Wenn nun der Beitrag in der WiWo von "Sozialkomponenten" spricht, dann meint er die familienbezogenen Besoldungskomponenten im Beamtenrecht [...]
Wie bist du zu dieser Einschätzung gelangt?
Im WiWo-Artikel steht wortwörtlich: "Gewerkschaften bestehen regelmäßig auf „Sozialkomponenten“. Von durchgesetzten Pauschalbeträgen profitieren untere Lohngruppen überproportional, wodurch der Abstand zu höheren Besoldungsklassen schrumpft."
Somit ist in meiner Interpretation eindeutig, dass der Autor NICHT von den von dir genannten "familienbezogenen Besoldungskomponenten im Beamtenrecht" spricht, sondern von den Mindest- bzw. Sockelbeträgen, die regelmäßig seitens der Gewerkschaften gefordert werden.
P.S. Allen anderen deiner Punkte stimme ich uneingeschränkt zu.
Die sozialen Komponenten haben regelmäßig ebenfalls eine die Besoldung nivellierende Wirkung, soll heißen, sie verringern gezielt Abstände zwischen den Besoldungsgruppen, was der Zielsetzung der Kostenreduktion dient. Denn nicht umsonst werden die sozialen Komponenten - also die traditionellen Familienzuschläge - in (weitgehend) gleicher Höhe gewährt.
Nehmen wir nur den hessischen Fall:
Hier wurde 2024 in den Besoldungsgruppe A 6/8 und A 16/8 ein Grundgehalt von 3.020,15 € und 8.102,47 € gewährt. Der Abstand zwischen den Grundgehältern betrug 2,67.
Darüber hinaus wurden beiden verheirateten Beamten mit zwei Kindern familienbezogene Besoldungszuschläge in (hier)
pauschaler Höhe von 631,80 € sowie eine Sonderzahlung für beide Kinder von 4,26 € sowie ersterem ein Festbetrag von 13,85 € gewährt. Ersterer erhielt neben einer Allgemeinen Stellenzulage von 24,22 €, die zweiterer nicht erhielt (die nächste Besoldungsdifferenzierung, die nivellierend wirkt, wenn sie auch keine soziale Komponente ist), sowie eine Sonderzahlung von 183,81 €, während jene für den zweiten Beamten 436,71 € betrug (und so kaum nivellierend wirkte). Das Besoldungsniveau betrug nun im ersten Fall 3.878,09 € und im zweiten 9.175,24 €, sodass sich der Abstand auf 2,37 verringert hat. Hessen kennt darüber hinaus weiterhin keine Betrachtung des Partnereinkommens und so keinen alimentativen Ergänzungszuschlag, der in 13 anderen Besoldungsrechtskreisen gewährt wird und dabei hier regelmäßig zu noch einmal deutlich stärkeren Nivellierungsprozessen führt; er wird nicht selten mit zunehmender Höhe des Grundgehalts abgesenkt gewährt (was starke Nivellierungswirkungen nach sich zieht), so wie er ebenfalls in anderen Rechtskreisen wie bspw. in Thüringen auch als
Pauschalbetrag gewährt wird.
Was nun der Autor tatsächlich sagen wollte, der neben den gestern hervorgehobenen Unklarheiten ebenso hinsichtlich der Besoldungsgruppen bspw. auch von "Gehaltsklassen" spricht, was ein nächster Begriff ist, den es hier so nicht gibt, steht - glaube ich - beamtenrechtlich in den Sternen. Es könnte also auch so sein, wie Du meinst - Fakt ist aber weiterhin, dass es im Tarifrecht des öffentlichen Diensts keine "Sozialkomponenten" gibt, so wie weiterhin davon ausgegangen werden kann, denke ich, dass das der die Entwicklungen Durchstechende weiß, aber offensichtlich kaum der Autor jenes WiWi-Beitrags (so schätze ich das zumindest ein in Anbetracht der gezeigten weiteren Unschärfen). Auch spricht der Autor nur von den Entwicklungen im Beamtenrecht - und wenn in den Tarifverhandlungen ein Sockelbetrag vereinbart wird, enthebt das den Besoldungsgesetzgeber nicht davon, beamtenrechtlich die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu beachten, d.h. auch, das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen. Wenn nun also der Besoldungsgesetzgeber auf Grundlage eines aus dem jeweiligen Dienstrechtsministerium stammenden Entwurfs entsprechende Sockelbeträge gesetzlich regelt, kann ich weiterhin nicht erkennen, was das mit den Gewerkschaften zu tun haben soll.
Haben die Gewerkschaften dann die Parlamente gestürmt und die Abgeordneten mit einer mir nicht bekannten Gewalt dazu gezwungen, dem Gesetzentwurf aus dem Dienstrechtsministerium zuzustimmen, sodass sie nun die Verantwortung für entsprechende Sockelbeträge hätten? "Der Grund: Gewerkschaften bestehen regelmäßig auf 'Sozialkomponenten'" (im Sinne von Sockelbeträgen), ist kein Grund. Der Grund für die in einer Tarifeinigung vereinbarten Sockelbeträge ist, dass beide Tarifparteien mit ihnen leben konnten. Dass die Gewerkschaften danach eine Übertragung von Sockelbeträgen auf die Beamtenbesoldung befürworten oder nicht, ist kein Grund für die Besoldungsgesetzgeber, so zu handeln, wie sie handeln - denn wäre das ein Grund, würde der Besoldungsgesetzgeber schon lange zu einer amtsangemessenen Besoldung durch entsprechende Anhebungen der Grundgehaltssätze zurückgekehrt sein (denn das fordern die Gewerkschaften überwiegend).
Wieso also sollten die Gewerkschaften der Grund dafür sein, dass entsprechende Sockelbeträge ins Besoldungsrecht eingeführt werden? Wäre es so, hätten wir schon lange wieder eine amtsangemessene Besoldung, weil das die regelmäßige Kritik von maßgeblichen Gewerkschaften im Beteiligungsverfahren ist, also dass die gewährte Besoldung unzureichend ist. Hier folgen aber weder die Dienstrechtsministerien noch die Paramente den Gewerkschaften. Und aber in dem Moment, wo die Exekutive und Legislative Sockelbeträge auf die Beamtenbesoldung als Übertragung der Tarifeinigung auf die Beamtenbesoldung vollziehen, ist der Grund, dass Gewerkschaften regelmäßig auf Sockelbeträgen bestehen würden?
Ich gehe auch davon aus, dass, wenn ich jetzt aus dem Fenster schaue und ein Apfel vom Apfelbaum fällt , das daran liegt, dass die Gewerkschaften regelmäßig auf "Sozialkomponenten" bestehen, und nicht daran, dass der größte Teil jener Äpfel wurmstichig ist und darüber hinaus hier ein Wind weht. Die Gewerkschaften sorgen also dafür, dass es auch dieses Jahr viel zu wenig Apfelmus im Haus Tanortsch gibt, fiese Brüder die!
Darüber hinaus würde es mich nicht wundern, wenn wir alsbald den nächsten fröhlichen Koalitionsstreit haben werden, der um die zusätzlichen Haushaltsmittel für einen Gestzentwurf kreisen könnte, der ganz sicherlich das Etikett tragen sollte, zur amtsangemessenen Alimentation im Bund zurückzukehren.