Autor Thema: Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion  (Read 1035310 times)

cyrix42

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #6345 am: 08.12.2023 09:25 »
Inwiefern haben die unterschiedlichen Aufgabenbereiche jetzt Auswirkungen darauf, welche Einsparungsaufträge das jeweilige Finanzministerium den übrigen Ministerien durch den höheren Lohnabschluss nun geben muss?

(Hinzu kommt ja, dass der Bund einfach die Einnahmenseite durch Steuererhöhungen verbessern könnte; die Länder sind da deutlich eingeschränkter; der größte Teil ihrer Einnahmen kommt ja aus Steuern, die bundeseinheitlich erhoben werden, sodass man eben nicht einfach lokal mal schnell was daran drehen kann. Ja, Grunderwerbssteuer usw. sind reines Landesgeschäft; aber deren Umfang ist im Vergleich mit der Mehrwert-/ Umsatzsteuer, der Lohn- und der Körperschaftssteuer dann doch eher gering.)

Warnstreik

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #6346 am: 08.12.2023 09:45 »
Dort findet man Zahlen aus dem Jahr 2021: Der Bund gibt demnach keine 7% des Haushalts fürs eigene Personal aus, die Länder dagegen ca. 30%. Eine Erhöhung der Löhne um 10% (bei sonst gleichbleibenden Randbedingungen) führt also im Bund dazu, dass Ausgaben für „den Rest“ um knapp 1% gekürzt werden müssten; in den Ländern aber um ca. 4%. Das ist schon ne andere Hausnummer…

Das ist aber auch nur die halbe Wahrheit: Das Steueraufkommen hat sich - über Bund, Länder und Gemeinden, seit 2019 um ca. 15% erhöht. (ganz genaue Zahlen hab ich auf die Schnelle nicht gefunden) Die Schuldenquote ist gleichzeitig gut gefallen.

Man könnte also Kostenneutral die 15%, die auf den Personalanteil abfallen auch an den Personalanteil weitergeben und müsste NIRGENDWO SPAREN. Nirgendwo! Dass man dem eigenen Personal unterproportional wenig vom Kuchen geben will ist das eigentlich dramatische. Das Geld ist da.

Schmitti

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #6347 am: 08.12.2023 09:51 »
Man könnte also Kostenneutral die 15%, die auf den Personalanteil abfallen auch an den Personalanteil weitergeben und müsste NIRGENDWO SPAREN. Nirgendwo! Dass man dem eigenen Personal unterproportional wenig vom Kuchen geben will ist das eigentlich dramatische. Das Geld ist da.
Das Geld wäre wohl auch so da, meine These: Mindestens 9 von 10 Dienststellen könnten selbst eine sehr üppige Erhöhung alleine schon mit den im Stellen-/Haushaltsplan bereits berücksichtigten, aber schlicht unbesetzten Stellen abdecken.

Die AGs machen den Nichtorganisierten ein Angebot- nämlich das Tarifergebnis. Jeder Nichtorganisierte kann erklären, dass nehme ich nicht an und fordere mehr direkt mit der Drohung, den AG zu verlassen, wenn die Forderungen nicht erfüllt werden.
Das ist größtenteils richtig. "Größtenteils" wegen den Stellen, wo gesetzliche Regelungen besagen, dass sich die Entgelte im Rahmen des Tarifvertrages bewegen müssen. Da sind die Möglichkeiten für die Nichtorganisierten zu eigenen Verhandlungen geringer, denn der AG hat praktisch gar keine andere Wahl, als das Tarifergebnis anzubieten. Da müssten sie dann eben gleich den ÖD verlassen, und an der Stelle muss man einfach sehen, dass die Bereitschaft zu Arbeitgeberwechseln, egal in welchem Bereich des öD, einfach lächerlich klein ist. Die Arbeitgeberseite, jetzt gerade auch bei den TV-L-Verhandlungen, kann doch ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass 99% derer, die jetzt vom Tarifergebnis betroffen sind, unabhängig davon zur Weihnachtsfeier 2024 immer noch in der gleichen Dienststelle hocken, egal wie zufrieden oder unzufrieden, und egal ob organisiert oder nicht, sie sind. Da schielt man doch gerne lieber etwas Richtung Haushaltsrecht, und weniger in Richtung der Positionierung als finanziell attraktiver Arbeitgeber in einem Arbeitnehmermarkt.

