Autor Thema: Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion  (Read 1035572 times)

Ulf

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #5595 am: 27.11.2023 14:05 »

Die interessanten "Nebeneffekte", wie weitergehende Unattraktivität des öD, werden dabei schlicht in Kauf genommen. Bei uns gehen in den kommenden 7 Jahren fast 40% aller Mitarbeiter in den Ruhestand, das werden wir durch Neueinstellungen nicht kompensieren können. Also werden bestimmte Leistungen externalisiert und Projekte dauern künftig einfach viel, viel länger. Anders als die Wirtschaft, sind wir im öD weder einem Wettbewerb unterworfen, noch muss unser Handeln Gewinn abwerfen bzw. Kunden zufrieden machen.

Hehe - den muss ich mir merken. Wenn wieder einer rumheult, weil mein Bebauungsplanverfahren zu lange dauert und es keinen Wohnungsbau gibt, werde ich das mal zum besten geben...  ;D

Bei uns ist es übrigens ähnlich wie bei dir geschildert. Ich fürchte, wenn man eher als Katastrophentourist unterwegs ist, wird man in den kommenden Jahren im öffentlichen Dienst auf seine Kosten kommen.

sebbo83

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #5596 am: 27.11.2023 14:08 »
Vielleicht steigert diese Meldung etwas mehr Selbstbewusstsein

https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-11/deutschland-gewerkschaft-verdi-zuwachs-mitglieder

Warnstreik

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #5597 am: 27.11.2023 14:09 »
"Gerechtigkeit" ist keine Kategorie, die für Gehaltsverhandlungen taugt. Relevant ist eher, wie viel Mehrwert deine Tätigkeit liefert. Wenn du aufzeigen kannst, dass diese in gleichem Rahmen wie die Inflation zugelegt hat,

Naja - im öffentlichen Dienst leistet man ja oft keinen "Mehrwert" - man stellt die gesellschaftliche Grundlage, damit eben andere Leben, arbeiten und Geld verdienen können.

Von daher halte ich die Argumentation mit der Steigerung des Mehrwertes nur für eines von zwei Themen. Ansonsten müsste man sich eigentlich hauptsächlich an den Steigerungen im Arbeitsmarkt orientieren - ähnlich wie es bei der Diätierung vieler Parlamente ist.

Bauernopfer

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #5598 am: 27.11.2023 14:12 »
@cyrix

Damit müsste man Herrn Dressel knallhart konfrontieren, wenn es schon nicht mehr Geld geben soll!

Wie gesagt, wenn Herr Dressel sich sperrt, würde ich klar auf einer radikalen Reduzierung der Arbeitszeit beharren!
Haben wir nicht auch das Recht Forderungen zu stellen und uns nicht zu wehren gegen diese frechen Äußerungen?!?
Warum verwendest du in deinen Bemerkungen immer den Konjunktiv (würde) und Indefinitpronomen (man)?
Du brauchst doch sonst auch niemanden (Keine Kinder, keine Einzahler in die Sozial/-Rentenversicherung. Auf gehts, selbst ist der Mann :) :).

knopper

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #5599 am: 27.11.2023 14:13 »

Warum sollte es die TDL interessieren, was andere AG anderen AN bezahlen? Oder was  sollte es Opel interessieren, was VW bezahlt?

es ist ja kein anderer Arbeitgeber, es ist der Staat in dem Falle das Land.

Wenn du aufzeigen kannst, dass diese in gleichem Rahmen wie die Inflation zugelegt hat, dann hast du gute Karten für einen Inflationsausgleich. Ansonsten ist es nur inhaltsleeres Rumjammern; und genau das hast du oben zur Schau gestellt.


ja das kann ich gerne aufzeigen.
Ich sehe darin nichts Inhaltsleeres. Warum soll ich einfach die Inflation, für dich ich ja im Grunde nichts kann, hinnehmen?

Die Bundesländer sind nicht der Bund und auch nicht die Kommunen. War dir oben noch wichtig, hier ignorierst du es. Oder gibt es irgendein (Natur-)Gesetz, dass alle Firmen der gleichen Branche das gleiche zahlen müssten?!

Es ist am Ende aber ein Staat. Bund, Länder  TvÖD, Tvl etc....
das sind ja mehr oder weniger nur logische bzw. rechtliche Unterteilungen....


