Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3964892 times)

Dav0HH

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7350 am: 05.04.2025 10:17 »
Sorry, hatte die Einordnung von Sven nicht gesehen. Vielen Dank dafür.  Dann ist das Urteil im Grunde recht positiv.

HansGeorg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7351 am: 05.04.2025 11:23 »
Sorry, hatte die Einordnung von Sven nicht gesehen. Vielen Dank dafür.  Dann ist das Urteil im Grunde recht positiv.

Das kommt darauf an, ob der Kläger von Anfang an vorhatte in die höhere Instanz zu gehen oder ob er einfach nur verwirrt und falsch beraten war. Das wird sich zeigen.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7352 am: 05.04.2025 11:38 »
Sorry, hatte die Einordnung von Sven nicht gesehen. Vielen Dank dafür.  Dann ist das Urteil im Grunde recht positiv.

Die Einordnung, wie die Entscheidung nun zu bewerten ist, ist tatsächlich nicht ganz einfach. Was ich für wichtig erachte, ist meiner Meinung nach dreierlei:

Erstens ist zunächst einmal den gewaltigen Aufwand zu würdigen, den die Kammer betrieben hat. Dieser Aufwand, der mittlerweile nötig ist, um ein Besoldungsgesetz hinreichend zu prüfen, ist zentral mitverantwortlich für die langen Verfahrensdauern.

Zweitens sollte man bei einfacher Betrachtung eigentlich annehmen, dass die gerichtliche Kontrolle eines Besoldungsgesetzes ohne viel Aufwand möglich sein sollte, was heute nicht mehr der Fall ist und nur bedingt an dem bundesverfassungsgerichtlichen "Pflichtenheft" liegt, das zu entwickeln sich der Zweite Senat ab 2015 veranlasst gesehen hat wegen der seit spätestens der Jahrestausendwende vorgenommenen Abkopplung der Besoldung von der allgemeinen Lohnentwicklung (die erheblich vor der Jahrtausendwende eingesetzt hat, worüber in nicht mehr allzu weiter Zukunft zu sprechen und diskutieren sein dürfte). Hauptgrund sind die einzelnen "hybriden" Ausartungen, mit denen sich die Kammer auseinanderzusetzen hatte, um eine umfassende Prüfung vornehmen zu können. Dabei ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass hier insgesamt 2022 von der Form her keine "Hybridbildung" vorgelegen habe, was aber offensichtlich grundlegend mit der Frage steht oder fällt, ob die Betrachtung des Partnereinkommens im Besoldungsrecht mit der Verfassung vereinbar ist oder nicht. Denn darauf verweist die Kammer am Ende mehr oder weniger deutlich, wie ich das gestern zitiert habe.

Drittens sollte man diese Entscheidung mitsamt der Gelegenheit zur Sprungrevision nun vonseiten des Klägers meines Erachtens als Chance sehen, dem Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit zu geben, eine präzise substantiierte Klage zu prüfen - soll heißen, man kann nur hoffen, dass der Kläger diesen Weg geht und sich dabei der Verantwortung bewusst wäre, die er mit einer solchen Sprungrevision über den eigenen Fall hinaus eingehen dürfte. Wie ich hier in der Vergangenheit schon geschrieben habe, dürfte das Bundesverwaltungsgericht offensichtlich fast schon darauf warten, seinen offensichtlich notwendigerweise angedeuteten Rechtsprechungswandel im Besoldungsrecht nun in einer Entscheidung zu vollziehen, was mangels dort anhängiger Klagen zurzeit nicht möglich ist. Diese Möglichkeit könnte nun aber gegeben werden, was m.E. bedeuten sollte, allein schon aus Respekt vor dem Senat eine so präzise wie mögliche Klagebegründung zu vollziehen. Als Folge sollte es m.E. auf der Hand liegen, dass das Bundesverwaltungsgericht dann einen bedeutenden Vorlagebeschluss fassen könnte, sodass das Bundesverfassungsgericht daraufhin in dem daraus resultierenden Normenkontrollverfahren endlich für hinreichende Klarheit im Besoldungsrecht sorgen könnte.

