Es ist übrigens bezeichnend, dass man von vielen hier nichts zu den juristischen Themen hört. Das Hamburger Urteil ist voll von spannenden Fragen.
Das darfst Du als Jurist den hier schreibenden Kollegen nicht übelnehmen, da für sie als weit überwiegende Nicht-Jurist die ersten 152 Randnummern am Ende so erschöpfend sein werden - jedenfalls für den weit überwiegenden Teil -, dass sie sie nicht vollständig und zugleich auch kaum mit dem Anspruch, sie vollständig zu durchdringen, lesen werden. Ich denke, das vollständige Durchdringen oder auch nur das vollständige Lesen würde selbst mancher Jurist als Zumuntung empfinden und seine Freizeit lieber anderweitig verbringen. Das bringt darüber hinaus oder zugleich ja jede komplexe Fachlektüre mit sich: Wenn ich also bspw. eine spezielle und komplexe elektrotechnische Lektüre jenes Umfangs durchgehend sinnverstehend lesen sollte, würde ich - trotz einer zumindest in einem anderen Feld naturwissenschaftlichen Vorbildung - ebenfalls recht schnell aufgeben, weil ich mich alsbald nicht mehr zurechtfinden würde.
Insofern leistest Du den Kollegen einen für sie unschätzbaren Dienst, wenn Du ihnen einige der in der Entscheidungsbegründung zu findenden Probleme und Fragen erklärst oder näherbringst, und zwar natürlich für sie am Liebsten jene, die unmittelbar mit ihren Interessen zu tun haben.
Auch wenn ich die Entscheidungsbegründung wegen eines mich im Moment umfangenden Zeitdrucks nur zu flüchtig gelesen habe, habe ich an verschiedenen Stellen den Atem angehalten, weil es genauso ist, wie Du schreibst: Hier liegt eine hochspannende Lektüre vor, die einige grundlegende Fragen in Angriff nimmt und das, weil die Kammer ja weiß oder will, dass der eigentliche Adressat der Zweite Senat ist, und sie also vor ihm bestehen will, in einer bewunderungswürdigen Tiefe vollzieht. Ob das reichen wird, um am Ende vor den Blicken des Senats zu bestehen, wird sich zeigen. In Anbetracht der Zahl derer, die in Hamburg von jener Entscheidung am Ende abhängen werden, ist hier m.E. ein hochverantwortliches Handeln von der Kammer praktiziert worden, wobei sie ja weiß, dass genau das von ihr aus Karlsruhe verlangt werden wird und dass der Senat am Ende (schätze ich) in die Würdigung der von ihm in dieser Tiefe erwarteten Begründung nur einsteigen wird, wenn er sie als nicht hinreichend betrachten wird.
Ansonsten - darauf würde ich fast wetten, also wenn der Senat der Kammer am Ende folgte und also die Vorlage als zulässig betrachten wird - dürfte er höchstwahrscheinlich nur mit wenigen Worten ebenso die Zulässigkeit der eigentlichen Klage, aus der die Vorlage nun entsprungen ist, aus einem weitgehend anderen Grund feststellen und darüber hinaus feststellen, dass es deshalb heute (was bedeutet, zum Zeitpunkt der zukünftigen Entscheidung über die Richtervorlage) keiner weiteren Betrachtung bedürfe, also die von der Kammer aufgeworfenen Fragen mangels Bedeutung für die Zulässigkeit vom Senat keiner Beantwortung bedürfen.
Denn wie gesagt, der Senat wird keinerlei Interesse an einer zukünftigen Klageflut von allesamt am Ende sowieso nicht zulässigen Klagen haben, die er ggf. mit einer der Kammer folgenden und dabei zugleich ebenfalls tiefgehend begründenden Entscheidung auslöste oder auslösen könnte. Der hamburgische Fall ist derzeit (noch) ein solch besonderer, dass die Kammer mit ihrem Vorlagebeschluss den Dienstherrn in den anderen 16 Rechtskreisen darüber hinaus indirekt und im übertragenden Sinne sagt: "Passt auch ihr auf, was ihr tut, denn nun liegt hier eine komplexe Vorlage vor, an der sich auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit eures Rechtskreises abarbeiten kann, wenn ihr offensichtlich genauso treuewidrig handeln wolltet, wie wir das hier hinsichtlich des hamburgischen Dienstherrn feststellen".
Auch darin liegt für uns alle der besondere Wert der Vorlage bzw. der Arbeit der Kammer. Denn da nun mehr und mehr Dienstherrn dazu übergehen, bislang ruhend gestellte Widersprüche zu bescheiden und sich dabei mit einiger Wahrscheinlichkeit ebenfalls trickreich zeigen werden wollen, ist jede Vorlage, die entsprechende Tricksereien wie jetzt hier die hamburgischen, als solche betrachtet, ein echter Gewinn. Ich möchte nicht wissen, wie lang zunächst der Berichterstatter und am Ende die Kammer an dieser Entscheidung und ihrer schriftlichen Ausführung gefeilt haben werden. Das war eine echte Herkulesaufgabe, was es m.E. anzuerkennen gilt.