Autor Thema: Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion  (Read 1035559 times)

BW zahlt zu wenig

  • Gast
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1005 am: 17.08.2023 10:52 »
Grundsätzlich kann ich deine Sichtweise nachvollziehen. Was aber wenn "die unter dir" durch "umstände" plötzlich "neben" oder gar "über" dir stehen. Gibt das nicht zu denken? Zumal wir mal davon ausgehen, dass die Persönliche Entwicklung vielleicht nicht so schnell voran gehen kann durch "umstände" die jetzt mal nicht in der eigenen Leistung liegen.

Da eine E6 mehr als Mindestlohn ist, sollte es nicht mal annähernd der Fall sein und auch der Mindestlohnempfänger erhält mehr:
https://www.rnd.de/politik/mindestlohn-oder-buergergeld-wer-bekommt-wie-viel-2S73W7ILJJEFRIXERWT5ORLTW4.html
Und der Mindestlohn steigt weiter.

Damit ist der Aussage auch Wind aus den Segeln genommen und ehr in die Märchenkiste der blauen zuzuordnen.

Ein BG-Empfänger hat einen Netto-Abstand von 670 € zum Mindestlohnempfänger und zu jemanden in der E6 S6 sogar von 1250 €.
Von der E6 S6 zur E12 S6 beträgt der Abstand 1308 € Netto. Also schaue ich zu den "nach unten" oder strebe ich lieber nach oben? Dafür hätte ich gerne eine Erklärung!

Also ich schaue mal grundsätzlich in beide Richtungen. Von unten nicht überholt werden und nach oben so weit wie möglich. Was ich aber feststelle: Von unten wird herangerückt, nach oben wird durchs Steuersystem exponentiell gebremst. Was also tun? Weiter nach oben streben und den Heranrückenden das Leben finanzieren (ausgenommen arbeitswillige die kurz beziehen, und die welche tatsächlich nicht erwerbsfähig sind) oder sich einen Sidetrack wählen. Eine Art Sweet Spot zwischen "hier alles mitfinanzieren" und "sich selbst was aufbauen" und zwar in dem Maße sich nicht übervorteilt zu fühlen von unten und sich nicht "gebremsklotzt" zu fühlen nach oben. Meine Lösung: Kapital. Rest egal.

Roland80

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 37
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1006 am: 17.08.2023 10:59 »
Ein Bürgergeldempfänger muss aber keine Miete von seinem Mindestsatz bezahlen. Das sollte man nicht vergessen. Also ist der Abstand doch schwindend gering und die Frage durchaus berechtigt. Und nur weil ihr vielleicht das Glück habt und gut verdient, geht es noch lange nicht allen so.

BW zahlt zu wenig

  • Gast
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1007 am: 17.08.2023 11:03 »
Ein Bürgergeldempfänger muss aber keine Miete von seinem Mindestsatz bezahlen. Das sollte man nicht vergessen. Also ist der Abstand doch schwindend gering und die Frage durchaus berechtigt. Und nur weil ihr vielleicht das Glück habt und gut verdient, geht es noch lange nicht allen so.

Yep. Ich habe seine Berechnung jetzt nicht zerlegt, weil ich gerade keine Zeit habe, aber seine Argumentationskette schwächelt einfach.

Scanner

  • Gast
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1008 am: 17.08.2023 11:09 »
Ein Bürgergeldempfänger muss aber keine Miete von seinem Mindestsatz bezahlen. Das sollte man nicht vergessen. Also ist der Abstand doch schwindend gering und die Frage durchaus berechtigt. Und nur weil ihr vielleicht das Glück habt und gut verdient, geht es noch lange nicht allen so.

Yep. Ich habe seine Berechnung jetzt nicht zerlegt, weil ich gerade keine Zeit habe, aber seine Argumentationskette schwächelt einfach.

