Autor Thema: Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion  (Read 1035581 times)

AVP

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #3495 am: 18.10.2023 22:06 »
Ich nenne nur die Zahlen, die meine regelmäßige Alumni-Abfrage ergeben. Ich gehe davon aus, dass das alles AT-Gehälter sind. Keiner der Absolvierenden wird nach Tarif bezahlt, jedenfalls keiner der dieses Jahr bei uns mit dem Master abgeschlossen hat.

Ich habe kurz meine Frau gefragt: Ab 110k beginnt das absolute Minimum der untersten außertariflichen Führungsebene. Dazu gibt es noch einen ordentlichen variablen Anteil, einen Dienstwagen und wohl eine sehr gute bAV. Nachteil: kein Kündigungsschutz, keine automatischen Tariferhöhungen, keine Arbeitszeiterfassung. Viele entscheiden sich daher statt AT für ERA 16/17 mit 40h-Vertrag. Die Daten betreffen eines der genannten Unternehmen.

Fazit: Der ÖD wird da niemals auch nur annähernd aufschließen können. Das muss jedem bewusst sein, der sich für eine Tätigkeit dort entscheidet.

Wie bereits jemand erwähnt hat ist der vorhandene Unterschied ja noch okay, dass immer weiter voranschreitende Auseinanderdriften aber nicht.

Ansonsten ist ja nicht der gesamte öD konkurrenzlos, TVV und ÖRR können mit IGM durchaus konkurrieren

AVP

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #3496 am: 18.10.2023 22:22 »
Hinzu kommt noch die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Tarifbeschäftigten (2 Klassen-System) hinsichtlich Arbeitszeit, Zuschläge, Aufstieg usw.

Meinst du die höhere Wochenarbeitszeit der Beamten, die geringen Zuschläge bei Dienst zu ungünstigen Zeiten bzw. Rufbereitschaft bei Beamten und das jahrelange Warten auf Beförderung, obwohl man die höherwertige Tätigkeit schon die ganze Zeit ausübt, wie es bei Beamten ist oder geht es dir um die 170 brutto, die man jeweils für die ersten beiden Kinder bekommt?

Es gibt nicht (mehr) „den“ Beamten. Die Besoldungen sind so weit auseinander gedriftet dass diese Vergleiche keinen Sinn mehr machen. Es gibt Bundesländer die zahlen den Beamten effektiv nicht viel mehr oder gar weniger als den TV-Lern (zB Niedersachsen, Saarland etc.). Dort gibts dann teilweise sogar nur 120€ brutto Kinderzuschlag was netto gerade mal die PKV auffängt.

Es gibt aber auch Bundesländer die 400-800€ je Kind zahlen, die bessere Beihilfen haben, die allgemein einen attraktiveren Stellenkegel mit ausreichend Beförderungsmöglichkeiten bereitstellen, die höhere Tabellenbezüge haben, die mehr und höhere Zulagen haben, weniger Erfahrungsstufen etc.

Zwischen 2 Beamten mit 2 unterschiedlichen Dienstherren mit identischem Alter, Lebenslauf und Tätigkeit können ganz schnell mal 5-stellige Bruttogehälter (20-30k) liegen.





MoinMoin

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #3497 am: 19.10.2023 07:15 »
Ich nenne nur die Zahlen, die meine regelmäßige Alumni-Abfrage ergeben. Ich gehe davon aus, dass das alles AT-Gehälter sind. Keiner der Absolvierenden wird nach Tarif bezahlt, jedenfalls keiner der dieses Jahr bei uns mit dem Master abgeschlossen hat.

Ich habe kurz meine Frau gefragt: Ab 110k beginnt das absolute Minimum der untersten außertariflichen Führungsebene. Dazu gibt es noch einen ordentlichen variablen Anteil, einen Dienstwagen und wohl eine sehr gute bAV. Nachteil: kein Kündigungsschutz, keine automatischen Tariferhöhungen, keine Arbeitszeiterfassung. Viele entscheiden sich daher statt AT für ERA 16/17 mit 40h-Vertrag. Die Daten betreffen eines der genannten Unternehmen.

Fazit: Der ÖD wird da niemals auch nur annähernd aufschließen können. Das muss jedem bewusst sein, der sich für eine Tätigkeit dort entscheidet.

