Autor Thema: Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion  (Read 1035575 times)

KDC

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2955 am: 11.10.2023 12:49 »

[....]

Auch hier scheinst du "da draußen", also die pW immer gleichzusetzen mit kleinen Firmen.
Würde mich interessieren was deine Meinung ist, wenn man pW auch und vor allem mit mittelgroßen bis großen Firmen gleichsetzt.

Alles schon erlebt in Firmen mit 250+ MA: Kurzarbeit mit der "Anregung" trotzdem zu Arbeiten. Samstagsarbeit zur Abarbeitung von zeitkritischen Aufträgen, oder (besonderes Schmankerl): Angebot an den BR: "Entweder Entlassungen, oder dauerhafte Kürzung sämtlicher Gehälter um 7,5%".

In wirklich großen Konzernen kommt das sicher nicht so vor, im Mittelstand passiert das durchaus. Und genau aus diesen Erfahrungen heraus bin ich final im öD gelandet.

Meine Frau war als vor einigen bei einer Firma, in der Sie SAP eingeführt hat. Sie hat oft samstags gearbeitet, dafür gab es aber auch entsprechende Boni. Jede Überstunde wurde mit Zuschlag ausgezahlt und on top hab es regelmäßig 1000 Euro netto als Bonus als Ausgleich für die Umstände.

In einem von dir beschriebenen Szenario würde ich umgehend kündigen und habe ich auch schon. Das ist für mich kein Zustand, in dem ich arbeiten kann und will. Warum sollte ich in einer kaputten Firma arbeiten?

Oliver1976

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2956 am: 11.10.2023 12:55 »


Wie oft ich jetzt hier gelesen habe, was für tolle Angebote aus der pW vorliegen sollen. Entweder ist das dreist gelogen oder ich verstehe nicht, weshalb ihr nicht sofort wechselt. Bessere Arbeitsbedingungen und 20.000€ mehr Gehalt? Ja dann los! Hopp!

Der Arbeitsweg wäre länger und ich habe bisher keine Lust auf eine neue Probezeit, wo man auch mal fix weg vom Fenster sein kann... das hält mich noch.

Die typische Antwort auf Unzufriedenheit kann doch aber auch nicht sein - "geht". In unserem Team waren wir lange Zeit eingeschworen - man hat Spaß, interessante Projekte und auch ein tolles Miteinander. Aber auch hier sehen sich immer mehr Leute um und einige hat es auch schon weggezogen (und die Nachbesetzung ist äußerst schwierig). Weitere sondieren zumindest den Markt. Es kann doch aber auch nicht sein, alle zu vergraulen - vor allem weil es auch die sind, die leisten WOLLEN. Und da geht es ja nicht mal nur um den MINT-Bereich - es gibt so viele höherdotierte Jobs, die einfach keine Nachfolger finden (bei uns eigentlich die komplette Spanne zwischen E11 und E14), und da ist es egal ob es um Projektleiter, (Verwaltungs-)Referenten, Ingenieure, ITler oder Abteilungsleiter geht.

Der öD schafft sich aktuell selbst ab - und die Lösung bei den Unzufriedenen kann ja nun wirklich nicht sein "ja dann geh doch". Ich kann meinen Job gern machen und dennoch über diverse Umstände unglücklich sein und dies auch kundtun. Wechsel ist für mich eine der letzten Optionen, aber auch ich lese mir die Angebote die ich erhalte vermehrt intensiver durch.

Meine Hoffnung bleibt aber bei einem (sehr) guten Tarifabschluss - wenn auch natürlich diese Hoffnung fern jeder Realität ist. Einfach damit nicht noch mehr Leute gehen und man vielleicht auch neues Personal akquierien kann.

Sehe ich wie Coffee86: Ich bringe gerne jungen Menschen etwas Neues bei und das kann ich in meiner derzeitigen Tätigkeit. Daher will ich vielleicht auch nicht wechseln, kann aber schon die Mißstände aufzeigen, die derzeit vorherrschen. Die Frage ist ja, werden und wurden diese auch "gehört". Das zeigt sich dann sicherlich auch in der PK in 2 h.

