Bist Du wieder ein Nicht-Beamter, der hier im Forum über einen angeregten Austausch hinaus wieder nur Unruhe stiften möchte?
(Frage für einen Freund)
Du kannst auch für dich fragen.
Aber ja, ich bin Beamter und weil ich Bundesbeamter bin auch eigentlich nur hier unterwegs.
Nur um deine Frage zu beantworten.
@Alexander79,
ich bin sicher, dass wenn Ärzte, Krankenpfleger, Feuerwehren und ähnliche Berufe ohne Notdienste streiken würden, dann gäbe es ruckzuck gerichtliche Verfahren mit Streikverbot, da dann das Recht auf körperliche Unversehrtheit mehr gelten würde als das Streikrecht.
Auch so ein Streikverbot ist nur eine Placebopille.
Denn glaubst du ernsthaft der Rettungsdienst ist so toll besetzt das ohne Auswirkung nur eine Notbesatzung reichen würde?
@Alexander79: dass der Rettungsdienst nicht flächendeckend streikt liegt daran, dass der Rettungsdienst der kommunalen Berufsfeuerwehr ebenfalls im Beamtenverhältnis erfolgt. Daher streiken die schon einmal nicht.
Zufälligerweise bin ich nebenbei bei der Feuerwehr.
Ich kann dir sagen.
Je nach Bundesland sieht das Ganze so aus.
In Bayern zB fährt die Berufsfeuerwehr nur Spitzenabdeckung, auf deutsch die BF fährt nur einen klitzekleinen Teil der Notfall/Notarzteinsätze.
Schaut man in andere Bundesländer sieht das ganze zwar oft anders aus, der Rettungsdienst ist bei der Berufsfeuerwehr aufgehängt, aber die Rettungsdienstmitarbeiter sind Angestellte im ÖD und eben oft keine Feuerwehrbeamten.
Das liegt schlicht daran, der Rettungsdienst, obwohl sie das höchste Gut schützen,eben keine klassische hoheitliche Aufgabe ist.
Dies erkennt man auch zB an der StVO
Zitat:"§ 35 Sonderrechte
(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr und die von ihr beauftragten gewerblichen Transportdienstunternehmen, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.
Für den Rettungsdienst gilt hingegen.
Zitat:"(5a) Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden."
Also eben keine hoheitliche Aufgabe.
Auch, was Du hier schreibst, hört sich für mich schlüssig an, Alexander, was auch erstaunlich wäre, wenn's nicht so wäre, weil Du ja vom Fach bist.
Zu fragen bleibt am Ende aber, wieso die deutsche Verwaltungstradition als Regelfall auf Beamte setzt, für deren Besoldungsbemessung nicht von den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgesehen werden kann, die also Substanzialität (= ein Grundsatz, der nicht weggedacht werden kann, ohne die Institution des Berufsbeamtentums als solches grundlegend zu verändern) und Traditionalität (= ein Grundsatz, der sich kontinuierlich bis mindestens in die Weimarer Republik zurückverfolgen lässt) beinhalten, womit letztere bereits zeigt, dass das Beamtenrecht konservativ und also auf Bewahrung angelegt ist. Das mag man kritisieren können, macht aber als Verwaltungstradition die Lebenswirklichkeit zumindest in den alten Bundesländern (in den neuen ist die Sachlage allerdings kaum anders, wenn auch insgesamt komplexer, weil die Verwaltungstradition der DDR nicht traditionsbildend und auch deshalb die Lebensrealität eine andere war) aus, setzt also ebenfalls eine gewachsene Erwartungshaltung der Bevölkerung an den bundesdeutschen Staat voraus. Erhebliche Auswirkungen von Streiks in der öffentlichen Verwaltung - so gilt es zu vermuten - würden hier auf eine andere Reaktion in der Bevölkerung treffen, als das in vielen anderen Staaten der Fall ist. Wer also der AfD das Worten reden (denn das Zurückdrängen der Beamtenschaft wie des Staats insgesamt ist ja insbesondere ihre Forderung) möchte, der diskutiere weiter über die Beamtenschaft. Das weiß auch die Union, weshalb es Carsten Linnemann offensichtlich um etwas grundlegend anderes geht, wenn er nun diese Duftmarken setzte, obgleich er weiß, dass mit dem Thema politisch kein Blumentopf zu gewinnen wäre. Worum es also neben dem Populismus im Sommerloch noch geht, habe ich ja in den letzten Tagen skizziert.
