Stimmt, es heißt der BDZ, da das "B" für "Bund" steht, auch wenn sich die Gewerkschaft heute so nicht mehr nennt.
Zugleich stimme ich Dir hinsichtlich des Regierungspragmatismus zu, Max, wenn auch nur auf den ersten Blick: Denn die philosophisch respektable Denkschule des "Pragmatismus" wird ja heute weiterhin von vielen Politikern in Beschlag genommen, wenn sie ihr eigenes Handeln betrachten oder beschreiben, wobei ihr Handeln dann eben gerade nicht pragmatisch ist, sofern man die Begründer und also Autoren der Schriften des Pragmatismus ernst nimmt, da sie allesamt ihr Verständnis von "Pragmatismus" in den Dienst der Demokratie stellten, während "Pragmatismus" heute politisch (ver)einfach(t) meint: "Geht nicht anders. Muss so sein" - politischer Pragmatismus meint heute in einem hohen Maß an Fällen: "Alternativlosigkeit". Es geht dann also gar nicht um "Pragmatismus", sondern um Ideologie - denn wer nun unter dem Blickwinkel einer postulierten "Alternativlosigkeit" davon spricht, "pragmatisch" sei das nicht anders möglich, nimmt den Pragmatismus als kluge philosophische Denkschule nur für sich in Beschlag, um damit ein gerade nicht "pragmatisches" Handeln (im Sinne dieser Denkschule) zu rechtfertigen.
Und damit wären wir eben wieder beim (Verfassungs-)Recht und also bei der Frage nach Konjunktiven und Indikativen, also wenn Du schreibst "Keineswegs 'muss die verantwortliche Politik' sich 'jetzt' um die Lösung kümmern, sondern sie <müsste> es. Denn wenn sie es nicht tut (weil sie es nicht finanzieren kann), gibt es keine <Strafe> dafür", und wenn Du damit stellvertretend für diese die herrschende Sicht von Regierungen und Parlamenten in allen 17 Rechtskreisen auf den Punkt bringst, dann gehst Du meiner Meinung nach genauso in die Irre wie die entsprechend handelnden Politiker. Denn verfassungsrechtlich gibt es hier keinen "Pragmatismus", sondern nur eine tatsächliche verfassungsrechtliche Alternativlosigkeit, die als solche nicht einer philosophischen Denkschule oder deren ideologischen Verbrämung entspringt, sondern aus Art. 20 Abs. 3 GG, nämlich dass die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden ist - ergo: Hier gibt es den von Dir beschriebenen Konjunktiv nicht: Bundesregierung und Bundestag haben die verfassungswidrigen Rechtslage der Bundesbesoldung in der Vergangenheit anerkannt und sie sind jetzt und zu keinem anderen Zeitpunkt dazu verpflichtet, diese nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbarende Rechtslage zu beenden. Darüber gibt es verfassungsrechtlich keine Diskussion und damit kann es im Rahmen des Grundgesetzes auch keine politische Diskussionen darüber gehen: Die verfassungsrechtliche Bindung an das Grundgesetz kann der Gesetzgeber nur abschütteln, indem er das Grundgesetz abschüttelt. Darüber hinaus hat er jederzeit das Recht, das Grundgesetz mit einer Zwei Drittel-Mehrheit zu ändern, wenn er das politisch als nötig erachtet.