Außerdem sehe ich es im öffentlichen Dienst etwas anders. Die Aufspaltung war nur von den Ländern so gewollt. Wo ist der Unterschied, ob man seine Arbeit für den Bund, Kommune oder das Land leistet.

ja ganz genau.

MoinMoin

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« Antwort #5600 am: 27.11.2023 14:21 »
Warum bitte sollten es 800.000 Angestellte der Länder akzeptieren, dass sie leer ausgehen, obwohl die Kollegen in Bund und Kommunen um die 500€ mehr haben werden?

Warum sollte es die TDL interessieren, was andere AG anderen AN bezahlen? Oder was  sollte es Opel interessieren, was VW bezahlt?
Weil die TdL in Konkurrenz zu anderen AGs um die Ressource Mitarbeiter steht, so wie Opel es natürlich interessiert wieviel ein MA bei VW bekommt.

NelsonMuntz

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« Antwort #5601 am: 27.11.2023 14:29 »
Warum bitte sollten es 800.000 Angestellte der Länder akzeptieren, dass sie leer ausgehen, obwohl die Kollegen in Bund und Kommunen um die 500€ mehr haben werden?

Warum sollte es die TDL interessieren, was andere AG anderen AN bezahlen? Oder was  sollte es Opel interessieren, was VW bezahlt?
Weil die TdL in Konkurrenz zu anderen AGs um die Ressource Mitarbeiter steht, so wie Opel es natürlich interessiert wieviel ein MA bei VW bekommt.

Das interessiert den AG aber nicht wirklich, weil wir im öD nicht gewinnorientiert operieren und final auch in keinem Wettbewerb stehen. Wenn die MA gehen (und das tun in den kommenden Jahren sehr viele in Richtung Ruhestand), dann dauern Prozesse eben deutlich länger, manche werden vielleicht ganz eingestellt. Fertig. Das sehe ich bei uns in einem großen Landesbetrieb übrigens genau so, wie in der Kommunalverwaltung bei meiner Frau. Bleiben Stellenausschreibungen ohne Erfolg, dann ist das halt Pech. Panik schiebt deswegen doch niemand.

cyrix42

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« Antwort #5602 am: 27.11.2023 14:42 »
Von daher halte ich die Argumentation mit der Steigerung des Mehrwertes nur für eines von zwei Themen. Ansonsten müsste man sich eigentlich hauptsächlich an den Steigerungen im Arbeitsmarkt orientieren - ähnlich wie es bei der Diätierung vieler Parlamente ist.

Dem würde ich nicht pauschal so zustimmen, bzw. es eher mit der Frage verknüpfen, ob geeignete Mitarbeiter_innen gewonnen werden können. So wäre zwar mittelbar der übrige Arbeitsmarkt ein Gradmesser, aber eben auch nicht pauschal die Gießkanne notwendig/ angebracht.

Und, wenn man mit weniger Lohnkosten wegkommt als die Konkurrenz, umso besser für die eigenen Finanzen. (Bzw.: Man hat mehr Gestaltungsspielräume für andere Projekte. Natürlich kann auch ein gutbezahlter öffentlicher Dienst ein solches politisches Projekt sein; typischerweise werden die Verantwortlichen aber für andere Dinge gewählt...)

Warnstreik

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« Antwort #5603 am: 27.11.2023 14:54 »
Dem würde ich nicht pauschal so zustimmen, bzw. es eher mit der Frage verknüpfen, ob geeignete Mitarbeiter_innen gewonnen werden können. So wäre zwar mittelbar der übrige Arbeitsmarkt ein Gradmesser, aber eben auch nicht pauschal die Gießkanne notwendig/ angebracht.

Und, wenn man mit weniger Lohnkosten wegkommt als die Konkurrenz, umso besser für die eigenen Finanzen. (Bzw.: Man hat mehr Gestaltungsspielräume für andere Projekte. Natürlich kann auch ein gutbezahlter öffentlicher Dienst ein solches politisches Projekt sein; typischerweise werden die Verantwortlichen aber für andere Dinge gewählt...)

Niemand spricht von Gießkanne - es gibt aber ein gewisses Lohngefüge in Deutschland. Große Teiles des Öffentlichen Dienstes schaffen nunmal per Definition keinen echten, direkt messbaren Mehrwert, an dem man eine Partizipation argumentieren könnte.

