Tatsächlich hat in den letzten Jahren kein Gewerkschaftler während der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst regelmäßig auf "Sozialkomponenten" bestanden [...]
Hallo Swen, hier möchte ich dir dezidiert widersprechen.
1.) Unstrittig dürfte sein, dass die Gewerkschaften in den Tarifverhandlungen für die öD-Angestellten regelmäßig in erster Linie die unteren Entgeltgruppen "im Blick" haben.
- Daher fordern (und gegebenenfalls feiern) sie insbesondere Mindest- bzw. Sockelbeträge, die sie als
Sozialkomponente bezeichnen.
- Beispielzitat von Verdi: "Der vereinbarte Sockel von 200 Euro sowie die garantierte Steigerung der Tabellenwerte um mindestens 340 Euro schafft hierbei eine
soziale Komponente." (
https://www.verdi.de/themen/geld-tarif/tarifrunde-oed-2023/++co++e15a72c6-0694-11ee-acfd-001a4a16012a)
- Der genannte Mindest/Sockelbetrag führte 2024 zu sehr unterschiedlichen Erhöhungen für die verschiedenen Entgeltgruppen (+16,9% für E1/2, +8,5% für E15/6).
- Entsprechend wurde die Entgelttabelle über die Jahre immer und immer weiter gestaucht.
- Als Ergebnis dieser unsäglichen Stauchung sind die oberen Entgeltgruppen der öD-Angestellten häufig nicht mehr konkurrenzfähig zur freien Wirtschaft (insbesondere in München, Frankfurt, etc.).
2.) Was hat das mit uns (Bundes-)Beamten zu tun?
- Meines Wissens fordern die Gewerkschaften in jeder Tarifrunde eine
inhaltsgleiche Übertragung auf die Beamten.
- Selbstverständlich sind die Besoldungsgesetzgeber nicht daran gebunden. Dennoch folgen sie (leider) häufig der genannten Gewerkschaftsforderung.
- Beispielhaftes Resultat in 2024: +14,2% für A3/1, +7,9% für A16/8.
- Als Ergebnis wurde auch die Besoldungstabelle über die Jahre immer und immer weiter gestaucht.
Somit haben aus meiner Sicht die Gewerkschaften mit ihrer mantraartigen Forderung nach einer
Sozialkomponente (lies: Mindest-/Sockelbetrag) eine signifikante, wenngleich natürlich nur mittelbare, "Mitschuld" an der fortgesetzten Stauchung der Besoldungstabelle für uns Beamte.
Nichts anderes schreibt der WiWo-Autor, auch wenn ihm vermutlich (wie von dir dargelegt) die zugrundeliegenden Wirkungsmechanismen nicht vollumfänglich bekannt sind. Das ändert jedoch nichts am Ergebnis..