troubleshooting

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #6348 am: 08.12.2023 10:04 »
Da müssten sie dann eben gleich den ÖD verlassen, und an der Stelle muss man einfach sehen, dass die Bereitschaft zu Arbeitgeberwechseln, egal in welchem Bereich des öD, einfach lächerlich klein ist. Die Arbeitgeberseite, jetzt gerade auch bei den TV-L-Verhandlungen, kann doch ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass 99% derer, die jetzt vom Tarifergebnis betroffen sind, unabhängig davon zur Weihnachtsfeier 2024 immer noch in der gleichen Dienststelle hocken, egal wie zufrieden oder unzufrieden, und egal ob organisiert oder nicht, sie sind. Da schielt man doch gerne lieber etwas Richtung Haushaltsrecht, und weniger in Richtung der Positionierung als finanziell attraktiver Arbeitgeber in einem Arbeitnehmermarkt.

Und wieder diese falsche Aussage! Ich habe hier die entsprechende Studie des BMI, das "Bleibebarometer" mehrfach verlinkt. Klar, kann man ignorieren. Genauso, wie man die immer mehr unbesetzten Stellen ignorieren kann.

daseinsvorsorge

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #6349 am: 08.12.2023 10:05 »

Die AGs machen den Nichtorganisierten ein Angebot- nämlich das Tarifergebnis. Jeder Nichtorganisierte kann erklären, dass nehme ich nicht an und fordere mehr direkt mit der Drohung, den AG zu verlassen, wenn die Forderungen nicht erfüllt werden.

Das ist größtenteils richtig. "Größtenteils" wegen den Stellen, wo gesetzliche Regelungen besagen, dass sich die Entgelte im Rahmen des Tarifvertrages bewegen müssen. Da sind die Möglichkeiten für die Nichtorganisierten zu eigenen Verhandlungen geringer, denn der AG hat praktisch gar keine andere Wahl, als das Tarifergebnis anzubieten. Da müssten sie dann eben gleich den ÖD verlassen, und an der Stelle muss man einfach sehen, dass die Bereitschaft zu Arbeitgeberwechseln, egal in welchem Bereich des öD, einfach lächerlich klein ist. Die Arbeitgeberseite, jetzt gerade auch bei den TV-L-Verhandlungen, kann doch ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass 99% derer, die jetzt vom Tarifergebnis betroffen sind, unabhängig davon zur Weihnachtsfeier 2024 immer noch in der gleichen Dienststelle hocken, egal wie zufrieden oder unzufrieden, und egal ob organisiert oder nicht, sie sind.

Also das alleinige Problem der AN-nicht der Gewerkschaften. Vor dem Hintergrund des derzeitgen Arbeitsmarktes nicht mehr nachvollziehbar, wenn man als AN so unzufrieden ist. Aber es natürlich leichter, andere - hier die Gewerkschaften - für sein eigenes Versagen verantwortlich zu machen, als sich selbst kritisch zu hinterfragen.

MoinMoin

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #6350 am: 08.12.2023 10:05 »
Das ist größtenteils richtig. "Größtenteils" wegen den Stellen, wo gesetzliche Regelungen besagen, dass sich die Entgelte im Rahmen des Tarifvertrages bewegen müssen. Da sind die Möglichkeiten für die Nichtorganisierten zu eigenen Verhandlungen geringer, denn der AG hat praktisch gar keine andere Wahl, als das Tarifergebnis anzubieten.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es gesetzliche Regelungen gibt, die den Einsatz vom §16.5 verbieten.

