Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3966775 times)

Rentenonkel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7335 am: 02.04.2025 13:27 »
Zunächst einmal ist jedes Kalenderjahr für sich zu nehmen.

Dann muss geschaut werden, was der Gesetzgeber tun muss, um eine verfassungsgemäße Besoldung in dem jeweiligen Jahr zu erreichen. Dabei wird es dann verschiedene Fallkonstellationen geben und auch verschiedene Größenordnungen geben.

Am Ende wird es nur für diejenigen eine Nachzahlung geben, die in dem jeweiligen Haushaltsjahr einen Widerspruch eingelegt haben.

Für alle anderen dürften die Ansprüche verjährt sein, es sei denn, das jeweilige Bundesland hat erklärt, dass es auf die Einlegung von Widersprüchen verzichtet.

Zauberberg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7336 am: 02.04.2025 13:46 »
Danke Rentenonkel ! So hatte ich es vermutet !
Bin gespannt, wann über den 2019 Widerspruch entschieden wird. Dort habe ich eine Eingangsbestätigung, aber bisher auch keinen Widerspruchsbescheid. Auf Nachfrage hieß es, dauert noch !

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7337 am: 02.04.2025 14:52 »
Es ist neben dem, was Rentenonkel schreibt, die Frage, wer feststellt, dass die Alimentation nicht amtsangemessen ist, Zauberberg.

Sobald der Beamte gegen die ihm gewährte Alimentation Widerspruch einlegt, prüft das zuständige Amt jenen Widerspruch, bei euch also die Performa Nord. Es kommt, da es die gesetzliche Regelung in Anwendung bringt, regelmäßig zu dem Ergebnis, dass die gewährte Alimentation amtsangemessen ist, da es die gesetzliche Regelung als solche anwendet, aber nicht deren sachgerechten Gehalt prüft, sondern - da das den Widerspruch prüfende Amt sich an Recht und Gesetz gebunden sieht - den Widerspruch auf Grundlage der gesetzlichen Regelung prüft. Als Folge wird entweder - sofern eine entsprechende Anweisung vorliegt oder dem entsprechenden Begehr des Widerspruchsführers entsprochen wird - der Widerspruch ruhend gestellt oder er wird negativ beschieden, sodass dem Widerspruchsführer nun der Klageweg offensteht. Da die Beschäftigten der Performa Nord angewiesen sind, bislang keine Widersprüche zu bescheiden, solange sie dazu vom Widerspruchsführer nicht aktiv aufgefordert werden, dauert es bei Dir noch. Interessant wird es in Bremen erst werden, wenn das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung in den fünf angekündigten konkreten Normenkontrolvlerfahren fällen wird, wobei es in den fünf Verfahren um das Besoldungsrecht in den Jahren 2013 und 2014 geht. Der Zweite Senat kontrolliert nun also nur die Sachlage auf Basis der fünf Vorlagen und also wird keine Entscheidung treffen, die unmittelbar über die beiden Jahren hinausgeht.

Der Gesetzgeber hingegen sieht sich gezwungen, die von ihm geregelte Besoldung und Alimentation regelmäßig zu überprüfen, da er sich ebenso gezwungen sieht, das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen. Kommt er dabei zu dem Ergebnis, dass die Alimentation nicht amtsangemessen ist, sieht er sich verfassungsrechtlich gezwungen, das Besoldungsrecht entsprechend so zu ändern, dass eine verfassungswidrige Unteralimentation nicht mehr gegeben ist. Seit 2020 ist die überwiegende Anzahl der Besoldungsgesetzgeber in den aktuellen Gesetzgebungsverfahren zu genau jenem Schluss gekommen, und zwar - sofern er zu dem Schluss gekommen ist - in der Regel als verletztes Mindestabstandsgebot. Die Reaktionen waren weit überwiegend "Hybridbildungen", also die nicht selten exorbitante Anhebung von (familien-)bezogenen Besoldungskomponenten für zumeist nur einzelne Beamtengruppen. Einzelne Gesetzgeber haben entsprechende Regelungen gleichfalls rückwirkend vorgenommen, andere erst mit Datum der allgemeinen Neuregelung des Besoldungsrechts.

