Der Gesetzentwurf zur Reform des Familienzuschlags wird demnächst veröffentlicht. Trotz mehrerer Interventionen gab es zwischenzeitlich keine beachtlichen Änderungen. Hier meine persönliche Interpretation des Gesetzentwurfs:
Die Forderungen des BVerfG will die Staatsregierung wie folgt umsetzen: Bezugsgröße der Alimentation (Besoldung und Versorgung) ist nicht mehr der alleinverdienende Beamte (der eine vierköpfige Familie ernähren können muss), sondern die pauschale Unterstellung, dass der Partner des Beamten über eigenes Einkommen verfügt.
Während andere Bundesländer bereits ähnliche Wege eingeschlagen haben, gab es dort wenigstens noch Verbesserungen bei niedriger Besoldung (z.B. durch Streichung der ersten Stufe, durch Abschaffung der Besoldungsgruppen A3 bis A5 oder sogar durch prozentuale Anhebung der gesamten Besoldungstabelle). Bayern hingegen verabschiedet sich als selbst gepriesener Spitzenreiter, indem es bewusst Verschlechterungen für künftige Beamte vornimmt.
Finanzielle Gewinner:
- Empfänger des Kinderzuschlags (in mittleren Mietenstufen tendenziell mehr als in oberen und unteren)
- in Mietenstufe VII ledige Beamte ab A10 Stufe 9
- Beamten-Ehepaare (außer in Mietenstufe VII unterhalb von A10 Stufe 9)
- in Mietenstufe VII ab 2023 pensionierte ledige Beamte
Finanzielle Verlierer:
- ab 2023 heiratende und „verwitwende“ Beamte (besonders stark in Mietenstufe VII)
- ledige und verheiratete Neuzugänge in Gemeinden des „Verdichtungsraums München“ unterhalb der Mietenstufe VII
Übergangene Gruppen:
- Ledige und Verheiratete unter A10 Stufe 9 (besonders in Mietenstufe VII)
- bestehende Versorgungsempfänger in Mietenstufe VII
Die unten stehenden Rechenbeispiele vergleichen die ab 12/2022 gültigen Beträge mit den geplanten Zuschlägen ab 01/2023.
Die Änderungen werden auf Versorgungsempfänger übertragen. Dabei wird die neue Stufe L (bisherige Ballungsraumzulage) ruhegehaltfähig; dies gilt allerdings erst für Pensionierungen ab 2023, wodurch eine Ungleichheit gegenüber den vorher eintretenden bzw. eingetretenen Versorgungsfällen entsteht.
Eine Bestandsregelung ermöglicht, dass Verschlechterungen bei vorhandenen Beamten ausgeglichen werden (ebenso bei Versorgungsempfängern). Ihnen wird die Differenz zum bisher höheren Familienzuschlag weitergezahlt; dieser eingefrorene Betrag wird bei Besoldungsanpassungen allerdings nicht mehr angehoben und somit von der Inflation aufgezehrt.
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Stufe L (bisherige Ballungsraumzulage)
= Ledige, Verwitwete und Geschiedene (ohne Kindergeldberechtigung)
Dieser Personenkreis bekommt 136,21, allerdings nur in Mietenstufe VII.
Verbesserung:
Die bisherige Ballungsraumzulage wurde nur bis zu einem Grenzbetrag gezahlt (also nicht mehr in höheren Besoldungsgruppen). Die neue Stufe L hingegen wird ohne Grenzbetrag gezahlt. Davon profitieren in Mietenstufe VII ledige Beamte ab A10 Stufe 9 aufwärts (hier werden sogar Nachzahlungen ab 2020 erfolgen, die verfassungsrechtlich gar nicht erforderlich sind).
In diesem Zusammenhang ist aber eine fehlende Verbesserung für Ledige und Verheiratete (ohne Kindergeldberechtigung) in unteren Besoldungsgruppen zu bemängeln.