Auch würde es mich interessieren, ob tatsächlich und wenn ja wo und wie im Bereich TV-L AT/ÜT Verträge gesetzlich verboten sind.




FearOfTheDuck

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #6351 am: 08.12.2023 10:09 »
Inwiefern haben die unterschiedlichen Aufgabenbereiche jetzt Auswirkungen darauf, welche Einsparungsaufträge das jeweilige Finanzministerium den übrigen Ministerien durch den höheren Lohnabschluss nun geben muss?

(Hinzu kommt ja, dass der Bund einfach die Einnahmenseite durch Steuererhöhungen verbessern könnte; die Länder sind da deutlich eingeschränkter; der größte Teil ihrer Einnahmen kommt ja aus Steuern, die bundeseinheitlich erhoben werden, sodass man eben nicht einfach lokal mal schnell was daran drehen kann. Ja, Grunderwerbssteuer usw. sind reines Landesgeschäft; aber deren Umfang ist im Vergleich mit der Mehrwert-/ Umsatzsteuer, der Lohn- und der Körperschaftssteuer dann doch eher gering.)

Im ersten Moment und für eine Lohnsteigerung keine. Mein Gedanke ging eher dahin, dass die Prozente der eigentlichen Lohnausgaben schon in einem Missverhältnis stehen und das wirkt sich und verstärkt sich noch durch die Erhöhungen. Da müsste viel mehr gelten: Bund will den Wumms und Bumms, dann muss Bund auch den Wumms und Bumms (mehr) zahlen und das bis hinunter zu anständigen und marktgerechten Gehältern. So aber bummst und wummst der Bund und lässt letztendlich Länder und Kommunen und damit ganz am Ende die AN und Beamten die Zeche zahlen.

daseinsvorsorge

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Antw:Tarifrunde TV-L 2023 - Diskussion
« Antwort #6352 am: 08.12.2023 10:25 »
Da müssten sie dann eben gleich den ÖD verlassen, und an der Stelle muss man einfach sehen, dass die Bereitschaft zu Arbeitgeberwechseln, egal in welchem Bereich des öD, einfach lächerlich klein ist. Die Arbeitgeberseite, jetzt gerade auch bei den TV-L-Verhandlungen, kann doch ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass 99% derer, die jetzt vom Tarifergebnis betroffen sind, unabhängig davon zur Weihnachtsfeier 2024 immer noch in der gleichen Dienststelle hocken, egal wie zufrieden oder unzufrieden, und egal ob organisiert oder nicht, sie sind. Da schielt man doch gerne lieber etwas Richtung Haushaltsrecht, und weniger in Richtung der Positionierung als finanziell attraktiver Arbeitgeber in einem Arbeitnehmermarkt.

Und wieder diese falsche Aussage! Ich habe hier die entsprechende Studie des BMI, das "Bleibebarometer" mehrfach verlinkt. Klar, kann man ignorieren. Genauso, wie man die immer mehr unbesetzten Stellen ignorieren kann.

Wo ist denn in der Studie unter -https://nextpublic.de/wp-content/uploads/Studie_Bleibebarometer_Oeffentlicher_Dienst.pdf - nachzulesen, wieviele AN  konkret den ÖD verlassen wollen ?

Und selbst wenn es immer mehr unbesetzte Stellen gibt-wen intersssiert das schon? Beschwerden aus der Bevölkerung nehme ich kaum wahr, die die AGs veranlassen würden, etwas zu tun. So what-die AGs freut´s.

Und nebenbei: Die Zeiten werden sich wieder ändern und die Krisen wie zwischen ca. 2003-2010 zurückkommen. Heute kaum vorstellbar- da waren die allermeisten einafch nur froh, überhaupt einen Arbeitsplatz zu haben. Da hat man kaum gehört, dass mit einem AG-Wechsel geliebäugelt wurde. Da gab es im ÖD von 2005-2007 drei Nullrunden hintereinander.

