Es ist neben dem, was Rentenonkel schreibt, die Frage, wer feststellt, dass die Alimentation nicht amtsangemessen ist, Zauberberg.
Sobald der Beamte gegen die ihm gewährte Alimentation Widerspruch einlegt, prüft das zuständige Amt jenen Widerspruch, bei euch also die Performa Nord. Es kommt, da es die gesetzliche Regelung in Anwendung bringt, regelmäßig zu dem Ergebnis, dass die gewährte Alimentation amtsangemessen ist, da es die gesetzliche Regelung als solche anwendet, aber nicht deren sachgerechten Gehalt prüft, sondern - da das den Widerspruch prüfende Amt sich an Recht und Gesetz gebunden sieht - den Widerspruch auf Grundlage der gesetzlichen Regelung prüft. Als Folge wird entweder - sofern eine entsprechende Anweisung vorliegt oder dem entsprechenden Begehr des Widerspruchsführers entsprochen wird - der Widerspruch ruhend gestellt oder er wird negativ beschieden, sodass dem Widerspruchsführer nun der Klageweg offensteht. Da die Beschäftigten der Performa Nord angewiesen sind, bislang keine Widersprüche zu bescheiden, solange sie dazu vom Widerspruchsführer nicht aktiv aufgefordert werden, dauert es bei Dir noch. Interessant wird es in Bremen erst werden, wenn das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung in den fünf angekündigten konkreten Normenkontrolvlerfahren fällen wird, wobei es in den fünf Verfahren um das Besoldungsrecht in den Jahren 2013 und 2014 geht. Der Zweite Senat kontrolliert nun also nur die Sachlage auf Basis der fünf Vorlagen und also wird keine Entscheidung treffen, die unmittelbar über die beiden Jahren hinausgeht.
Der Gesetzgeber hingegen sieht sich gezwungen, die von ihm geregelte Besoldung und Alimentation regelmäßig zu überprüfen, da er sich ebenso gezwungen sieht, das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen. Kommt er dabei zu dem Ergebnis, dass die Alimentation nicht amtsangemessen ist, sieht er sich verfassungsrechtlich gezwungen, das Besoldungsrecht entsprechend so zu ändern, dass eine verfassungswidrige Unteralimentation nicht mehr gegeben ist. Seit 2020 ist die überwiegende Anzahl der Besoldungsgesetzgeber in den aktuellen Gesetzgebungsverfahren zu genau jenem Schluss gekommen, und zwar - sofern er zu dem Schluss gekommen ist - in der Regel als verletztes Mindestabstandsgebot. Die Reaktionen waren weit überwiegend "Hybridbildungen", also die nicht selten exorbitante Anhebung von (familien-)bezogenen Besoldungskomponenten für zumeist nur einzelne Beamtengruppen. Einzelne Gesetzgeber haben entsprechende Regelungen gleichfalls rückwirkend vorgenommen, andere erst mit Datum der allgemeinen Neuregelung des Besoldungsrechts.
Als Folge der Klageerhebung sieht sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit veranlasst, die angegriffene gesetzliche Regelung zu prüfen; der Einfachheit halber gehe ich davon aus, dass das zur Prüfung angerufene Verwaltungsgericht zu dem begründenden Ergebnis einer verfassungswidrigen Unteralimentation kommt (und nicht erst entweder die Berufungs- oder Revisionsinstanz). Kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis einer verfassungswidrigen Unteralimentation, setzt es das Verfahren aus und legt seine Begründung dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Das Bundesverfassungsgericht prüft nun diese Vorlage und kommt entweder zu dem Ergebnis, dass die Vorlage nicht zulässig ist, sodass es sie nicht zur Entscheidung annimmt, oder dass die Vorlage zulässig, jedoch unbegründet ist, sodass das vorlegende Gericht in seiner sich anschließenden Entscheidung davon ausgehen muss, dass die gesetzliche Regelung verfassungskonform ist, oder das Bundesverfassungsgericht betrachtet die zulässige Vorlage als begründet, was zu dem Ergebnis führt, dass die betrachtete gesetzliche Regelung als verfassungswidrig zu betrachten ist.
Dieses letzte Ergebnis wird nun in konkreten Normenkontrollverfahren mit Gesetzeskraft erlassen. Das vorlegende Gericht hat nun in dem Fall, der der Vorlage zugrunde liegt, eine Entscheidung zu treffen, die in der Regel nun dem Kläger Recht gibt. Es nimmt nun also die mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zur Grundlage, um nun über den vormals ausgesetzten Fall zu entscheiden. Darüber hinaus bindet die mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls den (Besoldungs-)Gesetzgeber. In besoldungsrechtlichen Verfahren stellt das Bundesverfassungsgericht in der Regel nun die Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz fest. Diese Feststellung ist grundsätzlich mit der Verpflichtung des Gesetzgebers verbunden, die Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß umzugestalten, wobei aber in besoldungsrechtlichen Verfahren weiterhin die Besonderheit gilt, dass der Beamte sich gezwungen sieht, gegen die ihm gewährte Alimentartion zeitnah - also innerhalb des jeweiligen Kalenderjahrs - Widerspruch zu führen. Das wiederum hat Folgen für den Kreis derer, die von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betroffen sind. Entsprechend führt der Zweite Senat bspw. in der Rn. 182 f. der aktuellen Entscheidung vom 04. Mai 2020 aus:
"Ausnahmen von dieser Regelfolge der Unvereinbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen bejaht. Speziell bei besoldungsrechtlichen Normen gilt es zu beachten, dass die Alimentation der Richter und Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstellt. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist daher mit Blick auf die Besonderheiten des Richter- und Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64> m.w.N.).
Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich etwaiger weiterer Richter und Staatsanwälte erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren schwebt. Entscheidend ist, dass sie sich gegen die Höhe ihrer Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben, so dass der Haushaltsgesetzgeber nicht im Unklaren geblieben ist, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird." (
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html)
Als Folge der mit Gesetzeskraft ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sieht sich der Besoldungsgesetzgeber nun gezwungen, bis zu einem vom Bundesverfassungsgericht im Tenor der jeweiligen Entscheidung festgelegten Datum (in der gerade genannten aktuellen Entscheidung war das der 01. Juli 2021) verfassungskonforme Regelungen zu treffen. Der Besoldungsgesetzgeber hat also bis zum festgelegten Datum eine verfassungskonforme Regelung zu beschließen, was im Besoldungsrecht in der Regel im Rahmen eines Reparaturgesetzes erfolgt und dabei ebenfalls regelmäßig auf die gerade genannten Personenengruppen Anwendung findet.
Da es sich bei diesem Reparaturgesetz zwangsläufig ebenfalls um eine gesetzliche Regelung handelt, sieht sich der vom Gesetz betroffene Beamte gezwungen - sofern er die neu geregelte gesetzliche Grundlage der ihm gewährten Alimentation in Zweifel ziehen will -, gegen sie einen statthaften Rechtsbehelf zu führen, was zwangsläufig nur möglich ist, sofern er von der gesetzlichen Regelung tatsächlich auch betroffen ist. Als Folge finden wir uns dann wieder dort, wo dieser Beitrag seinen Anfang nahm.