Verschlechterung:
Die bisherige Ballungsraumzulage basierte auf einem Wohnsitz im "Verdichtungsraum München". Die neue Stufe L hingegen ergibt sich aus der Mietenstufe des Wohnsitzes. In folgenden Gemeinden, die zwar zum "Verdichtungsraum München" gehören, die aber zu einer niedrigeren Mietenstufe als VII gehören, führt dies bei Neuzugängen zum Wegfall der Berechtigung (bei vorhandenen Beamten wird der Wegfall durch die Bestandsregelung ausgeglichen):
Alling, Anzing, Berg, Ebersberg, Eching, Eichenau, Emmering, Erding, Feldafing, Feldkirchen, Forstern, Forstinning, Freising, Garching, Grafrath, Hallbergmoos, Hebertshausen, Herrsching, Kottgeisering, Krailling, Maisach, Mammendorf, Oberschweinbach, Olching, Ottenhofen, Pliening, Pöcking, Röhrmoos, Schöngeising, Seefeld, Taufkirchen, Türkenfeld, Tutzing, Vierkirchen, Weßling, Wörth, Wörthsee, Zorneding
Gerade in Rathäusern der o.g. Kommunen wird dies zu Ungleichheiten führen: Angestellte erhalten die Ballungsraumzulage wie bisher (laut Tarifvertrag im "Verdichtungsraum München") und verbeamtete Neuzugänge haben wegen der niedrigeren Mietenstufe keinen Anspruch.
Ähnliche Verwerfungen gibt es bereits, weil manche Kommunen die Ballungsraumzulage für Angestellte verdoppelt haben (wohingegen Beamte wegen des Gesetzesvorbehalts leer ausgehen mussten). In diesem Zusammenhang wurde die Chance zur Anhebung der bisherigen Ballungsraumzulage vertan (obwohl dringend nötig). Die Ungleichheit zwischen Beamten und Angestellten in den betroffenen Kommunen bleibt somit bestehen. Nicht zuletzt kann die Höhe der Stufe L die tatsächlichen Mehrbedarfe in Mietenstufe VII nicht abdecken.
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Stufe V (bisher Stufe 1)
= Verheiratete (inkl. LPartG) und in eigener Wohnung Pflegende (ohne Kindergeldberechtigung)
20,85 in Mietenstufe I-IV
34,05 in Mietenstufe V
68,11 in Mietenstufe VI
136,21 in Mietenstufe VII
(bisher: 142,52 bzw. 149,64 einheitlich)
Verbesserung:
Wenn beide Ehepartner Anspruch auf den Verheirateten-Zuschlag haben (beide Beamte), wird nicht mehr halbiert (unterhalb der Mietenstufe VII sowie in der Mietenstufe VII ab A10 Stufe 9 werden sogar Nachzahlungen ab 2020 erfolgen, die verfassungsrechtlich gar nicht erforderlich sind).
Verschlechterungen:
- wer ab 2023 heiratet, bekommt einen geringeren Zuschlag als zuvor
- ein Wohnort mit niedrigerer Mietenstufe verringert den Verheirateten-Zuschlag (bisher war der Zuschlag unabhängig vom Wohnort gleich hoch)
- Verwitwete und Geschiedene mit Unterhaltsverpflichtung bekommen die Stufe nicht mehr
- in Mietenstufe VII wird nur noch Stufe V gezahlt (136,21); zuvor bekam der Personenkreis Stufe 1 plus Ballungsraumzulage (= 271,14 bzw. 278,06)
- in Mietenstufe VII bekommen Ledige und Verheiratete nurmehr den gleichen Zuschlag
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Stufe 1 (bisher Stufe 2)
= Gesamtbetrag für ein Kind (egal ob verheiratet/ledig usw.)
277,58 in Mietenstufe I-III
296,57 in Mietenstufe IV
315,56 in Mietenstufe V
334,55 in Mietenstufe VI
436,84 in Mietenstufe VII - hier entfällt aber die bisherige Ballungsraumzulage!
A3-A10 bekommen einen Erhöhungsbetrag (gestaffelt nach Mietenstufe) zwischen 7,30 bis 48,95
(bisher: 276,65 bzw. 270,46 bzw. 277,58)
Beispiel 1:
Verheiratet, A8, 1 Kind, Mietenstufe III
bisher: 270,46 (Stufe 2)
nunmehr: 299,25 (Stufe 1 + Erhöhungsbetrag) = 28,79 mehr!
Beispiel 2:
Verheiratet, A8, 1 Kind, Mietenstufe V
bisher: 270,46 (Stufe 2)
nunmehr: 342,01 (Stufe 1 + Erhöhungsbetrag) = 71,55 mehr!
