Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 7025091 times)

Badener1

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18195 am: 04.09.2025 13:35 »
"Die Pläne sehen dabei eine echte Modernisierung und Weiterentwicklung der Besoldung vor. Die Besoldungstabelle soll horizontal und vertikal fortentwickelt und neu justiert sowie das Grundgehalt und das Leistungsprinzip gestärkt werden. Ziel ist es, dass der Bund für alle Beamtinnen und Beamten – gerade auch im Sinne der Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung – attraktiver und wettbewerbsfähiger wird. Damit würde der Bund etwa im Bund-Länder-Vergleich wieder eine Spitzenposition einnehmen."
Mir wäre es lieber dieses Zitat würde nicht vom DBB Vorsitzenden stammen, sondern von Herrn Dobrindt oder Herrn Klingbeil.

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18196 am: 04.09.2025 13:45 »
@phil0611

Es ist derzeit überhaupt noch nicht klar, ob die Besoldungstabelle überhaupt signifikant angehoben werden. Der kommende Entwurf wird dazu voraussichtlich im Herbst veröffentlicht.

Die Tabellen, die du in deinem letzten Post zitierst sind reine Fiktion und beruhen darauf, dass die aktuell gültige Besoldungstabelle (2024) um den indiziellen relativen Fehlbetrag aus Swen´s Ausführungen erhöht wurde. Hinsichtlich der aktuellen Lage wäre es absolut unrealistisch, dass im Rahmen der laufenden Besoldungsanpassung eine derartige Erhöhung zustande kommt.

NelsonMuntz

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18197 am: 04.09.2025 13:47 »
Wir werden ja bald eine eingehende historische Untersuchung zu Händen haben, die die - ohne eine Wertung vorab vornehmen zu wollen - eine mögliche vollständige Abkopplung der Besoldung von der Lohnentwicklung untersucht. Dann können wir fundiert weitersprechen.

Ich hoffe übrigens, dass Sie den Begriff Gesinde im historischen Sinne verwenden und nicht im Negativen.

Selbstverständlich ist der Begriff im historischen Sinne gewählt - in aktuellem Kontext wäre er tatsächlich schwer deplatziert.

Zur Lohnentwicklung (auch wenn es das Thema aA nur periphär streift): Die Sachlage zum demographischen Wandel und der so entstehenden Last der SV ist sicher bekannt. Es wird hier (relativ zeitnah) zu durchaus schmerzhaften Reformen kommen müssen, die einen Erhalt der Netto-Reallöhne in den kommenden Jahren eher unwahrscheinlich macht. Ggf. zusätzliche, private Ausgaben zur Schließung einer größer werdenden Rentenlücke kommen belastend oben drauf. Insofern könnte man auch argumentieren, dass die Beamten eine Entwicklung vorgezogen haben, die den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erst noch bevorsteht. Aber das geht am Thema sicher ein Stück weit vorbei.

Mir war nur wichtig, dass man den Wert der Besoldung nicht an (ggf. volatilen) Sachwerten bemisst.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18198 am: 04.09.2025 13:57 »
...
Wenn dieser Lebenswandel in den 1980er Jahren noch bedeutete, dass ein A9er Alleinverdiener sich Haus, Auto und Urlaub leisten konnte, dann hat ein A9er heute sich dies eigentlich auch leisten zu können. Denn der Dienstherr ist einmal davon ausgegangen, dass das Gehalt eines A9ers in den 1980er Jahren so bemessen sein muss, dass er den genannten Lebenswandel führen kann.
...

Das ist in dieser Form ein Trugschluss, denn wenn sich (so ganz theoretisch gesprochen) Haus, Auto und Urlaub gemessen an den durchschnittlichen Einkommen enorm verteuern, dann würde die Aufrechterhaltung der Konsum- und Investionsmöglichkeiten (aka der Lebenswandel) eine relative Aufwertung der Besoldung bedeuten.

