Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 6287126 times)

emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14310 am: 25.09.2024 14:52 »
Ich möchte meine absolute Hochachtung vor den Verfassern der DRB-Stellungnahme aussprechen! Abermals fundiert, treffsicher, verständlich und mit der gebotenen Schärfe. Alles wohlwissend, dass die Entscheidung über den Fortgang des Entwurfs nichts mit rechtlichen Argumenten zu tun haben wird.

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14311 am: 25.09.2024 15:29 »
Danke für den Link! Und völlig d'accord, DAS nenne ich mal eine "ordentliche" Stellungnahme. Beispiel (Seite 16):

Aktuell erhält eine vierköpfige A3-Musterfamilie eine jährliche Netto-Besoldung in Höhe von 34.503 €.
Stattdessen müssten es jedoch laut DRB mindestens 56.237 € sein (also 63% mehr)!
Erstaunlich was heutzutage an Heizkosten aufgerufen werden, 300€ für ein 4 K Familie, krass.
Bei uns (eine Großstadt) wären nicht 1900€ KdU angemessen, sondern nicht ganz 1000€, da kann man mal sehen wie groß die Spannweite ist und das da Ortszuschläge durchaus sinnvoll erscheinen.
Und es zeigt uns, wieviel Menschen -ohne es zu wissen- mit 2 Kindern schon Anspruch auf Bürgergeld haben.
Teures Familienleben und hoffentlich sorgt der Staat bald dafür, dass die Beamten entsprechend versorgt werden.

Was aber BVerfGBeliever oder die Richter? nach meinem dafürhalten vergessen haben abzuziehen, sind die 6000€ Kindergeld, die man bekommt und die notwendige Mindestbesoldung entsprechend reduziert.

Aber die Richter werden schon wissen was sie da schreiben.

AlxN

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14312 am: 25.09.2024 15:43 »
Danke für den Link! Und völlig d'accord, DAS nenne ich mal eine "ordentliche" Stellungnahme. Beispiel (Seite 16):

Aktuell erhält eine vierköpfige A3-Musterfamilie eine jährliche Netto-Besoldung in Höhe von 34.503 €.
Stattdessen müssten es jedoch laut DRB mindestens 56.237 € sein (also 63% mehr)!
Erstaunlich was heutzutage an Heizkosten aufgerufen werden, 300€ für ein 4 K Familie, krass.
Bei uns (eine Großstadt) wären nicht 1900€ KdU angemessen, sondern nicht ganz 1000€, da kann man mal sehen wie groß die Spannweite ist und das da Ortszuschläge durchaus sinnvoll erscheinen.
Und es zeigt uns, wieviel Menschen -ohne es zu wissen- mit 2 Kindern schon Anspruch auf Bürgergeld haben.
Teures Familienleben und hoffentlich sorgt der Staat bald dafür, dass die Beamten entsprechend versorgt werden.

Was aber BVerfGBeliever oder die Richter? nach meinem dafürhalten vergessen haben abzuziehen, sind die 6000€ Kindergeld, die man bekommt und die notwendige Mindestbesoldung entsprechend reduziert.

Aber die Richter werden schon wissen was sie da schreiben.

Das ist nicht korrekt:
Zitat aus der Stellungnahme (S.17):

"Weil die Familienzuschläge und das Kindergeld derzeit zusammen etwa
1.000 € monatlich betragen und damit gemeinsam der Höhe der Abzüge für
die Einkommensteuer und die Krankenversicherung entsprechen, wird die
Mindestbesoldung voraussichtlich erst bei einem monatlichen Grundgehalt
von ca. 3.700 € zuverlässig erreicht."

