Autor Thema: Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion  (Read 1036022 times)

cyrix42

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1965 am: 06.09.2023 18:09 »
Wieso wird da nicht drei Monate vorher verhandelt? Mir fehlt da die Logik.

Bis inkl. des 30.09. gilt die Friedenspflicht. Bis dahin haben also die Gewerkschaften keinerlei Druckmittel. Bei früheren Verhandlungen würde man also damit die eigene Position verschlechtern…

BTW: Das IfW sieht für die nächsten 2 Jahre jeweils eine Inflationsrate von 2,1%. Wenn die Tabellenanstiege auch nur ansatzweise im erwarteten Bereich kommen, dann holt man im Vergleich zur Inflationsrate hier schnell viel wieder auf; und befindet sich dann wieder auf dem Niveau vor der Pandemie (statt wie jetzt auf dem Ende der 2000er).

DirtyDeedsDoneDirtCheap

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1966 am: 06.09.2023 18:37 »
Eine sinkende Inflation bedeutet ja nicht, dass die Preissteigerungen weggehen, sondern dass die Teuerung nicht mehr so stark ist. Wir haben die ganze Inflation der letzten 2 Jahre mitgenommen und auch dieser Zeitraum sollte mit Blick auf neue Entgelttabellen maßgebend sein. Für die Tarifverhandlungen 2025/2026 können wir dann gerne u.a. die Inflation für 2024/2025 zugrunde legen…

cyrix42

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« Antwort #1967 am: 06.09.2023 18:41 »
Wie schon gesagt: Wir sind durch die derzeitige Inflations-/Tarifabschluss-Situation von der Kaufkraft auf den Stand Ende der 2000er zurückgefallen. Durch den nächsten Abschluss bei geringerer Inflationsrate wird da sicherlich wieder einiges aufgeholt.

Tagelöhner

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1968 am: 06.09.2023 18:51 »
Es mag keinen tatsächlichen Automatismus bei der inhalts- und zeitgleichen Übertragung der Tarifergebnisse auf den Beamtenbereich geben, aber mit Sicherheit einen Quasi-Automatismus. Diejenigen Dienstherren, die davon in den letzten Jahrzehnten gelegentlich abgewichen sind, dürften angesichts der jüngsten Rechtsprechung zur verfassungsgemäßen Alimentation künftig davon abschrecken, an der 1zu1-Übertragung nochmal kräftig Hand anzulegen.

Zinc

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« Antwort #1969 am: 06.09.2023 19:14 »
Wieso wird da nicht drei Monate vorher verhandelt? Mir fehlt da die Logik.

Bis inkl. des 30.09. gilt die Friedenspflicht. Bis dahin haben also die Gewerkschaften keinerlei Druckmittel. Bei früheren Verhandlungen würde man also damit die eigene Position verschlechtern…

BTW: Das IfW sieht für die nächsten 2 Jahre jeweils eine Inflationsrate von 2,1%. Wenn die Tabellenanstiege auch nur ansatzweise im erwarteten Bereich kommen, dann holt man im Vergleich zur Inflationsrate hier schnell viel wieder auf; und befindet sich dann wieder auf dem Niveau vor der Pandemie (statt wie jetzt auf dem Ende der 2000er).

Da hast du aber einen Denkfehler drin und vergisst die letzten zwei Jahre. Ich hoffe sehr, dass im Oktober auch Leute sitzen, die etwas Mathe können  ;D

cyrix42

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1970 am: 06.09.2023 19:45 »
Keine Sorge, ich kann Mathe und habe die letzten 2 Jahre nicht vergessen…

Oder, um es — zum wiederholten Male — plastisch zu machen:

Verbraucherpreisindex 2010: 93,2 (bei Basisjahr 2015)
Verbraucherpreisindex Juli 2023: 117,1 (bei Basisjahr 2020; dazu kommt also ein Faktor von 1,058, da der VPI 2020 mit Basisjahr 2015 bei 105,8 stand)
——
Preissteigerung: 32,9%

Jahres-Tabellenentgelt Endstufe EG 13 2010: 55,375k€
Gleiches Spiel Juli 2023: 75,254k€
——
Lohnsteigerung: 35,9%

(Ähnliche Ergebnisse gäbe es z.B. auch für die EG 06 Endstufe)
« Last Edit: 06.09.2023 20:03 von cyrix42 »

cyrix42

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1971 am: 06.09.2023 19:49 »
Für einen Vergleichswert hat die IG Metall gerade gesorgt: In die Verhandlungen ab Dezember will man mit der Forderung von 8,5% mehr Lohn bei gleichzeitiger Reduktion der Arbeitszeit von derzeit 35 auf 32 Stunden/Woche gehen. Umgerechnet entspricht das insgesamt einer Erhöhung des Stundenlohns um 17,1%. (Laufzeit-Forderung: 12 Monate.)

Cruze

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #1972 am: 06.09.2023 20:24 »
Heute auch den Abschluss der Metaller gelesen. Ist natürlich eine ganz andere Ausgangsbasis als bei uns (35 auf 32h). Dennoch super Krass.