Anders: Der Miniterialrat aus dem Jahr 1924 (war hier ja schon Thema) konnte sich seinerzeit sicher auch Gesinde leisten, welches ihm die täglichen Haushaltsarbeiten abnahm. Daraus folgt aber nicht der Anspruch, dass man heute von seinem Sold eine sozialversicherungspflichtige Vollzeit-Haushaltshilfe bezahlen können muss.

ich sehe das ganz ähnlich... wenn für die Hauspreise sich so entwickeln, dass der größte Teil der Bevölkerung sich keine Häuser mehr leisten kann, sondern kleinere Brötchen backen muss, dann muss es für den ÖD ähnlich aussehen. Aber umgekehrt darf es eben auch nicht so sein, dass der ÖD in den guten (oder zumindest besseren) Zeiten abgehängt wird von der allgemeinen Lohnentwicklung und das scheint ja ziemlich deutlich der Fall gewesen zu sein. Der ÖD muss zum ganz großen Teil zur Mitte der Gesellschaft passen und dort auch gehaltsmäßig verortet sein, meiner Meinung nach, je nach Entgeltgruppe im unteren Bereich der Mitte bis hin zum oberen Bereich der Mitte.

Da bin ich logisch voll dabei. Allerdings sprechen wir derzeit davon, dass die reine Belastung durch die Immobilie grundsätzlich seit Jahrzehnten gleich geblieben ist. Der Unterschied ist, dass die Steuerlast gegenüber 1980 erheblich zugenommen hat, da man den Spitzensteuersatz nicht an die Lohnentwicklung angepasst hat und auch sonst die Abgaben und Gebühren, insbesondere an die öffentliche Hand (Ver- und Entsorgung, Kinderbetreuung, Grundsteuer) enorm gestiegen sind. Und auch außerhalb hatten wir eine enorme Teuerung, mit der die Gehälter des ÖD nicht mitgehalten haben. Das heißt: eigentlich kann man sich heute auch immer noch ein Haus leisten, allerdings dann doch nicht, weil am Ende des Monats nicht genügend bleibt, um Kredit und Tilgung zu bedienen.

Eigentlich tut der Dienstherr auch gut daran, sich zu orientieren, dass ein 1,5x Verdienste-Haushalt auch zumindest Wohneigentum leisten können muss. Ich frage mich beispielsweise ob ein Sachbearbeiter im Brauministerium objektiv über Förderantrage entscheiden kann, wenn sein eigener Vermieter anklopft.

GentleGiant

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18199 am: 04.09.2025 14:25 »
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Wenn dieser Lebenswandel in den 1980er Jahren noch bedeutete, dass ein A9er Alleinverdiener sich Haus, Auto und Urlaub leisten konnte, dann hat ein A9er heute sich dies eigentlich auch leisten zu können. Denn der Dienstherr ist einmal davon ausgegangen, dass das Gehalt eines A9ers in den 1980er Jahren so bemessen sein muss, dass er den genannten Lebenswandel führen kann.
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Das ist in dieser Form ein Trugschluss, denn wenn sich (so ganz theoretisch gesprochen) Haus, Auto und Urlaub gemessen an den durchschnittlichen Einkommen enorm verteuern, dann würde die Aufrechterhaltung der Konsum- und Investionsmöglichkeiten (aka der Lebenswandel) eine relative Aufwertung der Besoldung bedeuten.

Anders: Der Miniterialrat aus dem Jahr 1924 (war hier ja schon Thema) konnte sich seinerzeit sicher auch Gesinde leisten, welches ihm die täglichen Haushaltsarbeiten abnahm. Daraus folgt aber nicht der Anspruch, dass man heute von seinem Sold eine sozialversicherungspflichtige Vollzeit-Haushaltshilfe bezahlen können muss.

ich sehe das ganz ähnlich... wenn für die Hauspreise sich so entwickeln, dass der größte Teil der Bevölkerung sich keine Häuser mehr leisten kann, sondern kleinere Brötchen backen muss, dann muss es für den ÖD ähnlich aussehen. Aber umgekehrt darf es eben auch nicht so sein, dass der ÖD in den guten (oder zumindest besseren) Zeiten abgehängt wird von der allgemeinen Lohnentwicklung und das scheint ja ziemlich deutlich der Fall gewesen zu sein. Der ÖD muss zum ganz großen Teil zur Mitte der Gesellschaft passen und dort auch gehaltsmäßig verortet sein, meiner Meinung nach, je nach Entgeltgruppe im unteren Bereich der Mitte bis hin zum oberen Bereich der Mitte.