Imperator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14313 am: 25.09.2024 15:45 »
"2. Anrechnung eines (fiktiven) Partnereinkommens
Die Anrechnung (fiktiven) Partnereinkommens ist mit dem
Alimentationsprinzip unvereinbar. Der Beamte wird vom Dienstherrn
alimentiert. Der Dienstherr ist nicht der Ausfallbürge für den
unterhaltsverpflichteten Lebenspartner. Ein Modell, in dem die Höhe der
Besoldung vom Partner- oder Familieneinkommen abhängt, widerspricht
sowohl der Besoldung in ihrer bisherigen Form als auch den Entgeltsystemen
in der Privatwirtschaft und jedem anderen Verdienstsystem.
Zudem rückt es die Besoldung strukturell an eine Sozialleistung heran. Der
Entwurf sieht – anders als einige Ländergesetze, die ebenfalls
Partnereinkommen anrechnen – auch keine Regelung für den Fall vor, dass
kein Partnereinkommen erzielt wird. Der Dienstherr kann den Beamten aber
zur Erfüllung seiner Alimentationspflicht nicht auf einen Unterhaltsanspruch
gegen einen Dritten verweisen."

Sehr interessant für all diejenigen, die sich um die Anrechnung des Partnereinkommens Sorgen gemacht haben.

Und auch so insgesamt, eine äußerst erfolgreiche Stellungnahme des Richterbundes! Großes Lob!

An der Stellungnahme erkennt man, dass kein Weg an einer deutlichen Erhöhung der Grundgehälter vorbeiführt (zusätzlich zu den Anpassungen der Familien/Kinderzuschlägen).

AlxN

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14314 am: 25.09.2024 15:51 »
Die Stellungnahme ist wirklich lesenswert. Vernichtendes Urteil, klare Worte zu vielen Bereichen die hier diskutiert werden. Wieder einmal musste ich an die Stellungnahme und Worte von Prof. Dr. Battis denken (konzertierter Verfassungsbruch). Auszugsweise:

Siehe S.25:
"Im Übrigen sind die vorgesehenen Maßnahmen auch für sich betrachtet
verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig und zum Teil auch eindeutig
verfassungswidrig."

zur Anrechnung des Partnereinkommens (S.30):

"Die Anrechnung (fiktiven) Partnereinkommens ist mit dem
Alimentationsprinzip unvereinbar. Der Beamte wird vom Dienstherrn
alimentiert. Der Dienstherr ist nicht der Ausfallbürge für den
unterhaltsverpflichteten Lebenspartner. Ein Modell, in dem die Höhe der
Besoldung vom Partner- oder Familieneinkommen abhängt, widerspricht
sowohl der Besoldung in ihrer bisherigen Form als auch den Entgeltsystemen
in der Privatwirtschaft und jedem anderen Verdienstsystem.

Zudem rückt es die Besoldung strukturell an eine Sozialleistung heran. Der
Entwurf sieht – anders als einige Ländergesetze, die ebenfalls
Partnereinkommen anrechnen – auch keine Regelung für den Fall vor, dass
kein Partnereinkommen erzielt wird. Der Dienstherr kann den Beamten aber
zur Erfüllung seiner Alimentationspflicht nicht auf einen Unterhaltsanspruch
gegen einen Dritten verweisen."

AlxN

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14315 am: 25.09.2024 15:55 »
Auch interessant fand ich die Bemerkung zum Grundischerungsniveau (S.18):

"Aus diesen Daten ist erkennbar, dass vor allem im Bereich der
Anforderungsgruppe 1 das Einkommen zwar bereits deutlich oberhalb des
Mindestlohns liegt, aber in der Konstellation der Alleinverdienerehe mit
2 Kindern das Grundsicherungsniveau einer 4-Personen Bedarfsgemeinschaft mit 2 Kindern nicht erreicht wird; allerdings stehen dieser Bevölkerungsgruppe ergänzende Leistungen wie Wohngeld zur
Verfügung. Nötigenfalls können aufstockende Grundsicherungsleistungen
bezogen werden. Zugleich vermitteln diese Zahlen einen Eindruck davon,
welches Niveau die Grundsicherungsleistungen – entgegen einer
verbreiteten Annahme in der Gesellschaft – tatsächlich im Verhältnis zu
Tätigkeiten im Niedriglohnbereich haben


"Wer arbeitet hat immer mehr Geld als ein Bürgergeldempfänger..."