Betrachten wir entsprechend noch einmal ein weiteres Mal die Realität, und zwar erneut die von Lehrkräften, um so zu zeigen, dass es nur bedingt um die Realität geht, wenn Carsten Linnemann in Paderborn das sagte, was er sagte: Eine in die vierte Erfahrungsstufe - in die Eingangsstufe - der Besoldungsgruppe A 13 eingruppierte Lehrkraft in Niedersachsen erhält ein Bruttogehalt von 60.120,- €. Steuerliche Abzüge bemisst der Lohnsteuerrechner mit 13.243,- €, sodass er über eine Nettobesoldung von 48.877,- € verfügt (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/ni?id=beamte-nds&g=A_13&s=0&f=0&fstand=v&z=100&fz=100&zulage=&stkl=1&r=0&zkf=0). Davon wären nun noch die Kosten für die PKV abzuziehen, was wiederum Auswirkungen auf die steuerliche Veranlagung hätte, ohne dass uns das hier im Detail interessieren müsste (das müsste allerdings im Detail interessieren, wollte man ab nun Lehrkräfte nicht mehr verbeamten). Die in der ersten Erfahrungsstufe der Entgeltgruppe E 13 eingruppierte Lehrkraft erhält ein Bruttogehalt von 55.557,- €, allerdings muss vom Arbeitgeber noch der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung entrichtet werden, sodass das sozialversicherungspflichtige Bruttoentgelt 60.064,- € beträgt; insgesamt entrichtet diese Lehrkraft Steuern in Höhe von 8.942,- € (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/tv-l/allg?id=tv-l&g=E_13&s=1&zv=VBL&z=100&zulage=&stkl=1&r=0&zkf=0&kk=17%2C05%25). Sie ist also bis hierhin betrachtet für den Arbeitgeber weitgehend gleich teuer, was den Dienstherrn und Arbeitgeber interessierte, da das Land Niedersachsen unmittelbar nichts von der Besteuerung hat. Für das Land Niedersachsen wären tarifbeschäftigte Lehrkräfte, die nach E 13 bezahlt und nicht als Beamte nach A 13 besoldet wären - zumindest in der Anfangszeit -, in einem geringen Maße günstiger. Der Dienstherr Niedersachen hat also zunächst einmal bei etwa gleich großen Personalkosten pro Person mit dem Beamten eine deutlich bessere Alternative: Jener sieht sich in maßgeblichen seiner Grundrechte eingeschränkt und ist von daher in vielfacher Hinsicht deutlich einfacher händelbar, sorgt also - auch hier zeigt sich wieder das konservative Moment - für Kontinuität im Verwaltungshandeln, da sich der Personalkörper in den Kollegien im Regelfall deutlich stabiler zeigt, wenn die Lehrkräfte verbeamtet sind.
Darüber hinaus würden nun für den Staat die Steuereinnahmen im erheblichen Maß sinken, wenn Lehrkräfte in den Ländern nicht mehr verbeamtet werden würden. Denn der steuerliche Veranlagung von deutlich über 13.000,- € ständen nun nur noch Steuereinnahmen von knapp 9.000,- € in dem von uns betrachteten Fall gegenüber. Ob dass das Begehr der Union im Bund wäre, dem die Steuereinnahmen zufließen, wage ich doch eher zu bezweifeln. Darüber hinaus - darum geht es ja vordergründig in der Debatte - sieht sich die tarifbeschäftigte Lehrkraft noch den gesamten weiteren Abzügen gegenüber, ist also für die Sozialversicherung ein Segen, während der Beamte im Regelfall die privaten Krankenkassen am Leben erhält, die es kaum (zu ihrem heutigen Preis) geben könnte, würde es keine Beamten geben. Diese zweite Säule der Krankenversicherung ist aber gerade ein ein Interesse der Union, die sich als Sachwalter der PKV versteht, während die Bürgerversicherung seit Jahr und Tag das Thema der SPD ist - ist nun Carsten Linnemann still und heimlich Generalssekretär der SPD geworden? Will nun auch die Union der PKV an den Kragen? Das wäre eine erstaunliche Wendung.
Am Ende hat die tarifbeschäftigte Lehrkraft allerdings 34.800,- € an Nettoeinkommen, während die verbeamtete Lehrkraft über ein erheblich höheres Nettoeinkommen verfügt, weshalb der niedersächsische Dienstherr auch regelmäßig seine für ihn weitgehend gleich teuren Lehrkräfte verbeamtet. Denn die Lehrkräftesituation würde sich alsbald noch einmal gänzlich anders gestalten, wenn die Länder nun nur noch nach Tarif entlohnen würden. Für diese spätere Entlohnung würden große Teile insbesondere des männlichen Nachwuchses kaum ein Lehramtsstudium aufnehmen und würde sich darüber hinaus ein nicht geringer Teil derer, die am Ende einen Lehramtsabschluss vorweisen könnten, in Zeiten des Fachkräftemangels gerne für besseres Geld von anderen Arbeitgebern abwerben lassen. Auch das zeigt, dass es Carsten Linnemann um offensichtlich etwas anderes gehen dürfte, da kein Land in absehbarer Zeit dazu übergehen wird, seine Lehrkräfte nicht mehr zu verbeamten - und da das nicht geschehen wird, die Besoldungsgruppe A 13 aber die regelmäßig personell am stärksten besetzte ist, könnte man sich bereits die gesamte Diskussion - sofern es um die Sache gehen sollte - schenken. Denn wenn nicht die Lehrkräfte am Ende in die Sozialversicherung einzahlen, kann man die Diskussion auch gleich sein lassen.
Entweder wäre also Carsten Linnemann ein wenig in seinen geistigen Eigenschaften eingeschränkt - was er nachweislich nicht ist! - oder es sollte ihm tatsächlich vor allem um etwas anderes gehen, so darf man begründet vermuten, wenn er sich nun so weit aus dem Fenster lehnt, obgleich er weiß, dass nichts von dem, was er hier aufgerufen hat, am Ende auch umgesetzt werden wird.