Damit verbliebe zunächst einmal nur die temporale Frage, was der Begriff "jetzt" meint - und auch diese Frage ist einfach zu beantworten: Spätestens mit dem Gesetzentwurf aus dem Februar 2021 hat die damalige Bundesregierung den verfassungswidrigen Gehalt des Bundesbesoldungsgesetzes anerkannt; der Bundestag und der Bundesrat sind ihr wenige Monate später in dieser begründeten Sicht auf die Dinge gefolgt. Verfassungsrechtlich meint "jetzt" also: Seit spätestens dieser Zeit sehen sich die Verfassungsorgane gezwungen, den verfassungswidrigen Gehalt der Bundesbesoldung abzustellen. Dabei konnte die im Sommer 2021 gegebene Garantie, dass kein Widerspruch nötig sei, um vorhandene Ansprüche aufrechtzuerhalten, allenfalls eine kurzfristige Rechtskonstruktion gewesen sein, da ja die Besoldung verfassungsrechtlich so ausgestaltet sein muss, dass sie dem Beamten und seiner Familie es ermöglicht, ihren täglichen Bedarf zu decken - nicht erst in Anbetracht der besonderen Situation, in der wir uns coronabedingt bereits 2021 befunden haben und in der wir uns spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mit den extremen Folgen nicht zuletzt die Verbraucherpreise betreffend befinden, konnte die schon im Sommer 2021 allenfalls zweifelhafte Hilfskonstruktion keinerlei Gewähr mehr bieten, dass die Einschränkung von grundrechtsgleichen Individualrechten von Bundesbeamten, die sich als solche in einem Sonderrechtsverhältnis befinden, als deren Folge sich ihre aus dem Alimentationsprinzip enspringenden entsprechenden Rechte als besonders schutzwürdig erweisen, sich vor der Verfassung rechtfertigen ließe bzw. gelassen hätte - dazu hat das Bundesverfassungsgericht übrigens in der aktuellen Entscheidung eine ähnliche Präzedenz hervorgehoben, letztlich zurückgehend auf das Verhältnismäßigkeitprinzip, wenn es ausführte:
"Je länger die von ihm [dem Haushaltsgesetzgeber; ST.] diagnostizierte Krise anhält und je umfangreicher der Gesetzgeber notlagenbedingte Kredite in Anspruch genommen hat, desto detaillierter hat er die Gründe für das Fortbestehen der Krise und die aus seiner Sicht fortdauernde Geeignetheit der von ihm geplanten Maßnahmen zur Krisenbewältigung aufzuführen. Er muss insbesondere darlegen, ob die von ihm in der Vergangenheit zur Überwindung der Notlage ergriffenen Maßnahmen tragfähig waren und ob er hieraus Schlüsse für die Geeignetheit künftiger Maßnahmen gezogen hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn notlagenbedingte Kreditmittel entgegen der ursprünglichen Haushaltsplanung und dem konstitutiven Beschluss nach Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG nicht oder nicht in voller Höhe benötigt worden sind." (Rn. 200)
Nun lässt sich diese die Haushaltsgesetzgebung betreffende Rechtsfigur offensichtlich nicht so ohne Weiteres auf die Besoldungsgesetzgebung übertragen - sie zeigt aber offensichtlich ein generelles Prinzip auf, das eben auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip zurückgeführt werden kann: Je länger die schon 2021 gegebene Krise angehalten hat, desto mehr wäre auch der Besoldungsgesetzgeber im weiterhin andauernden Gesetzgebungsverfahren mindestens gezwungen gewesen, sachlich zu begründen, wieso er den eingestandenen verfassungswidrigen Gehalt der Bundesbesoldung nicht behübe, wozu er jederzeit die Möglichkeit hatte und weiterhin hat. Eine solche Begründung wäre ihm ggf. vielleicht noch im Verlauf des Jahres 2021 gestattet gewesen. Spätestens aber im Verlauf des Jahres 2022 kann sich das Handeln von Bundesregierung und Bundestag nicht mehr verhältnismäßig begründen lassen - unabhängig davon, dass ein solcher tiefergehender Begründungsversuch gar nicht erst versucht worden ist.
Insofern ist der von Dir hervorgehobene Konjunktiv sachlich falsch und beruht dessen Begründung auf einer sachlich ebenfalls falschen Rückführung auf einen Vulgärpragmatismus, der nicht die Verfassungslage in der Bundesrepublik betrachtet (beziehe diese deutlichen Begriffe nicht auf Dich und als Kritik an Dir; denn so sind sie nicht gemeint, sie sollen nicht Dich kritisieren, sondern eine mögliche bzw. hier unmögliche Rechtfertigung des Handelns unserer höchsten Verfassungsorgane in den Blick nehmen) und sich also am Ende "pragmatisch" darauf stützt, dass, sofern der Bundestag und Bundesrat dem verfassungswidrigen Gehalt der Bundesbesoldung nicht jetzt abhelfen, weil sich das mit dem vorgeschützten Argument kaschieren ließe, dass es sich nicht finanzieren ließe, "es keine 'Strafe' dafür" gebe.