Als Folge der Klageerhebung sieht sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit veranlasst, die angegriffene gesetzliche Regelung zu prüfen; der Einfachheit halber gehe ich davon aus, dass das zur Prüfung angerufene Verwaltungsgericht zu dem begründenden Ergebnis einer verfassungswidrigen Unteralimentation kommt (und nicht erst entweder die Berufungs- oder Revisionsinstanz). Kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis einer verfassungswidrigen Unteralimentation, setzt es das Verfahren aus und legt seine Begründung dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Das Bundesverfassungsgericht prüft nun diese Vorlage und kommt entweder zu dem Ergebnis, dass die Vorlage nicht zulässig ist, sodass es sie nicht zur Entscheidung annimmt, oder dass die Vorlage zulässig, jedoch unbegründet ist, sodass das vorlegende Gericht in seiner sich anschließenden Entscheidung davon ausgehen muss, dass die gesetzliche Regelung verfassungskonform ist, oder das Bundesverfassungsgericht betrachtet die zulässige Vorlage als begründet, was zu dem Ergebnis führt, dass die betrachtete gesetzliche Regelung als verfassungswidrig zu betrachten ist.

Dieses letzte Ergebnis wird nun in konkreten Normenkontrollverfahren mit Gesetzeskraft erlassen. Das vorlegende Gericht hat nun in dem Fall, der der Vorlage zugrunde liegt, eine Entscheidung zu treffen, die in der Regel nun dem Kläger Recht gibt. Es nimmt nun also die mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zur Grundlage, um nun über den vormals ausgesetzten Fall zu entscheiden. Darüber hinaus bindet die mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls den (Besoldungs-)Gesetzgeber. In besoldungsrechtlichen Verfahren stellt das Bundesverfassungsgericht in der Regel nun die Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz fest. Diese Feststellung ist grundsätzlich mit der Verpflichtung des Gesetzgebers verbunden, die Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß umzugestalten, wobei aber in besoldungsrechtlichen Verfahren weiterhin die Besonderheit gilt, dass der Beamte sich gezwungen sieht, gegen die ihm gewährte Alimentartion zeitnah - also innerhalb des jeweiligen Kalenderjahrs - Widerspruch zu führen. Das wiederum hat Folgen für den Kreis derer, die von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betroffen sind. Entsprechend führt der Zweite Senat bspw. in der Rn. 182 f. der aktuellen Entscheidung vom 04. Mai 2020 aus:

"Ausnahmen von dieser Regelfolge der Unvereinbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen bejaht. Speziell bei besoldungsrechtlichen Normen gilt es zu beachten, dass die Alimentation der Richter und Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstellt. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist daher mit Blick auf die Besonderheiten des Richter- und Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64> m.w.N.).

Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich etwaiger weiterer Richter und Staatsanwälte erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren schwebt. Entscheidend ist, dass sie sich gegen die Höhe ihrer Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben, so dass der Haushaltsgesetzgeber nicht im Unklaren geblieben ist, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird." (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html)

Als Folge der mit Gesetzeskraft ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sieht sich der Besoldungsgesetzgeber nun gezwungen, bis zu einem vom Bundesverfassungsgericht im Tenor der jeweiligen Entscheidung festgelegten Datum (in der gerade genannten aktuellen Entscheidung war das der 01. Juli 2021) verfassungskonforme Regelungen zu treffen. Der Besoldungsgesetzgeber hat also bis zum festgelegten Datum eine verfassungskonforme Regelung zu beschließen, was im Besoldungsrecht in der Regel im Rahmen eines Reparaturgesetzes erfolgt und dabei ebenfalls regelmäßig auf die gerade genannten Personenengruppen Anwendung findet.