Das Hamburgische Besoldungsstrukturgesetz ist ein in so vielfacher Hinsicht handwerklich schlecht gemachtes Gesetz, das es ein Glücksfall für die Prüfung des Besoldungsrechts darstellt. Diesen Nachweis muss allerdings zunächst einmal der Kläger erbringen, wobei er dabei über weite Strecken ja nur das abschreiben bräuchte, was öffentlich zugänglich ist. Wollen wir also allesamt hier nun hoffen, dass man sich an entscheidender Stelle der Tragweite bewusst ist. Viele weitere dieser Chancen dürfte es mit einiger Wahrscheinlichkeit in nächster Zeit eher nicht geben, vermute ich.

VierBundeslaender

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7353 am: 06.04.2025 18:41 »
Ich habe das Urteil nur überflogen und nicht genau gelesen. Aber mir fallen ein paar Dinge auf.

So wird zum Beispiel argumentiert, dass die Einbeziehung des Familieneinkommens (das geschieht auf den Seiten 77ff.) gerechtfertigt sei. Genannt werden zwei Gründe: *) so wird die Unabhängigkeit des Beamten noch weiter gestärkt, wenn das Einkommen des Ehepartners hinzu kommt und *) so orientiert man sich stärker an den tatsächlichen Lebensverhältnissen. (Interessanterweise sagt dann der nächste Absatz, dass aber keinesfalls klar sei, dass der arbeitende Ehegatte der Normalfall ist.)  Und wenn nicht gearbeitet wird, dann gibt es eben den Besoldungsergänzungszuschuss, der wie ein Familienzuschlag beantragt und gewährt wird.

Also die tatsächlichen Lebensverhältnisse sind kein Maßstab des Bundesverfassungsgerichtes. Insofern greift das Argument nicht. Und was die Unabhängigkeit des Beamten angeht, ist das zweischneidig. *Soll* der Ehegatte nun arbeiten oder soll er es *nicht*? Wenn er arbeiten *soll*, ist der Beamte nicht vollständig unabhängig, weil man auf den zweiten Broterwerb angewiesen ist.

Mir scheint in der Logik etwas nicht zu stimmen, ich kann das aber nicht genau formulieren. Bei einer  Bürgergeldfamilie kann man ja auch nicht sagen: Wir rechnen da fiktives Einkommen an und kürzen das Bürgergeld erstmal. Es muss doch eher die Frage an die Beamtengattin sein: Haben Sie Arbeit? Sie haben welche? - Dann gibt es weniger Gehalt für den Mann. Aus der Logik kann aber nicht folgen: Wir gehen mal davon aus, dass Sie Arbeit haben und zahlen gleich weniger.

Wenn man dann diese Logik/Sichtweise aber unterstellt, müsste es doch keinen *Zuschuss* geben, sondern das Grundgehalt wäre höher und der Staat müsste sich das Geld von denjenigen zurückholen, die arbeitende Ehegatten haben. Also nicht: "Wer nicht arbeitet kriegt mehr" sondern "Wer arbeitet kriegt weniger".

Ob das dann im Sinne einer Förderung der Familie ist, wage ich zu bezweifeln (heiraten beide Beamten, sinkt ja ihr Gehalt allein wegen der Heirat).

VierBundeslaender

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7354 am: 06.04.2025 18:48 »
Und dann kommt noch ein Punkt. Das Gericht sagt: der Besoldungsergänzungszuschuss ist so etwas wie Kinderzuschlag und Familienzuschlag. Da bin ich mir nicht sicher. Kinderzuschlag gibt es, weil die Familie alimentiert werden muss. Familienzuschlag gibt es wegen Förderung der Familie. Reicht "Mindestabstandsgebot verletzt" wirklich aus, um einen Zuschlag zu erfinden? Kinder alimentieren und Familie fördern sind ja Dinge, die in der Verfassung stehen und deshalb zu zahlen sind; "Mindestabstandsgebot verletzt" ist doch ein Versagen des Besoldungsgesetzgebers und kein hergebrachter Grundsatz des Beamtentums.

