Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 7733612 times)

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18975 am: 29.09.2025 21:22 »
Wenn der Bund bei der Besoldung eine Spitzenposition einnehmen wird, kann man das ja auch bei der Frage nach dem Vergleich "Beamter Bund - Beamter Land" aufwerfen.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18976 am: 29.09.2025 23:17 »
Erstmal vielen Dank für die vielen Rückmeldungen und auch die entsprechende "Klarstellung" von Swen :)

Es war ja wirklich nur eine Überlegung dahingehend, um auch die "Erfahrungsstufen" mal zu relativieren. Diese scheinen ja auch bei der aA gerne für irgendwelche Spielchen der Besoldungsgesetzgeber herangezogen zu werden (Streichung von Erfahrungsstufen in den unteren Besoldungsgruppen). Dann muss ich die Thematik weiter denken und sagen, wieso überhaupt noch Erfahrungsstufen und nicht gleich fixe Grundgehälter ?

Das waren oder sind - wie gesagt - interessante Überlegungen, andreb, allein schon, weil sie zum Nachdenken herausfordern.

Fixe Grundgehälter sind regelmäßig nur in Besoldungsgruppen möglich, denen - in der regelmäßigen Beamtenkarriere - bereits ein grundlegender Beförderungserfolg vorausgegangen ist (Sonderfall kann auch hier die Professorenbesoldung sein, die ein Sonderfall des Alimentationsprinzips ist, worauf ich hier jetzt nicht eingehen will), also in der B- und der R-Besoldung. Auch hierzu ist die vorhin schon genannte Entscheidung vom 14. Februar 2012 erhellend (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/02/ls20120214_2bvl000410.html). Sie führt in der Rn. 153 der Online-Fassung zunächst aus: "Über das Statusrecht ist das Besoldungsrecht mittelbar leistungsbezogen, indem Leistung mit Beförderung honoriert wird." Damit führt sie nicht zuletzt die sachliche Rechtfertigung für die festen Grundgehälter der Besoldungsordnung B und ab der Besoldungsgruppe R 3 aufwärts an. Die entsprechend besoldeten Beamten sowie Richter haben bereits bis hierhin beamtenrechtlich eine solch große Leistungsfähigkeit bewiesen, dass eine noch einmal grundlegend höherwertige sich nur noch in einem weiteren Aufstieg in den festen Grundgehaltssätzen manifestieren kann. So zumindest liegt eine sachliche Erklärung vor, die sowohl dem Leistungs- als auch dem Alimentationsprinzip hinreichend Genüge tut und so als ein sachlicher Grund betrachtet werden kann. Sie lässt sich zugleich auch damit begründen, dass die Systematik von gestuften und festen Grundgehältern nicht zuletzt Traditionalität besitzt, da sie sich nicht erst im ersten Reichsbesoldungsgesetz aus dem Jahr 1909 findet.

Dahingegen führt die genannte Entscheidung in der Rn. 154 hinsichtlich der Besoldungsordnung A - also für eine gestufte Form von Grundgehaltssätzen - aus:

"Die mittelbare Verwirklichung des Leistungsprinzips im Besoldungsrecht – über das Statusrecht einerseits sowie über das herkömmliche System der Dienstaltersstufen bei der Bemessung des Grundgehalts andererseits – schließt allerdings den Einsatz unmittelbar von der individuellen Leistung der Beamten abhängiger Besoldungsbestandteile nicht aus."

Entsprechend wird die Funktion der Erfahrungsstufen in der Besoldung der Ämter, die der Besoldungsordnung A unterfallen, verdeutlicht: Denn in ihnen verwirklicht sich mittelbar das Leistungsprinzip. Die Erfahrungsstufen setzen voraus - nomen est omen -, dass der Beamte mit zunehmender Erfahrung eine zunehmende Leistungsfähigkeit erwirbt, also mit zunehmender Erfahrung die ihm zugewiesenen Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen in kürzerer Zeit bewältigen kann. Da Erfahrungsstufen darüber hinaus diskriminierungsfrei geregelt werden können, sind sie das Mittel der Wahl, um so mittelbar das Leistungsprinzip bei der Bemessung des Grundgehalts in der Besoldungsordnung A zu verwirklichen. Es liegt also ein sachlicher Grund vor, der in der Regel an tatsächliche Verhältnisse anschließt, nämlich dass lebensweltlich eine größere Erfahrung wiederkehrend mit zunehmender Kompetenz verbunden ist. Da sich der Kompetenzaufbau lebensweltlich regelmäßig zunächst  zu Beginn eher schneller vollzieht, sind in den niedrigen Erfahrungsstufen die zeitlichen Abstände des Stufenausfstiegs regelmäßig kürzer, während dieser sich später erst in längeren Intervallen vollzieht. Auch das lässt sich also ebenfalls lebensweltlich rechtfertigen und ist so ein hier sachlicher Grund.

Damit aber ist dem Leistungsprinzip, das der Besoldungsgesetzgeber als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums zu beachten hat und das im Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 ein Verfassungsgut ist, sachlich Genüge getan, weshalb der Besoldungsgesetzgeber so verfahren darf und entsprechend regelmäßig auch so verfährt. Das schließt andere Formen zur Gewährleistung des Leistungsprinzips nicht aus - also bspw. neben der Beförderung auch leistungsbezogene Zulagen -, sichert aber ebenfalls, solange eine jeweils sachgerechte Höhe in den unterschiedlichen Stufen garantiert ist, eine zur Beachtung des Leistungsprinzips sachliche Form.

Das sich nun aber in den Erfahrungsstufen mittelbar das Leistungsprinzip verwirklicht - der Senat stellt in der gerade genannten Randnummer klar, dass sich hier eine Überschneidung des Leistungsprinzips mit dem Alimentationsprinzip vollzieht -, wird für die Streichung niedriger Erfahrungsstufen ein sachlicher Grund vorliegen müssen, und zwar das nur umso mehr, sofern damit eine ggf. abstandsverändernde Wirkung verbunden sein sollte. In diesem Fall sieht sich der Besoldungsgesetzgeber also ebenfalls mit den Forderungen, wie sie aus Art. 3 Abs. 1 GG resultieren, konfrontiert. Denn eine ggf. so vollzogene Besser- oder Schlechterstellung von Beamtengruppen muss sich ja sachlich rechtfertigen lassen, da es nur das eine deutsche Berufsbeamtentum gibt und sich so Lebenszeitbeamte zunächst einmal, was ihren Status anbelangt, als wesentlich Gleiche darstellen. Der Besoldungsgesetzgeber wird hier folglich, will er den ihn treffenden prozeduralen Anforderungen hinreichend gerecht werden, mindestens diesen sachlichen Grund anführen und dabei hinreichend den Nachweis führen, dass mit einer solchen Regelung keine Verletzung von Verfassungsgütern gegeben ist. Da er sich ja an die Verfassung gebunden sieht, wird ihm das in jedem sachlichen Fall ganz sicherlich nicht besonders schwerfallen. In unsachlichen Fällen könnte das hingegen ggf. etwas anders aussehen.