Oliver1976

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2957 am: 11.10.2023 13:00 »
und noch zum Thema Deadlines: Die existieren auch im ÖD, bei jedem Forschungsprojekt mit der Industrie und bei der Ausgestaltung neuer Studiengänge etc.. Da weiß man, dass an Tag x die Sitzung des Senats ist und alle erforderlichen Dokumente zur Verabschiedung vorhanden sein müssen. Und da gibt es nicht, Verschiebung auf die nächste Senatssitzung oder so, dann würde der neue Studiengang erst ein Jahr später kommen. Und wenn das ÜZ heißt, dann kann keiner sagen, nö mache ich nicht und wenn doch, dann ist auch im ÖD die geöffnete Türe schneller da als man denkt. Ich sage nur die meisten Stellen an den Unis sind auf 2 Jahre befristet.

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2958 am: 11.10.2023 13:04 »

[....]

Auch hier scheinst du "da draußen", also die pW immer gleichzusetzen mit kleinen Firmen.
Würde mich interessieren was deine Meinung ist, wenn man pW auch und vor allem mit mittelgroßen bis großen Firmen gleichsetzt.

Alles schon erlebt in Firmen mit 250+ MA: Kurzarbeit mit der "Anregung" trotzdem zu Arbeiten. Samstagsarbeit zur Abarbeitung von zeitkritischen Aufträgen, oder (besonderes Schmankerl): Angebot an den BR: "Entweder Entlassungen, oder dauerhafte Kürzung sämtlicher Gehälter um 7,5%".

In wirklich großen Konzernen kommt das sicher nicht so vor, im Mittelstand passiert das durchaus. Und genau aus diesen Erfahrungen heraus bin ich final im öD gelandet.

Meine Frau war als vor einigen bei einer Firma, in der Sie SAP eingeführt hat. Sie hat oft samstags gearbeitet, dafür gab es aber auch entsprechende Boni. Jede Überstunde wurde mit Zuschlag ausgezahlt und on top hab es regelmäßig 1000 Euro netto als Bonus als Ausgleich für die Umstände.

In einem von dir beschriebenen Szenario würde ich umgehend kündigen und habe ich auch schon. Das ist für mich kein Zustand, in dem ich arbeiten kann und will. Warum sollte ich in einer kaputten Firma arbeiten?

Noch mal der Punkt: Es klagen sooo viele über die entsetzlichen Zustände im öD. Warum sollten die in einer kaputten Behörde arbeiten? Warum gehen die nicht einfach in die besser bezahlte und besser organisierte pW?

Nur darauf wollte ich doch hinaus: Es ist nicht alles Gold, was da draußen so glänzt.

sebbo83

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2959 am: 11.10.2023 13:41 »

So ich bin wie gesagt E13, Stufe 4, das bedeutet 3100 Euro netto monatlich...

Ich habe nun ein Angebot über 3600 Euro aus der PW. 100% HO, Bonus, weltweites Arbeiten möglich...

Sollte es keine signifikante!! Steigerung im ÖD von mindestens 300 Euro netto mehr geben, 100% JSZ sowie die Inflationsprämie von 3000 Euro netto, bin ich weg.

Unsere freie Stelle wird nun übrigens zum dritten Mal ausgeschrieben, E13 lockt offenbar niemanden mehr hinter dem Ofen hervor... selbst Gewis/Medienwissenschaftler nicht, die wir derzeit suchen.

Die sind im Raum Köln/Düsseldorf offenbar auch mit einem deutlich höheren Gehalt gesegnet (um mal von der Mint-Diskussion wegzukommen, auch andere Fachbereiche werden offenbar in der PW besser bezahlt).


Wie oft ich jetzt hier gelesen habe, was für tolle Angebote aus der pW vorliegen sollen. Entweder ist das dreist gelogen oder ich verstehe nicht, weshalb ihr nicht sofort wechselt. Bessere Arbeitsbedingungen und 20.000€ mehr Gehalt? Ja dann los! Hopp!

