Gehen wir mal zurück in die Zeit vor dem Mindestlohn:
Was passiert, wenn eine Person Vollzeit arbeitet (40h/Woche) und der Lohn trotzdem unterhalb der Existenzsicherung liegen würde (da kein Mindestlohn vorhanden). Die Person würde aufstockend Bürgergeld bekommen.
=> Der Staat (und somit die Steuerzahler) würden also anteilig die Lohnkosten von Unternehmen tragen, welche Personen im Niedriglohn beschäftigen.
Allein aus dem Grund sollte der Staat sowie wir Steuerzahler daran interessiert sein, dass eine vollzeitbeschäftigte Person von ihrem Einkommen existenzsichert leben kann.
Deine Sichtweise kann ich nachvollziehen. Insbesondere zum Zeitpunkt der Einführung des Mindestlohns dürfte dann etwas dran gewesen sein. Jedenfalls sind anschließend nicht sofort sämtliche Geringverdiener arbeitslos geworden. Durch den seither überproportional steigenden Mindestlohn geraten sukzessive auch Jobs unter Druck, deren Wertschöpfung tatsächlich eben nur überschaubar ist. Binnen zehn Jahren ist der Mindestlohn um über 50% gestiegen. Das ist Dein Lohn bei Weitem nicht. Und manche wollten ja jetzt erneut deutlich anders heben, auf dann über 75% des Ausgabgswertes. Das ist m. E. völlig außer Verhältnis.
Eine Erhöhung des Mindestlohns führt dazu, dass (endlich) Tätigkeiten technisiert und automasiert werden, die bisher von Hand gemacht wurden. Ab einer gewissen Lohnhöhe rechnet es sich für die Supermärkte z. B. sämtliche Produkte mit RFID-Chips zu versehen, sodass sämtliche sich im Einkaufswagen befindlichen Produkte automatisch beim Durchschreiten des Kassenbereichs erfasst werden und anschließend nur noch bezahlt werden müssen, z. B. durch am Eingang vorgehaltener Kunden-App. Aktuell ist es noch billiger einen Kassierer an die Kasse zu setzen und diesen jeden Artikel einzeln scannen zu lassen. Wie lange das noch so ist weiß ich nicht.
Oder hier einige Beispiele, die bereits technisiert wurden und für die Arbeitsplätze eingespart wurden: Pfandrückgabeautomaten, in meiner Kindheit stand da noch ein Mitarbeiter, der jede Flasch/Dose/Kasten/Gebinde einzeln entgegengenommen und sofort sortiert hat. Geldrecycler in Banken, früher haben Privatpersonen ihr Bargeld am Schalter abgehoben und eingezahlt, Geschäftsleute nachts "Geldbomben" in den Nachtresor geworfen, die am Folgetag vom Kassierer gezählt und gebucht wurden. Heutztage kann Geld von jedem 24/7 am Automaten ein- und ausbezahlt werden.
Warum werden diese Tätikeiten heutzutage von Automaten übernommen? Weil diese inzwischen eben günstiger/wirtschaftlicher sind als Mitarbeiter für die gleiche Tätigkeit.
Ich muss bei jeder Tarifrunde lachen über die Diskussion in diesem Forum. Da gibt es immer die gleichen Gruppen: die einen argumentieren mit steigen Lebenshaltungskosten und Mindestlohnerhöhung, die anderen drohen mit Kündigung bei zu geringer Erhöhung, und wieder andere fordern eine Abkehr der "Sozialismuskomponenten" um als E1xler endlich wieder deutlich mehr als die Postwagenschubser zu verdienen. Und dann gibt es noch die selbsternannten Überflieger, die von ihrem Chef jedes Mal eine Absage erhalten, wenn sie eine Zulage fordern und dennoch bleiben, weil der Chef ja wirklich alles gegeben hat, aber der böse Stadtrat/Rechnungsprüfungshof/sonstwer einfach die Mittel nicht freigibt.
Mein Tipp: Konzentriert euch lieber auf euch selbst und arbeitet an eurem Marktwert. Erkennt euer Arbeitgeber diesen Marktwert, ist es leicht individuell mehr rauszuhandeln und zu erhalten. Erkennt er diesen nicht, nehmt die Füße in die Hand und wechselt.