Ob der hohen Quote an verbeamteten Lehrkräften würden Streikmaßnahmen, wenn ab jetzt konsequent nur noch tarifbeschäftigte Lehrkräfte eingestellt werden würden, in den folgenden ein bis zwei Jahrzehnten durch die weiterhin bestehenden Bestandsbeamten abgefedert werden können, wie das auch jetzt regelmäßig der Fall wäre.
Das eigentliche Problem wäre allerdings, dass der heute schon nicht zu deckende Bedarf an Lehrkräften, der trotz der Verbeamtungspraxis in den nächsten Jahren weiterhin das Angebot erheblich übersteigend wird, alsbald noch weniger gedeckt werden könnte, wenn man nun Lehrkräfte nicht mehr verbeamtete; nicht umsonst ist zwischenzeitlich Sachsen als letzter Dienstherr wieder dazu übergegangen, Lehrkräfte zu verbeamten.
Darüber hinaus ließe sich nun die bisherige Ausbildungspraxis mittels zweier Staatsexamina nicht mehr rechtfertigen, da sie ja die Zugangsberechtigung in den Staats
dienst sichern sollen, sodass sie nun nicht mehr notwendig wäre. Wieso sollte sich noch irgendwer den Vorbereitungsdienst antun, wenn er das zweite Staatsexamen danach nicht mehr benötigte? Entsprechend könnte man dann direkt von der Universität weg tarifbeschäftigte Lehrkräfte einstellen - ob das allerdings der Qualität zuträglich wäre, dürfte in den Sternen stehen. Dabei dürfte es dann ebenfalls alsbald fraglich sein, wieso überhaupt noch Studienseminare vorgehalten werden sollten, wenn sie als solche nicht mehr notwendig wären. Die Erfahrungen mit der Aussetzung der Wehrpflicht ließe auch hier aus der Entfernung grüßen.
Schließlich wäre auch die Zuweisung von Lehrkräften sowie das Verhindern von Wegbewerbungen - also die personelle Kontinuität - nicht mehr so einfach möglich wie bislang. Wieso sollte es tarifbeschäftigte Lehrkräfte, die sich ob des Lehrkräftemangels eher aussuchen könnten, wohin es sie verschlagen sollte, genau dahin verschlagen, wo regelmäßig am meisten händeringend nach Lehrkräften gesucht wird, also in ländlichen Regionen und in Brennpunktgebieten? Wie sollte dann hier nun der Bedarf gedeckt werden, wenn man ihn nicht mehr durch Zuweisung decken könnte?
Und schließlich wäre zu bedenken, was das Bundesverfassungsgericht in seiner Streikverbotsentscheidung aus dem Jahr 2018 an Gedanken angestellt hat, wieso ein Streikrecht von Beamten an Schulen nicht mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen wäre. Die Gedanken, die es hier angestellt hat, würde es irgendwann zu wiederholen wissen - davon ist auszugehen -, wenn die Anzahl an verbeamteten Lehrkräften in den 2030er bis spätestens 2040er Jahren so gering wäre, dass Streikmaßnahmen von tarifbeschäftigten Lehrkräften nicht so ohne Weiteres mehr abzufedern wären; denn der Staat hat das Recht auf Bildung sicherzustellen, worauf der Zitat u.a. hinweist (vgl. nachfolgen die Rn. 159 f. unter:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/06/rs20180612_2bvr173812.html?nn=68080):
"Zwar reduzierte ein unter derartigen Bedingungen stehendes (eingeschränktes) Streikrecht [von Beamten, ST.] die negativen Folgen der Streiktätigkeit für die Grundrechtsverwirklichung Dritter, etwa Eltern und Schüler, sowie die Beeinträchtigungen für die Funktionsfähigkeit der Verwaltung. Zudem erlaubte eine Anzeige beziehungsweise Genehmigungspflicht den Verwaltungsträgern eine jedenfalls teilweise Sicherstellung ihrer Aufgabenerfüllung. So könnte im Bereich des Schulwesens die Schulleitung bei frühzeitiger Ankündigung der Streikmaßnahme (zumindest) auf eine Schülerbetreuung durch Notdienste hinwirken und im Einzelfall auch Streikverbote aussprechen. Allerdings wäre dies – und hierin liegt wegen der Unkalkulierbarkeit ein gewichtiger Einwand – nur dann möglich, wenn sich ein ausreichender Anteil der Beamten dazu entschiede, nicht zu streiken, oder von einer Streikteilnahme durch im Einzelfall ausgesprochene Verbote ausgeschlossen werden könnte.
Bei länger andauernden Arbeitskämpfen und der Beteiligung von Inhabern schulischer Funktionsstellen ließe sich zudem der – ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte – staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag des Art. 7 Abs. 1 GG (vgl. dazu BVerfGE 47, 46 <71>; 93, 1 <21>; 98, 218 <244>), kurz ein funktionierendes Schulsystem (vgl. BVerfGE 138, 1 <29 Rn. 80>), nicht mehr durchgängig sicherstellen. Dass es in der Vergangenheit selbst in Ländern mit einem überwiegenden Anteil an tarifbeschäftigten Lehrkräften nicht zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Schulbetriebes gekommen ist, stellt das Beeinträchtigungspotential von Arbeitskämpfen im schulischen Bereich nicht grundsätzlich in Frage. Denn zum einen handelte es sich nach Auskunft der Vertreter des Freistaates Sachsen in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2018 in der Vergangenheit dort regelmäßig um kurze Streikmaßnahmen ohne Beteiligung der (beamteten) Schulleiter und ihrer Stellvertreter. Zum anderen ist es gerade das Wesen einer Arbeitskampfmaßnahme, auf den jeweiligen Gegenspieler Druck in Gestalt der Zufügung von Nachteilen ausüben zu können, um zu einem Tarifabschluss zu gelangen. Daher wären mit der Gewährung eines Streikrechts für Beamte im vorgenannten Sinne ebenfalls erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Schulwesens zu besorgen. Gleiches würde für die Zuerkennung eines Streikrechts bei einer gleichzeitigen Pflicht zur Nachholung der ausgefallenen Stunden gelten, da bei einer Nachholung im Rahmen bestehender Lehr-, Stunden- und Raumbelegungspläne organisatorische Schwierigkeiten und damit nachteilige Auswirkungen auf den Schulbetrieb nicht ausgeschlossen werden könnten."
Der lange Rede kurzer Sinn: Dem CDU-Generalsekretär geht es weitgehend nicht um politische Gestaltung, sondern vor allem um die von mir genannte Vorsorge. Kein halbwegs bei Verstand seiender Landespolitiker würde zurzeit von der Verbeamtungspraxis von Lehrkräften abrücken, weil er wüsste, alle Politiker der Nachbarländer würden ihm huldigen und dabei zugleich gerne die dortens ausgebildeten Lehrkräfte bei sich verbeamten. Hinsichtlich von Lehrkräften ist mit der Paderborner Rede kein Staat zu machen. Und auch darüber hinaus dürfte ihr eigentlicher Zweck ein eher anderer sein, als tatsächlich alsbald zur Tat schreitende Politik anzukündigen.