Da bin ich logisch voll dabei. Allerdings sprechen wir derzeit davon, dass die reine Belastung durch die Immobilie grundsätzlich seit Jahrzehnten gleich geblieben ist. Der Unterschied ist, dass die Steuerlast gegenüber 1980 erheblich zugenommen hat, da man den Spitzensteuersatz nicht an die Lohnentwicklung angepasst hat und auch sonst die Abgaben und Gebühren, insbesondere an die öffentliche Hand (Ver- und Entsorgung, Kinderbetreuung, Grundsteuer) enorm gestiegen sind. Und auch außerhalb hatten wir eine enorme Teuerung, mit der die Gehälter des ÖD nicht mitgehalten haben. Das heißt: eigentlich kann man sich heute auch immer noch ein Haus leisten, allerdings dann doch nicht, weil am Ende des Monats nicht genügend bleibt, um Kredit und Tilgung zu bedienen.

Eigentlich tut der Dienstherr auch gut daran, sich zu orientieren, dass ein 1,5x Verdienste-Haushalt auch zumindest Wohneigentum leisten können muss. Ich frage mich beispielsweise ob ein Sachbearbeiter im Brauministerium objektiv über Förderantrage entscheiden kann, wenn sein eigener Vermieter anklopft.

Das Brauministerium wäre tatsächlich das notwendige Ressort, um das alles noch aushalten zu können.  ;D

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18200 am: 04.09.2025 14:30 »
Wir werden ja bald eine eingehende historische Untersuchung zu Händen haben, die die - ohne eine Wertung vorab vornehmen zu wollen - eine mögliche vollständige Abkopplung der Besoldung von der Lohnentwicklung untersucht. Dann können wir fundiert weitersprechen.

Ich hoffe übrigens, dass Sie den Begriff Gesinde im historischen Sinne verwenden und nicht im Negativen.

Selbstverständlich ist der Begriff im historischen Sinne gewählt - in aktuellem Kontext wäre er tatsächlich schwer deplatziert.

Zur Lohnentwicklung (auch wenn es das Thema aA nur periphär streift): Die Sachlage zum demographischen Wandel und der so entstehenden Last der SV ist sicher bekannt. Es wird hier (relativ zeitnah) zu durchaus schmerzhaften Reformen kommen müssen, die einen Erhalt der Netto-Reallöhne in den kommenden Jahren eher unwahrscheinlich macht. Ggf. zusätzliche, private Ausgaben zur Schließung einer größer werdenden Rentenlücke kommen belastend oben drauf. Insofern könnte man auch argumentieren, dass die Beamten eine Entwicklung vorgezogen haben, die den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erst noch bevorsteht. Aber das geht am Thema sicher ein Stück weit vorbei.

Mir war nur wichtig, dass man den Wert der Besoldung nicht an (ggf. volatilen) Sachwerten bemisst.

Woran sich die Besoldung bemisst, wissen wir ja Dank des BVerfG alle. Es sei denn, der Gesetzgeber nimmt endlich seinen Gestaltungsauftrag wahr. In das Prüfungsgerüst, kann man alles hervorragend einfügen. Einen Punkt, der Wohneigentum, Kfz-Klasse, Anzahl an Angestellten nennt, finde ich dort nicht. Dennoch flammt hier immer wieder ein wüster Austausch darüber auf, was sich wer leisten können darf oder muss. Auch hier kennen wir alle die Antwort: Das darf jeder persönlich für sich entscheiden. Maßgeblich ist in diesem Sinne nur, wieviele Mittel ihm zur Verfügung stehen.

Die anderen Themen berühren die schematische Betrachtung der Voraussetzungen einer aA lediglich peripher. Meine Ansicht dazu ist, dass wir wohl mit einem System, dass vor allem nichtselbstständige und damit die bürgerliche Mitte, mit den Kosten der Sozialen Systeme belastet, ja ich weiß, es gibt steuerliche Zuschüsse, nicht auf ewig weiterfahren können.