Zum Thema muss man auch sagen, dass es wohl auch West - Ost Unterschiede gibt. Ähnlich wie bei Tariflas und anderen Usern habe ich auch bereits Angebote bekommen. Eins war Koordinator-Ebene mehrerer Märkte einer großen Einzelhandelskette (orang-grünes Logo) im Bereich Mitteldeutschland. Angebot lag bei 60 max. 65k€ bei viel Fahrerei und Management. Das habe ich als E11 dankend abgelehnt. Scheinbar gibt es die besseren Angebote im Westen oder vielleicht noch im Raum Dresden, Leipzig, Jena Potsdam. Viele im TV-L sitzen aber auch mitten in Brandenburg, MV, SA oder Thüringen, bekommen nur eine E9 bis max. E11, wo in den alten Bundesländern klar zwei Gruppen besser bezahlt wird. Die Angebote der Privatwirtschaft, die tatsächlich auch hier mehrfach eintrudeln, sind jedoch meilenweit von 80k oder 100k€ entfernt. Letzten zog eine Recruiter bei meiner Gehaltsvorstellung und meinem bisherigem Gehalt das Angebot zurück und hat selbst angemerkt, dass das Angebot ein deutliches finanzielles "downgrading" wäre, da die Firma nicht bereit ist, so ein Gehalt zu zahlen.
Also bleibt man im öD, da man mit 50 - 60k€ Jahresbrutto ohnehin deutlich über dem Durchschnitt hier liegt, und hofft dennoch auf einen guten Abschluss und das die Bedingungen nicht schlechter werden.

Warnstreik

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2960 am: 11.10.2023 13:43 »


Leider hast du recht. Tatsächlich bin ich auch in EG 11.3 und mein Freundeskreis wundert sich auch über mein niedriges Gehalt aus meinem Hauptjob. EG 11 im TV-L bringt kaum noch was. Und ich bin auch einfach nur noch frustriert über meine monatliche Gehaltsabrechnung. Ohne zusätzlichen Minijob wäre ich finanziell auch in der Armut.

Ich vermute mal stark, Du gehörst auch zu den hier vorherrschenden IT-Jammerern - jemand in der Verwaltung mit E11 (was in sehr vielen Fällen mit hoher Verantwortung und mit Führungsverantwortung verbunden ist) wird sich nicht von Armut bedroht fühlen. Mal davon abgesehen: Die meisten Beschäftigten befinden sich in niedrigeren Entgeltgruppen und können von E11 nur träumen.

Je nach persönlicher Situation (Anzahl Kinder, Ballungsraum, Verdienst Partner) kann man in niedrigeren Entgeltgruppen allerdings auch Sozialleistungen (Wohngeld, Kinderzuschlag, Bildung- und Teilhabe, Befreiung von den Kitagebühren etc.) erhalten, sodass der effektive Unterschied dann praktisch nicht mehr besteht.

Beispiel 2 Kinder, Partner arbeitet nicht:

EG11 Stufe 3 TVL SKL 3 (ums Ehegattensplitting dazustellen)= 3.000€ netto Monat (inkl Jahressonderzahlung)

EG6 Stufe 3 TVL SKL 3 = 2.400€ netto/Monat

Wenn jetzt 1.000€ Miete gezahlt wird gibt es zB in Köln (Mietstufe 6) noch dazu:

+570€ Wohngeld ( https://www.wohngeldrechner24.de/wohngeld/?bl=9&fm=3&an=1&et1=0&ea1=0&ss1=0&fuerJ=2023&lS=1&Seite=2#RechnerStart )

+ 0€ Kinderzuschlag ( https://www.kinderzuschlagrechner24.de/kinderzuschlag/?hp=1&ap0=1&ap1a=0&ap1=1&ap2=0&ap4=0&ap5=0&ww=0&is=0&wgjn=0&kg=0&fuerJ=2023&lS=1&Seite=2#RechnerStart )

+ Bildung und Teilhabe (durch Wohngeldbezug), also kostenlose Kita, kostenlose Schulmensa, 15€/Kind Sport, 15€/Kind Schulkram, kostenlose Schulbücher, kostenlose Klassenfahrten + Ausflüge =~ pro Monat 100-150€/Kind gemittelt = 250€

Effektives Haushaltsnetto bei EG6 Stufe 3: ~3.200€ netto

Wer noch weniger verdient würde dann irgendwann auch durch Kinderzuschlag, Kindergrundsicherung etc. aufschließen.

Man könnte also zynisch behaupten eine akademische Tätigkeit im öD „lohnt“ sich nur unter den Bedingungen:
- keine Kinder
- günstige Wohngegend
- Partner verdient ebenfalls (hängt häufig ja auch von den Kindern ab).

