Da das BVerfG erst gerade wieder die vierköpfige Alleinverdienerfamilie als abgeleitete Bezugsgröße bestätigt hat, ist nicht davon auszugehen - so wie ich das gestern dargelegt habe -, dass sich die zu beachtenden Direktiven in nächster Zeit grundlegend ändern werden.
Genau das ist doch die Frage. Das BVerfG schrieb davon, dass in der bisherigen Besoldungspraxis von diesem Modell ausgegangen wurde. Ob dies aber auch für die Zukunft so sein müsse, schrieb es eben gerade nicht.
So heißt es in Randnummer 47 des Urteils 2 BvL 4/18, worum es hier ja insbesondere geht:
Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung.
Hier ist also durchaus Veränderungspotential gegeben, was der Gesetzgeber auch ausnutzen kann.
Das ist so nicht ganz richtig bzw. möglich, aber für die nähere Zukunft unwahrscheinlich - bei der Bemessung des Mindestabstands zur Grundsicherung hat der Besoldungsgesetzgeber weiterhin die vierköpfige Alleinverdienerfamilie als aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße in den Blick zu nehmen. Denn in der aktuellen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht an keiner Stelle anklingen lassen, dass sich das aktuell geändert hätte; vielmehr aktualisiert es die Direktive an jener Stelle, indem es sie hier hervorhebt und im Anschluss die entsprechenden Bemessungsgrundlagen direktiv ausschließlich an der jeweiligen vierköpfigen Familie umfassend präzisiert (Rn. 46-79). Dass es hierzu zukünftig eine grundlegend andere Sicht entwickeln wird, ist insofern natürlich möglich, aber verbleibt erst einmal im Reich der Spekulationen. Und indsofern bleibt der Gesetzgeber bis auf Weiteres an die aktuelle Rechtsprechung gebunden.
Da das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus in der Parellelentscheidung vom selben Tag (2 BvL 6/17) eine umfassende Aktualisierung seiner 1998 zuletzt aufgerufenen Direktiven zu den kinderreichen Familien vornimmt, dürfte zu vermuten sein, dass es - sofern es in nächster Zeit entsprechend auch in der Besoldungsdogmatik vorgehen wollte - nun auch hier die Gelegenheit genutzt hätte. Es wäre auf jeden Fall eher reichlich widersinnig, ein umfassendes Programm zu entwickeln, wenn man es in nächster Zeit über den Haufen werfen wollte. Denn dann würde es eher wahrscheinlich gewesen sein, dass man sogleich das entsprechend auf anderer Grundlage erstellte Programm entwickelt hätte - das nur umso mehr, als dass derzeit aus der Hälfte der Bundesländer Beschlussvorlagen anhängig sind. Wollte man für die nun ein grundlegend anderes Programm entwickeln, würde ein offensichtlich unaufhebbare Diskrepanz zur aktuellen Entscheidung entstehen, das auch im Hinblick darauf, dass das BVerfG zum Zeitpunkt seiner Entscheidung wusste, dass das VG Hamburg und das OVG Schleswig-Holstein die neuen Direktiven anwenden und darauf die beiden anhängigen Beschlussvorlagen aufbauen würden.