Dann passen die Zahlen immerhin, die mir genannt werden. Klar ist, dass wir diese im ÖD nie erreichen werden. Problem: Bei dem derart großen Fachkräftemangel, der überall herrscht, dass die Studis dann auf alle Fälle den Weg in die PW suchen. Wer will es ihnen auch verdenken.
In Ballungszentren mit starken Mitbewerber (und S ist da einer der extremsten Beispiele) um Personal kann der öD "einpacken", klar, war aber im kern schon immer so und es fanden auch dort sich immer wieder Menschen, die nicht nur wegen Geld einen Ag auswählen.
Und nein Studis suchen nicht auf alle Fällen den Weg in die PW.
Aber im Kern ist es bei uns tatsächlich so, dass junge Bewerber einen Migrationshintergrund haben und gute Deutsche Bewerber ü50 sind oder gerade Familienplanung starten und wissen, dass im öD es idR besser klappt mit der Kinderbetreuung.

troubleshooting

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #3498 am: 19.10.2023 07:16 »
Gerade Junge, motivierte und geistig Frische Leute wollen keine staubigen Akten wälzen und Uraltverfahren betreuen und in vergammelten Prozesse leben. Meine Behörde hat nach 15 Jahren als Personalbeschaffungsmaßnahme angefangen ein LinkdIn Profil aufzusetzen. Das muss man sich mal vorstellen. Mit was können wir denn noch konkurrieren? Ohne Corona gäbe es nicht mal Laptops und Homeoffice. Wir zahlen weniger, wir haben mehr Wochenstunden, der Stress steigt durch haufenweise offene Stellen und extreme Überlastung aller noch bestehenden Mitarbeiter usw. Wo ist das Lockangebot? Hinzu kommt noch die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Tarifbeschäftigten (2 Klassen-System) hinsichtlich Arbeitszeit, Zuschläge, Aufstieg usw.
Amen

MoinMoin

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« Antwort #3499 am: 19.10.2023 07:18 »
Insgesamt sollten die miserablen Gehaltsstrukturen des TV-L mal angegangen werden
... Es ist doch überhaupt nicht einzusehen, weshalb ein Dipl.-Ing. gleich viel oder gleich wenig wie ein Dipl. Sozialwissenschaftler verdienen sollte...

Genau! Würde den Ing. auch weniger zusprechen.
Eben! So wie es nicht einzusehen ist, dem Dipl. Sozialwissenschaftler in Stuttgart das Gleiche zu bezahlen wie dem in Zwiesel.

KDC

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« Antwort #3500 am: 19.10.2023 08:07 »
Insgesamt sollten die miserablen Gehaltsstrukturen des TV-L mal angegangen werden
... Es ist doch überhaupt nicht einzusehen, weshalb ein Dipl.-Ing. gleich viel oder gleich wenig wie ein Dipl. Sozialwissenschaftler verdienen sollte...

Genau! Würde den Ing. auch weniger zusprechen.
Eben! So wie es nicht einzusehen ist, dem Dipl. Sozialwissenschaftler in Stuttgart das Gleiche zu bezahlen wie dem in Zwiesel.

Womit ich folgende Frage in die Runde werfe:

Macht es dann nicht eigentlich Sinn für Berufe, in denen das möglich ist, 100 % Home Office anzubieten und/oder Ämter von den Ballungszentren hinaus auf das Land zu verlegen? Laut deiner Logik kann dort ja weniger gezahlt werden. Und ob der ITler jetzt in Stuttgart in einem Büro sitzt öder in Görlitz in seinem Wohnzimmer ist doch unterm Strich egal für die Erledigung seiner Aufgaben.

neodeo2

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« Antwort #3501 am: 19.10.2023 08:10 »
Und ob der ITler jetzt in Stuttgart in einem Büro sitzt öder in Görlitz in seinem Wohnzimmer ist doch unterm Strich egal für die Erledigung seiner Aufgaben.

Und wie soll der ITler von seinem Chef und der von seinem ChefChef kontrolliert werden?

Bibliothekar

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« Antwort #3502 am: 19.10.2023 08:13 »
Und ob der ITler jetzt in Stuttgart in einem Büro sitzt öder in Görlitz in seinem Wohnzimmer ist doch unterm Strich egal für die Erledigung seiner Aufgaben.

Und wie soll der ITler von seinem Chef und der von seinem ChefChef kontrolliert werden?

Eben! Dann kann ja jeder kommen! :-X

Faunus

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« Antwort #3503 am: 19.10.2023 08:46 »
Und ob der ITler jetzt in Stuttgart in einem Büro sitzt öder in Görlitz in seinem Wohnzimmer ist doch unterm Strich egal für die Erledigung seiner Aufgaben.

Und wie soll der ITler von seinem Chef und der von seinem ChefChef kontrolliert werden?


