Der Tabestand liest sich eher dünn, was m.E. bedeutet, dass der Kläger inhaltlich wohl nicht so viel vorgetragen hat. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine Niederlage - was sie auch ist -, jedoch wurde die Berufung zugelassen. Dies eröffnet dem Kläger eine weitere Tatsacheninstanz, in der dieser vollumfänglich inhaltlich nachlegen kann und hoffentlich wird.
M.E. zeigt sich an diesem Urteil, wie wichtig es für die Klägerseite ist, vollumfänglich zu liefern. Deshalb ist die Diskussion in diesem Forum auch so wertvoll.
Meine Einschätzung: Das OVG wird den Fall weiter aufarbeiten und dann vorlegen.
Genauso ist das m.E. zu betrachten, weshalb ich unlängst wiederholt ausgeführt habe, worum es in besoldungsrechtlichen Klageverfahren geht, nämlich um's Begründen, Begründen, Begründen. Teile der Fachgerichte - wie sich das ebenfalls in Baden-Württemberg unlängst so dargestellt hat - gehen dazu über, in Anbetracht der Komplexität des "Pflichtenhefts" den Ermittlungsgrundsatz dahingehend auszulegen, dass sie eher nur auf Grundlage dessen, was der Kläger substantiiert, ermitteln. Das ist in Anbetracht der Komplexität der Materie und des Umfangs an benötigten (statistischen) Materials sowie der Vielzahl an Fällen nachvollziehbar, aber dennoch keine erfreuliche Entwicklung. Zugleich ist der Kammer auch weiterhin nicht vorzuwerfen, dass sie nicht eine umfangreiche und gewissenhafte Prüfung vorgenommen hätte. Denn der von ihr vollzogene Aufwand ist beachtlich - allerdings konnte sie nicht verschiedene Tücken erkennen, die im Oktober und Dezember in der ZBR konkret betrachtet werden.
@ Wilkinson
Das verletzte Mindestabstandsgebot führt nur für
unmittelbar betroffene Besoldungsgruppen zur Verfassungswidrigkeit der Norm; für nicht unmittelbar betroffene Besoldungsgruppen hat der Verletzungsgrad - also die Höhe des Fehlbetrags und die Anzahl der unmittelbar verletzten Besoldungsgruppen - nur eine Indizienwirkung. Der geringe Fehlbetrag, der vor allem der vielen sozialen Besoldungskomponenten geschuldet ist, hat dazu geführt, dass dieses Indiz gemeinsam mit den weiteren Indizien insgesamt für die Kammer nicht hinreichte, um in der Gesamtabwägung zu dem Ergebnis zu kommen, dass die Alimentation auch in der Besoldungsgruppe A 11 nicht evident unzureichend war. Wieso die Klagebegründung hier nicht umfassende Ausführungen vollzogen hat (vgl. ab der Rn. 163), bleibt mir weiterhin eher schleierhaft.
Eine "Spitzausrechnung" haben zuvor weder die Kammer noch der Kläger vorgenommen, was die Sachlage mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens in Teilen der betrachteten Jahre erheblich verändert hätte. Wie sie sachgerecht durchgeführt wird, wird im Dezemberheft der ZBR dargelegt. Im in der kommenden Woche erscheinenden Heft wird die statistische Problematik langer Verfahrensdauern in den Blick genommen. Beide Aufsätze geben so Klägern weitere konkrete Möglichkeiten, die eigene Klagebegründung ggf. erheblich zu vertiefen, an die Hand.
Wäre eine sachgerechte "Spitzausrechnung" durchgeführt worden, wäre die Kammer mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Ergebnis gelangt, dass die Besoldung auch in der Besoldungsgruppe A 11 evident unzureichend gewesen ist, nicht zuletzt, wenn sie in Rechnung gestellt hätte, dass es vor dem 15-jährigen Betrachtungszeitraum signifikante Einschnitte in der Besoldung gegeben hat bzw. in den Jahren 2005 bis 2007 keine Anhebung der Besoldung erfolgt ist (in der nächsten Woche wird in der ZBR betrachtet und im Detail nachgewiesen, dass auch aus dem 15-jährigen Betrachtungszeitraum herausfallende Jahre entscheidungserheblich sein können; dieser Nachweis dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit für manche der kommenden Verfahren von grundlegender Bedeutung werden, vermute ich). Entsprechend kann ich weiterhin nicht verstehen, wieso Kläger nicht auf den Gedanken kommen, diese Berechnungen selbst gewissenhaft durchzuführen. Vielleicht ändert sich das nun ja ab dem Oktober und Dezember, wenn nun die Auswirkung langer Verfahrensdauern und einer sachgerechten "Spitzausrechnung" in den Blick genommen werden.