@ Swen: Mir geht es gar nicht im Detail darum, konkrete Alternativen zum Beamtentum vorzuschlagen, zumal dies auch nicht aktuell anstehen würde. Vielmehr wollte ich darauf hinweisen, dass auch ohne Beamtentum ein Staat zu machen ist.
Genau darum müsste es (Dir) aber gehen, Organisator, um Deine These sachlich zu erhärten. Genau deshalb mein vorheriger ironischer Verweis. Vorstellen kann man sich viel, auch ein deutsches Staatswesen ohne Berufsbeamtentum. Um dessen Praxistauglichkeit zu ermessen, müsste man sich jedoch zuvor Gedanken über dessen Ausgestaltung machen. Wenn das, was ich geschrieben habe, eine Übertreibung ist, frage ich mich, was es ist, ein bundesdeutsches Staatswesen ohne Berufsbeamtentum auf Grundlage einer umfassend neu gestalteten Verfassung ins Spiel zu bringen? Wenn mich nicht alles täuscht, ist solch ein Gedanke eine Über-treibung. Es ist nämlich ausgeschlossen - jedenfalls heute -, dass das passierte.
Man kann zugleich nicht über Rechtssachen sprechen, ohne die Rechtssachen als solches zu betrachten. Ein Gewaltmonopol des Staates, das in der verfassungsrechtlichen Gefasstheit der Bundesrepublik Deutschland so vollzogen werden sollte, dass es ausschließlich auf den guten Willen des jeweiligen Polizeiangestellten ankommen würde, ob er sein Leib und Leben auf Spiel setzte, der dazu aber nicht qua Dienstverhältnis verpflichtet werden könnte, müsste nach meinem Verständnis weiterhin so tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen nach sich ziehen, dass sich de facto das Gewaltmonopol des Staates nicht mehr aufrechterhalten ließe - de facto meint nicht, dass es sich nicht in jedem Einzelfall nicht aufrechterhalten ließe, sondern dass das Vertrauen der Bevölkerung in das staatliche Gewaltmonopol über kurz oder lang so schwer leiden müsste, wenn es weitgehend vom Zufall abhängen würde, ob ein jeweiliger Staatsbürger in einer für ihn lebensgefährlichen Situation tatsächlich Schutz durch die Polizei erhielte, dass das das Vertrauen in den Staat über kurz oder lang unterhöhlen sollte. Denn so stellte sich für ihn die Sachlage dar, wenn er in der einen Situation auf einen Polizeiangestellten treffen würde, der "guten Willen" zeigte und der sich also selbst in Gefahr brächte, gesundheitlich versehrt zu werden oder gar sterben zu können, während er zu einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort einen Polizeiangestellten vorfände, der sagte: "Ist mir zu gefährlich, hier leiste ich keinen Schutz".
Das Ergebnis wäre - mindestens im Empfinden des jeweils Betroffenen; ggf. auch über das Empfinden heraus - staatliche Willkür, die also darin zu finden wäre, dass mal der konkrete Schutz eines Menschen gewährleistet werden würde, mal aber nicht. Damit aber würden wesentlich Gleiche eben staatlicherseits nicht in jedem Fall wesentlich gleich behandelt werfden - und darin zeigte sich die Willkürerfahrung, die der Rechtsstaat verhindern will, indem er nicht nur das Gewaltmonopol für sich in Anspruch nimmt, sondern es auch exekutiert.
Denn der gute Wille ist weder erzwingbar noch im Nachhinein einklagbar. Folge wäre also, dass sich die Bevölkerung (zunehmend) um die eigene Sicherheit bemühen, also die (in den letzten Jahrzehnten eh zunehmende) Bewaffnung zum eigenen Schutz in deutlich größerem Maße in wahrsten Sinne des Wortes selbst in die Hand nehmen dürfte. Damit aber dürfte das heute gesellschaftlich weitgehend respektierte Gewaltmonopol des Staates über kurz oder lang brüchig werden und sich - so war das gemeint - in der heutigen Form nicht mehr aufrechterhalten lassen. Denn dort, wo eine hohe Zahl an Waffen in einer Gesellschaft vorhanden ist, und wo sich zugleich eine nicht geringe Zahl dieser Waffenträger nicht hinreichend von der staatlichen Gewalt geschützt sieht, kommen diese Waffen fast zwangsläufig irgendwann auch zum Einsatz, womit das Gewalt
monopol des Staates sich als nicht mehr gewährleistet zeigt.
So in etwa mein nicht weiter ausgeführter Gedankengang, der sich noch deutlich vertiefen und an anderen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (die ich ja im Ausgangsbeitrag als mögliche weitere Beispiele angeführt habe) differenzieren ließe.
@ Carlsson
"Warum kann ein Richter, Lehrer, Polizist keinen Gehaltszettel bekommen wie ein Angestellter? Mit Gehalt nach TVöD, Sozialversicherungsabgaben (GKV, RV, AV (okay, die wäre über) ...) Er steht ja weiterhin in einem Beamtenverhältnis

"
Weil dem sowohl der Gesetzesvorbehalt im Beamtenrecht als auch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentum entgegenstehen (deren einer der Gesetzesvorbehalt im Beamtenrecht ist). Man kann nicht maßgebliche Grundrechte eines Bevölkerungsteils - hier der Beamten - einschränken, um sie ansonsten gleichzubehandeln. Denn damit liefe der Grundrechtsschutz ins Leere und fänden wir also verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vor.
@ Taigawolf
Ich kann Deine Befrüchtungen verstehen - aber unabhängig von den gerade genannten und noch vielen anderen Problemen, die entstehen dürften, wenn das Berufsbeamtentum in Deutschland abgeschafft werden würde (was bedeutete, dass nach der genannten Umgestaltung des Art. 33 GG keine neuen Beamten mehr in ein Amt eingeführt werden würden, während die bis dahin auf Lebenszeit mit einem Amt bestallten Beamten weiterhin dem Bestandsschutz unterfielen): Das Berufsbeamtentum wird allein deshalb schon nicht abgeschafft werden, weil es sich als sehr viel kostengünstiger für die Politik erweist als die Organisation des Staatswesens allein mit staatlichen Angestellten.