NelsonMuntz

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18201 am: 04.09.2025 14:39 »
Woran sich die Besoldung bemisst, wissen wir ja Dank des BVerfG alle. Es sei denn, der Gesetzgeber nimmt endlich seinen Gestaltungsauftrag wahr. In das Prüfungsgerüst, kann man alles hervorragend einfügen. Einen Punkt, der Wohneigentum, Kfz-Klasse, Anzahl an Angestellten nennt, finde ich dort nicht. Dennoch flammt hier immer wieder ein wüster Austausch darüber auf, was sich wer leisten können darf oder muss. Auch hier kennen wir alle die Antwort: Das darf jeder persönlich für sich entscheiden. Maßgeblich ist in diesem Sinne nur, wieviele Mittel ihm zur Verfügung stehen.

Die anderen Themen berühren die schematische Betrachtung der Voraussetzungen einer aA lediglich peripher. Meine Ansicht dazu ist, dass wir wohl mit einem System, dass vor allem nichtselbstständige und damit die bürgerliche Mitte, mit den Kosten der Sozialen Systeme belastet, ja ich weiß, es gibt steuerliche Zuschüsse, nicht auf ewig weiterfahren können.

Da sind wir uns (in beiden Absätzen) absolut einig. Insofern bleibt die Zukunft auch für uns alle spannend ;)

phil0611

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18202 am: 04.09.2025 14:47 »
Ist das hier noch aktuell ? Oder ist das sehr sehr unrealistisch? Weil richtig wäre es doch allemal.
Was sind das denn für Zahlen    ::)


Diese Tabelle war hier im Forum, in 2024 schonmal. Deshalb wollte ich nochmal nachfragen.

phil0611

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18203 am: 04.09.2025 14:51 »
@phil0611

Es ist derzeit überhaupt noch nicht klar, ob die Besoldungstabelle überhaupt signifikant angehoben werden. Der kommende Entwurf wird dazu voraussichtlich im Herbst veröffentlicht.

Die Tabellen, die du in deinem letzten Post zitierst sind reine Fiktion und beruhen darauf, dass die aktuell gültige Besoldungstabelle (2024) um den indiziellen relativen Fehlbetrag aus Swen´s Ausführungen erhöht wurde. Hinsichtlich der aktuellen Lage wäre es absolut unrealistisch, dass im Rahmen der laufenden Besoldungsanpassung eine derartige Erhöhung zustande kommt.

Ok, verstehe ich. Aber richtig wäre es ja trotzdem unabhängig der aktuelle Lage. Sicherlich sieht das Utopisch aus, aber hätten Sie das richtig gemacht von Anfang an, dann wäre es jetzt kein Problem. Immerhin schieben Sie das nun 8 Jahre vor sich her. Also man kommt sich schon irgendwie blöd vor, wenn man Bedenkt, dass ein Bürgergeldempfänger teilweise das gleiche bekommt, wie jemand der 40 Stunden arbeitet.

Lichtstifter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18204 am: 04.09.2025 14:59 »
Zitat
wenn man Bedenkt, dass ein Bürgergeldempfänger teilweise das gleiche bekommt, wie jemand der 40 Stunden arbeitet.

Und 40 Stunden zur Verfügung hat, im Schatten zu wirtschaften.

Korruption und Vorteilsnahme im Staatsdienst sind dann auch nicht mehr weit, wenn nicht vernünftig alimentiert wird.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18205 am: 04.09.2025 15:10 »
Es ist übrigens bezeichnend, dass man von vielen hier nichts zu den juristischen Themen hört. Das Hamburger Urteil ist voll von spannenden Fragen.