Da es sich bei diesem Reparaturgesetz zwangsläufig ebenfalls um eine gesetzliche Regelung handelt, sieht sich der vom Gesetz betroffene Beamte gezwungen - sofern er die neu geregelte gesetzliche Grundlage der ihm gewährten Alimentation in Zweifel ziehen will -, gegen sie einen statthaften Rechtsbehelf zu führen, was zwangsläufig nur möglich ist, sofern er von der gesetzlichen Regelung tatsächlich auch betroffen ist. Als Folge finden wir uns dann wieder dort, wo dieser Beitrag seinen Anfang nahm.

derSchorsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7338 am: 03.04.2025 13:51 »
Servus Swen,

herzlichen Dank für deine Ausführungen.
Du kritisierst ja die Hybridbildung bzw. den überbordenden Anteil von Zulagen wie z.B. familienbezogene Bestandteile.
Letztlich bleibt zur Heilung ja dann nur noch die Anhebung der Grundbesoldung um ein verfassungskonforme Mindestalimentation zu erreichen. Wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, wie würde denn dann ermittelt werden, wie diese Erhöhung in der Vergangenheit hätte aussehen müssen? Also wie wird ermittelt, was als Fehlbetrag zur Grundbesoldung nachbezahlt werden muss? Und wie könnte dabei das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsklassen berücksichtigt werden? Ansonsten würden von der nachträglichen Anhebung der Grundbesoldung ja jeweils nur jene Klasse profitieren, bei der das Mindestabstandsgebot zur Leistungsempfängerfamilie direkt verletzt ist. Wie könnte sowas in der Praxis ablaufen?

Rentenonkel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7339 am: 03.04.2025 15:01 »
Auch wenn ich nicht Swen bin und eher zu einer kürzeren Antwort neige, versuche ich dennoch, auf die Frage zu antworten:

Für eine sachliche Berechnung einer verfassungsgemäßen Besoldung hat der Besoldungsgesetzgeber mit der Dogmatik des BVerfG zum Alimentationsprinzip alle für ihn nötigen Voraussetzungen zur Hand. Er muss die Direktiven des BVerfG einfach nur beachten und dann innerhalb seines weiten Ermessensspielraum eine amtsangemessene Alimentation gewähren.

"Innerhalb seines weiten Spielraums politischen Ermessens darf der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen" (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, Rn. 148). Dabei hat er aber die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu beachten. Einer dieser Grundsätze ist das 15 %-ige Mindestabstandsgebot. Jenes wird direktiv an der vierköpfigen Familie bemessen. Andere entsprechende Direktiven gibt es nicht.

Man kann jedoch nicht allgemein sagen, jeder Beamte bekommt Summe X, sondern die Alimentation ist von den realitätsgerecht zu beachtenden Umständen in den einzelnen Bundesländern abhängig, da das BVerfG entsprechende Bemessungen von jedem Besoldungsgesetzgeber fordert. Das BVerfG wird somit keine konkreten, allgemein gültigen Zahlen nennen können, weil es andernfalls den weiten Ermessenspielraum der Gesetzgeber zu sehr einengt. Es wird jedoch, davon ist derzeit auszugehen, diesen weiten Ermessenspielraum zukünftig weiter einengen, weil es den Besoldungsgesetzgeber offenkundig nicht gelingt, die bisherigen Direktiven in ein sachgerechtes Gesetz umzusetzen.

Soviel kann aber gesagt werden: Die Grundbesoldung wird deutlich steigen müssen, wodurch auch die Familienzuschläge deutlich steigen können. Was allerdings sachlich nicht möglich ist, ist, nur die Familienzuschläge deutlich anzuheben, um so keine oder eine nur marginale Anhebung der Grundbesoldung zu vollziehen.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7340 am: 03.04.2025 15:59 »
Es ist genauso, wie Rentenonkel schreibt, Schorsch. Dabei wäre noch zu ergänzen, dass der Zweite Senat in seiner aktuellen Entscheidung unmissversrändlich klargestellt hat, dass die Parameter der ersten Prüfungsstufe weder dazu bestimmt noch geeignet sind, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist, dass vielmehr ein solches Verständnis die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen würde (vgl. die Rn. 30 der aktuellen Entscheidung unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html).

Will der Besoldungsgesetzgeber sachgerecht vorgehen und zugleich als Haushaltsgesetzgeber seiner Verpflichtung zur Haushaltskonsolidierung hinreichend nachkommen (vgl. dort weiterhin u.a. ab der Rn. 92 ff.), dürfte er anhand der Parameter der ersten Prüfungsstufe und also unter Beachtung des Mindestabstands- wie des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen eine für das jeweilige Jahr hinreichende konsistente neue Besoldungssystematik erstellen müssen (vgl. dort die Rn. 49). Im Anschluss ermöglicht ihm das bundesverfassungsgerichtliche "Pflichtenheft" nun, diese neue Systematik zu prüfen.

Interessant könnte es werden, sofern der Zweite Senat für Berlin in den angekündigten Entscheidungen eine Vollstreckungsanordnung für die Jahre 2010 bis 2015 nach § 35 BVerfGG erlassen und bestimmen würde, dass die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit sie ab einem bestimmten Zeitpunkt zu vollstrecken hätte, sofern das Abgeordnetenhaus bis dahin nicht für jenen Zeitraum zu einer amtsangemessenen Alimentation zurückkehren würde. Denn dann könnte es wahrscheinlich sein, dass der Zweite Senat der Verwaltungsgerichtsbarkeit Direktiven mit auf den Weg geben könnte oder dürfte, wie und in welchen Höhe nun Nachzahlungsansprüche ermittelt werden sollten. Das würde dann zumindest die Besoldungsgruppen A 9 bis 2013 und A 10 bis 2015 (2 BvL 5/18), A 10 2010 bis 2015 (2 BvL 6/18), A 12 2010 bis 2015 (2 BvL 7/18), A 10 2010 bis 2015 (BVerfG 2 BvL 8/18) und A 10 2010 und A 11 bis 2013 bzw. A 12 bis 2015 in jeweils unterschiedlichen Erfahrungsstufen betreffen. Daraus könnte man dann weitere Folgerung ableiten, was die Kontrolle einer amtsangemessenen Alimentation anbelangte, woraus nun wiederum Rückschlüsse auf eine sachgerechte Höhe von Grundgehaltssätze gezogen werden könnte.

Ergo: In den hier angekündigten "Pilotverfahren" dürfte es mit einiger Wahrscheinlichkeit insgesamt besonders interessant werden, so gilt es zu vermuten.

HansGeorg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7341 am: 03.04.2025 16:22 »
Was ist jetzt eigentlich aus den SH Entscheidungen? Im Jahresbericht 2024 stand als der raus kam in Kürze und in der Jahresvorschau sind diese bisher nie drin gewesen !?!

InternetistNeuland

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7342 am: 03.04.2025 18:01 »
Gibt es neben dem allgemeinen Einspruch gegen die Besoldung in Hessen eine rechtliche Möglichkeit gegen die zeitliche Verzögerung der Besoldungserhöhung vorzugehen?

Im TV-L gab es bereits zum 01.02.2025 eine Erhöhung um 5,5 %.

In Hessen sollte diese zum 01.08.2025 erfolgen. Dies wurde ja nun aber gestrichen und für Beamte auf den 01.12.2025 verschoben. Die Beschäftigten im TV-H hingegen erhalten ihre Erhöhung weiterhin zum 01.08.2025.

Das Land möchte so an den Beamten 180 Millionen Euro einsparen.

https://oeffentlicher-dienst.info/pdf/he/he-d-21-1469.pdf

Ozymandias

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« Antwort #7343 am: 03.04.2025 18:06 »
VG Freiburg, 10.12.2024 - 6 K 3054/23

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VG%20Freiburg&Datum=10.12.2024&Aktenzeichen=6%20K%203054%2F23

Hier noch mal schwarz auf weiß, dass es für Anwärter nichts gibt.

HansGeorg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7344 am: 03.04.2025 18:18 »
VG Freiburg, 10.12.2024 - 6 K 3054/23

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VG%20Freiburg&Datum=10.12.2024&Aktenzeichen=6%20K%203054%2F23

Hier noch mal schwarz auf weiß, dass es für Anwärter nichts gibt.

Die Klage hätte sich derjenige auch schenken können, war doch klar, dass das Gericht so entscheiden musste. Es sei denn, ihm war klar, dass er weiter ans BVerfG gehen will.

HochlebederVorgang

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7345 am: 04.04.2025 08:32 »
Bevor die Ländern sich eine Vollstreckungsordnung fangen, werden sie wahrscheinlich lieber das nächste verfassungswidrige Besoldungsgesetz in die Welt setzen.


SwenTanortsch

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« Antwort #7347 am: 04.04.2025 16:55 »
https://www.rechtundpolitik.com/justiz/vg-hannover/besoldung-fuer-einen-teil-der-hamburger-beamten-im-jahr-2022-verfassungsgemaess/

Zur Info.

