungsgruppen geben?

Fuchs

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #72 am: 04.02.2021 16:33 »
Soll es den Ergänzungszuschlag für alle Besoldungsgruppen geben?

Ja, den gibt es für alle Besoldungsgruppen in gleicher Höhe.

Was mich stört ist die Kopplung an die Mietenstufe nach WoGG, da (nach meinem Verständnis des § 12 II WoGG) die durchschnittlichen Mietkosten/qm der Mietzuschussbezieher Grundlage der Zugehörigkeit einer Gemeinde zu einer bestimmten Mietenstufe ist.

Mein leidiges Beispiel: Landkreis in bayrischer Metropolregion, beinahe Vollbeschäftigung, fast ausschließlich EFH's = Mietenstufe 1 :(

Hat mit den realitätgerecht erfassten Kosten ja nichts zu tun. 3 km weiter ist Mietenstufe 3.

WasDennNun

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #73 am: 04.02.2021 16:52 »
Und worin liegt jetzt da das Problem?
Das es 3 km sind und nicht 30 km?

Guck dir Berlin an, hat ja nur eine Mietstufe (4 glaub ich).
Und die Hartz4er müssen auch alle mit dem gleichen Mietzuschuss auskommen.
Trotzdem kann man dort teuer Wohnen.

Es geht nicht um deine persönlichen realen Kosten, sondern es geht darum was du in deiner Wohnsituation an Grundsicherungsansprüche hättest.

SwenTanortsch

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« Antwort #74 am: 04.02.2021 17:01 »
Soll es den Ergänzungszuschlag für alle Besoldungsgruppen geben?

Ja, den gibt es für alle Besoldungsgruppen in gleicher Höhe.

Was mich stört ist die Kopplung an die Mietenstufe nach WoGG, da (nach meinem Verständnis des § 12 II WoGG) die durchschnittlichen Mietkosten/qm der Mietzuschussbezieher Grundlage der Zugehörigkeit einer Gemeinde zu einer bestimmten Mietenstufe ist.

Mein leidiges Beispiel: Landkreis in bayrischer Metropolregion, beinahe Vollbeschäftigung, fast ausschließlich EFH's = Mietenstufe 1 :(

Hat mit den realitätgerecht erfassten Kosten ja nichts zu tun. 3 km weiter ist Mietenstufe 3.

Sofern der Bund eine entsprechende Regelung plante, die eine deutliche Besoldungsdifferenzierung anhand von Ortszuschlägen vorsehen würde, wäre das offensichtlich nicht so einfach verfassungskonform auszugestalten. Die Besoldungsdifferenzierung mittels Ortszuschlägen muss anhand der Mietenstufen vorgenommen werden, das hat das BVerfG so vorgegeben (vgl. in der akutellen Entscheidung Rn. 61). Da aber der allgemeine Gleichheitssatz zu beachten - auf jenen macht das BVerfG hier explizit aufmerksam - und da ein Beamter weder in der Wahl seines Dienstortes noch in der seiner Unterkunft (vgl. ebd., Rn. 60) frei ist, bleibt dem Besoldungsgesetzgeber, sofern er gruppenbezogen vorgeht, offensichtlich ein nur recht begrenzter Raum für entsprechende Besoldungsdifferenzierungen mittels Ortszuschlägen (wie gesagt, der allgemeine Gleichheitssatz ist zu beachten); ging er hingegen individuell vor, dürfte das mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden sein. Zugleich dürfte eine entsprechende Regelung grundsätzlich immer den Gestaltungsauftrag beachten müssen, der sich aus Art. 72 Abs. 2 GG ergibt (Staatsziel ist die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse). Eine entsprechende gesetzliche Regelung müsste also offensichtlich so ausgestaltet werden, dass sie diesem Staatszel dient und nicht die in den letzten Jahren mit Blick auf Unterkunftskosten deutlich weiter auseinanderklaffenden Lebensverhältnisse (die sich seit Anfang 2020 auch in der neuen Mietenstufe VII zeigen) noch zementierte oder gar vertiefte. Insbesondere diese Ausgestaltung wie auch die Ausgestaltung der Familienzuschläge dürfte in der Vorlage von besonderem Interesse sein.