Wenn die 3 Punkte aber vorliegen wäre der größte Vorteil dass man auch mit 20% Teilzeit quasi das gleiche Haushaltsnetto hat. Das ganze ist aber ja auch schon bekannt bezüglich der BVerfG Rechtsprechung zur Amtsangemessenen Alimentation

Ich habs schonmal angemerkt beim Thema amtsangemessene Alimentation und tue es hier gerne nochmal: Nehmt doch bitte nicht immer den Einzelverdienerhaushalt als Rechenbeispiel. Das ist weder der Normalfall noch ein irgendwie erstrebenswerter Zustand als Geringverdiener auch noch Alleinverdiener sein zu wollen/müssen.
Zumal dein EG6er nach deiner Tabelle "nur" 490€ und der EG11er sogar noch 200€ Wohngeld bekommen würde.

Wenn du den Menschen für sich nimmst, sprich Steuerklasse 1, dann hast du 600€ Netto Differenz - und das ist schon ganz ordentlich für eine Person.

Talinos

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2961 am: 11.10.2023 13:56 »
Der große Unterschied ist doch wirklich simple:

In der pW wird die Mehrarbeit oftmals honoriert. Entweder wird diese unmittelbar vergütet oder man erarbeitet sich eben eine tatsächliche Gehaltserhöhung oder Beförderung. Gerade in großen Unternehmen.

In der ÖD wird die (freiwillige!!!!!!!!!!!!!!!!) Mehrarbeit eben nicht vergütet. Sie wird auch nicht geschuldet. Wer hier diese Mehrarbeit leistet und auch noch erwartet, dass diese honoriert werden soll, ist einfach ein Teil des Problems.

Wie oft ich jetzt hier gelesen habe, was für tolle Angebote aus der pW vorliegen sollen. Entweder ist das dreist gelogen oder ich verstehe nicht, weshalb ihr nicht sofort wechselt. Bessere Arbeitsbedingungen und 20.000€ mehr Gehalt? Ja dann los! Hopp!

Weil auch soziale und persönliche Komponenten eine Rolle spielen. Ich mag/mochte mein Team sehr. Auch mein Aufgabengebiet hat mir Spaß gemacht.
Ein Wechsel beinhaltet hier immer ein Risiko. Wie ist mein Chef drauf? Wie viel Arbeitslast kommt auf mich zu?
Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst neigen dazu, Sicherheit zu bevorzugen. Das sind solche Risikofaktoren abzuwägen. Ich selbst habe gerade erst die Kündigung - wirklich schweren Herzens abgegeben und hier war der
monetäre Faktor sogar noch höher. Aber wie sagt der Volksmund so schön: Geld ist nicht alles.

AVP

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2962 am: 11.10.2023 14:32 »


Leider hast du recht. Tatsächlich bin ich auch in EG 11.3 und mein Freundeskreis wundert sich auch über mein niedriges Gehalt aus meinem Hauptjob. EG 11 im TV-L bringt kaum noch was. Und ich bin auch einfach nur noch frustriert über meine monatliche Gehaltsabrechnung. Ohne zusätzlichen Minijob wäre ich finanziell auch in der Armut.

Ich vermute mal stark, Du gehörst auch zu den hier vorherrschenden IT-Jammerern - jemand in der Verwaltung mit E11 (was in sehr vielen Fällen mit hoher Verantwortung und mit Führungsverantwortung verbunden ist) wird sich nicht von Armut bedroht fühlen. Mal davon abgesehen: Die meisten Beschäftigten befinden sich in niedrigeren Entgeltgruppen und können von E11 nur träumen.

Je nach persönlicher Situation (Anzahl Kinder, Ballungsraum, Verdienst Partner) kann man in niedrigeren Entgeltgruppen allerdings auch Sozialleistungen (Wohngeld, Kinderzuschlag, Bildung- und Teilhabe, Befreiung von den Kitagebühren etc.) erhalten, sodass der effektive Unterschied dann praktisch nicht mehr besteht.