BVerfGBeliever

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« Antwort #14316 am: 25.09.2024 15:58 »
Aktuell erhält eine vierköpfige A3-Musterfamilie eine jährliche Netto-Besoldung in Höhe von 34.503 €.
Stattdessen müssten es jedoch laut DRB mindestens 56.237 € sein (also 63% mehr)!
Was aber BVerfGBeliever oder die Richter? nach meinem dafürhalten vergessen haben abzuziehen, sind die 6000€ Kindergeld, die man bekommt und die notwendige Mindestbesoldung entsprechend reduziert.

Selbstverständlich haben "die Richter" die 6.000 € Kindergeld berücksichtigt, siehe Seite 12.

Ansonsten: Auch mir erscheint eine Erhöhung um 63% natürlich etwas zu hoch.

ABER: Die Stellungnahme zeigt eindrücklich auf, dass "ziemlich viel Luft" zwischen der aktuellen und einer verfassungsgemäßen Besoldung liegt..

Skywalker2000

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14317 am: 25.09.2024 18:25 »
Da höchstenswahrscheinlich die Ampel-Koalition in den nächsten Tagen ihr Ende verkünden wird, darf man mit einer AEZ oder allgemein Reformierung der Besoldung bis 2026 nicht rechnen.

Daher abwarten und Tee trinken.

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14318 am: 25.09.2024 18:47 »
Danke für den Link! Und völlig d'accord, DAS nenne ich mal eine "ordentliche" Stellungnahme. Beispiel (Seite 16):

Aktuell erhält eine vierköpfige A3-Musterfamilie eine jährliche Netto-Besoldung in Höhe von 34.503 €.
Stattdessen müssten es jedoch laut DRB mindestens 56.237 € sein (also 63% mehr)!
Erstaunlich was heutzutage an Heizkosten aufgerufen werden, 300€ für ein 4 K Familie, krass.
Bei uns (eine Großstadt) wären nicht 1900€ KdU angemessen, sondern nicht ganz 1000€, da kann man mal sehen wie groß die Spannweite ist und das da Ortszuschläge durchaus sinnvoll erscheinen.
Und es zeigt uns, wieviel Menschen -ohne es zu wissen- mit 2 Kindern schon Anspruch auf Bürgergeld haben.
Teures Familienleben und hoffentlich sorgt der Staat bald dafür, dass die Beamten entsprechend versorgt werden.

Was aber BVerfGBeliever oder die Richter? nach meinem dafürhalten vergessen haben abzuziehen, sind die 6000€ Kindergeld, die man bekommt und die notwendige Mindestbesoldung entsprechend reduziert.

Aber die Richter werden schon wissen was sie da schreiben.

Das ist nicht korrekt:
Zitat aus der Stellungnahme (S.17):

"Weil die Familienzuschläge und das Kindergeld derzeit zusammen etwa
1.000 € monatlich betragen und damit gemeinsam der Höhe der Abzüge für
die Einkommensteuer und die Krankenversicherung entsprechen, wird die
Mindestbesoldung voraussichtlich erst bei einem monatlichen Grundgehalt
von ca. 3.700 € zuverlässig erreicht."
Zitat S. 16 :
Aus dem obigen Wert zum Grundsicherungsniveau ergibt sich ein Wert für die
Mindestbesoldung in Höhe von 56.237 € jährlich,

Nein, die Mindestbesoldung muss keine 56.237 € jährlich sein, wenn 6000€ Kindergeld auf dem Konto landet, dann muss die Mindestbesoldung  50.237 € jährlich sein!

ABER:

Mir war nicht bewusst, dass Kindergeld (und andere Zuschüsse?) ein Teil der Besoldung ist und in den Begriff Mindestbesoldung inkludiert wird.
Und man von daher kann man in der Tat von einer Mindestbesoldung  von  56.237 € reden.

Da könnte ja ein pfiffiger Politiker auf die Idee kommen und Wohngeld als Teil der Besoldung deklarieren. *kotz*

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14319 am: 25.09.2024 18:58 »
Nein, die Mindestbesoldung muss keine 56.237 € jährlich sein, wenn 6000€ Kindergeld auf dem Konto landet, dann muss die Mindestbesoldung  50.237 € jährlich sein!

Mach es dir doch nicht immer selbst so schwer.