PS Gibt auch was zu lachen: "Das anzusetzende Bruttoeinkommen des Ehegatten in Höhe von 9.963,42 Euro liegt einen Cent über der Bemessungsgrenze für eine vierköpfige Familie in Höhe von 47.750 Euro."

A9A10A11A12A13

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7355 am: 07.04.2025 10:25 »
...Dann ist das Urteil im Grunde recht positiv.

Wirklich?
- Zweiverdienerfamilie mit dem Alimentationsprinzip vereinbar. (vor Prof. Dr. Huber verneig)
- Besoldungsentwicklung signifikant hinter der Entwicklung des Nominallohnindex zurückgeblieben;
- Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau unterschritten.

jedoch alles nicht „evident unzureichend“.

Also alles was das BVerfG vorgibt, werden zu nahezu unverbindlichen und unterschreitbaren Spannweiten vom Richter (gem. Vorgabe Optendrenk/Limbach?) umgedeutet.
Akte wegbearbeitet, liegt nicht mehr mit einem Vorlagebeschluss jahre-/jahrzehntelang hier rum. Kann sich ein anderer mit dieser ominösen Fantasy Literatur einer Gesellschaftsutopie namens „Grundgesetz“ beschäftigen.
Der abgewiesene Kläger freut sich bestimmt, dass ihm die Nichtzulassungsbeschwerde erspart bleibt.

Bei solch einem Richter bedeutet „evident“ wohl folgendes in Lebenssituationen:
Einer der seine Wohnung nicht bezahlen kann und vor die Tür gesetzt wird ist obdachlos. Ein Beamter dagegen ist nicht evident obdachlos, der hat ja zeitweise einen überdachten Bürostuhl als Bleibe. Ein Mensch, dessen Körper nach einer Woche Herzstillstand aufgefunden wird, wird zwangsläufig der Tod vom herbeigerufenem Arzt festgestellt, beim Beamten hingegen wird die Tür leise geschlossen, denn der Beamte ist nicht evident gestorben, er kann sich auch in einem Zustand vertieft haben voller Hingabe zu seiner amtlichen Tätigkeit.

LandNRWOle

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7356 am: 07.04.2025 20:24 »
Hallo zusammen,

was mir nicht klar ist:

Ich dachte, Hauptstreitpunkt (noch bevor das Partnereinkommen eingeführt wurde) war, dass das Prinzip der Alimentierung einer Vierköpfigen Familie. Nun gehen die Länder ja von Singles aus und erhöhen durch Familienzuschläge/Kinderzuschläge die Einnahmesituation. Anscheinend sieht das VG nun aber als völlig in Ordnung an. In NRW klagen ja nun zumindest 2000 Leute und da geht es ja noch nicht ums Partnereinkommen. Wenn sich die Höhe der Familienzuschläge als rechtmäßig darstellen lassen, dann kann man sich das zumindest im höheren Dienst sparen, oder übersehe ich etwas?

Vielen Dank für den Link zur Stellungnahme zum Hamburgischen Besoldungsstrukturgesetz. Findet man etwas dazu auch auf NRW zugeschnitten? Dr. Fabio hat das Partnereinkommen ja kritisiert, aber findet sich etwas zu der Höhe der Familienzuschläge statt zur Erhöhung der Grundbesoldung?

Vielen Dank für eure ganze Unterstützung!

Zugroaster

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7357 am: 08.04.2025 07:52 »
Hallo zusammen,

was mir nicht klar ist:

Ich dachte, Hauptstreitpunkt (noch bevor das Partnereinkommen eingeführt wurde) war, dass das Prinzip der Alimentierung einer Vierköpfigen Familie. Nun gehen die Länder ja von Singles aus und erhöhen durch Familienzuschläge/Kinderzuschläge die Einnahmesituation. Anscheinend sieht das VG nun aber als völlig in Ordnung an. In NRW klagen ja nun zumindest 2000 Leute und da geht es ja noch nicht ums Partnereinkommen. Wenn sich die Höhe der Familienzuschläge als rechtmäßig darstellen lassen, dann kann man sich das zumindest im höheren Dienst sparen, oder übersehe ich etwas?