Tastenanschlag am PC aufzeichnen lassen ;)

neodeo2

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« Antwort #3504 am: 19.10.2023 09:01 »
das ist aber tatsächlich ein Riesen großes Problem. Stellt euch vor, man studiert, arbeitet sich zu einem Teamleiter/ Referenten hoch und zack fehlen einem die Mitarbeiter vor Ort. Wie soll man sonst seine Macht ausüben?

Genau in dem das Personal zurück ordet.
« Last Edit: 19.10.2023 09:16 von neodeo2 »

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« Antwort #3505 am: 19.10.2023 09:05 »
Wie soll man sonst seine Macht ausüben?

So eine Chefin hatte ich auch mal. Und, dann war sie stinkig, dass ich mir einen anderen Job gesucht hatte.

Pseudonyn

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #3506 am: 19.10.2023 09:26 »
Wie soll man sonst seine Macht ausüben?

Warum sollte eine Führungsperson überhaupt "Macht" ausüben?

Eine herausragende Führungsperson zeichnet sich dadurch aus, dass sie führt, und zwar durch die Vermittlung von gegenseitigem Respekt, Motivation und vor allem durch eine effektive Kommunikation. Und vorallem zeichnet sich die Führungskraft dadurch aus Probleme zu erkennen und abzufangen.

Wenn eine Führungskraft gezwungen ist, "Macht" auszuüben, dann hat sie zuvor eine Reihe von Fehlern begangen. Und dabei ist unabhängig ob Home Office, oder im Büro.

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #3507 am: 19.10.2023 09:47 »
Es ist leider, insbesondere bei vielen (ausdrücklich NICHT allen) Beamten eine Denkweise ausgeprägt, sich über das Gebieten einer (wichtig!) Anzahl von Personen zu definieren. Leider gepaart mit eine abgrundtiefen Missgunst gegenüber anderen.
Das war für mich eben auch ein Grund in eine Struktur zu wechseln, wo es nur sehr wenige Beamte gibt und diese Denkweise viel weniger ausgeprägt ist. Ich muss dazu sagen, dass ich zuletzt eine Vorgesetzte hatte, die das oben beschriebene nicht gelebt hat, aber da sie Beamte ist, stand ein Wechsel an und der nächste Beamte stand schon parat.

MoinMoin

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #3508 am: 19.10.2023 09:49 »
Und ob der ITler jetzt in Stuttgart in einem Büro sitzt öder in Görlitz in seinem Wohnzimmer ist doch unterm Strich egal für die Erledigung seiner Aufgaben.

Und wie soll der ITler von seinem Chef und der von seinem ChefChef kontrolliert werden?
Exakt auf der gleichen Art und Weise wie jetzt.
Er kontrolliert die Anwesenheit und die noch besser er kontrolliert die Arbeitsleistung.

MoinMoin

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« Antwort #3509 am: 19.10.2023 09:56 »
Insgesamt sollten die miserablen Gehaltsstrukturen des TV-L mal angegangen werden
... Es ist doch überhaupt nicht einzusehen, weshalb ein Dipl.-Ing. gleich viel oder gleich wenig wie ein Dipl. Sozialwissenschaftler verdienen sollte...

Genau! Würde den Ing. auch weniger zusprechen.
Eben! So wie es nicht einzusehen ist, dem Dipl. Sozialwissenschaftler in Stuttgart das Gleiche zu bezahlen wie dem in Zwiesel.

Womit ich folgende Frage in die Runde werfe:

Macht es dann nicht eigentlich Sinn für Berufe, in denen das möglich ist, 100 % Home Office anzubieten und/oder Ämter von den Ballungszentren hinaus auf das Land zu verlegen? Laut deiner Logik kann dort ja weniger gezahlt werden. Und ob der ITler jetzt in Stuttgart in einem Büro sitzt öder in Görlitz in seinem Wohnzimmer ist doch unterm Strich egal für die Erledigung seiner Aufgaben.
Natürlich macht das Sinn und es wird in einige Flächenländern durchaus auch praktiziert, dass Dienststelle in strukturschwachen Gegenden ausgelagert werden und ein hoher Anteil an Telearbeit angeboten wird.

Und tariflich ist es durchaus möglich Zulagen zu bezahlen für Personal, welches im Ballungszentrum weniger über hat für sich, als der in Görlitz.
Diese Zulagen Möglichkeiten gilt es auszuweiten. Da der TV in Görlitz sicherlich konkurrenzfähiger gegenüber der PW ist, als in Stuttgart. Aber natürlich möchte Verdi, dass das Personal in Görlitz genauso viel verdient wie das Personal in Stuttgart und wird da nichts zulassen an tariflichen Änderungen.
Es bleibt also alleinige Aufgabe der TdL hier Abhilfe zu schaffen (ist eben auch ein reines AG Problem)