Die Nettobesoldung (inklusive Kindergeld) muss laut DRB mindestens 56.237 € betragen.

Welcher genauen Bruttobesoldung dies entspricht, müsste man ausrechnen.
Zum Vergleich: Aktuell werden aus brutto 38.439 € im Ergebnis netto 34.504 € (inklusive Kindergeld), siehe Seite 12.

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14320 am: 25.09.2024 19:00 »

"Wer arbeitet hat immer mehr Geld als ein Bürgergeldempfänger..."
Hat er ja auch.
Aber wer ihm Anforderungsniveau 1 arbeitet, der kann sich keine 2 Kinder als Alleinverdiener leisten, bzw. erreicht damit nicht das Grundsicherungsniveau.
Wenn sie es täten, dann hätten wir doch eine Alimentation die über der Mindestalimentation liegt, haben wir aber bei weitem nicht!

MoinMoin

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« Antwort #14321 am: 25.09.2024 19:01 »
Nein, die Mindestbesoldung muss keine 56.237 € jährlich sein, wenn 6000€ Kindergeld auf dem Konto landet, dann muss die Mindestbesoldung  50.237 € jährlich sein!

Mach es dir doch nicht immer selbst so schwer.
Wo mache ich es mir denn schwer, wenn mir nicht bekannt war, dass Kindergeld ein Teil der Besoldung ist, war mit halt nicht bewusst.

BVerfGBeliever

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« Antwort #14322 am: 25.09.2024 19:19 »
OK, dann extra für dich nochmal ausführlich:

1.) Aktuelle Besoldung: Brutto 38.439 - Steuer 2.088 - PKV 7.847 + Kindergeld 6.000 = netto 34.504 €
2.) Verfassungsgemäß: Brutto 68.085 - Steuer 10.000 - PKV 7.847 + Kindergeld 6.000 = netto 56.238 €

Mit anderen Worten: Die Bruttobesoldung müsste laut DRB sogar um 77% (!) höher als heute sein.

[P.S. Die Steuer von 10.000 € ist übrigens nicht gerundet, sondern kommt laut Steuerrechner zufällig exakt so raus.]

NelsonMuntz

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14323 am: 25.09.2024 19:39 »
OK, dann extra für dich nochmal ausführlich:

1.) Aktuelle Besoldung: Brutto 38.439 - Steuer 2.088 - PKV 7.847 + Kindergeld 6.000 = netto 34.504 €
2.) Verfassungsgemäß: Brutto 68.085 - Steuer 10.000 - PKV 7.847 + Kindergeld 6.000 = netto 56.238 €

Mit anderen Worten: Die Bruttobesoldung müsste laut DRB sogar um 77% (!) höher als heute sein.

[P.S. Die Steuer von 10.000 € ist übrigens nicht gerundet, sondern kommt laut Steuerrechner zufällig exakt so raus.]

Das sind Phantomdiskussionen, weil wir hier über das Einkommen einer ungelernten(!) Hilfskraft(!) reden. Mit einer A1/1 würden wir vielleicht sogar 100% "Unterbesoldung" sprechen.

Ich kann ja verstehen, dass auch Beamte sich zu schlecht bezahlt fühlen; ich kann das als TB absolut nachvollziehen! Aber diese Argumentationskette mit dem Ergebnis, dass ein faktisch völlig unqualifizierter Mensch allein durch eine Verbeamtung ein Anrecht auf 56k netto im Jahr hätte, ist selbst der Richterschaft unwürdig. Einen solch fetten "Stinkefinger" in Richtung der Welt der "normalen" Bürger hat man wohl selten gesehen.

BVerfGBeliever

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« Antwort #14324 am: 25.09.2024 19:45 »
Aber diese Argumentationskette mit dem Ergebnis, dass ein faktisch völlig unqualifizierter Mensch allein durch eine Verbeamtung ein Anrecht auf 56k netto im Jahr hätte, ist selbst der Richterschaft unwürdig.

Ich kann deinen Unmut sehr gut nachvollziehen.

Aber bedenke bitte auch, dass laut DRB eine vierköpfige Bürgergeld-Familie ein Anrecht auf bis zu 49k netto im Jahr hat.