Vielen Dank für den Link zur Stellungnahme zum Hamburgischen Besoldungsstrukturgesetz. Findet man etwas dazu auch auf NRW zugeschnitten? Dr. Fabio hat das Partnereinkommen ja kritisiert, aber findet sich etwas zu der Höhe der Familienzuschläge statt zur Erhöhung der Grundbesoldung?

Vielen Dank für eure ganze Unterstützung!

Meine bescheidene und laienhafte Meinung:

Von den ursprünglichen Klagen und der ganzen Familienthematik bwz. den Berechnung dazu weiß ich nicht viel.

Aber:
Wenn das fiktive Partnereinkommen nicht haltbar ist, ist schon die Grundlage der Besoldung nicht rechtens, egal ob da noch Familien- oder Kinderzuschläge hinzukommen. Nur weil die ursprünglichen Klagen sich noch nicht auf das Partnereinkommen gestürzt haben heißt das ja nicht, dass spätere Klagen das nicht erfolgreich tun werden.

Insofern obliegt es natürlich weiterhin dir, dich per Widerspruch/Klage gegen deine Besoldung (das fiktive Partnereinkommen) zu wehren.

Man möge mir an dem Punkt widersprechen, sollte ich den grundsätzlichen Überblick verloren haben  :)

HansGeorg

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« Antwort #7358 am: 08.04.2025 08:03 »
Erst einmal geht es ja um das Grundgehalt. Darüber wird entschieden. Wenn dann das BVerfG sagt, dies muss eine Größe X (mittels Berechnung oder ähnlichem) haben, dann ist das die Basis. Was dann noch obendrauf kommt, wie zB. Zuschlag bei Partnereinkommen etc. ist dann Sache der Länder. Ich gehe jedoch davon aus, dass diese ganzen in den letzten Jahren erfundenen Zuschläge ganz schnell wieder verschwinden werden, wenn denn das BVferG wirklich mal eindeutige Berechnungen für die Mindestalimentation definiert.

Zugroaster

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« Antwort #7359 am: 08.04.2025 08:19 »
Ich gehe jedoch davon aus, dass diese ganzen in den letzten Jahren erfundenen Zuschläge ganz schnell wieder verschwinden werden, wenn denn das BVferG wirklich mal eindeutige Berechnungen für die Mindestalimentation definiert.

Davon ist auszugehen, ja. Wobei man festhalten muss, dass die Zuschläge nur für die Zukunft verschwinden würden, für die Vergangenheit würde einzig die Erhöhung des Grundgehalts zu Veränderungen - und somit zu Nachzahlungen - führen. Ein nachträgliches Streichen der Zuschläge wäre nicht möglich.

Eine Selbstverständlichkeit, aber ich erwähne es der Vollständigkeit halber trotzdem noch.

Rentenonkel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7360 am: 08.04.2025 08:46 »
Erst einmal geht es ja um das Grundgehalt. Darüber wird entschieden. Wenn dann das BVerfG sagt, dies muss eine Größe X (mittels Berechnung oder ähnlichem) haben, dann ist das die Basis. Was dann noch obendrauf kommt, wie zB. Zuschlag bei Partnereinkommen etc. ist dann Sache der Länder. Ich gehe jedoch davon aus, dass diese ganzen in den letzten Jahren erfundenen Zuschläge ganz schnell wieder verschwinden werden, wenn denn das BVferG wirklich mal eindeutige Berechnungen für die Mindestalimentation definiert.

Im Grundsatz gebe ich Dir Recht. Bezogen auf das Verschwinden der Zuschläge muss ich Dir allerdings ein Stück weit widersprechen. So heißt es in dem Urteil:

Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung. Auch hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt der Besoldungsgesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 44, 249 <267>; 81, 363 <376>; 99, 300 <315>). Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen.