Beispiel 3:
Verheiratet, A8, 1 Kind, Mietenstufe VII
bisher: 443,00 (Stufe 2 + Ballungsraumzulage mit Erhöhungsbetrag)
nunmehr: 468,43 (Stufe 1 + Erhöhungsbetrag) = 25,43 mehr!
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Stufe 2 (bisher Stufe 3)
= Gesamtbetrag für zwei Kinder (egal ob verheiratet/ledig usw.)
405,52 in Mietenstufe I-II
434,05 in Mietenstufe III
462,58 in Mietenstufe IV
491,11 in Mietenstufe V
554,41 in Mietenstufe VI
627,87 in Mietenstufe VII - hier entfällt aber die bisherige Ballungsraumzulage!
A3-A10 bekommen einen Erhöhungsbetrag (gestaffelt nach Mietenstufe) zwischen 7,30 bis 48,95 (pro Kind!)
(bisher: 398,40 bzw. 405,52 plus Erhöhungsbeträge in A3-A5)
Beispiel 1:
Verheiratet, A8, 2 Kinder, Mietenstufe III
bisher: 398,40 (Stufe 3)
nunmehr: 477,39 (Stufe 2 + Erhöhungsbetrag) = 78,99 mehr!
Beispiel 2:
Verheiratet, A8, 2 Kinder, Mietenstufe V
bisher: 398,40 (Stufe 3)
nunmehr: 544,01 (Stufe 2 + Erhöhungsbetrag) = 145,61 mehr!
Beispiel 3:
Verheiratet, A8, 2 Kinder, Mietenstufe VII
bisher: 607,27 (Stufe 3 + Ballungsraumzulage mit Erhöhungsbetrag)
nunmehr: 691,05 (Stufe 2 + Erhöhungsbetrag) = 83,78 mehr!
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Stufe 3 (bisher Stufe 4)
= Erhöhungsbetrag für das dritte Kind (egal ob verheiratet/ledig usw.)
405,52 (Stufe 2) + 396,51 (drittes Kind) = 802,03 in Mietenstufe I-II
434,05 (Stufe 2) + 408,41 (drittes Kind) = 842,46 in Mietenstufe III
462,58 (Stufe 2) + 420,66 (drittes Kind) = 883,24 in Mietenstufe IV
491,11 (Stufe 2) + 433,28 (drittes Kind) = 924,39 in Mietenstufe V
554,41 (Stufe 2) + 446,28 (drittes Kind) = 1000,69 in Mietenstufe VI
627,87 (Stufe 2) + 459,66 (drittes Kind) = 1087,53 in Mietenstufe VII - hier entfällt aber die bisherige Ballungsraumzulage!
A3-A10 bekommen einen Erhöhungsbetrag (gestaffelt nach Mietenstufe) zwischen 7,30 bis 48,95 (pro Kind!)
(bisher: 794,91 bzw. 802,03 plus Erhöhungsbeträge in A3-A5)
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Stufe 4 ff. (bisher Stufe 5 ff.)
= Erhöhungsbetrag für das vierte Kind und weitere Kinder (egal ob verheiratet/ledig usw.)
405,52 (Stufe 2) + 396,51 (Stufe 3) + 474,69 (pro weiteres Kind) = 1276,72 in Mietenstufe I-II
434,05 (Stufe 2) + 408,41 (Stufe 3) + 512,64 (pro weiteres Kind) = 1355,10 in Mietenstufe III
462,58 (Stufe 2) + 420,66 (Stufe 3) + 550,96 (pro weiteres Kind) = 1434,20 in Mietenstufe IV
491,11 (Stufe 2) + 433,28 (Stufe 3) + 589,64 (pro weiteres Kind) = 1514,03 in Mietenstufe V
554,41 (Stufe 2) + 446,28 (Stufe 3) + 628,69 (pro weiteres Kind) = 1629,38 in Mietenstufe VI
627,87 (Stufe 2) + 459,66 (Stufe 3) + 668,14 (pro weiteres Kind) = 1755,67 in Mietenstufe VII - hier entfällt aber die bisherige Ballungsraumzulage!
A3-A10 bekommen einen Erhöhungsbetrag (gestaffelt nach Mietenstufe) zwischen 7,30 bis 48,95 (pro Kind!)
(bisher: 1191,42 bzw. 1198,54 plus Erhöhungsbeträge in A3-A5)