Alleine die 4 Tage Woche bei gleichem Gehalt wäre für den TVL 20%.  -> 40h -> 32h = 80% - eine 4 Tage Woche selbst bei 36h wäre mega.
Es macht einen riesigen Unterschied ob man 3 oder 2 Tage "Pause" hat. Das ist fast wie ein kurzer Urlaub.
46 Tage extra frei im Jahr (ca. 52 Wochen minus Urlaub) man muss sich das mal überlegen!

Urlaubsverdopplung! Oder bin ich da falsch. Kann man dann auch mehrere Wochen 5 Tage arbeiten und die Tage ansparen?

80% der Zeit für gleiches Gehalt. Ein Traum. Wenn dann noch 8,5% mehr Lohn obendrauf kommt - heidewitzka.
Eigentlich gut für uns, dass der Vorschlag vor unserer Verhandlung kommt.

Dennoch sehe ich maximal TVÖD Ergebnis mit elendiger Laufzeit und am Ende ca. 0,5-1% mehr als TVÖD in der Tabelle (zumindest für kurze Zeit).

Ja der ÖD hat diverse Vorteile, durch tausende offene Stellen müssen die verbleibenden MA aber auch deutlich mehr arbeiten als bei voller Besetzung. 45-50h Wochen sind bei uns mittlerweile die Regel. Wenn man das mit der Wirtschaft vergleicht, dann ist man nah dran am Wirtschafts-Workload. Sicher muss kein Geld verdient werden, in großen Konzernen sind die Strukturen allerdings ähnlich wie beim ÖD. Da ist man nach der Probezeit auch quasi unkündbar und wenn man betriebsbedingt zwangsweise gehen muss, gibts oft ne fette Abfindung -> gerade bei IG Metall Konzernen.

Mal als Vergleich. Die Tätigkeit, die ein E11-E13 MA beim ÖD macht, wird bei IG Metall Konzernen mit viel Vergleichen im Freundeskreis, mit ca. 30-40% besser bezahlt.

65k (ÖD) zu 90-110K Konzern IG Metall


cyrix42

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« Antwort #1973 am: 06.09.2023 20:40 »
Alleine die 4 Tage Woche bei gleichem Gehalt wäre für den TVL 20%.

Nun, niemand sagt, dass die 4-Tage-Woche jeweils einen 8h-Tag beinhalten muss. (Das ist ja auch derzeit schon in BY nicht möglich mit ihrer 40,1h-Woche.

Eine einheitliche Reduktion der Arbeitszeit auf 32h/Woche bei Beibehaltung des bisherigen Gehalts würde jedenfalls einer Stundenlohnerhöhung um 21% (SH) bis 25% (BY) entsprechen.

Zitat
Kann man dann auch mehrere Wochen 5 Tage arbeiten und die Tage ansparen?

Das hängt davon ab, wie man dies mit dem AG vertraglich regelt. Jedoch spricht eine „regelmäßige Wochenarbeitszeit von 32 Stunden“ nicht dafür, dass man hier zwischen 40 und 0 Stunden hin und her wechselt. (Das dürfte auch für Dienstpläne nicht einfach umzusetzen sein…)


Zitat
Mal als Vergleich. Die Tätigkeit, die ein E11-E13 MA beim ÖD macht, wird bei IG Metall Konzernen mit viel Vergleichen im Freundeskreis, mit ca. 30-40% besser bezahlt.

65k (ÖD) zu 90-110K Konzern IG Metall

Hast du dafür mal ne Quelle, also ein Äquivalent zur Entgeltordnung des TV-L in der IGM-Systematik? Dass die IGM tendenziell besser bezahlt, glaube ich gerne. Aber 40% bis 70% mehr, so wie du es hier angibst, klingt dann doch ein bisschen viel für vergleichbare Aufgaben und Verantwortung…

InternetistNeuland

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« Antwort #1974 am: 06.09.2023 20:50 »
Es mag keinen tatsächlichen Automatismus bei der inhalts- und zeitgleichen Übertragung der Tarifergebnisse auf den Beamtenbereich geben, aber mit Sicherheit einen Quasi-Automatismus. Diejenigen Dienstherren, die davon in den letzten Jahrzehnten gelegentlich abgewichen sind, dürften angesichts der jüngsten Rechtsprechung zur verfassungsgemäßen Alimentation künftig davon abschrecken, an der 1zu1-Übertragung nochmal kräftig Hand anzulegen.

Man kann halt schlecht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Da immer eine Versorgungsrücklage für Beamte gebildet wird sind die Lohnerhöhungen bei Beamten pauschal 0,2% niedriger.

Zudem haben Beamte eine 40 bzw. 41 Stunden Woche.

Es gibt keine freie Wahl des Arbeitsplatzes sondern man kann von seinem Dienstherrn dort eingesetzt werden wo man benötigt wird.

Es gibt ein Streikverbot wodurch die Angestellten im ÖD nicht unterstützt werden können bei Streikmaßnahmen.