Fragepudel

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« Antwort #6353 am: 08.12.2023 10:54 »
Sehe ich anders. Das Gegenteil ist der Fall. Kliniken, Bildungsstätten, Kindergärten, IT, Polizei, Bundeswehr, Bahn, ÖPNV, Stadtwerke, Ingenieurbüros, Handwerksbetriebe, Handel... finden immer schwieriger überhaupt Personal. Das wird sich verschärfen mit der Berentung der Babybommer. Die Zeiten für taugliche Arbeitnehmer sind hervorragend. Das gilt es auch in den TV-L Verhandlungen rüberzubringen. Falls die AG den Laden künftig noch am Laufen halten wollen muss jetzt geliefert werden.

Und bei uns ist die Fluktuation seit zwei Jahren massivst gestiegen. In allen Bereichen, vor allem aber bei MINT. Selbst erfahrene Kollegen mit 25 Jahren Betriebserfahrung hauen ab. Vorher undenkbar.....

daseinsvorsorge

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« Antwort #6354 am: 08.12.2023 11:05 »

Und bei uns ist die Fluktuation seit zwei Jahren massivst gestiegen. In allen Bereichen, vor allem aber bei MINT. Selbst erfahrene Kollegen mit 25 Jahren Betriebserfahrung hauen ab. Vorher undenkbar.....

Und- mit welchen Folgen für den AG , dass er sich zum Handeln gezwungen sieht? Ich tippe mal auf O

Fragepudel

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« Antwort #6355 am: 08.12.2023 11:28 »
Das ist den Kollegen die den AG verlassen sicherlich egal. Der örtliche AG sind deutlich den Handlungsbedarf. Kämpft aber bei den oberen Stellen gegen Windmühlen wie beim Thema §16.5. Die Auswirkungen kommen zeitversetzt und dafür nun sehr deutlich hervor. Wichtige zukunftsträchtige Projekte liegen aktuell auf Eis, teuer beschaffte Ausrüstung stapelt sich und kann nicht eingesetzt werden. Neu geplante Studiengänge wurde gestrichen mangels Personal, vorhandene Gelder für Projekte können nicht abgerufen werden. Innovative Ideen bleiben liegen, mehr oder weniger läuft alles auf Kante genäht. Noch....

NvB

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« Antwort #6356 am: 08.12.2023 11:34 »

Und bei uns ist die Fluktuation seit zwei Jahren massivst gestiegen. In allen Bereichen, vor allem aber bei MINT. Selbst erfahrene Kollegen mit 25 Jahren Betriebserfahrung hauen ab. Vorher undenkbar.....

Und- mit welchen Folgen für den AG , dass er sich zum Handeln gezwungen sieht? Ich tippe mal auf O

Für dir AG keine. Für die AN natürlich... Die dürfen den nicht besetzten Platz kompensieren und die AG freut es "Oh bleibt ja alles wie es ist, fällt ja gar nicht auf...Im Gegenteil... Die buckeln sich sogar noch mehr kaputt und ich kann mir die Stelle sparen."

Die AN lassen es ja mit sich machen. Insbesondere damit, dass viele noch nicht mal den Sinn sehen, in eine Gewerkschaft zu sein.
Eigentlich seid ihr selbst schuld...

VFA West

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« Antwort #6357 am: 08.12.2023 11:40 »
Jeder hier will Recht haben. Warum ist euch das so wichtig?

MoinMoin

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« Antwort #6358 am: 08.12.2023 11:41 »
Eigentlich seid ihr selbst schuld...
nicht nur eigentlich

Albeles

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« Antwort #6359 am: 08.12.2023 11:45 »
Ich rechne fest mit einer Erhöhung und bin mir sicher das ich nicht weniger im Januar bekomme  ;D

Meine Glaskugel ist eh kaputt und Samstag gibt es das beste Ergebnis ever das je eine Tarifverhandlung ausgehandelt hat.

Sanfte Grüße

P.S.: Was in dem Text ironisch gemeint war, darf jeder für sich selbst entscheiden!