Mir ging es nur darum vernünftige Argumentationen zu finden: "Wir leisten wichtige Grundlagen für das Funktionieren unserer Gesellschaft und wollen deshalb auch so bezahlt werden, wie die Gesellschaft". Oder: "Durchschnittlich 6% Lohnsteigerungen in der Wirtschaft bedeuten 7% mehr Steuereinnahmen. Es wäre nur richtig einen Teil davon (6%) an die Beschäftigten weiterzugeben". Das ganze reichert man dann natürlich mit dem schwierigen Kampf um gute Köpfe, hohe Arbeitsbelastung etc an. Ganz plakativ: Wenn der Verkäufer, der ITler, der Arzt, der Lokführer oder der Mechaniker im Schnitt 6% mehr bekommen, wieso gibt man das den Leuten im ÖD nicht auch? (Stichwort wirtschaftliche Entwicklung, direkte Steuerentwicklung und eben auch Geldentwertung)

Dass das dann bessere Verhandler als ich in gute Positionspapiere umwandeln und verhandeln ist doch klar ;-)

cyrix42

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« Antwort #5604 am: 27.11.2023 14:59 »
Die FDP-Position wäre doch aber: Wenn ich als Bäcker besser wirtschafte, deshalb mehr Steuern zahle, warum soll dann die öD-Schreibkraft mehr Geld erhalten, wo sie doch gar nicht mehr getan hat? Lieber sollten doch die Steuern sinken...

Inofern muss auch die öD-Schreibkraft rechtfertigen, warum sie mehr Gehalt bekommen soll. Eine Möglichkeit dazu wäre, dass man argumentiert, dass erst durch sie entsprechender Aufschwung in der Privatwirtschaft möglich wurde. Aber das erscheint mir doch recht indirekt.

troubleshooting

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« Antwort #5605 am: 27.11.2023 15:00 »
Hmmm, dann müssen diese besseren Verhandler nur noch irgendwo ausgebuddelt werden.

Warnstreik

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« Antwort #5606 am: 27.11.2023 15:14 »
Die FDP-Position wäre doch aber: Wenn ich als Bäcker besser wirtschafte, deshalb mehr Steuern zahle, warum soll dann die öD-Schreibkraft mehr Geld erhalten, wo sie doch gar nicht mehr getan hat? Lieber sollten doch die Steuern sinken...

Ganz einfache Antwort: knapp 60% der Menschen im öffentlichen Dienst der Länder sind Beamte. Hier regelt das Gesetz die "Amtsangemessene Alimentierung" - und diese bemisst sich nunmal relativ (nach einem undefinierbaren Schema) aber unmittelbar an anderen Einkommen. Über diesen Rückschluss hängt der TV-L somit genauso an den Beamten wie umgekehrt, ich halte es nicht für möglich Beamte wirklich deutlich besser zu bezahlen als ihre Schreibtischnachbarn aus dem TV-L.

Andererseits ist deine FDP-Position schon ziemlich weit hergeholt: Im allerseltensten Fall ist irgendeine Gehaltserhöhung auf ein "besseres Wirtschaften" der Angestellten zurückzuführen. Natürlich gibt es Produktivitätsgewinne - die liegen aber oft in der Nutzung von Technik. Ansonsten ist es eben eine der wirtschaftlichen Lage angepasste Steigerung.

NelsonMuntz

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« Antwort #5607 am: 27.11.2023 15:17 »
Die FDP-Position wäre doch aber: Wenn ich als Backer besser wirtschafte, deshalb mehr Steuern zahle, warum soll dann die öD-Schreibkraft mehr Geld erhalten, wo sie doch gar nicht mehr getan hat? Lieber sollten doch die Steuern sinken...

Inofern muss auch die öD-Schreibkraft rechtfertigen, warum sie mehr Gehalt bekommen soll. Eine Möglichkeit dazu wäre, dass man argumentiert, dass erst durch sie entsprechender Aufschwung in der Privatwirtschaft möglich wurde. Aber das erscheint mir doch recht indirekt.

Ich könnte dazu wieder etwas sagen.
Aber man würde mir wieder vorwerfen, dass es „rechts“ wäre und das ja ein ganz anderes Thema ist.