Denn dieses Argument ließe sich zunächst auf jedes verfassungswidrige Handeln der höchsten Verfassungsorgane beziehen: Andreas Voßkuhle hat das in der aktuellen ZEIT (No 48, S. 8 ) wie folgt gefasst:
"Ansonsten bleibt es dabei, dass Verfassungsgerichte über keine 'Truppen' verfügen. Sie sind von Natur aus schutzlos. Sie müssen durch die Qualität ihrer Entscheidungen überzeugen, durch ihr Funktionieren im rechtlichen Alltag - und durch die Persönlichkeit der Richterinnen und Richter."
Denn er führt nun drei Argumente an, die dem Vulgärpragmatismus entgegenstehen, und zwar:
1. Die Qualität von bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen, die also meint: Die Qualität der Begründungen von bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen. Hier geht es also um Rationalität. Die Begründung muss rational überzeugend sein, d.h. das Verfassungsrecht präzise anwenden und in der Anwendung erst vollziehen, und zwar sprachlich so, dass das verständlich wird oder bleibt. Darin liegt die Qualität von Entscheidungen begründet.
2. Ein auf den Pragmatismus von James', Peirce und Dewey zurückzuführendes Handeln, das also die Entscheidungen im rechtlichen Alltag funktionieren müssen, also handhabbar sein müssen und es eben nicht um Entscheidungen im luftleeren Raum geht, wie man das dem klassischen Rechtspositivsmus vorwerfen musste, von dem sich das Bundesverfassungsgericht im Laufe seines Bestehens dezidiert abgesetzt hat, indem es die Verfassung als "living constitution" begreift und also methodisch einen Dreiklang der Auslegung betreibt: Das Grundgesetz wird erstens als eine Einheit begriffen, also als Ganzes betrachtet, Grundrechte werden zweitens als juristischer Ausdruck von Werten begriffen und drittens in die gegebene soziale Wirklichkeit eingebettet. Hier liegt nun ein auch pragmatisch begründetes Verfassungsverständnis zugrunde, das aber eben ob seiner theoretischen Fundierung gerade kein Vulgärpragmatismus ist.
3. Die persönliche Integrität der Richterinnen und Richter, aus der im Kontext der beiden ersten von Andreas Voßkuhle genannten Faktoren personale Autorität entspringt und die also auf personelle Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit basiert und so Vertrauen mitbegründet und erhält.
Da nun also das Bundesverfassungsgericht über keine "Truppen" verfügt, liegt seine Fähigkeit zu strafen, die Du ihm mehr oder minder deutlich absprichst, indem Du hervorhebst, dass das wissentlich und willentliche, also zielgerichtete Handeln des Besoldungsgesetzgebers keine "Strafe" gewärtigen müsste, in genauem jenem Feld der drei genannten Faktoren begründet:
1. Der geneigte Leser von Gesetzesbegründungen kann diese mit den Entscheidungsbegründungen des Bundesverfassungsgerichts vergleichen (oder sich das medial aufbereiten lassen, was zu kaum einem anderen als dem nachfolgend skizzierten Ergebnis führte); sofern jener Vergleich wiederkehrend in deutlicher Form zuungunsten des Gesetzgebers und damit i.d.R. mittelbar der Regierung ausfällt, geht damit mittel- und langfristig ein Autoritätsverlust des Gesetzgebers, aber eben auch der Regierung einher. Das darf man als eine Strafe begreifen, wenn man "Strafe" lerntheoretisch im Sinne operanter Konditionierung begreift, also als einen negativen Reiz, der einsetzt, bzw. einem positiven, der aussetzt.
2. Ein Vulgärpragmatismus, der sich am Ende nur noch auf das Ausrufen von "Alternativlosigkeit" berufen kann, zeigt sich im politischen Tagesgeschäft als dauerhaft nicht funktional (während Andreas Voßkuhle politische Funktionalität als Folge des hier pragmatisch begriffenen Verfassungsverständnisses hervorhebt), da er genau das torpediert, worum es im politischen Handeln geht, nämlich die Suche nach Alternativen, deren Begründung und Konkurrenz, um so ein Erfolg versprechendes politisches Handeln erzeugen zu können; zeigt sich ein politisches Handeln dem nicht gewachsen, indem es Führung durch Tricksereien ersetzt, führt auch das zum Autoritätsverlust, den man dann als Strafe begreifen kann (denn ohne Verfassungsgericht würde die Trickserei nicht als solche entlarvt werden, sondern bliebe der Vorwurf der Trickserei grundsätzlich nur eine Behauptung, und zwar in der Regel "nur" des politischen Gegners oder von Medien, die ebenfalls Sichtweisen oder Meinungen präsentieren, aber anders als ein Verfassungsgericht nicht die Autorität, abschließender Entscheidungen vollziehen zu können, haben: entsprechend wirken Entscheidungen wie die vom letzten Mittwoch wie eine Bestrafung, da ein negativer Reiz, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und deren Begründung, einsetzt).