Für mich sind das noch nicht mal Argumente die er da anführt, sondern er sagt damit lediglich "Du bist selbst Schuld".
Und wie gesagt beantwortet er damit nicht die Frage wie dieses System noch funktionieren soll, wenn alle jetzt anfangen würden sich zu überlegen Millionär zu werden (einschließlich der Putzfrau).

sebbo83

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 291
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1009 am: 17.08.2023 11:11 »
Also zunächst ist es ja erstmal so, dass Neid eine Emotion ist. Es drückt das Gefühl darüber aus, dass etwas in Schieflage geraten ist, wie eben dass man sich ungerecht behandelt fühlt. Warum sollte das denn unberechtigt sein, wenn man eben sieht, dass ganz offensichtlich andere Menschen insoweit finanzielle Unterstützung vom Staat bekommen, die nie in dieses System eingezahlt haben und der Staat aber an mich als Einheimischen die Erwartung setzt, dass ich mal gefälligst zu arbeiten habe - und das obwohl der Abstand zwischen einem mittleren Gehalt im ÖD und den Leistungen auf die ein Bürgergeldempfänger Anspruch hat einfach nur lächerlich gering ist. (Und von anderen Themen wie der Rente wird da noch gar nicht gesprochen).

Und wenn man dann noch sieht, dass einem die Bank 4,5% Zinsen für eine Immobilie aufdrücken will und der Preis derselben sowieso völlig überteuert ist, kann man sich ja schon mal die Frage stellen, wieso man das alles überhaupt noch unterstützen soll.

Sehe nach oben und nicht nach unten. Verändere deinen Abstand - versuche nicht bei anderen Veränderungen hervorzurufen. Gönne es den (meisten) Menschen etwas Ruhe vor Krieg und Flucht zu haben und sehe selber zu, dass es dir besser geht, wie du es dir wünschst. Du lebst (noch) in einem freien Land mit freier Entscheidung deiner Wohnortwahl (in Mittelstädten ohne Uni in Ost und West gibt es noch Mieten für 5 €/qm oder Grundstücke für unter 50 € q/m) sowie Arbeitsplatzwahl.


Tja, nur dass das nicht nur mich betrifft, sondern die gesamte Mittelschicht. Würde man deinem Rat folgen, würde das fast die komplette Abschaffung aller Angestellten bzw. Facharbeiter bedeuten. Woraus dann die Frage erwächst wer dann all die notwendige Arbeit noch machen soll, wenn jetzt plötzlich alle anfangen so zu denken. Das Problem sind nämlich nicht „wir“ als Masse, sondern ein gieriger Umverteilungsstaat.

Aber ist schon klar, das wird dir auch nicht einleuchten. Du hast wahrscheinlich sogar ein Einfamilienhaus geerbt, fährst einen SUV, fliegst 3x im Jahr in den Urlaub und wählst Grün 🙈

 :D :D Ich ... armer Ossi ... Plattenbausiedlung groß geworden. Eltern nach der Wende sofort entlassen. Die sind erst so Mitte der 1990er Jahr einigermaßen hochgekommen und haben einen kleinen Betrieb übernommen. Es hat geradeso für ein Auto und für ein mal im Jahr Urlaub gereicht. Nach 2000 lief es besser. Ich selber Studium ab 2004 (nicht Bafög-berechtigt) - konnte finanziert werden mit 200 € monatlich von meinen Eltern und den Rest ich selber - Studenjobs etc.... 2009/10 Finanzcrash und ich mit Studium fertig, 80 Bewerbungen, kein Job - nur Praktika. Also ins Ausland - auch erst nur Praktikum aber aufgrund guter Leistung Job-Angebot. Also hochgearbeitet im Ausland. Situation in Dtl. wurde besser, Fachkräftemangel, also Bewerbungen in Deutschland. 10 Stück 5 Gespräche, 2 Jobangebote. Heute, ein sehr kleines Haus - tatsächlich - und aber nur ein Kleinwagen für die Frau und ich selber fahr Fahrrad auf Arbeit.
Was haben wir nie gemacht - uns nach unten verglichen. Immer geschaut wie es weiter geht um vorwärts oder eben nach oben zu kommen. Wir haben alle nie Rechts gewählt, weil wir an unsere Freiheit und Demokratie glauben. Selbst in der schweren Zeiten Anfang der 1990er Jahre. Und die waren die Hölle im Vergleich zu jetzt.

Für mich sind das noch nicht mal Argumente die er da anführt, sondern er sagt damit lediglich "Du bist selbst Schuld".
Und wie gesagt beantwortet er damit nicht die Frage wie dieses System noch funktionieren soll, wenn alle jetzt anfangen würden sich zu überlegen Millionär zu werden (einschließlich der Putzfrau).