Das darfst Du als Jurist den hier schreibenden Kollegen nicht übelnehmen, da für sie als weit überwiegende Nicht-Jurist die ersten 152 Randnummern am Ende so erschöpfend sein werden - jedenfalls für den weit überwiegenden Teil -, dass sie sie nicht vollständig und zugleich auch kaum mit dem Anspruch, sie vollständig zu durchdringen, lesen werden. Ich denke, das vollständige Durchdringen oder auch nur das vollständige Lesen würde selbst mancher Jurist als Zumuntung empfinden und seine Freizeit lieber anderweitig verbringen. Das bringt darüber hinaus oder zugleich ja jede komplexe Fachlektüre mit sich: Wenn ich also bspw. eine spezielle und komplexe elektrotechnische Lektüre jenes Umfangs durchgehend sinnverstehend lesen sollte, würde ich - trotz einer zumindest in einem anderen Feld naturwissenschaftlichen Vorbildung - ebenfalls recht schnell aufgeben, weil ich mich alsbald nicht mehr zurechtfinden würde.

Insofern leistest Du den Kollegen einen für sie unschätzbaren Dienst, wenn Du ihnen einige der in der Entscheidungsbegründung zu findenden Probleme und Fragen erklärst oder näherbringst, und zwar natürlich für sie am Liebsten jene, die unmittelbar mit ihren Interessen zu tun haben.

Auch wenn ich die Entscheidungsbegründung wegen eines mich im Moment umfangenden Zeitdrucks nur zu flüchtig gelesen habe, habe ich an verschiedenen Stellen den Atem angehalten, weil es genauso ist, wie Du schreibst: Hier liegt eine hochspannende Lektüre vor, die einige grundlegende Fragen in Angriff nimmt und das, weil die Kammer ja weiß oder will, dass der eigentliche Adressat der Zweite Senat ist, und sie also vor ihm bestehen will, in einer bewunderungswürdigen Tiefe vollzieht. Ob das reichen wird, um am Ende vor den Blicken des Senats zu bestehen, wird sich zeigen. In Anbetracht der Zahl derer, die in Hamburg von jener Entscheidung am Ende abhängen werden, ist hier m.E. ein hochverantwortliches Handeln von der Kammer praktiziert worden, wobei sie ja weiß, dass genau das von ihr aus Karlsruhe verlangt werden wird und dass der Senat am Ende (schätze ich) in die Würdigung der von ihm in dieser Tiefe erwarteten Begründung nur einsteigen wird, wenn er sie als nicht hinreichend betrachten wird.

Ansonsten - darauf würde ich fast wetten, also wenn der Senat der Kammer am Ende folgte und also die Vorlage als zulässig betrachten wird - dürfte er höchstwahrscheinlich nur mit wenigen Worten ebenso die Zulässigkeit der eigentlichen Klage, aus der die Vorlage nun entsprungen ist, aus einem weitgehend anderen Grund feststellen und darüber hinaus feststellen, dass es deshalb heute (was bedeutet, zum Zeitpunkt der zukünftigen Entscheidung über die Richtervorlage) keiner weiteren Betrachtung bedürfe, also die von der Kammer aufgeworfenen Fragen mangels Bedeutung für die Zulässigkeit vom Senat keiner Beantwortung bedürfen.

Denn wie gesagt, der Senat wird keinerlei Interesse an einer zukünftigen Klageflut von allesamt am Ende sowieso nicht zulässigen Klagen haben, die er ggf. mit einer der Kammer folgenden und dabei zugleich ebenfalls tiefgehend begründenden Entscheidung auslöste oder auslösen könnte. Der hamburgische Fall ist derzeit (noch) ein solch besonderer, dass die Kammer mit ihrem Vorlagebeschluss den Dienstherrn in den anderen 16 Rechtskreisen darüber hinaus indirekt und im übertragenden Sinne sagt: "Passt auch ihr auf, was ihr tut, denn nun liegt hier eine komplexe Vorlage vor, an der sich auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit eures Rechtskreises abarbeiten kann, wenn ihr offensichtlich genauso treuewidrig handeln wolltet, wie wir das hier hinsichtlich des hamburgischen Dienstherrn feststellen".

Auch darin liegt für uns alle der besondere Wert der Vorlage bzw. der Arbeit der Kammer. Denn da nun mehr und mehr Dienstherrn dazu übergehen, bislang ruhend gestellte Widersprüche zu bescheiden und sich dabei mit einiger Wahrscheinlichkeit ebenfalls trickreich zeigen werden wollen, ist jede Vorlage, die entsprechende Tricksereien wie jetzt hier die hamburgischen, als solche betrachtet, ein echter Gewinn. Ich möchte nicht wissen, wie lang zunächst der Berichterstatter und am Ende die Kammer an dieser Entscheidung und ihrer schriftlichen Ausführung gefeilt haben werden. Das war eine echte Herkulesaufgabe, was es m.E. anzuerkennen gilt.