Beispiel 2 Kinder, Partner arbeitet nicht:

EG11 Stufe 3 TVL SKL 3 (ums Ehegattensplitting dazustellen)= 3.000€ netto Monat (inkl Jahressonderzahlung)

EG6 Stufe 3 TVL SKL 3 = 2.400€ netto/Monat

Wenn jetzt 1.000€ Miete gezahlt wird gibt es zB in Köln (Mietstufe 6) noch dazu:

+570€ Wohngeld ( https://www.wohngeldrechner24.de/wohngeld/?bl=9&fm=3&an=1&et1=0&ea1=0&ss1=0&fuerJ=2023&lS=1&Seite=2#RechnerStart )

+ 0€ Kinderzuschlag ( https://www.kinderzuschlagrechner24.de/kinderzuschlag/?hp=1&ap0=1&ap1a=0&ap1=1&ap2=0&ap4=0&ap5=0&ww=0&is=0&wgjn=0&kg=0&fuerJ=2023&lS=1&Seite=2#RechnerStart )

+ Bildung und Teilhabe (durch Wohngeldbezug), also kostenlose Kita, kostenlose Schulmensa, 15€/Kind Sport, 15€/Kind Schulkram, kostenlose Schulbücher, kostenlose Klassenfahrten + Ausflüge =~ pro Monat 100-150€/Kind gemittelt = 250€

Effektives Haushaltsnetto bei EG6 Stufe 3: ~3.200€ netto

Wer noch weniger verdient würde dann irgendwann auch durch Kinderzuschlag, Kindergrundsicherung etc. aufschließen.

Man könnte also zynisch behaupten eine akademische Tätigkeit im öD „lohnt“ sich nur unter den Bedingungen:
- keine Kinder
- günstige Wohngegend
- Partner verdient ebenfalls (hängt häufig ja auch von den Kindern ab).

Wenn die 3 Punkte aber vorliegen wäre der größte Vorteil dass man auch mit 20% Teilzeit quasi das gleiche Haushaltsnetto hat. Das ganze ist aber ja auch schon bekannt bezüglich der BVerfG Rechtsprechung zur Amtsangemessenen Alimentation

Ich habs schonmal angemerkt beim Thema amtsangemessene Alimentation und tue es hier gerne nochmal: Nehmt doch bitte nicht immer den Einzelverdienerhaushalt als Rechenbeispiel. Das ist weder der Normalfall noch ein irgendwie erstrebenswerter Zustand als Geringverdiener auch noch Alleinverdiener sein zu wollen/müssen.
Zumal dein EG6er nach deiner Tabelle "nur" 490€ und der EG11er sogar noch 200€ Wohngeld bekommen würde.

Wenn du den Menschen für sich nimmst, sprich Steuerklasse 1, dann hast du 600€ Netto Differenz - und das ist schon ganz ordentlich für eine Person.

Wenn man als Akademiker Sozialleistungen/ Wohngeld bekommen kann ist das System mMn kaputt. Mit Kindern ist eine Partner zu Hause nicht super selten für eine gewisse Zeit.

Pädi07

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2963 am: 11.10.2023 14:44 »
Wann ist es denn 15 Uhr? Die Spannung steigt...

Erklärbär

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2964 am: 11.10.2023 14:46 »


Leider hast du recht. Tatsächlich bin ich auch in EG 11.3 und mein Freundeskreis wundert sich auch über mein niedriges Gehalt aus meinem Hauptjob. EG 11 im TV-L bringt kaum noch was. Und ich bin auch einfach nur noch frustriert über meine monatliche Gehaltsabrechnung. Ohne zusätzlichen Minijob wäre ich finanziell auch in der Armut.

Ich vermute mal stark, Du gehörst auch zu den hier vorherrschenden IT-Jammerern - jemand in der Verwaltung mit E11 (was in sehr vielen Fällen mit hoher Verantwortung und mit Führungsverantwortung verbunden ist) wird sich nicht von Armut bedroht fühlen. Mal davon abgesehen: Die meisten Beschäftigten befinden sich in niedrigeren Entgeltgruppen und können von E11 nur träumen.

Je nach persönlicher Situation (Anzahl Kinder, Ballungsraum, Verdienst Partner) kann man in niedrigeren Entgeltgruppen allerdings auch Sozialleistungen (Wohngeld, Kinderzuschlag, Bildung- und Teilhabe, Befreiung von den Kitagebühren etc.) erhalten, sodass der effektive Unterschied dann praktisch nicht mehr besteht.