Und warum sollte es die Mittelschicht nicht geben, wenn man meinen Rat befolgt? Wir waren Mitte der 1990er Jahre Mittelschicht und sind es heute noch. Die Mittelschicht ist sehr breit. Und nach oben schauen heißt nicht, Chef von Aldi zu werden. Aber stets besser zu verdienen als vor 10 Jahren - und wenn es "nur" 500 € Netto mehr sind. Damit kann ich doch trotzdem Facharbeiter sein, halt mit einer weiteren Qualifikation oder verantwortlich für 3 weitere Facharbeiter. Ich verstehe deine Aussage nicht - die ergibt auch keinen Sinn.

sebbo83

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 291
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1010 am: 17.08.2023 11:12 »
Ein Bürgergeldempfänger muss aber keine Miete von seinem Mindestsatz bezahlen. Das sollte man nicht vergessen. Also ist der Abstand doch schwindend gering und die Frage durchaus berechtigt. Und nur weil ihr vielleicht das Glück habt und gut verdient, geht es noch lange nicht allen so.

Das Wohngeld ist doch hier bereits drinnen - musst du lesen: https://www.rnd.de/politik/mindestlohn-oder-buergergeld-wer-bekommt-wie-viel-2S73W7ILJJEFRIXERWT5ORLTW4.html

BW zahlt zu wenig

  • Gast
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1011 am: 17.08.2023 11:19 »
Ein Bürgergeldempfänger muss aber keine Miete von seinem Mindestsatz bezahlen. Das sollte man nicht vergessen. Also ist der Abstand doch schwindend gering und die Frage durchaus berechtigt. Und nur weil ihr vielleicht das Glück habt und gut verdient, geht es noch lange nicht allen so.

Das Wohngeld ist doch hier bereits drinnen - musst du lesen: https://www.rnd.de/politik/mindestlohn-oder-buergergeld-wer-bekommt-wie-viel-2S73W7ILJJEFRIXERWT5ORLTW4.html
Schönes Beispiel auf der Website. Unterschlägt aber auch nur wieviel der Mindestlohnempfänger tatsächlich mehr haben könnte müsste er nicht den Empfänger im Vergleich finanzieren.

Witzig auch, dass Familien nur im Kindergeldbezug gerechnet werden. Ein Schelm...

Wieso werden hier eigentlich Steuern und Abgaben ausgeblendet? Ergibt das in der Gesamtschau nicht ein verqueres Bild?

sebbo83

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 291
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1012 am: 17.08.2023 11:22 »
Ja und Wohngeld für den Mindestlohnempfänger und bezahlte Warmmiete für den Bürgergeldempfänger. Alles im Artikel beschrieben und habe ich beim BG-Empfänger berücksichtigt. Der Abstand bleibt doch trotzdem 670 €. Ich weiß nicht, warum sich Arbeiten für 670 € mehr im Monat nicht lohnen soll? Und bei einer E6 S6 mit über 1200 € mehr im Monat und freier Wohnungswahl ...

Scanner

  • Gast
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1013 am: 17.08.2023 11:22 »
Grundsätzlich kann ich deine Sichtweise nachvollziehen. Was aber wenn "die unter dir" durch "umstände" plötzlich "neben" oder gar "über" dir stehen. Gibt das nicht zu denken? Zumal wir mal davon ausgehen, dass die Persönliche Entwicklung vielleicht nicht so schnell voran gehen kann durch "umstände" die jetzt mal nicht in der eigenen Leistung liegen.

Damit ist der Aussage auch Wind aus den Segeln genommen und ehr in die Märchenkiste der blauen zuzuordnen.

Ein BG-Empfänger hat einen Netto-Abstand von 670 € zum Mindestlohnempfänger und zu jemanden in der E6 S6 sogar von 1250 €.

Also ich sehe da keine Märchenkiste der Blauen.

Jetzt mal reine Fakten:
- Bürgergeld 502€
- Die Miete ist etwas kompliziert, weil es auf den Ort ankommt. Aber als Single stehen dir 45m2  zu + 15m2 für jede weitere Person. Veranschlagen wir in einer Stadt wie Dortmund (Beispiel) also mal 600€ warm.
- Gas (Wenn wir von 45m2 ausgehen, veranschlage ich einfach mal 60€)
- GEZ 18,36€

Wären zusammen ca. 1180,36€

So, jemand der in E6 S6 arbeitet, hat Netto 2163,40€

2163,40€ Minus 1180,36€ sind 983,04€!