3. Als Folge der gerade genannten Faktoren muss schließlich auch die personale Autorität eines Politikers oder einer Partei oder Regierung leiden, wenn ihnen wiederkehrend so deutliche Verfassungswidrigkeiten vom Bundesverfassungsgericht attestiert werden, wie das letzten Mittwoch der Fall gewesen ist. Auch das darf man als "Bestrafung" begreifen, die sich also die jeweils so politisch Handelnden selbst zufügen.
Insofern kann ich die "Verbesserung", die Du in dem derzeit vorliegenden Gesetzentwurfs siehst, aus Sicht dessen, der am Ende davon beteroffen ist - also z.B. aus Knechts oder Deiner Sicht -, nachvollziehen, da er oder in diesem Fall ihr so monetär etwas besser gestellt wird/werdet - eben der Spatz in der Hand -; sowohl rechtsphilosophisch als auch politisch kann ich darin keinerlei Verbesserung sehen, auch keine Rationalität erkennen, sondern nur ein Handeln, dass dauerhaft betrieben selbstzerstörerisch wirken muss und also allenfalls als eine Scheinrationalität zu betrachten wäre, die nämlich vor allem eines tut: echte Debatten verhindert und sowohl paternalistisch als auch aus Bequemlichkeit heraus das Wahlvolk verschaukelt, was am Ende den Krebsgeschwüren einer Demokratie mehr Raum bietet, als das sinnvoll sein dürfte. Rechtsradikale Parteien hatten in den 1970er Jahren auch deshalb bei Wahlen in der Bundesrepublik weitgehend keine Chancen, weil hier Politik tatsächlich um alternative (Lebens-)Formen miteinander gerungen hat, sodass die Bevölkerung, da sie sich von den zur Wahl stehenden Alternativen betroffen zeigte, keine Veranlassung hatte, ihre Stimmen an politische Sektierer zu verschenken, sodass die großen Parteien weiterhin Volksparteien geblieben sind. Das hat sich in den 1980er Jahren streckenweise bereits verflüchtig, was sicherlich auch mit der Art und Weise, wie die Kohlregierung Politik betrieben hat, zu tun hatte - ein nachfolgend wiederkehrend von "Basta-" und von "Alternativlosigkeits"-Behauptungen getragenes Politikverständnis der Regierenden hat sie dann bereits in den 2000er Jahren in den Augen eines immer größer werdenden Teils der Bevölkerung zu Herrschenden gemacht, um sich von der überkommenen Parteiendemokratie abzuwenden und Sektierern und politischen Spinnern zuzuwenden, deren clowneskes Handeln man gerade Ende der letzten Woche wieder beobachten konnte, wenn man abends beim Kochen Bundestagsdebatten auf dem Deutschlandfunk gehört hat - und wenn das für einen als ernsthaft zu verstehenden Politiker nicht Strafe genug ist, dann weiß ich auch nicht weiter.
Ergo: Ich bin in vielem von dem, was Du schreibst, einer anderen Meinung - das tut aber der Sympathie und Debattenfreude keinen Abbruch. Es ist richtig und gut, dass wir unterschiedliche Sichtweisen auf die Dinge haben und die auch miteinander austragen: Die Gesellschaft steht vor deutlichen Umbrüchen, die Chancen beinhalten und Ängste auslösen - die paternalistischen Sedierungstendenzen auch eines Olaf Scholz, die ich als Machtstrategie verstehen kann (Kanzlerschaft bedeutet ja fast automatisch eine Politik der ruhigen Hand und ist also kein Charakterfehler), tun dem Land nicht gut und haben uns auch aus der Zeit der Vorgängerin, für die m.E. bis hin zu dem, was in der letzten Klammer steht, das gleiche galt, dahin gebracht, wo wir heute stehen - und das ist kein erfreulicher Zustand.