Knarfe1000

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« Antwort #18206 am: 04.09.2025 15:13 »

Das Brauministerium wäre tatsächlich das notwendige Ressort, um das alles noch aushalten zu können.  ;D
Genau mein Gedanke   :D

bebolus

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« Antwort #18207 am: 04.09.2025 15:25 »
...
Wenn dieser Lebenswandel in den 1980er Jahren noch bedeutete, dass ein A9er Alleinverdiener sich Haus, Auto und Urlaub leisten konnte, dann hat ein A9er heute sich dies eigentlich auch leisten zu können. Denn der Dienstherr ist einmal davon ausgegangen, dass das Gehalt eines A9ers in den 1980er Jahren so bemessen sein muss, dass er den genannten Lebenswandel führen kann.
...

Das ist in dieser Form ein Trugschluss, denn wenn sich (so ganz theoretisch gesprochen) Haus, Auto und Urlaub gemessen an den durchschnittlichen Einkommen enorm verteuern, dann würde die Aufrechterhaltung der Konsum- und Investionsmöglichkeiten (aka der Lebenswandel) eine relative Aufwertung der Besoldung bedeuten.

Anders: Der Miniterialrat aus dem Jahr 1924 (war hier ja schon Thema) konnte sich seinerzeit sicher auch Gesinde leisten, welches ihm die täglichen Haushaltsarbeiten abnahm. Daraus folgt aber nicht der Anspruch, dass man heute von seinem Sold eine sozialversicherungspflichtige Vollzeit-Haushaltshilfe bezahlen können muss.

Gab es 1924 sozialversicherungspflichtige-Haushaltshilf:innen? (ernste Frage..)

In Deine Aussage könnte man hereininterpretieren, dass Beamtenansprüche nur einen Weg kennen dürfen.. Nach unten.

Organisator

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« Antwort #18208 am: 04.09.2025 15:26 »
...
Wenn dieser Lebenswandel in den 1980er Jahren noch bedeutete, dass ein A9er Alleinverdiener sich Haus, Auto und Urlaub leisten konnte, dann hat ein A9er heute sich dies eigentlich auch leisten zu können. Denn der Dienstherr ist einmal davon ausgegangen, dass das Gehalt eines A9ers in den 1980er Jahren so bemessen sein muss, dass er den genannten Lebenswandel führen kann.
...

Das ist in dieser Form ein Trugschluss, denn wenn sich (so ganz theoretisch gesprochen) Haus, Auto und Urlaub gemessen an den durchschnittlichen Einkommen enorm verteuern, dann würde die Aufrechterhaltung der Konsum- und Investionsmöglichkeiten (aka der Lebenswandel) eine relative Aufwertung der Besoldung bedeuten.

Anders: Der Miniterialrat aus dem Jahr 1924 (war hier ja schon Thema) konnte sich seinerzeit sicher auch Gesinde leisten, welches ihm die täglichen Haushaltsarbeiten abnahm. Daraus folgt aber nicht der Anspruch, dass man heute von seinem Sold eine sozialversicherungspflichtige Vollzeit-Haushaltshilfe bezahlen können muss.

Gab es 1924 sozialversicherungspflichtige-Haushaltshilf:innen? (erste Frage..)

Selbstverständlich - Kalfaktoren waren durchaus üblich in der besseren Gesellschaft.

bebolus

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« Antwort #18209 am: 04.09.2025 15:35 »
Ich habe eine Frage zu den Mietstufen, falls dass auch in einem künftigen Entwurf eine Rolle spielen sollte: Sind diese Mietstufen bundesweit einheitlich geregelt? Also sachlich einwandfrei jederzeit überprüfbar? Oder anders: Mietstufe 1in München entspricht monetär automatisch Mietstufe 1 in M-V?