Dann wird es wohl auch rechts sein ... aus "Bäcker" und "Schreibkraft" kann man nur etwas formulieren, was rechts wirkt, wenn man auch wirklich rechts ist. Mir fiele da tatsächlich nix zu ein.  8)

cyrix42

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« Antwort #5608 am: 27.11.2023 15:25 »
[...] Über diesen Rückschluss hängt der TV-L somit genauso an den Beamten wie umgekehrt, ich halte es nicht für möglich Beamte wirklich deutlich besser zu bezahlen als ihre Schreibtischnachbarn aus dem TV-L.

Die Tarifverhandlungen im TV-L haben aber per se, wie du selbst richtigerweise feststellst, nicht viel mit der Beamtenbesoldung zu tun. (Dass eines der fünf Prüfkriterien für die Verfassungsmäßigkeit der Beamtenbesoldung der Vergleich mit der Bezahlung der Angestellten im öD ist, sei hier geschenkt.) Das durch die Verfassung garantierte Recht auf amtsangemessene Alimentation haben eben nur Beamte, nicht die Angestellten...

Und zum letzten zitierten Satz: Schon mal in eine Schule geschaut und beobachtet, wie angestellte und verbeamtete Lehrkräfte trotz gleichen Alters und gleicher Ausbildung sowie gleicher Tätigkeit nebeneinander sitzen, aber mehrere hundert Euro Netto-Unterschiede jeden Monat haben? Will sagen: Es geht durchaus, und wird auch bisher schon so gehandhabt.

Zitat
Andererseits ist deine FDP-Position schon ziemlich weit hergeholt: Im allerseltensten Fall ist irgendeine Gehaltserhöhung auf ein "besseres Wirtschaften" der Angestellten zurückzuführen. Natürlich gibt es Produktivitätsgewinne - die liegen aber oft in der Nutzung von Technik. Ansonsten ist es eben eine der wirtschaftlichen Lage angepasste Steigerung.

Nun, ein "die Preise sind gestiegen, ich kann mir jetzt weniger leisten" dürfte eher selten ein gutes Argument in der Gehaltsverhandlung sein. "Ich habe das letzte Projekt gut abgeschlossen und die Firma hat dadurch soundso viel Gewinn gemacht" eher schon...

Bauernopfer

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« Antwort #5609 am: 27.11.2023 15:30 »

Da ist mir die GdP um Meilen sympathischer, wenn sie unmissverständlich klarstellt, dass sie für ihre Mitglieder verhandelt und sonst für niemanden.

Meine Kollegin hat es so verstanden, dass die GdP nur für GdP-Mitglieder verhandelt. Das kann aber doch nicht sein, die Erhöhung muss ja für alle im TV-L gelten.


Nein, die Erhöhung muss nicht für alle gelten. Das wäre erst der Fall, wenn ein Tarifvertrag gesetzliche für Allgemeingültig in einer Branche erklärt werden würde. Das passiert i.R. dort, wo die Arbeitsbedingungen/Bezahlung prekär sind.

Ansonsten verhandeln Gewerkschaften formal nur für ihre Mitglieder.
Die öffentlichen Arbeitgeber sind aber sehr geschickt beim Thema „Wie halte ich mir die Gewerkschaften schwach und klein.“
Sie übertragen einfach den Tarif auf alle. Dann haben die meisten keinen Grund einzutreten.
Hintergrundinformation des Beamtenbund Ba-Wü zum Streikaufruf am 30. November 2023:

Der TV-L ist ein Flächentarifvertrag zwischen dem dbb, ver.di und der Tarifgemeinschaft der Länder
(TdL). Das bedeutet, er gilt für die Arbeitnehmenden, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem
Arbeitgeber stehen, der Mitglied der TdL ist, so auch Baden-Württemberg.

Wer also beim Land Baden-Württemberg beschäftigt ist, für den gilt in der Regel der TV-L. Allerdings
gilt er unmittelbar nur für Beschäftigte, die Mitglied bei einer Mitgliedsgewerkschaft sind. Mittelbar
gilt er aber üblicherweise auch für die übrigen Arbeitnehmenden, weil in den Arbeitsverträgen häufig Bezug auf den TV-L genommen wird.