Das bedeutet, dass die Zuschläge an sich zulässig sind. Was nicht zulässig sein dürfte, dass der Gesetzgeber ausschließlich über diverse Zuschläge die Vorgaben des BVerfG erfüllt.

Daher werden diese Zuschläge nicht wieder verschwinden, sondern modifiziert werden müssen. Es muss jedenfalls bei der Besoldung das Amt im Vordergrund stehen und die Zuschläge dürfen weiterhin flankierend zusätzlich gezahlt werden.

Es ist aber verstörend, dass der Umfang dieser Nebenbesoldung ein Ausmaß annimmt, was die Besoldung je nach Konstellation fast verdoppeln kann.

Ich gehe daher davon aus, dass es auch weiterhin familien- und wohnortbezogene Zuschläge geben wird, allerdings nicht mehr in der bisherigen Höhe.

Zugroaster

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« Antwort #7361 am: 08.04.2025 08:51 »
Erst einmal geht es ja um das Grundgehalt. Darüber wird entschieden. Wenn dann das BVerfG sagt, dies muss eine Größe X (mittels Berechnung oder ähnlichem) haben, dann ist das die Basis. Was dann noch obendrauf kommt, wie zB. Zuschlag bei Partnereinkommen etc. ist dann Sache der Länder. Ich gehe jedoch davon aus, dass diese ganzen in den letzten Jahren erfundenen Zuschläge ganz schnell wieder verschwinden werden, wenn denn das BVferG wirklich mal eindeutige Berechnungen für die Mindestalimentation definiert.

Im Grundsatz gebe ich Dir Recht. Bezogen auf das Verschwinden der Zuschläge muss ich Dir allerdings ein Stück weit widersprechen.

Tatsächlich bezog sich HansGeorg auf

Zitat
in den letzten Jahren erfundenen Zuschläge

Damit dürfte er schon Recht haben, denn letztlich wurde erst durch diese Zuschläge eine vermeintlich "amtsangemessene Alimentation" nach Maßstab des Dienstherren erreicht. Diese neuen Zuschläge würden mit 100prozentiger Sicherheit wieder verschwinden, müsste das Grundgehalt angepasst werden.

Rentenonkel

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« Antwort #7362 am: 08.04.2025 10:31 »
Die wohnortbezogenen Zuschläge sind ja erst durch das Urteil überhaupt ins Leben gerufen worden. Dem Grunde nach sind sie sicherlich verfassungsgemäß. Ich zitiere mal wieder:

Der Besoldungsgesetzgeber ist allerdings nicht verpflichtet, die Mindestbesoldung eines Beamten oder Richters auch dann an den regionalen Höchstwerten auszurichten, wenn dieser hiervon gar nicht betroffen ist. Der Gesetzgeber muss nicht pauschalieren, sondern kann den maßgeblichen Bedarf individuell oder gruppenbezogen erfassen (vgl. BVerfGE 87, 153 <172>). Insbesondere ist er frei, Besoldungsbestandteile an die regionalen Lebenshaltungskosten anzuknüpfen, etwa durch (Wieder-)Einführung eines an den örtlichen Wohnkosten orientierten (Orts-)Zuschlags (vgl. hierzu BVerfGE 117, 330 <345 ff.>), wie es derzeit regelmäßig bei einer Auslandsverwendung (vgl. § 1b Abs. 1 Nr. 1 LBesG BE i.V.m. § 52 Abs. 1 BBesG i.d.F. vom 6. August 2002) und teilweise auch innerhalb eines Landes (vgl. Art. 94 BayBesG) praktiziert wird. Eine an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufung ist mit dem Alimentationsprinzip vereinbar, sofern sie sich vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen lässt (vgl. BVerfGE 107, 218 <238, 243 ff.>; 117, 330 <350 f.>). Mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, stünde ein leicht zu handhabendes Kriterium bereit.

Diese Abstufung muss jedoch begründet sein. Daher habe ich mal einen modifizierten ROMZ ins Spiel gebracht. Mit der Suchfunktion wird sich die Diskussion sicherlich wiederfinden lassen.