Beispiel 2 Kinder, Partner arbeitet nicht:

EG11 Stufe 3 TVL SKL 3 (ums Ehegattensplitting dazustellen)= 3.000€ netto Monat (inkl Jahressonderzahlung)

EG6 Stufe 3 TVL SKL 3 = 2.400€ netto/Monat

Wenn jetzt 1.000€ Miete gezahlt wird gibt es zB in Köln (Mietstufe 6) noch dazu:

+570€ Wohngeld ( https://www.wohngeldrechner24.de/wohngeld/?bl=9&fm=3&an=1&et1=0&ea1=0&ss1=0&fuerJ=2023&lS=1&Seite=2#RechnerStart )

+ 0€ Kinderzuschlag ( https://www.kinderzuschlagrechner24.de/kinderzuschlag/?hp=1&ap0=1&ap1a=0&ap1=1&ap2=0&ap4=0&ap5=0&ww=0&is=0&wgjn=0&kg=0&fuerJ=2023&lS=1&Seite=2#RechnerStart )

+ Bildung und Teilhabe (durch Wohngeldbezug), also kostenlose Kita, kostenlose Schulmensa, 15€/Kind Sport, 15€/Kind Schulkram, kostenlose Schulbücher, kostenlose Klassenfahrten + Ausflüge =~ pro Monat 100-150€/Kind gemittelt = 250€

Effektives Haushaltsnetto bei EG6 Stufe 3: ~3.200€ netto

Wer noch weniger verdient würde dann irgendwann auch durch Kinderzuschlag, Kindergrundsicherung etc. aufschließen.

Man könnte also zynisch behaupten eine akademische Tätigkeit im öD „lohnt“ sich nur unter den Bedingungen:
- keine Kinder
- günstige Wohngegend
- Partner verdient ebenfalls (hängt häufig ja auch von den Kindern ab).

Wenn die 3 Punkte aber vorliegen wäre der größte Vorteil dass man auch mit 20% Teilzeit quasi das gleiche Haushaltsnetto hat. Das ganze ist aber ja auch schon bekannt bezüglich der BVerfG Rechtsprechung zur Amtsangemessenen Alimentation

Ich habs schonmal angemerkt beim Thema amtsangemessene Alimentation und tue es hier gerne nochmal: Nehmt doch bitte nicht immer den Einzelverdienerhaushalt als Rechenbeispiel. Das ist weder der Normalfall noch ein irgendwie erstrebenswerter Zustand als Geringverdiener auch noch Alleinverdiener sein zu wollen/müssen.
Zumal dein EG6er nach deiner Tabelle "nur" 490€ und der EG11er sogar noch 200€ Wohngeld bekommen würde.

Wenn du den Menschen für sich nimmst, sprich Steuerklasse 1, dann hast du 600€ Netto Differenz - und das ist schon ganz ordentlich für eine Person.

Wenn man als Akademiker Sozialleistungen/ Wohngeld bekommen kann ist das System mMn kaputt. Mit Kindern ist eine Partner zu Hause nicht super selten für eine gewisse Zeit.

Ja ich würde das eher pauschalisieren wollen, wenn eine Vollzeitkraft nicht mehr mit seinem Lohn über die Runden kommt ist das System bereits beschädigt.

Wenn das Medianeinkommen Stand 2021 für Familien bei nur knapp 5000 Brutto liegt, was Stkl. 4 ca. 3100 Netto plus Kindergeld pro Kind 250 Euro entspricht und die Armutsgrenze laut Sparkasse bei 3600 Euro liegt. Sind Familien mit 2 Kindern mit 3600 Euro an der Armutsgrenze. Da wir nur 1,36 Kinder pro Familie haben, liegt also der Median unterhalb der Armutsgrenze und somit ist das System statistisch gesehen kaputt.

Erklärbär

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2965 am: 11.10.2023 14:48 »
Wann ist es denn 15 Uhr? Die Spannung steigt...

Ja um die Zeit und das sind ja nur die Forderungen nicht das Ergebnis. Würde sagen nimm 40% von den Forderungen das wird dann das Ergebnis.

Pädi07

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2966 am: 11.10.2023 14:51 »
40% klingen sehr pessimistisch, war das so in der Vergangenheit?

Warnstreik

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2967 am: 11.10.2023 14:52 »

Wenn man als Akademiker Sozialleistungen/ Wohngeld bekommen kann ist das System mMn kaputt. Mit Kindern ist eine Partner zu Hause nicht super selten für eine gewisse Zeit.