Reisinger850

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« Antwort #1975 am: 06.09.2023 20:59 »
In NRW gab es schon lange keinen 0,2% Abzug mehr. Ganz davon ab, dass die Länder im Durchschnitt ja ca. 20% auf das TV-L Ergebnis draufpacken müssen, um nicht mehr illegal zu handeln

Cruze

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« Antwort #1976 am: 06.09.2023 21:44 »
Zitat
Mal als Vergleich. Die Tätigkeit, die ein E11-E13 MA beim ÖD macht, wird bei IG Metall Konzernen mit viel Vergleichen im Freundeskreis, mit ca. 30-40% besser bezahlt.

65k (ÖD) zu 90-110K Konzern IG Metall

Hast du dafür mal ne Quelle, also ein Äquivalent zur Entgeltordnung des TV-L in der IGM-Systematik? Dass die IGM tendenziell besser bezahlt, glaube ich gerne. Aber 40% bis 70% mehr, so wie du es hier angibst, klingt dann doch ein bisschen viel für vergleichbare Aufgaben und Verantwortung…
[/quote]

Kann ich aus eigener Erfahrung bei Vergleich zu Airbus bspw.. Mit Bachelor Einstieg ohne Berufserfahrung ca. e12 Stufe 5. Nach paar Jahren entsprechend weit weit voraus (E15 Stufe 5-6).

Im ÖD hast ab der 12 oft Personalverantwortung, im Konzern für das Gehalt eher nur Sachbearbeitung. In der Halle mit Schraubenschlüssel und Schichten (kein Studium) kommst nach vielen Jahren auch in die Regionen. Der Unterschied ist halt schon krass.




cyrix42

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« Antwort #1977 am: 06.09.2023 22:04 »
Hast du Quellen, in denen man dies nachlesen kann? Hier haben viele immer irgendwelche dubiosen Bekannten, auf die man dann anekdotenhaft verweisen kann, ohne irgendetwas Nachprüfbares zu hinterlassen…

BTW: In der EG 12 mag man durchaus Personalverantwortung haben; die meisten in der EG 13 dagegen nicht, da das die Standard-Einstiegs-EG für Personen mit wissenschaftlichem Hochschulabschluss (und entsprechender Tätigkeit) ist. (Und auch für die EG 14 braucht es „nur“ „besondere Schwierigkeit und Bedeutung“, nicht unbedingt Personalverantwortung. Für die EG 15 kommt dann noch Verantwortung dazu, was aber auch nicht notwendigerweise Personalverantwortung bedeutet… Alles hier bezieht sich auf den Allgemeinen Teil der EGO.)

Alitalia

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« Antwort #1978 am: 06.09.2023 22:17 »
Es gibt sogar Stellen mit E9b mit Personalverantwortung, das ist im ÖD breit gefächert, auch bei vermeintlich identischen Stellen.

Ich bin schon auf die ersten gegenseitigen Anschuldigungen und Zurückweisungen der jeweiligen Seiten gespannt. Am Ende einigt man sich sowieso wie immer in der 3. Verhandlungsrunde, im Zweifel verlängert man selbige (gibt ja auch mehr Kekse und Kaffee dann).

Anadur

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« Antwort #1979 am: 06.09.2023 22:26 »
Komme gerade aus der Regionalkonferenz in Leipzig.

Geyer hat drauf bestanden, dass das tvöd Ergebnis absolut fantastisch war und das würde er so auch aus der Veranstaltung mitnehmen. Hat er quasi in jeden dritten Satz eingebaut. War ihm dann auch egal, dass mehrfach aus dem Plenum darauf hingewiesen wurde, dass das nicht reichen würde. Passte halt nicht in das Narrativ, was da wohl auf oberster Ebene aufgebaut wurde.

Hinweise auf den massiven Reallohnverlust der vergangenen zwei Jahre wurden mit dem Hinweis abgebügelt man würde ja für die Zukunft verhandeln, nicht für die Vergangenheit. Höhere Forderungen als für den tvöd möchte man auch nicht ansetzen, weil man sich ja damit lächerlich machen würde. Es wurde quasi an den Streikmöglichkeiten gezweifelt.

Zusammengefasst möchte der dbb also eine Tabellenerhöhung im Bereich des tvöd fordern und erreichen, dass sich beide Tabellen wieder angleichen. Aber man dürfe auch vor allem die unteren Stufen (E3, E4,...) nicht vergessen, weil die ja besonders gelitten hätten in den letzten zwei Jahren. 

In der zweiten Hälfte der Veranstaltung wurde dann ein Brainstorming abgehalten was man denn alles für Aktionen machen könnte. Besonders negativ ist dabei der (Streik-)Koordinator des dbb aufgefallen. Name ist mir leider gerade entfallen, sitzt aber in der Geschäftsstelle in Berlin. Der hat quasi jede Idee schlecht geredet. Im Prinzip soll man das doch alles ihm überlassen. Er würde das ja jetzt schon länger machen und wüsste schon wie das ginge. Von social media hält er selber auch nix. Kann er nichts mit Anfangen und er glaube nicht das das wichtig wäre, aber vielleicht wäre er ja auch nur zu alt dafür... na ja was darf Satire...