Es geht bei den Zuschlägen also weniger um das ob, sondern mehr um die Frage wer genau und wieviel. Der Unterhalt der Familie muss im Wesentlichen durch die familienneutralen Bestandteile gedeckt werden, allerdings nicht ausschließlich.

Daher glaube ich eher, dass von diesen Zuschläge tendenziell zu wenig Beamte profitieren und die eher ausgeweitet werden, derzeit allerdings willkürlich sind und in dieser Höhe nicht objektiv begründet werden können.

Sollte der Bundesbesoldungsgesetzgeber jedoch wie angekündigt auch im Recht der sozialen Grundsicherung demnächst nur noch mit Pauschalen arbeiten, dürfte sich das allerdings wiederum auch auf die Beamtenbesoldung auswirken. Hier bleibt es, so denke ich, spannend, was in den Koalitionsgesprächen als Ergebnis präsentiert wird.

A9A10A11A12A13

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7363 am: 08.04.2025 12:58 »
Normenkontrollverfahren zur amtsangemessenen Besoldung anhängig ... drei aus Sachsen

"Das [BVerf]Gericht will sich viele Konstellationen anschauen. Eine Entscheidung dazu wird frühesten ab dem Sommer 2025 erwartet."

erwartet, vom wem? Denn "Das SMF will auf das Urteil warten, längstens aber zwei Jahre,"

Dann eine DGB Falschaussage:
"Das SMF wird auch nicht die offenen Verfahren vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bescheiden, dies gäbe großen Unfrieden. "

denn in der gleichen Veröffentlichung heißt es ja:

Das SMF will längstens aber zwei Jahre bis zur Bescheidung der offenen Verfahren warten.

https://sachsen.dgb.de/themen_1/++co++ab38d18c-13c2-11f0-844d-37fe8d44199b

zwei Jahre? optimistisches SMF!

Sachsen 01.04.2025:
"Zwischenstand"
Widersprüche zur Amtsangemessenen Alimentation und zum Entschließungsantrag
 
Am 27. März 2025 fand im Sächsischen Staatsministerium der Finanzen ein Gespräch statt.

Auf der Tagesordnung stand der generelle Umgang mit offenen Widersprüchen zur Amtsangemessenen Alimentation und dem aktuellen Stand zum Entschließungsantrag des Sächsischen Landtages zur Reform des Besoldungs- und Versorgungssystems.

Weiterführende Informationen:
https://slv-gewerkschaft.de/widersprueche-zur-amtsangemessenen-alimentation-und-zum-entschliessungsantrag/
« Last Edit: 08.04.2025 13:10 von A9A10A11A12A13 »

Callisto

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7364 am: 08.04.2025 14:14 »
(...) Man kann darüber hinaus m.E. der Kammer nur tiefen Respekt für den enormen Aufwand zollen, den sie auf sich genommen hat, und zwar das unabhängig davon, dass ich an verschiedenen Stellen der Entscheidungsbegründung zu anderen Schlüssen kommen würde. Um diese ins Feld zu führen, sind sie aber vom Kläger zu substantiieren, was hier offensichtlich nicht immer geschehen ist.

Zur Vermeidung von Missverständnissen:

Im Verwaltungsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 86 VwGO. Die Frage, inwieweit das Vorbringen der Beteiligten substantiiert ist, kann dafür relevant werden, inwieweit sich das Gericht - schon aus diesem Grund und unabhängig von der daneben stehenden Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen - damit sachlich auseinandersetzen muss (Anspruch auf rechtliches Gehör).

Um bestimmte Aspekte ins Feld zu führen und um sich mit bestimmten Sachen auseinanderzusetzen, ist das Verwaltungsgericht (anders als zum Teil Zivilgerichte) aber keinesfalls darauf angwiesen, dass einer der Beteiligten diese substantiiert vorträgt. 

Zitat von: § 86 Abs. 1 Satz 2 VwGO:
"Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden."