Deine Welt ist scheinbar kunterbunt mit einem Hauch von Rosa? Mein Bruder z.B. war Staatsanwalt und nun Richter. Wenn er einen Fall nicht rechtzeitig abgearbeitet hat, da bleibt halt der eine oder andere Gewaltverbrecher auf der Straße statt im Knast - 60 bis 80 Stunden-Wochen werden dadurch ehr zum Regelfall. Ebenso Zwangsanweisungen, die müssen richterlich verordnet werden. Auch Sonntags, ein Selbstmörder ist der Wochentag egal.
Oder nur mal mein Job, mal ein Tag Außendienst. 2,5 Stunden Zugfahrt zu einem Sitzungsausschuss des Landtags 5 Stunden Marathonsitzung und wieder 2,5 Stunden zurück. Am Ende Vor- und Nachbereitungen, 11-12 Stunden voll. Nächster Tag Planungsbeirat ... etc. Dann öffentliche Auslegung eines Plandokuments. 10.000te Stellungnahmen gehen ein, welche intern abgearbeitet werden müssen, weil kein Geld da ist für eine Fremdvergabe der Auswertung und Abwägung der Stellungnahmen.
Und ich meine auch nicht, dass du 60 Stunden arbeiten sollst, du wärst aber wahrscheinlich eine Hilfe für die überlasteten Mitarbeitern, wenn du ganz normal deine 40 Stunden arbeitest. Alles was du denkst weniger arbeiten zu wollen, fällt auch gerne mal zur Last eines anderen Mitarbeiters.
Und nein, es gibt im öD ehr zu viel Arbeit als zu wenig und eine 35 oder gar 30 Stundenwoche ist nicht gerechtfertigt und unseren Mitmenschen auch gar nicht vermittelbar, die Monate auf einen Bescheid warten, weil Lisa aus V. ...
Schon witzig, dass man hier im Forum direkt anmaßend und persönlich wird. Das zeugt übrigens weder von Diskussionkultur, noch von Intelligenz
Zum Thema Zeit während der Arbeit: viele kommen mit erheblich in der Regel -mit weniger als 40 Stunden aus, wenn sie ein wenig an ihrer Effizienz schrauben. Das habe ich übrigens von Bekannten aus dem öD persönlich. Die, die klagen, dass sie permanent zuviel Arbeit haben sind nunmal eher die Lowperformer
Das kann ich definitiv für meinen Bereich bestätigen. Wir haben auch noch die längst überholten 40 Stunden pro Woche. Die "älteren" Kollegen, die sich in der Regel auch am meisten gegen den "Fortschritt" und gegen irgendwelche Neuerungen wehren, diese speziellen Kollegen arbeiten so ineffizient, dass die ohne Probleme ihre 40 Stunden vollkriegen. Dieselbe Arbeit wird von anderen in 30 Stunden (überspitzt) erledigt, ohne Stress, alleine durch eine effizientere Arbeitsweise. Die restliche Arbeitszeit wird herumgesessen, da man ja trotzdem auf seine Stunden kommen muss. So eine allgemeine Anpassung auf 38 Stunden (oder weniger) wäre schon schön. In meinem Bereich gibt es in anderen Bundesländern eine Art Vertrauensarbeitszeit, was natürlich noch schöner wäre
öD ist nun mal aber auch das:
https://archive.is/NfRwD (Zeit-Artikel: "Der schlimmste Ort aller Zeiten")
oder das:
https://archive.is/3tQ28 (Zeit-Artikel: "Ihr Arzt hat womöglich seit 20 Stunden nicht geschlafen")
oder das:
https://www.ksta.de/koeln/staatsanwaltschaft-koeln-dramatische-zustaende-durch-personalnot-115641(K. Stadt-Anzeiger: „Dramatische Zustände“ in Kölner Staatsanwaltschaft)
oder das:
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,120924.0.html ("Sind die Klischees über den öffentlichen Dienst überhaupt wahr?")
Jeder kann gerne naive in den öD reingehen, 6 Monate fein 40 Stunden arbeiten und dann auf 30 reduzieren. Und schließlich den Kollegen vor die Nase binden: "passt Prima zu meiner Work-Life-Balance" und den Rest als "Lowperformer" bezeichnen.
Ist mir schon klar, dass es Arbeitsplätze im öD mit weniger Druck gibt. Aber das Gegenteil behaupten und alle die mehr arbeiten abzustempeln, ist unsinnig und eben auch blauäugig. Es gibt, meiner Erfahrung nach, wenige im öD die eine gewisse/feste Anzahl von Fällen/Aufgaben abarbeiten und man dies mit Zeitwerten ermitteln kann. Ärzte, Staatsanwälte, Polizisten, (Raum-, Stadt-, Regional-, Verkehrs-)Planer, Migrationsamtsmitarbeiter, Erstaufnahmeeinrichtungsmitarbeiter, die Kollegen welche Impfschadensfälle bearbeiten haben entweder Menschen oder Projekte vor sich. Das dauert halt mal lange und mal weniger lange, aber ich habe noch keinen kennengerlernt, der das Gespräch oder Projekt mittendrinnen abbricht, weil es gerade nicht in die persönliche Zeitplanung passt.
Um beim Thema zu bleiben. Die Reduzierung auf 38 Stunden finde ich selber charmant, aber etwas anders. Volles Gehalt für 38 Stunden, Regelarbeitszeit sollte ohne irgendwelche Antragsstellung bis 43 Stunden möglich sein bei vollem Gehaltsausgleich ohne Zwangsfreizeitausgleich. Wird es aber so wohl nie geben. Einer Kollegin aus dem Integrationsamt "musste" so bereits 6 Wochen in den Zwangsurlaub. Da bleibt halt einiges liegen und wie oben im ersten Artikel beschrieben, kann das für manch eine Familie eine extreme Zitterpartie werden.