Die Entscheidungsbegründung findet sich hier: https://justiz.hamburg.de/resource/blob/1045226/5e81d0640219dde009783ff227abe350/21b151-24-data.pdf

Eines kann man der Kammer ganz sicher nicht vorwerfen, nämlich dass sie sich nicht umfassend mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt und keinen gewaltigen Aufwand betrieben hätte. Ob das auch für die Substantiierung der Klage gilt, kann ich nicht beurteilen, da ich die Entscheidungsbegründung bislang nur an verschiedenen Stellen, aber nicht insgesamt lesen konnte. Dort habe ich allerdings verschiedene Argumente gegen den verfassungskonformen Gehalt des Besoldungsstrukturgesetz vermisst - auch und gerade grundlegende -, die ja öffentlich zugänglich sind und also ohne viel Aufwand in ein Verfahren eingeführt werden können: https://bdr-hamburg.de/wp-content/uploads/Gutachterliche-Stellungnahme-Besoldungsstrukturgesetz-Drs.-22-1272.pdf

Der Kläger hat nun die Chance, seine Klage im Zuge der möglichen Berufung oder Sprungrevision hinreichend zu substantiieren. Es wäre sicherlich erfreulich, wenn nun der Weg der Sprungrevision gewählt und genutzt werden würde, um eine durchgehend präzise Substantiierung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu vollziehen, das bekanntlich unlängst seinen offensichtlichen Rechtsprechungswandel angekündigt hat. Denn eine größere Chance kann sich keinem Kläger bieten. Man kann darüber hinaus m.E. der Kammer nur tiefen Respekt für den enormen Aufwand zollen, den sie auf sich genommen hat, und zwar das unabhängig davon, dass ich an verschiedenen Stellen der Entscheidungsbegründung zu anderen Schlüssen kommen würde. Um diese ins Feld zu führen, sind sie aber vom Kläger zu substantiieren, was hier offensichtlich nicht immer geschehen ist.

Dabei sollte trotz des sich abzeichnenden bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechungswandels - sofern nun diese Chance genutzt wird - eine solche Revision sicherlich kein Selbstläufer werden, wie die Entscheidung der Kammer zeigt. Die Mühe der Ebene heißt Begründung, Begründung, Begründung, genau deshalb ist die gerde verlinkte Stellungnahme mit über 100 Seiten eher umfangreich geraten, sollte man annehmen. Wäre ich der Kläger, würde ich dieser nun eine Vielzahl an Argumenten entnehmen, die ich in der Entscheidungsbegründung nicht finde.

Sehr viel deutlicher, als das die Kammer am Ende der Entscheidung formuliert, kann man wohl einen Kläger nicht mit der Nase auf die Sachlage stupsen, vermute ich:

"Die Berufung und die Sprungrevision waren nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2
Nr. 3 VwGO beziehungsweise § 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Über den Einzelfall
hinaus (höchstrichterlich) klärungsbedürftig ist die Frage der Vereinbarkeit der mit dem Be-
soldungsstrukturgesetz in Hamburg rückwirkend eingeführten besoldungsrechtlichen Be-
zugsgröße der Zweiverdienerfamilie mit Art. 33 Abs. 5 GG. Die Frage ist auch entschei-
dungserheblich, da ein an der Bezugsgröße der Alleinverdienerfamilie gemessener Verstoß
gegen das Mindestabstandsgebot ein erheblich stärkeres Gewicht im Rahmen der Gesamt-
abwägung gehabt und – voraussichtlich – zu einer Vorlage nach Art. 100 GG geführt hätte
(vgl. zu den Besoldungsjahren 2020, 2021 ü¸r die Besoldungsgruppe A 15: VG Hamburg,
Beschl. v. 7.5.2024, 20 B 223/21, juris)."

Ozymandias

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7348 am: 04.04.2025 18:50 »
Also weiterhin kein Spaziergang für den höheren Dienst. Genau wie von mir befürchtet.
Vor einer neuen Einhegung oder neuen Direktiven dürfte sich daran aus meiner Laiensicht nIchts ändern.

Dav0HH

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7349 am: 04.04.2025 21:00 »
Hamburger Beamte endlich angemessen besoldet... >:(

https://archive.is/JKPBB