Zum einen ist die Wohngeldreform ja noch ganz frisch und man hat den Wohngeldbezug massiv ausgeweitet - wohl in der Breite als auch in der Höhe. Ich bin ehrlich: find ich so nicht gut, muss ich aber auch nicht. Das bedeutet aber auch, dass Wohngeld kein Almosen sondern mittlerweile eine "normale" staatliche Zusatzleistung ist.

Es bleibt aber dabei: Nicht "der Akademiker" bekommt Wohngeld sondern in deinem Fall der Partner, der ohne eigenes Einkommen ist. Wenn man das so wählt, dann soll man doch froh sein, dass der Steuerzahler einem die Miete bezahlt, die Alternative wäre, Geld zu verdienen. Das ist heute übrigens nirgendwo ein Problem - überall werden dringend Arbeitskräfte gesucht.

Zum Thema zeitweise ohne zweites Einkommen: Ja, das gibt es. Ist aber am Ende eine Lifestyleentscheidung, die man sich leisten können und wollen muss. In den ersten 1-2 Jahren gibt es Elterngeld/Elterngeld+, die federn sehr viel ab. Dazu kommt der Anspruch auf einen Betreuungsplatz - und auch das ist mit ein wenig Anstrengung kein Problem. Am Ende ist das aber eine temporäre Phase für vielleicht 3 Jahre, von denen es 1-2 Jahre einen Ausgleich gibt.


Und mist, ich wollte off-topic doch jetzt vermeiden ;-)

Erklärbär

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2968 am: 11.10.2023 14:55 »
40% klingen sehr pessimistisch, war das so in der Vergangenheit?

Orientiere mich ganz grob am TVÖD und bisschen Abzug, da der TV-L etwas schlechter gestellt ist. Gerne lasse ich mich vom Gegenteil überzeugen. Aber Sockelbetrag und Erhöhung wird das Thema sein. Die Inflationsausgleichszahlung ist mir relativ egal, weil es eine Einmalzahlung ist.

Pseudonyn

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #2969 am: 11.10.2023 14:57 »
Wann ist es denn 15 Uhr? Die Spannung steigt...

Ja um die Zeit und das sind ja nur die Forderungen nicht das Ergebnis. Würde sagen nimm 40% von den Forderungen das wird dann das Ergebnis.

Ja das sind zwar nur die Forderungen, aber diese werden sich auch nicht allzuweit vom TVÖD Ergebnis weg bewegen.
Nehmen wir den TVÖD als Beispiel:

Forderung:
Die Gewerkschaftsseite gibt ihre Forderungen zur Tarifrunde TVöD bekannt:

    Entgelterhöhung: +10,5% mit einem Mindesterhöhungsbetrag von 500 €
    Ausbildungsvergütungen: +200 € pauschal
    Laufzeit: 1 Jahr

Ergebnis:

Entgelterhöhung nach 14 Monaten Verzögerung:

    01.01.2023: keine Erhöhung ("Nullrunde")
    01.03.2024: +200 €, anschließend +5,5%, mindestens insgesamt 340 €
    01.03.2024: +150 €

Ohne viel Rechnerei (beschränkt auf den Mindestbetrag, den viele wollen (auf kosten der höheren Entgeldgruppen)) und ich bin mir bewusst, dass die erhöhung verspätet gezahlt wird, handelt es sich immer noch um nahezu 70% der ursprünglichen Forderung, und bei den Auszubildenden sogar um 75%. Ich gehe davon aus, dass es auch in dieser Tarifrunde so sein wird.

Selbst wenn wir uns den prozentualen Teil ansehen sind es immernoch etwas über 50%

But thats just my guess.

//Edit:

Alternativ der vergleich mit der TV-L Runde 2021:

Forderung:
Die Gewerkschaften geben die Forderungen zur Tarifrunde bekannt:
•   +5,0%, mindestens 150 €
•   im Gesundheitswesen: +300 €
•   Auszubildende und Praktikanten: +100 €
•   Laufzeit: 12 Monate

Ergebnis:
01.10.2021: Nullrunde
01.12.2022: +2,8%
Azubis: +50€
Laufzeit: 24 Monate
Steuerfreie Corona-Einmalzahlung: 1300 Euro

Ohne auf die Personen im Gesundheitswesen einzugehen lag das Ergebnis bei 56% der eigentlichen Forderung, Azbuis bei 50%.

Also sollte man eher etwas über 50% ansetzen um realistisch zu bleiben.
« Last Edit: 11.10.2023 15:04 von Pseudonyn »