Finde ich jetzt nicht wirklich viel, dafür dass jemand 40 Stunden in der Woche arbeiten muss, Stress hat, sich vom Vorgesetzten möglicherweise dumm anmachen lachen muss und der Bürgergeldempfänger ja die komplette Freizeit für sich hat.

(Und hier gehen wir ja auch nur von einem Single aus...Wenn man noch ganze (Groß)Familien berücksichtigen würde, würde die Rechnung nochmal ganz anders aussehen...

KEIN GUTER DEAL! Würde ich sagen.

Hätte das jetzt besser nicht ausgerechnet, merke schon wieder wie wütend ich werde...)

cyrix42

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,415
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1014 am: 17.08.2023 11:28 »
Hm, und deine Alleinverdiener-Bedarfsgemeinschaft im Beispiel  mit einem E6/6-Einkommen ist nicht wohngeldberechtigt und die zweite Person nicht selbst in der Grundsicherung?

Seltsames Konstrukt...

BW zahlt zu wenig

  • Gast
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1015 am: 17.08.2023 11:29 »
Ja und Wohngeld für den Mindestlohnempfänger und bezahlte Warmmiete für den Bürgergeldempfänger. Alles im Artikel beschrieben und habe ich beim BG-Empfänger berücksichtigt. Der Abstand bleibt doch trotzdem 670 €. Ich weiß nicht, warum sich Arbeiten für 670 € mehr im Monat nicht lohnen soll? Und bei einer E6 S6 mit über 1200 € mehr im Monat und freier Wohnungswahl ...

Schau mal bitte alle Regelleistungen an die es sonst noch so gibt. Zieh das ganze dann mal beim AN ggü. dem H4 ab. Einfachstes Beispiel einer weiteren Differenz wäre zum Beispiel der Arbeitsweg. Just saying. Locker 220 € abziehen bitte. Wenn man dann gemütlich alles durchrechnet sind die 670 weg und es "lohnt" nicht.

Scanner

  • Gast
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1016 am: 17.08.2023 11:30 »
Hm, und deine Alleinverdiener-Bedarfsgemeinschaft im Beispiel  mit einem E6/6-Einkommen ist nicht wohngeldberechtigt und die zweite Person nicht selbst in der Grundsicherung?

Seltsames Konstrukt...

In meinem Beispiel habe ich einen Single-Bürgergeldempfänger mit einem E6 S6-Angestellten verglichen, der für seine Kosten selbst aufkommen muss.

cyrix42

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,415
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1017 am: 17.08.2023 11:36 »
In meinem Beispiel habe ich einen Single-Bürgergeldempfänger mit einem E6 S6-Angestellten verglichen, der für seine Kosten selbst aufkommen muss.

Ok, hatte mich bei deiner Wohnungsgröße verlesen, muss mich korrigieren.

In diesem Link findet man übrigens die Angabe, dass für einen Ein-Personen-Haushalt in Dortmund für die Bruttokaltmiete 510€ monatlich zur Verfügung stehen, für einen Zwei-Personen-Haushalt 630€.

Die Frage nach der Wohngeldberechtigung deines betrachteten Arbeitnehmers bleibt aber.

Scanner

  • Gast
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1018 am: 17.08.2023 11:41 »
In meinem Beispiel habe ich einen Single-Bürgergeldempfänger mit einem E6 S6-Angestellten verglichen, der für seine Kosten selbst aufkommen muss.

Ok, hatte mich bei deiner Wohnungsgröße verlesen, muss mich korrigieren.

In diesem Link findet man übrigens die Angabe, dass für einen Ein-Personen-Haushalt in Dortmund für die Bruttokaltmiete 510€ monatlich zur Verfügung stehen, für einen Zwei-Personen-Haushalt 630€.

Die Frage nach der Wohngeldberechtigung deines betrachteten Arbeitnehmers bleibt aber.

Wie kommst du darauf, dass jemand mit E6 wohngeldberechtigt ist?
Wenn ich Single bin, liegt die Grenze bei 1372€. 
Es gibt keine EG die darunter liegt (nicht mal E1 in der niedrigsten Stufe).

cyrix42

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,415
Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1019 am: 17.08.2023 11:49 »
Stimmt, unser Alleinverdiener hätte weder Anspruch auf Wohngeld, noch auf Aufstockung durch Bürgergeld. Er sollte also am besten in eine Bedarfsgemeinschaft mit mehr Personen wechseln.